Analyse doppel gedicht gleich und ungleich der welt lauf

Wäre jemand mit der Aufgabe betraut, die bekanntesten Werke aus Goethes Gesamtschaffen aufzuzählen, stünde „Der Zauberlehrling“ sicherlich an oberster Stelle. Er ist ebenso untrennbar mit dem Namen des Dichterfürsten verknüpft wie die Tragödie Faust und das vielfach vertonte Heidenröslein. Wohl keiner käme auf die Idee, dem berühmten Poeten seine Worte streitig zu machen. Doch wie bei den beiden anderen Arbeiten griff Goethe auch beim „Zauberlehrling“ auf einen bekannten Stoff zurück.

DICHTER-DUELL UNTER FREUNDEN – DIE ENTSTEHUNG DES „ZAUBERLEHRLINGS“

Auslöser dafür war eine mit Friedrich Schiller getroffene Übereinkunft: Die beiden Dichter-Freunde hatten sich das Ziel gesetzt, die lyrische Form der Ballade wiederzubeleben. Um einander zu verdeutlichen, wie gut ihnen die selbst gestellte Aufgabe gelingt, ließen sie sich von den Sagen und Legenden verschiedener europäischer Länder inspirieren. Während Schiller in französischen und italienischen Überlieferungen fündig wurde, bediente sich Goethe antiker Texte.

Für den „Zauberlehrling“ kommen gleich zwei Quellen in Frage: Als urtümlichstes Vorbild gilt die Geschichte „Der Lügenfreund“. Sie entstammt der Feder des altgriechischen Satirikers Lukian von Samosata, dessen Werke der Klassik-Dichter mit Sicherheit gekannt hat – denn schließlich traf die Wiederbelebung der Antike genau den damals herrschenden Zeitgeist. Für die Orientierung an der Lukian-Fassung spricht, dass es auch hierin um die Knechtschaft eines hölzernen Haushaltsgerätes geht, dessen Fähigkeiten mangels Kontrolle aus dem redensartlichen Ruder laufen.

Fast noch wahrscheinlicher aber ist, dass Goethe auf die jüdische Sagengestalt des Golem zurückgegriffen hat. Die Legende um die zum Glühen gebrachte Lehmfigur lag ihm in der Interpretation durch Rabbi Jehuda ben Bezal´el Löw vor – einen bekannten Philosophen des 15. Jahrhunderts. Um sie lesen zu können, nutzte Goethe die Übersetzung Christoph Martin Wielands. Der dem Dichter eng befreundete Herausgeber hatte einige Episoden der Golem-Sage ins Deutsche übertragen und einen ähnlichen Bericht wie bei Lukian eingeflochten. Wie sehr Goethe sich beim Verfassen des „Zauberlehrlings“ an den Inhalt der Geschichte anlehnte, bestätigt ein Blick auf die originale Übersetzung Wielands. Dort heißt es wörtlich:

„Endlich fand ich doch einmal Gelegenheit, (...) die Zauberformel (...) aufzuschnappen (...) Den folgenden Tag (...) nehm' ich den Stößel, kleide ihn an (...) und befehle ihm, Wasser zu holen. Sogleich bringt er mir einen großen Krug voll. Gut, sprach ich, ich brauche kein Wasser mehr, werde wieder zum Stößel! Aber er (...) fuhr fort, Wasser zu tragen, und trug so lange, daß endlich das ganze Haus damit angefüllt war. Mir fing an, bange zu werden (...) und weil ich mir nicht anders zu helfen wußte, nahm ich eine Axt und hieb den Stößel mitten entzwei. Aber (...) nun packte jede Hälfte einen Krug an und holte Wasser, so daß ich für einen Wasserträger nun ihrer zwei hatte.“

Wie ihr literarisches Vorbild endet die Ballade mit der Rückkehr des Meisters, der den übermütigen Laien aus seiner prekären Situation errettet.

DIE GEBURT DES RAP – AUFBAU UND STILMITTEL DES „ZAUBERLEHRLINGS“

Doch die gereimte Version des Stoffes wäre nicht so berühmt geworden, wenn Goethe die Lukian- / Löw- / Wieland-Geschichte einfach nur nacherzählt hätte. Statt dessen bewies er sich selbst als Meister – und verfasste ein Gedicht, wie es in dieser Form bis dato noch nicht existiert hatte.

Optik

Kollege und Dutz-Freund Schiller mochte sich beim Erhalt des fertiggestellten „Zauberlehrlings“ verwundert die Augen gerieben haben, denn schon optisch machte die Ballade allerhand her: Ihr Text wallte wie das darin beschriebene, stetig fließende Wasser auf und ab – und vermittelte bereits beim bloßen Anblick eine gewisse Dynamik. Den Effekt hatte Goethe durch unterschiedlich lange Verse erzielt, deren Enden wie Wellen über das Papier wogten und das Gedicht auf eigentümliche Weise in Bewegung hielten. Dieses visuelle Schwappen folgte einem strengen Muster, das zugleich einen weiteren Trick offenbarte.

Strophen und Refrain

Die eigentliche Handlung verläuft über 7 Strophen zu je 8 Versen, die zum Ende hin immer kürzer werden. Ihr recht einfach anmutendes Reimschema ababcdcd verleiht der Ballade Gleichförmigkeit und spiegelt die stumpfe Monotonie des Knecht gewordenen Besens wider, der unermüdlich zum Fluss läuft und

„jede Schale voll mit Wasser füllt“ (V. 35f).

Dennoch verläuft das Geschehen nicht eintönig, denn es wird immer wieder unterbrochen. Zu diesem Zweck hatte Goethe zwischen die eigentlichen Strophen eine Art Refrain gesetzt. Dieser besteht aus je 6 Versen, die im Gegensatz zu den erzählenden Teilen des Gedichtes immer länger werden – und damit das erwähnte Wellenmuster zeigen. Durch einen umarmenden Reim, einen Paar-Reim und einen Kreuzreim ergeben sie das komplizierte Schema abbcac, das wie eine Formel wirkt und beim Lesen den Eindruck magischer Beschwörungen hinterlässt.

Metrum1

Und tatsächlich handelt es sich um solche. Wenngleich sich ihr Inhalt über den Verlauf der Handlung ändert, üben sie stets die gleiche Kraft aus. Diese Wirkung erzielte Goethe durch

- Anaphern2 wie „Walle! Walle!“ (V. 9, V. 23) / „Stehe! Stehe!“ (V. 37) / „Welche Miene! Welche Blicke!“ (V. 56)
- Alliterationen3 wie „Helft mir, ach! Ihr hohen Mächte!“ (V. 84)

Sie ziehen sich durch die gesamte Ballade und verstärken die Dringlichkeit der Situation, in welcher sich der „Zauberlehrling“ befindet. Zudem nutzte er überwiegend drei- oder vierhebige Trochäen und weibliche Kadenzen4. Sie verleihen dem gesamten Werk einen eindringlichen, leicht klopfenden und damit wiederum an Rap erinnernden Rhythmus.

Sprache

Aber handwerkliche Grundlagen waren nicht die einzigen Mittel, die Goethe einsetzte, um seiner Ballade die gebotene Dynamik zu verleihen. Er bediente sich beim Verfassen einer für seine Zeit und seinen Stand unüblichen Sprache – und nahm damit vorweg, was in den späten 1970-er Jahren als „Sprechgesang“ bekannt werden sollte: den Rap.

Die im „Zauberlehrling“ verwendeten Worte glichen einem Slang, der öffentlich nicht zur Anwendung kam. Schon mit

„der alte Hexenmeister“ (V. 1)

ließ Goethe seinen Protagonisten unangemessen unflätig werden – denn eine solche Aussage gehörte sich nicht gegenüber dem eigenen Lehrmeister und Brotgeber. Auch nachfolgend ließ er seinen Anti-Helden reden, wie ihm der Schnabel gewachsen war: Das Spektrum grober Formulierungen umfasst Worte wie

„Ausgeburt der Hölle“ (V. 57)
„ersaufen“ (V. 58)
„verrucht“ (V. 61)

Sie verdeutlichen einerseits den aus Not resultierenden Stress, unter dem der Zauberlehrling zunehmend steht; andererseits aber auch, dass dieser „ganz für sich“ ist – denn das Geschehen wird ausschließlich aus seiner Sicht geschildert.

SLAPSTICK VOM FEINSTEN – DER PLOT DES „ZAUBERLEHRLINGS“

Dafür, dass die Handlung trotz der Ich-Perspektive nicht ermüdet, sorgte Goethe durch einen raffinierten Spannungsbogen:

In der ersten Strophe...
...erfahren die Leser, dass der Zauberlehrling selbst spricht. Er hat sich

„Wort' und Werke“ (V. 5)

seines Meisters wohlgemerkt und freut sich nun, in dessen Abwesenheit

„Wunder auch“ (V. 8)

tun zu können. Den Glauben an das Gelingen verdeutlicht er durch sich selbst zugeschriebene

„Geistesstärke“ (V. 7)

und die Überzeugung, dass der Zauber nach seinem Willen funktionieren wird.

- Im ersten Refrain...
...beschwört der Zauberlehrling den Besen, ihm Wasser zu holen. Neben dem bereits erwähnten Wellenmuster fällt eine häufige Verwendung von „zischenden“ Wörtern bzw. Wörtern mit Zischlauten auf. Sätze wie

„Dass zum Zwecke Wasser fließe“ (V. 11f, V. 25f)

unterstreichen den Inhalt zusätzlich, indem sie schon vom Klang her an dahinplätscherndes bzw. -fließendes Nass erinnern.

- In der zweiten Strophe...
...wendet sich der Zauberlehrling im Befehlston an den Besen. „Komm“ (V. 15), „nimm“ (V. 16) und „eile“ (V. 21) zeigen deutlich, wie sicher er sich ist, seinen Willen erfüllt zu bekommen. Gegen Ende dieses Gedicht-Teils und mit der

- Wiederholung des ersten Refrains
nimmt die Sache jedoch eine tragikomische Wendung. Goethe nutzte dieses Mittel um klar zu machen, wie übertrieben sein Protagonist handelt, wenn er für Alltäglichkeiten wie das Wasserholen magische Kräfte einsetzt.

- In der dritten Strophe...
...bindet der Zauberlehrling ein imaginäres Publikum ins Geschehen ein. Seine freudig-stolzen Ausrufe

„Seht!“ (V. 29, V. 71, V. 76)
„Schon zum zweiten Male!“ (V. 33)
„Wie das Becken schwillt!“ (V. 34)

zeigen, wie er sich selbst bewundert und von anderen bewundert werden möchte. Zugleich gelingt es Goethe, die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln und noch stärker in den Verlauf der Handlung einzubeziehen.

- Mit dem dritten Refrain...
...wendet sich das Blatt. Der Zauberlehrling bekommt die Magie nicht wieder unter Kontrolle und versucht verzweifelt, den wasserschleppenden Besen aufzuhalten. Beschwörend-bittend, aber bekanntlich erfolglos fordert er ihn auf

„Stehe! Stehe!
Denn wir haben
deiner Gaben
vollgemessen!“ (V. 37ff)

Diesen dramatischen Bruch im Geschehen hatte Goethe ganz bewusst durch einen Bindestrich markiert. Ab hier herrscht seitens des Zauberlehrlings pure Verzweiflung – deutlich gemacht durch immer kürzer und immer umgangssprachlicher werdende Ausrufe sowie den genial scheinenden Plan, das eigene Werk zu zerstören.

- In der vierten Strophe...
...übernimmt das Wasser seine eigentliche Funktion innerhalb des Gedichts. Es steigt höher und höher und zeigt damit die zunehmende Not des Zauberlehrlings an. Dass es ihm gefühlt bereits bis zum Hals steht, illustrierte Goethe durch verbale Übertreibungen der Art

„immer neue Güsse“ (V. 47)
„hundert Flüsse“ (V. 49)

– Im vierten Refrain...
...zeigt sich der Zauberlehrling immer verängstigter und wird darüber zu einem hilflosen Kind, das den eilenden Besen erst „fassen“ will – dann aber doch „immer bänger“ davor zurückschreckt und gar eine Person in ihm auszumachen glaubt. Seine Aussage

„Welche Miene! Welche Blicke!“ (V. 56)

lässt beim Lesen fast Mitleid aufkommen; verleiht der Abfolge jedoch auch zusätzliche Komik.

- In der fünften Strophe...
...steigerte Goethe die Groteske5 zum Höhepunkt. Durch den Mund seines Zauberlehrlings apostrophierte er den Besen als „Ausgeburt der Hölle“ und beschimpfte ihn als „verrucht“. Aus dem ohnehin schon reichlich fließenden Nass hat er „Wasserströme“ gemacht, die „über alle Schwellen“ laufen und „das ganze Haus ersaufen“ lassen. Eine Vorstellung, die angesichts der Belastbarkeit eines schmalbrüstigen Besen-Knechts unweigerlich zum Schmunzeln animiert.

- Im fünften Refrain...
...schlagen die Angst und Hilflosigkeit des Zauberlehrlings in Wut um. Noch einmal beteuert er, den Besen „fassen“ und „halten“ zu wollen – um ihn dann „mit dem scharfen Beile“ zu spalten.

- In der sechsten Strophe...
...vergewissert sich der Zauberlehrling zunächst der Treue des Publikums, das er wohl gern auf seiner Seite wissen möchte.

„Seht, da kommt er schleppend wieder!“ (V. 71)

Dieses Mittel nutzte Goethe, um die tiefsitzende Angst seines Protagonisten zu verdeutlichen – denn wer, wenn nicht der abwesende Meister, sollte ihm wohl sonst im Tun beipflichten? Nach vollbrachtem Attentat übernimmt der Zauberlehrling diese Rolle selbst: Voll Freude über die unkonventionelle Lösung des Problems spricht er sich ein Eigenlob aus:

„Wahrlich, brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!“ (V. 75f)

– Im sechsten Refrain und in der siebten Strophe...
...bricht alles zusammen. Der wohlgezielte Axthieb hat den Besen nur gespalten und damit zwei Knechte geschaffen, die nun doppelt soviel Wasser herbeibringen und die Räume noch „nässer“ machen. Angesichts dieser Situation ist dem Zauberlehrling nun alles egal. Er vergisst er seinen Stolz und sucht schlicht nach Erlösung:

„Herr und Meister, hör mich rufen!“ (V. 88)

Auch hier findet sich der Goethe'sche Bindestrich, denn ein weiteres Mal hat der Dichter Situation und Stil geändert: Der Zauberlehrling ein verbales Häufchen Elend. Er muss zugeben

„Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister
werd ich nun nicht los.“ (V. 90ff)

– Im letzten Refrain...
...trieb Goethe die Komik der Ballade durch ein einziges Wort auf die berühmte Spitze. Mit dem Ausruf

„Besen! Besen!“ (V. 94)

machte er deutlich, dass das, wovor der Zauberlehrling sich zu guter bzw. schlechter Letzt so sehr gefürchtet hat, ein simples Haushaltsgerät ist. Da es aber in die falschen Hände gefallen war, konnte es eine Eigendynamik entwickeln, die beinahe in einer Katastrope gemündet hätte.

UND DIE MORAL VON DER GESCHICHT... – DIE LEHREN DES „ZAUBERLEHRLINGS“

Was der Verfasser damit sagen wollte, stößt auf unterschiedliche Deutungen. Die einen vertreten die These, er hätte sich gegen die Errungenschaften des Sturm und Drang wenden und auf ursprüngliche Werte besinnen wollen. Dem widersprechen jedoch jene Aspekte, welche das andere Lager als Beweis für gegenteiliges Anliegen wertet:

Die der Ballade innewohnende Komik und das Nebeneinander von Ordnung und Chaos bzw. von Banalität und Dramatik solle die Leser in gleichartige Situationen versetzen. Den Zauberlehrling als schlechtes Beispiel vor Augen sollte das gleichnamige Gedicht sie zum Nachdenken anregen. Nachdenken darüber, ob ein Vorhaben tatsächlich gelingen kann und Nachdenken darüber, ob Missgeschicke tatsächlich immer rücksichtslos geahndet werden müssen.

Als Beleg dafür gilt das ruhige und weise Auftreten des Meisters, der den Zauberlehrling weder rügt noch belehrt – sondern lediglich handelt. Die selbst gemachte Erfahrung seines Mündels wertet er als besseren Lerneffekt und lässt das heraufbeschworene Dilemma für sich wirken.

Insofern stellt Goethes „Zauberlehrling“ keinesfalls den vielgescholtenen Widerspruch zum vorangegangenen Prometheus dar. Denn während dieser überhaupt keine Autorität anerkennt – und laut Mythologie entsprechend dafür zahlt – werden dem Zauberlehrling seine Grenzen bewusst. Über die „Learning by doing“-Methode merkt er, wie wichtig sachlich-fachliche Führung ist und dass es einer gewissen Reife bedarf, erworbenes Wissen anzuwenden.

DAS EWIGE DUELL – „HANDSCHUH“ VS. „ZAUBERLEHRLING“

Aber wie auch immer Leser das Werk heute interpretieren: Das zeitgenössische Publikum nahm es ebenso wohlwollend auf wie die übrigen Gedichte des so genannten Balladenjahres. Bei der Veröffentlichung im 1798 erscheinenden „Musen-Almanach“ ließen Goethe und Schiller ihre Leser via Präambel wissen:

„Wir haben uns vereinigt, in den diesjährigen Almanach mehrere Balladen zu geben und uns bei dieser Arbeit über Stoff und Behandlung dieser Dichtungsart selbst aufzuklären.“

Wie gut ihnen die „Behandlung“ gelungen war, bewies sich an der Resonanz: Fast alle lyrisch umgeschriebenen Werke avancierten zu Bestsellern ihrer Epoche. Vor allem Schillers Handschuh bzw. die dahinterstehende Geschichte erfreute sich großer Beliebtheit.

Er gehört bis heute zu den meist zitierten Klassikern und ist verbreiteter Lehrstoff an Mittel- und Oberschulen. Bei der Aufgabenstellung, das Gedicht auswendig zu lernen und kraftvoll vorzutragen, dürfen Kinder für gewöhnlich zwischen dem „Handschuh“ und dem „Zauberlehrling“ wählen. Umfragen zu Folge votet Schillers „Leib oder Liebe“-Werk Jahr für Jahr mit einem leichten Vorsprung vor der Besen-Parabal.

EVERGREEN IN DER MEDIENLANDSCHAFT – DER GECOVERTE „ZAUBERLEHRLING“

Dabei wäre es für Schüler wesentlich einfacher, Goethes Reime zu verinnerlichen – denn seine Ballade ist das erklärte Lieblingsstück deutscher Rap- und Hip-Hop-Bands. Einige von ihnen vertonen sie werksgetreu und liefern damit eine gute Vorlage, sich den Text „draufzuschaffen“. Andere konzentrieren sich auf Details des Gedichtes und rücken diese in den Mittelpunkt ihrer Interpretationen.

So spielte das Duo „Grooveminister“ im Goethe-Jahr 1999 die sehnsuchtsvoll-seufzende Version „Ach, das Wort“ ein. Sie thematisiert den dringenden Wunsch des Zauberlehrlings, sich ganz allein auf die erlösende Formel zu besinnen – worüber er in abgrundtiefe Traurigkeit verfällt und das Naheliegendste übersieht. Ebenfalls aus dem Goethe-Jahr datiert eine Rumpel-Version der Mittelalter-Band „Tanzwut“. Auch in ihr geht die Sache nicht gut aus, denn dem Zauberlehrling kommt kein rettender Meister zu Hilfe – so dass er schließlich im unaufhaltsam steigenden Wasser ertrinkt.

Wer schon die Jüngsten an Klassik heranführen möchte, findet in der Vertonung von Lutz Görner und im Bilderbuch von Tomi Ungerer eine altersgerechte Umsetzung des „Zauberlehrlings“.

Auch Walt Disney hatte den Stoff für sich entdeckt: In seinem 1940 entstandenen Zeichentrick-Film „Fantasia“ kämpft Mickey Mouse gegen die Übermacht des Wassers. Kindlich-geschönt ist jedoch nicht er selbst Verursacher des Dramas, sondern der Besen, der durch die Macht eines Zauberhutes zum Leben erweckt wird.

Weitere Bearbeitungen des Gedichtes finden sich in Form von Musicals, Soundtracks oder Zitaten, in denen auf das Werk angespielt wird. Sie alle beweisen, wie populär und zeitlos „Der Zauberlehrling“ ist und welchen kulturellen Meilenstein sein Verfasser damit geschaffen hat.

Über den Ausgang des freundschaftlich geprägten Duells zwischen Goethe und Schiller ist übrigens nichts bekannt. Jeder der beiden Dichter steuerte die gleiche Anzahl Balladen zum Almanach bei und jedes einzelne von ihnen hat ihre Freunde und Kritiker.