Nach 12 stunden schlaf immer noch müde

| 05. Juni 2020, 11:31 Uhr

Sie schlafen ausreichend, fühlen sich im Prinzip gesund, sind aber trotzdem ständig müde? Wir haben mit einem Experten darüber gesprochen, woran das liegen könnte, was Sie dagegen tun können und wann Sie besser zum Arzt gehen sollten.

Wer sich tagsüber müde und schlapp fühlt, ahnt meist, dass er in letzter Zeit nicht genügend Schlaf abbekommen hat. Auch eine falsche Ernährung – wie fettiges, nährstoffarmes Essen oder zu wenig Eisen und B-Vitamine – können einen auf Dauer leistungsunfähig und schließlich krank werden lassen.

Doch was ist, wenn ich die empfohlenen sieben bis acht Stunden Schlaf täglich einhalte und selbst der ärztliche Check (samt Blutbild) darauf hindeutet, dass körperlich alles in Ordnung ist? Dann bleibt natürlich die Frage: Warum bin ich immer so müde?

Es liegt an der Schlafqualität, nicht an der Dauer

„Tatsächlich ist die häufigste Ursache für eine bleierne Müdigkeit tagsüber, dass der Schlaf an sich überhaupt nicht für die nötige Regeneration gesorgt hat, selbst wenn es lange genug war“, erklärt der Kölner Schlafmediziner Dr. Michael Feld. „Schnarchen und eine zu flache Atmung beeinträchtigen die Qualität des Schlafes maßgeblich. Das liegt unter anderem auch an den Muskeln im Rachenraum, die mit zunehmendem Alter immer mehr erschlaffen.“

Dass wir also alles andere als gut geschlafen haben, bekommen wir so direkt gar nicht mit – nur eben die Rechnung am nächsten Tag in Form einer rätselhaften Müdigkeit. Doch wie kommt es dazu, dass der Schlaf, den wir abbekommen, uns nicht ausreichend regeneriert?

Auf die richtige „Schlafhygiene“ achten

Die Antworten liegen eigentlich auf der Hand und sind mannigfaltig: zu viel Koffein im Laufe des Tages und/oder Alkohol am Abend; aufwühlende Filme direkt vor dem Schlafengehen; lähmende Gedankenkarusselle; Streit mit dem Partner; der (berufliche) Druck, am nächsten Morgen unbedingt funktionieren zu müssen und vieles mehr.

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„Es ist ebenso wichtig, auf die eigene Schlafhygiene zu achten, als nur rechtzeitig ins Bett zu gehen“, erklärt der Experte weiter. Was genau das bedeutet, erläutert er wie folgt: „Ein dunkles, kühles und ruhiges Zimmer, pflanzliche Präparate aus Passionsblume und Baldrian sowie die Angewohnheit, kurz vor dem Schlafengehen alle vom Tag übrig gebliebenen Gedanken aufzuschreiben, können schon einen großen Unterschied machen.“

Doch sollte nicht nur der Kopf „ausgemistet“ werden, sondern hin und wieder auch das eigene Bett, sprich: Raus mit dem Liebsten! Warum? „Wir schlafen einfach besser und ruhiger, wenn wir alleine sind“, so Michael Feld.

Wir sind keine Maschinen – hin und wieder müde sein ist völlig normal

Wir alle haben eine innere Uhr, die sich nach den Jahreszeiten richtet, wobei dem Lichteinfluss auf den menschlichen Organismus dabei eine besonders wichtige Rolle zukommt.

Michael Feld meint dazu: „In unseren Breitengraden ist der Mensch naturgemäß im Winter nicht genauso leistungsfähig wie im Sommer. Diese Tatsache sollten wir uns viel mehr bewusst machen.“ Wird das übergangen, geraten wir schnell in einen tückischen Kreislauf aus schlechtem Schlaf, Bewegungsmangel, Frust und Dauermüdigkeit, der – je länger er anhält – immer schwerer zu durchbrechen ist.

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Seelische Ursachen erkennen mit der 3-3-3-Regel

Doch hinter einer Dauermüdigkeit könnte noch eine weitere Ursache stecken. Denn gerade seelische Leiden wie z.B. Depressionen oder ein Burnout kündigen sich ebenfalls oft mit einem Zustand der Erschöpfung an. „Das ist ein wichtiges Warnsignal“, bestätigt auch Michael Feld. „Wenn es möglich ist, tagsüber jederzeit einzuschlafen, dann ist der Körper meist einfach nur ruhebedürftig. Bleibt man dagegen trotz Müdigkeit wach und innerlich rastlos, dann könnte das ein Hinweis dafür sein, dass das Problem tiefer sitzt.“

Generell gilt die 3-3-3-Regel: Halten die Erschöpfungssymptome länger an als drei Monate, über drei Tage die Woche und dabei jeweils länger als drei Stunden, sollte man unbedingt zum Arzt.

Was ist Müdigkeit? 

Im Grunde ist Müdigkeit ein natürlicher Zustand, mit dem uns unser Körper zeigt, dass ihm etwas fehlt. Dabei handelt es sich in den allermeisten Fällen um Schlaf, aber auch ein Mangel an Sauerstoff, bestimmten Nährstoffen oder Bewegung kann uns schläfrig machen. Manchmal fühlen wir uns auch müde, weil unser Körper sich beispielsweise gegen einen Infekt wehrt und viel Energie braucht, um seine Abwehrkräfte zu mobilisieren. Auch dann zeigt uns Müdigkeit, dass es uns an etwas fehlt – nämlich Ruhe und Gesundheit. 

Normalerweise folgt unser Körper mit Wachsein, Müdigkeit und Schlaf einer inneren Uhr, dem sogenannten zirkadianen Rhythmus. Entsprechend dieses Taktgebers produziert unser Gehirn bestimmte Stoffe, die uns entweder aktivieren oder müde machen. Dazu gehört beispielsweise das Schlafhormon Adenosin, das einen Schlafdruck erzeugt und zu Müdigkeit führt. Das heißt, je länger wir wach sind, desto mehr Adenosin sammelt sich an und der Drang zu schlafen, wird immer größer. Schlafen wir dann, baut unser Körper das Adenosin wieder ab und wir stehen am nächsten Morgen bestenfalls ausgeruht auf. 

Müdigkeit zeigt sich von außen oft durch Gähnen. Dabei ist noch gar nicht genau geklärt, warum wir überhaupt gähnen. Fest steht nur, dass unsere Sauerstoffversorgung keine Rolle spielt. Aktuelle Studien lassen eher vermuten, dass wir versuchen, uns mit Gähnen wachzuhalten oder auch unsere Körpertemperatur zu regeln.

Ursachen für Müdigkeit 

Meistens wissen wir, warum wir müde sind: Es fehlt uns an Schlaf. Dabei spielt neben der Dauer auch die Qualität unseres Schlafs eine wichtige Rolle. So kommen wir beispielsweise am nächsten Tag deshalb nicht richtig in die Gänge, weil wir wenig oder sehr unruhig geschlafen haben. Bei Schlafmangel kann nämlich nicht ausreichend Adenosin abgebaut werden und wir stehen quasi am nächsten Tag noch unter Schlafdruck. 

Darüber hinaus kann unsere innere Uhr auch durch unseren Lebensstil oder die berufliche und private Situation kurzzeitig aus dem Takt geraten. So können wir uns müde fühlen, weil wir intensiv gearbeitet und unserem Körper dadurch viel Energie abverlangt haben. Oder wir haben uns zu wenig bewegt, zu lange in einem schlecht belüfteten Raum gesessen, zu wenig getrunken oder zu viel (oder zu wenig) gegessen. All das kann dazu führen, dass wichtige Bereiche unseres Körpers nicht mehr gut funktionieren, weil sie nicht ausreichend durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden. Wir spüren das dann unter anderem durch Müdigkeit. 

Anhaltend müde trotz Schlaf

Wenn wir uns trotz Schlaf immer müde fühlen, kann das unsere Lebensqualität auf vielen Ebenen beeinträchtigen. Tatsächlich gibt es viele Ursachen, die mit anhaltender Müdigkeit in Verbindung stehen können.

Psychische Ursachen 

Bestimmte psychische Erkrankungen können mit anhaltender Müdigkeit einhergehen. Dazu gehören vor allem Depressionen, bei denen eine gesteigerte Ermüdbarkeit auch zu den offiziellen Diagnosekriterien gehört. Hinzu kommen dann weitere Symptome wie Antriebslosigkeit, Interessenverlust und eine insgesamt niedergeschlagene Stimmung. Müdigkeit als Zustand, der uns herunterziehen und uns kraft- und lustlos machen kann, fügt sich somit gut ein in das Gesamtbild einer Depression. 

Auch Angststörungen können mit einer belastenden Müdigkeit einhergehen, welche die Folge anhaltender oder wiederholter Anspannungszustände sein kann. Zudem führen Essstörungen in der Regel dazu, dass Betroffene dauernd müde sind. Grund ist hier vor allem die extrem verminderte Aufnahme wichtiger Nährstoffe. 

Körperliche Ursachen 

Sich müde trotz genug Schlaf zu fühlen, kann auch Begleiter verschiedener körperlicher Erkrankungen sein. Allen voran gehören dazu Infekte, bei denen das Immunsystem viel Energie braucht, um seine Abwehrkräfte zu mobilisieren. Zudem können auch bestimmte Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder Diabetes mellitus sowie Fibromyalgie, ein niedriger Blutdruck (Hypotonie), Schlafapnoe oder eine Blutarmut (Anämie) zu anhaltender Müdigkeit führen. Mögliche Ursachen für letzteres kann ein Mangel wichtiger Nährstoffe wie Eisen, Vitamin B12, Vitamin D oder Folsäure sein. 

Darüber hinaus fühlen sich Menschen besonders im Frühjahr anhaltend müde trotz Schlaf. Grund für die sogenannte Frühjahrsmüdigkeit ist die erhöhte Lichtintensität, durch die vermehrt Endorphine und andere Hormone ausgeschüttet werden. Das kann uns zwar aktiver, anfangs aber auch erschöpfter machen. Nach 2-4 Wochen sollte sich der Hormonspiegel jedoch eingependelt haben und die dauernde Müdigkeit lässt nach.

Anhaltende Müdigkeit trotz Schlaf kann auch eine vorübergehende oder dauerhafte Nebenwirkung einiger Medikamente sein. Dazu können beispielsweise Blutdrucksenker, Migränemedikamente, Antidepressiva oder auch Medikamente gegen Allergien (Antihistaminika) zählen.

Chronisches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom (Fatigue) 

Eine Sonderrolle bei den körperlichen Ursachen nimmt das chronische Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrom, CFS) ein, bei dem eine anhaltende Müdigkeit das Hauptsymptom bildet. Die Ursachen für dieses komplexe Krankheitsbild sind noch nicht vollständig geklärt. Betroffene fühlen sich über Monate ständig erschöpft und müde. Begleitet wird dieser Zustand von Konzentrationsproblemen, diffusen Schmerzen und Schlafstörungen, die jedoch das Ausmaß der Müdigkeit nicht ausreichend erklären. 

Was tun, wenn du müde trotz Schlaf bist? 

„Normale”, kurzzeitige Müdigkeit vergeht in der Regel, sobald wir die zugrundeliegende Ursache behoben haben. Das kann bedeuten, sich zu bewegen, einen Mittagsschlaf zu halten, Kaffee zu trinken oder das Fenster zu öffnen, um Sauerstoff reinzulassen. Manchmal braucht es auch ein bisschen Zeit und längere Erholungspausen, um sich wieder fitter zu fühlen. Beispielsweise bei einem Infekt oder nach einer anstrengenden Sporteinheit. Bei anhaltender Müdigkeit reicht das aber oft nicht aus. 

Selbsthilfe bei anhaltender Müdigkeit 

Wenn du ständig müde trotz Schlaf bist, kannst du viel tun, um dich fit zu halten und der Müdigkeit entgegenzuwirken. Das kann bedeuten, dass du (wieder) mehr auf deine innere Uhr hörst und deinen Schlaf danach ausrichtest. Achte dabei auf Dinge, die dich wachhalten können, eine angenehme Schlafposition und auf eine gute Schlafhygiene. Darüber hinaus lohnt sich ein Blick auf deinen Lebensstil. Auch hier gilt: Bewegst du dich ausreichend, trinkst du genug und ernährst dich ausgewogen, um deinen Körper mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen? Und zwar nicht nur in einem müden Moment, sondern ganz allgemein. Schaffe dir dabei eine gute Balance zwischen Aktivität und Erholung. Denn auch Stress und zu viel Sport können chronisch erschöpft und müde machen.

Den eigenen Lebensstil und Tagesablauf zu verändern, heißt auch oft, alte Gewohnheiten abzulegen und neue aufzubauen. Das ist nicht immer leicht und braucht Zeit. Wie du deine Gewohnheiten ändern kannst, zeigen wir dir auf unserem Blog.

Professionelle Unterstützung 

Im Gespräch mit deinem Hausarzt oder deiner Hausärztin kannst du abklären, ob eine körperliche Ursache oder Medikamente hinter der ständigen Müdigkeit stecken. Entsprechend könnt ihr dann weitere Behandlungsschritte besprechen. Eventuell kann auch eine Überweisung in ein Schlaflabor Sinn machen, um die Schlafqualität zu untersuchen und Erkrankungen wie Schlafapnoe auszuschließen. 

Darüber hinaus kann eine Psychotherapie helfen, wenn eine psychische Erkrankung hinter der ständigen Müdigkeit steckt. Ob das der Fall ist, kannst du dann auch in gemeinsamen Gesprächen mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin klären. Welche Therapieformen es gibt und Antworten auf die Frage „Wie finde ich einen Psychotherapieplatz?” geben wir dir ebenfalls auf unserem Blog. 

Mit HelloBetter gegen Müdigkeit

Mit unserem Online-Schlafkurs haben wir darüber hinaus ein wissenschaftlich geprüftes Programm entwickelt, mit dem du deine Schlafqualität spürbar verbessern und anhaltender Müdigkeit entgegenwirken kannst. Diesen Therapiekurs kannst du übrigens im Rahmen unserer Schlafstudie kostenfrei ausprobieren. Auf unserer Webseite findest du alle ▷ Informationen zur Schlafstudie.

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Autorin:

Verena Düttmann Psychologische Psychotherapeutin für Erwachsene und Gruppen

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Warum bin ich nach 12 Stunden Schlaf immer noch müde?

Andauernde Müdigkeit kann laut Penzel zudem mit Erkrankungen wie Krebs, Alzheimer oder auch Erkältungen zusammenhängen, da Menschen mit solchen Krankheiten häufig mehr Schlaf brauchen. Weitere Ursachen können sein: eine Fehlfunktion der Schilddrüse. Eisenmangel.

Bin immer müde egal wie lange ich schlafe?

übermäßige Schläfrigkeit am Tage: Dass man trotz ausreichend viel Schlaf vermehrt schläfrig ist, kann ein erster Hinweis auf die Krankheit sein. Diese Schläfrigkeit gilt dann als ein Merkmal für Narkolepsie, wenn sie mehr als 3 Monate lang täglich vorkommt.

Wieso fühle ich mich nach dem schlafen nicht erholt?

Wenn Sie nach einer Nacht mit genügend Schlaf trotzdem regelmäßig erschöpft und schlapp sind, leiden Sie vielleicht unter einer Schlafstörung. Beispiele dafür sind unter anderem Schlaflosigkeit, Schnarchen, Zähneknirschen, das Schlafapnoe-Syndrom, unruhige Beine oder Schlafrhythmusstörungen.

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