Kann man mit 60 Jahren noch Reiten lernen?

Mangelnde Angebote für Späteinsteiger : Reiten ist für Erwachsene härter als gedacht

Gleich aufs große Pferd: Reiten für Erwachsene härter als gedacht Foto: dpa, Ingo Wagner

Wollen Erwachsene reiten lernen, stehen sie vor vielen Herausforderungen.

<p>Wollen Erwachsene reiten lernen, stehen sie vor vielen Herausforderungen.

Gleich aufs große Pferd: Reiten für Erwachsene härter als gedacht Foto: dpa, Sabine Maurer

Die Begeisterung für Pferde gibt es vielleicht schon seit Kindertagen. Doch auf die Späteinsteiger warten viele Herausforderungen. Die erste ist die Suche nach einer Reitschule - denn viele haben sich auf Kinder und Jugendliche spezialisiert.

Gleich aufs große Pferd: Reiten für Erwachsene härter als gedacht Foto: dpa, Judith Grave

Für manche ist es ein Jugendtraum, den sie nun als Erwachsener endlich verwirklichen wollen: Reiten! Mit dem Pferd über die Wiesen galoppieren und mit ihm vielleicht eines Tages über Hindernisse springen. Doch gerade am Anfang klaffen Realität und Wunschvorstellung auseinander: Da ist bei aller Faszination die Angst vor dem großen, unberechenbaren Tier, dem man sich ausliefert. Der Umgang mit dem Pferd ist für Anfänger oft ein Abenteuer. Außerdem ist Reiten ein sehr komplexer Sport. Als erste Hürde müssen Reiter in spe eine geeignete Reitschule finden. Doch da fangen die Probleme oft schon an.

Die meisten Reitschulen in Deutschland haben sich auf Kinder und Jugendliche eingerichtet. "Die Vereine kümmern sich nicht um diese erwachsene Zielgruppe. Und ich kann nicht erklären, warum", schildert Susanne Hennig, Pressesprecherin des deutschen Reitverbands FN in Warendorf, die Situation. Interessenten sollten sich an die jeweiligen Landesreitverbände wenden, rät sie. Diese hätten den besten Überblick über die Vereine.

Eigentlich sind Erwachsene für Reitbetriebe ein lohnendes Klientel: Sie verdienen Geld und sind bei der Erfüllung ihres Jugendtraums oft sehr engagiert. Vielleicht können sie sogar für ein Ehrenamt in dem Verein gewonnen werden oder mit ihren Kontakten einen Sponsor fürs Turnier gewinnen. Außerdem sind Ganztagsschulen immer mehr verbreitet - Reitbetrieben kommen die jungen Schüler deshalb langsam abhanden. Diese Lücke könnte mit Erwachsenen geschlossen werden.

Große Pferde sind teuer

Doch an vielen Reitschulen hapert es schon an Pferden, die groß genug für die Erwachsenen sind. Großpferde brauchen mehr Platz und fressen mehr als Ponys, sind also für den Betrieb im Unterhalt teurer. Ist eine Reitschule mit passendem Großpferd gefunden, fehlen erwachsene Reitkollegen - und die Neulinge müssen mit Kindern und Jugendlichen zusammenreiten.

Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel der Reitverein Heiden in Westfalen. Hier gibt es seit Jahren Extra-Unterricht für Erwachsene, meistens Frauen im Alter zwischen 35 und 55 Jahren. Seit vergangenem Jahr bietet der Verein auch über die Volkshochschule entsprechende Kurse an, im Winter war er ausgebucht. Mittlerweile reiten dort 20 Erwachsene regelmäßig - ein wichtiges Standbein für den Verein.

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Doch der Unterricht für Erwachsene ist anspruchsvoller als der für Kinder. "Sie wollen alles verstehen, man braucht also mehr Fachwissen. Außerdem ist bei Unsicherheit und Ängsten natürlich Feingefühl gefragt", sagt die Geschäftsführerin Elisabeth Demy. Die gleiche Beobachtung hat auch Sascha Tessarzik aus Wehrheim im Taunus gemacht. Er selbst hat erst im Alter von 36 Jahren mit diesem Sport angefangen, mittlerweile ist er Turnierreiter und unterstützt seine Freundin Kathrin Steinmeier in deren Reitschule in Usingen. Dort können auch Erwachsene das Reiten lernen. "Kinder setzen sich einfach aufs Pferd. Ältere machen sich tausend Gedanken", sagt der 43-Jährige.

Er selbst hat eher unkonventionell angefangen. Seine frühere Freundin wollte wieder reiten, kurz entschlossen kaufte er für sie den bereits 19-jährigen Wallach Paul - ein ausgedientes Turnierpferd, das sich als Glücksgriff entpuppte. Auch Tessarzik fand an ihm so viel Gefallen, dass er alle seine anderen Sportarten aufgab und nur noch reiten wollte. "Paul konnte alles und hat es auch von selbst gemacht", schwärmt er von dem Pferd, das mittlerweile als Rentner auf einer Weide steht.

Muskelschmerzen

Mit dem vierbeinigen Oldie nahm er Reitunterricht und wunderte sich anfangs sehr über Muskelschmerzen in Rücken und Beinen. Dabei hatte er auch vorher viel Sport gemacht. "Aber Reiten ist eben doch eine ganz andere Belastung als Joggen oder Tennis." Mittlerweile hat er mehrere Pferde. Sein Tipp für erwachsene Neueinsteiger: In eine Reitschule gehen und dort Einzelunterricht nehmen - so lerne man am meisten. Als Anfänger ein geeignetes Pferd zum Kaufen zu finden, sei schwierig. Auf jeden Fall solle es älter sein. "Ein Anfänger mit jungem Pferd geht nicht. Dann wird es gruselig."

Auch das Pferd in einer Reitschule sollte für einen Anfänger besser älter und gelassener sein, damit es die menschlichen Fehler nicht so ernst nimmt. Wichtig ist, dass der Reitschüler sein Pferd für die Reitstunde vorher in der Stallgasse kennenlernt und mit ihm Kontakt aufnimmt. Das Pferd wird gestriegelt und gesattelt, schließlich geht es zur Reitstunde. Die Vierbeiner werden bei ungeübten Reitern aus Sicherheitsgründen meist erst geführt oder longiert.

Die Erkenntnis, dass dieser Sport nicht einfach ist, kommt oft bereits beim Aufsteigen. Beim Reiten selbst werden die Balance und das Körpergefühl auf die Probe gestellt - Muskelkater vor allem in den Oberschenkeln ist programmiert. "Sportliche und schlanke Leute haben natürlich Vorteile", sagt Demy vom Reitverein in Heiden.

Dort sind zwar nicht alle erwachsenen Neueinsteiger dabei geblieben, doch für manche ist der Jugendtraum wahr geworden: Sie haben sich ein eigenes Pferd gekauft. Und auch der spät berufene Tessarzik kann sich ein Leben ohne seine Vierbeiner nicht mehr vorstellen. "Mit dem Pferd eine Stunde ins Gelände zu gehen - das ist die beste Entspannung überhaupt", sagt er.

Wann ist man zu alt zum reiten?

Oftmals können sie sogar bis weit über ihren 20. Geburtstag hinaus geritten werden, jedoch mit entsprechend angepasstem Training. Die Warmblutrassen erreichen meistens nur ein Alter von 20 bis 30 Jahren und Kaltblüter haben sogar nur eine durchschnittliche Lebenserwartung von 16 bis 18 Jahren.

Wie lange braucht ein Erwachsener um reiten zu lernen?

Es braucht schon ein paar Jahre, um ein guter und sicherer Reiter zu werden. Für gute Fortschritte gilt: lieber öfter und abwechslungsreich, als selten und intensiv. Mindestens einmal die Woche sollte man zur Reitstunde gehen. Je häufiger in der Woche geritten wird, umso besser.

Wie viele Stunden braucht man um reiten zu lernen?

In der Regel braucht ein Anfänger zwei bis zehn Reitstunden, bis er das nötige Gleichgewichtsgefühl hat. Ein Reiturlaub ist ideal, um schnell Routine im Umgang mit dem Pferd zu bekommen. Ansonsten sollten Sie, wenn möglich, gleich zwei- bis dreimal pro Woche Reitunterricht nehmen.

Wie oft sollte man in der Woche reiten?

Schlechtes Gewissen ade: Wer sein Pferd nur jeden dritten Tag, dafür aber vernünftig trainiert, hat ein gesundes Trainingsmaß. Voraussetzung ist, dass das Pferd sich zusätzlich viel frei bewegen kann. Drei bis viermal Training pro Woche reicht, so Experten.

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