Karla rosa und das loch in der wand

Ihre Filmfigur Margret verkörpert eher den bodenständigen und verantwortungsvollen Typ Mensch, bei dem alles in geregelten Bahnen abläuft, und steht damit in krassem Gegensatz zu ihrer Schwester Rosalie. Wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten und die emotionale Verbindung zwischen den beiden Schwestern?

Margret steht nach dem Tod ihres Mannes etwas einsam und verloren in der Welt und in ihrem Haus, das lange Zeit ihr Lebens- und Familienmittelpunkt war. Sie gibt sich selbst Halt, indem sie alles peinlich genau in Ordnung hält. Sie hat sich eingeigelt. Sie ist ein einsames Herz. Ich glaube, diese Frauen gibt es doch recht oft. Margret ist eigentlich ein Familienmensch, aber nun ist keine Familie mehr da. Dahinein platzt Rosa, ihre Schwester, die in die weite Welt hinaus ging, mit einem ganz anderen Lebensentwurf, und sich nicht mehr für ihre Schwester Margret interessierte. Auch nicht, als Margret sie sehr gebraucht hätte. Mich hat an dieser Schwestern-Geschichte vor allem interessiert, wie zwei so verschiedene Frauen mit ihren Lebenskrisen umgehen und wieder zueinander finden. Sie sind beide auf ihre Art starke Persönlichkeiten. Was zunächst nicht für möglich gehalten wird: Sie können gut zusammen leben in gegenseitigem Respekt für ihre Stärken und Schwächen.

Welcher der beiden Schwestern fühlen Sie sich selbst näher? Wie gehen Sie persönlich mit dem Thema Familie und auch mit Reife im Leben um?

Oh, das ist schwer zu sagen. Beide Frauen sind ihrer Gegensätzlichkeit bewusst ausgedachte Filmfiguren, und ich bin eine Künstlerin in einem turbulenten und vielfältigen Beruf. Und ich muss immer wieder beides, mich sehr gut organisieren und frei und kreativ mit meinem Potential umgehen. Es war reizvoll, eine Margret zu erspielen, die mit mir persönlich eher wenig zu tun hat. Ich lebe mit meiner Familie, und ich werde älter und habe nicht das Gefühl, dass es langweilig ist. Im Gegenteil: Ich bin ein wacher und neugieriger Mensch mit einer großen Lebenserfahrung. Das ist der Reichtum unserer Generation.

Was hat Ihnen an „Karla, Rosalie und das Loch in der Wand“ am meisten Freude bereitet und was würden Sie den Zuschauern mit auf den Weg geben wollen?

Es ist immer schön, mit trockenem Humor eine Figur zu zeichnen. Ich wünsche mir, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer ihr Vergnügen bei dem Match zwischen den ungleichen Schwestern haben werden und vielleicht das eine und andere an sich selbst wieder entdecken.

Jutta Speidel in „Rosalie, Karla und das Loch in der Wand“

Paraderolle für Jutta Speidel: Komödie über drei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein können, aber zueinanderfinden.

Mit einem Rumms landet der Schiffscontainer im Vorgarten von Margret (Ruth Reinecke). Die staunt nicht schlecht, als kurz darauf auch ihre Schwester Rosa (Jutta Speidel) über den Gartenzaun klettert. Die hat ihre Zelte in Namibia abgebrochen, ihren gesamten Hausstand in den Container geladen und will sich nun bei Margret einquartieren. Ist doch Familie! Obwohl Margret alles andere als begeistert ist, nimmt sie ihre Schwester auf. Die wirbelt fortan nicht nur Margrets Leben durcheinander, sondern auch das der jungen Nachbarin Karla (Paula Hartmann), die im Rollstuhl sitzt.

Zu sehen ist die Komödie „Rosalie, Karla und das Loch in der Wand“ am Freitag, 14. Januar um20.15 Uhr im Ersten.

Darum geht's in „Rosalie, Karla und das Loch in der Wand“

Weltenbummlerin Rosa strotzt nur so vor Energie, Lebensfreude und Wissbegierde. Nachdem sie in Namibia einen Schwächeanfall erlitten hatte, wurde sie von ihrem Chef für eine Auszeit nach Europa geschickt. Als sie bei ihrer biederen Schwester einzieht, lernt sie schnell die Nachbarin kennen: Teenager Paula, die von ihrem Vater überbehütet wird und kaum eine Chance bekommt, im Leben etwas auszuprobieren.

Rosa mag das nicht weiter mit ansehen und tut alles, um die Schülerin aus dieser Situation zu lösen – damit sie eigene Wege gehen kann. Rosa will ihr vermitteln, was ihr selbst am wichtigsten ist: die Freiheit, alles tun und lassen zu können, was man will, und auf Anstandsregeln zu pfeifen.

Hintergrund

„Das Schöne an dem Film ist, dass die drei Frauen die Chance nutzen, zueinanderzufinden und eine Art von Familie zu bilden, die heutzutage ganz oft gesucht wird“, sagt Jutta Speidel. Und welchen Stellenwert nimmt Familie im Leben der Münchener Schauspielerin ein, die selbst zwei erwachsene Töchter hat? „Familie ist für mich Wärme, Zuflucht, Fels in der Brandung. Der Ort, an dem man sich auch in schwierigen Lebenssituationen immer austauschen kann und auch mal was sagen kann, was sonst vielleicht nicht unbedingt immer möglich ist“, meint die 67-Jährige. „Der Stellenwert ist für mich wahnsinnig hoch, im Grunde sogar der höchste. Familie ist das, worauf man sich verlassen kann.“

GOLDENE KAMERA TV-Tipp, weil...

Die Komödie lässt auch ernste Töne anklingen, greift Themen wie Einsamkeit oder Altersarmut auf. Rosa etwa lebt von der Hand in den Mund, Margret muss nach dem Tod ihres Mannes die Hälfte ihres Hauses vermieten, um überhaupt über die Runden zu kommen. So passiert es, dass Rosa und Karla Wand an Wand leben. Von Zimmer zu Zimmer kommt es immer wieder zu kuriosen Begegnungen – daher der Titel der Komödie. Was der Schauspielerin Jutta Speidel an ihrem neuen Werk besonders gefällt: „Im Laufe des Films erkennen alle Figuren, dass sie sich selbst einmal den Spiegel vorhalten müssen, um über ihren Schatten zu springen.“