Stand: 20. Juli 2022 Show
Inhaltsverzeichnis1 Überblick über die Umsatzermittlungen im UStG 1. Überblick über die Umsatzermittlungen im UStGDie Höhe des Gesamtumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG ist entscheidend für die Genehmigung der → Istversteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG und zur Ermittlung der Besteuerungsform des § 19 Abs. 1 UStG (→ Kleinunternehmer). Eine weitere Umsatzermittlung erfolgt nach § 69 Abs. 3 UStDV zur Anwendung allgemeiner Durchschnittssätze (→ Allgemeine Durchschnittssätze). Allerdings erfolgt hier die Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes nicht unter entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 3 UStG, sondern nach einer eigenen Definition in § 69 Abs. 2 UStDV. 2. Ermittlung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG2.1. ErmittlungsschemaDer Gesamtumsatz wird wie folgt ermittelt:
Zum Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG gehören auch die vom Unternehmer ausgeführten Umsätze, die nach § 1 Abs. 3 UStG wie Umsätze im Inland zu behandeln sind, sowie die Umsätze, für die ein anderer als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG ist. Zum Gesamtumsatz gehören nicht die Umsätze, für die der Unternehmer als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG ist. Außerdem gehören die Lieferungen an den letzten Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft (§ 25b Abs. 2 UStG) nicht zum Gesamtumsatz beim letzten Abnehmer (Abschn. 19.3 Abs. 1 UStAE). Zur Nichtberücksichtigung der nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfreien Lieferungen nach § 19 Abs. 3 Nr. 1 UStG hat der BFH mit Urteil vom 26.9.2019 (V R 27/19, BFH/NV 2020, 67, LEXinform 0952401) Stellung genommen. Entscheidungssachverhalt: Herr P erwarb im Kj. 23 für private Zwecke Angelsportgeräte. Beim Erwerb der Gegenstände lag keine mit Gewinnerzielungsabsicht i.S.v. § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG ausgeübte Tätigkeit vor. Ab dem Kj. 25 veräußerte P die Angelsportgeräte über Online-Plattformen und erzielte dabei einen Umsatz i.H.v. 25 278 €. Nach Rechtsauffassung des FA und des FG war im Kj. 25 § 19 Abs. 1 UStG nicht anzuwenden, da der Umsatz des Erstjahres 22 000 € überschritten hatte (→ Kleinunternehmer). Nach Auffassung des P habe seine unternehmerische Tätigkeit bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen im Kj. 23 begonnen und damit bereits beim Erwerb und nicht erst mit der Veräußerung. Die Angelsportgeräte (»Sammlungsstücke«) hätten den Charakter als Anlagevermögen auch bei der Veräußerung behalten. Entscheidungsgründe: Liefert der Unternehmer Gegenstände, für die er den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG nicht in Anspruch nehmen konnte, sind diese Lieferungen in die Bemessung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 28 UStG nicht einzubeziehen. Dies gilt auch, wenn das Unternehmen erst durch die Veräußerungstätigkeit entsteht. Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG ist Gesamtumsatz die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzüglich der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. i, Nr. 9 Buchst. b und Nr. 11 bis 29 UStG steuerfrei sind. Steuerfrei ist gem. § 4 Nr. 28 UStG insbes. die Lieferung von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen ist. Nicht abziehbar sind nach § 15 Abs. 1a UStG insbes. die Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 EStG gilt. Gleiches gilt für Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG gilt. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Betriebsausgaben in der Form von Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Es kommt dabei allein darauf an, ob Aufwendungen vorliegen, die ihrer Art nach unter die Abzugsverbote fallen, da die ertragsteuerrechtliche Bedeutung unerheblich ist (s.a. Abschn. 15.6 Abs. 3 UStAE). Aus § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 4 Nr. 28 UStG und § 15 Abs. 1a UStG folgt, dass Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug aufgrund der Verweisung auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG oder auf § 12 Nr. 1 EStG dem Grunde nach nicht geltend gemacht werden kann, bei der Bestimmung des Gesamtumsatzes für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn die Unternehmereigenschaft erst durch die Veräußerungstätigkeit begründet wurde. Die Anwendung von § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 28 und § 15 Abs. 1a UStG auf unternehmerische Lieferungen setzt nur voraus, dass für den gelieferten Gegenstand bei seinem Erwerb dem Grunde nach kein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, ohne dass danach zu unterscheiden wäre, ob dies auf § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG oder auf § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG oder auf einer beim Erwerb fehlenden Unternehmerstellung, die erst bei der späteren Lieferung vorlag, beruht. 2.2. Umsatzermittlung2.2.1. BesteuerungsartEntsprechend der angewandten Besteuerungsart ist der Gesamtumsatz nach vereinbarten Entgelten (→ Sollversteuerung) oder nach vereinnahmten Entgelten (→ Istversteuerung) zu berechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 2 UStG). S.a. Beispiel 4 und 5 unter → Istversteuerung. Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes ist grundsätzlich die für die Besteuerung in Betracht kommende Bemessungsgrundlage anzusetzen. In den Fällen der Margenbesteuerung nach § 25 UStG (→ Reiseleistungen nach § 25 UStG) sowie der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG (→ Differenzbesteuerung) bestimmt sich der Gesamtumsatz allerdings nach dem vereinnahmten Entgelt und nicht nach dem Differenzbetrag (Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 4 und 5 UStAE). Der EuGH hat mit Urteil vom 29.7.2019 (C-388/18, LEXinform 0651606) die Verwaltungsregelung in Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 5 UStAE bestätigt; die Regelung ist unionsrechtskonform (s.a. die Nachfolgeentscheidung des BFH vom 23.10.2019, XI R 17/19, BFH/NV 2020, 476, LEXinform 0952404). 2.2.2. Besteuerungsform2.2.2.1. Brutto-Ist-GesamtumsatzDurch Art. 7 Nr. 2 des Dritten Gesetzes zur Entlastung insbes. der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22.11.2019 (BGBl I 2019, 1746) wird ab 1.1.2020 die Kleinunternehmergrenze von bisher 17 500 € auf 22 000 € angehoben. Zur Überprüfung der Kleinunternehmerregelung (→ Kleinunternehmer) ist der Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG immer nach vereinnahmen Entgelten zu berechnen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Bei der Umsatzermittlung ist nicht auf die Bemessungsgrundlage i.S.d. § 10 UStG abzustellen, sondern auf die vom Unternehmer vereinnahmten Bruttobeträge (Abschn. 19.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE). In den Fällen des § 10 Abs. 4 und 5 UStG ist der jeweils in Betracht kommenden Bemessungsgrundlage ggf. die darauf entfallende USt hinzuzurechnen (Abschn. 19.1 Abs. 2 Satz 4 UStAE und OFD Frankfurt vom 21.4.2010, S 7361 A – 2 – St 16, UR 2011, 158, LEXinform 5232749). Sofern Umsätze, für die eine andere Person als Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 UStG ist, ausgeführt werden, ist dem in der Rechnung oder Gutschrift ausgewiesenen Betrag die USt hinzuzurechnen (Abschn. 19.1 Abs. 2 Satz 5 UStAE). Zur Berücksichtigung durchlaufender Posten bei der Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes des Vorjahres hat das FG Hamburg mit Urteil vom 10.8.2018 (2 K 82/18, LEXinform 5021516) entschieden, dass bei der Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes des Vorjahres gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nur durchlaufende Posten unberücksichtigt bleiben dürfen, die die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG erfüllen. Lediglich wirtschaftlich durchlaufende Posten, d.h. die Verauslagung im eigenen Namen und Weiterberechnung an den Kunden ohne Aufschlag, können nicht vom Entgelt abgezogen werden. Hinweis: Gem. § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG gehören Beträge nur dann nicht zum Entgelt, wenn der Unternehmer sie im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt (durchlaufende Posten). Die Verauslagung in fremdem Namen und für fremde Rechnung setzt voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen zwei Beteiligten bestehen, in die der Unternehmer nur als vermittelnde Person (Zahlstelle) zwischengeschaltet ist (BFH Urteile vom 4.5.2011, XI R 4/09, BFH/NV 2011, 1736; vom 1.9.2010, V R 32/09, BStBl II 2011, 300; vom 22.4.2010, V R 26/08, BStBl II 2010, 883). Darüber hinaus ist aus Gründen der Klarheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung ein eindeutiger Nachweis der Betätigung des Unternehmers als Zwischenperson bzw. Vermittler für die Beteiligten, zwischen denen die unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen und für die die vermittelnde Person auftritt, erforderlich. Daher müssen der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsberechtigte jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrages erfahren (BFH Urteil vom 4.5.2011, XI R 4/09, BFH/NV 2011, 1736 und vom 3.7.2014, V R 1/14, BFH/NV 2014, 2014). Der Unternehmer muss darüber hinaus die in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge in seiner Buchführung als durchlaufende Posten behandelt haben. Dem Unternehmer steht damit letztlich ein Wahlrecht zu, ob er die im Namen und für Rechnung seiner Leistungsempfänger verauslagten Beträge als Teil der Besteuerungsgrundlage erfasst wissen will oder nicht (BFH Urteile vom 4.5.2011, XI R 4/09, BFH/NV 2011, 1736 und vom 11.2.1999, V R 47/98, BFH/NV 1999, 1137). Nimmt er diese Behandlung in seiner Buchführung nicht vor, fallen die Beträge in die Bemessungsgrundlage für seine Umsätze. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Grenzen von 22 000 € und 50 000 € bleiben die Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unberücksichtigt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das gilt sowohl bei einer Veräußerung als auch bei einer Entnahme für nichtunternehmerische Zwecke. Ob ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens vorliegt, ist nach den für das Einkommensteuerrecht maßgebenden Grundsätzen zu beurteilen. Die Ausnahme erstreckt sich auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter, die einkommensteuerrechtlich nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, z.B. bei der Veräußerung von Einrichtungsgegenständen durch einen nichtgewerblichen Vermieter von Ferienwohnungen (Abschn. 19.1 Abs. 6 UStAE). 2.2.2.2. Besonderheiten bei AnzahlungenFührt ein Unternehmer im Jahr der Unternehmensgründung keine Umsätze aus, erhält er jedoch im Gründungsjahr Anzahlungen für Leistungen, die er erst in einem späteren Besteuerungszeitraum erbringt, gilt Folgendes: Wie oben dargestellt, ist der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgebende Gesamtumsatz stets nach vereinnahmten Entgelten zu ermitteln. Auf den Zeitpunkt der Ausführung der Umsätze kommt es nicht an. Daher ist zu prüfen, ob für die im Gründungsjahr erhaltenen Anzahlungen die Kleinunternehmerregelung angewendet werden kann oder ob diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen sind. Dies hängt von der vom Unternehmer zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit vorzunehmenden Prognose ab. Konnte der Unternehmer im Zeitpunkt der Unternehmensgründung nicht mit dem Erhalt von Anzahlungen rechnen oder hat er seinen Gesamtumsatz mit einem Betrag von maximal 22 000 € geschätzt, ist die Kleinunternehmerregelung für die Versteuerung der Anzahlungen in diesem Jahr auch dann anzuwenden, wenn sich im Laufe des Jahres herausstellt, dass tatsächlich ein höherer Betrag vereinnahmt wurde. In diesem Fall sollte der Unternehmer jedoch substantiierte Gründe vortragen, die seine unrichtige Prognose glaubhaft machen. Die nicht erhobene USt ist im Jahr der Leistungserbringung nachzufordern, wenn in diesem Jahr die Regelbesteuerung anzuwenden ist (→ Wechsel der Besteuerungsform von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung vor Ausführung des Umsatzes, Abschn. 19.5 Abs. 2 UStAE). Steht bei Unternehmensgründung bereits fest, dass Anzahlungen von mehr als 22 000 € vereinnahmt werden, sind diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen. Diese USt ist wieder zu erstatten, wenn im Jahr der Leistungserbringung die Kleinunternehmerregelung angewendet wird (→ Wechsel der Besteuerungsform von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung) und der Unternehmer über die erbrachte Leistung keine Rechnung mit offen ausgewiesener USt erteilt hat (Abschn. 19.5 Abs. 7 UStAE). Beispiel 1: Zu den Beispielen s.a. OFD Frankfurt vom 21.4.2010, S 7361 A – 2 – St 16, UR 2011, 158, LEXinform 5232749).
Beispiel 2:
Beispiel 3:
Beispiel 4:
3. Umrechnung des Gesamtumsatzes bei einem kürzeren BesteuerungszeitraumHat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kj. ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind als volle Kalendermonate zu behandeln (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG). Zum Beginn der unternehmerischen Tätigkeit s. Abschn. 19.3 Abs. 3 UStAE sowie die Erläuterungen unter → Kleinunternehmer. Beispiel 5: Der Unternehmer hat im August 29 seine unternehmerische Tätigkeit begonnen und einen tatsächlichen Gesamtumsatz i.H.v. 266 900 € erzielt. In diesem Gesamtumsatz enthalten ist ein Umsatz aus der Veräußerung von Anlagevermögen i.H.v. 30 000 €. Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit schätzt der Unternehmer seinen voraussichtlichen Gesamtumsatz von August bis Dezember 29 auf 236 800 €. Eine Veräußerung von Anlagevermögen war zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit nicht absehbar. Lösung 5: Für die Anwendung der Istbesteuerung im Kj. des Beginns der unternehmerischen Tätigkeit ist auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz des laufenden Kj. abzustellen. Der voraussichtliche Gesamtumsatz von August bis Dezember 29 ist in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG): 236 800 € : 5 Monate × 12 Monate = 568 320 €. Da der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz 600 000 € nicht übersteigt, kann die Istbesteuerung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG beantragt werden. Beachte: Mit Art. 7 des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019 (BGBl I 2019, 2875) wurde mit Wirkung vom 1.1.2020 der zulässige Höchstbetrag des § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG von bisher 500 000 € auf 600 000 € erhöht. Für die Anwendung der Istbesteuerung im Kj. 30 darf der tatsächlich umgerechnete Vorjahresgesamtumsatz 600 000 € nicht übersteigen. Die Umsätze aus der Veräußerung oder Entnahme des Anlagevermögens sind nicht in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Sie sind deshalb vor der Umrechnung aus dem tatsächlichen Gesamtumsatz auszuscheiden und nach der Umrechnung des restlichen Umsatzes dem ermittelten Betrag hinzuzurechnen (Abschn. 19.3 Abs. 3 Satz 5 und 6 UStAE). Tatsächlicher Gesamtumsatz ohne die Veräußerung des Anlagevermögens: 236 900 € : 5 Monate × 12 Monate = 568 560 € zzgl. des Umsatzes aus der Veräußerung des Anlagevermögens i.H.v. 30 000 € = tatsächlicher Vorjahresgesamtumsatz von 498 560 €. Da der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz 600 000 € nicht übersteigt, kann der Unternehmer im Kj. 30 die Istbesteuerung beantragen. Beispiel 6: Der Unternehmer hat im August 29 seine unternehmerische Tätigkeit begonnen und einen tatsächlichen, steuerpflichtigen Gesamtumsatz i.H.v. 10 158 € (brutto) erzielt. In diesem Gesamtumsatz enthalten ist ein Umsatz aus der Veräußerung von Anlagevermögen i.H.v. 3 000 € (brutto). Zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit schätzt der Unternehmer seinen voraussichtlichen Gesamtumsatz von August bis Dezember 29 auf 17 000 €. Eine Veräußerung von Anlagevermögen war zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit nicht absehbar. Den voraussichtlichen Brutto-Ist-Gesamtumsatz für das Kj. 30 schätzt der Unternehmer auf 46 000 €. Lösung 6: Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (→ Kleinunternehmer) im Kj. des Beginns der unternehmerischen Tätigkeit ist auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz des laufenden Kj. abzustellen. Der voraussichtliche Gesamtumsatz von August bis Dezember 29 ist in einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz umzurechnen (§ 19 Abs. 3 Satz 3 UStG): 17 000 € : 5 Monate × 12 Monate = 40 800 €. Da der voraussichtliche Jahresgesamtumsatz 22 000 € übersteigt, kommt die Kleinunternehmerregelung im Kj. 29 nicht in Betracht. Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Kj. 30 darf der tatsächlich umgerechnete Vorjahresgesamtumsatz 22 000 € nicht übersteigen. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Grenzen von 22 000 € und 50 000 € bleiben die Umsätze von Wirtschafsgütern des Anlagevermögens unberücksichtigt. Die Umsätze aus der Veräußerung oder Entnahme des Anlagevermögens sind nicht in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Sie sind deshalb vor der Umrechnung aus dem tatsächlichen Gesamtumsatz auszuscheiden und nach der Umrechnung des restlichen Umsatzes dem ermittelten Betrag hinzuzurechnen (Abschn. 19.3 Abs. 3 Satz 5 und 6 UStAE). Tatsächlicher Gesamtumsatz ohne die Veräußerung des Anlagevermögens: 7 158 € : 5 Monate × 12 Monate = 17 179 €. Da der tatsächliche Vorjahresgesamtumsatz 22 000 € nicht übersteigt und der voraussichtliche Gesamtumsatz im Kj. 30 mit 46 000 € die Grenze von 50 000 € nicht übersteigt, ist im Kj. 30 die Kleinunternehmerreglung des § 19 Abs. 1 UStG anzuwenden. Beispiel 7: Unternehmer U nimmt am 3.10.16 seine gewerbliche Tätigkeit neu auf. Die voraussichtlichen monatlichen Einnahmen betragen 500 € (brutto). Die tatsächlichen Einnahmen im Kj. 16 betragen 9 814 € (brutto). Diese 9 814 € Einnahmen setzen sich wie folgt zusammen:
U führt für den zehn Jahre alten Pkw ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch und hat sämtliche Aufwendungen durch Belege nachgewiesen. Danach sind lt. G+V-Rechnung bis zum Verkauf des Pkw insgesamt 3 067 € Pkw-Kosten angefallen. Darin enthalten sind 511 € ohne Vorsteuer. Im Kj. 17 erwartet U einen Umsatz i.H.v. 40 900 € (glaubhaft). Tatsächlich erzielt U im Kj. 17 steuerpflichtige Einnahmen (Steuersatz 19 %) i.H.v. 43 460 €. Im Kj. 18 erzielt U folgende Einnahmen:
U hat keinerlei Anträge gestellt. Lösung 7: Kj. 16: Die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG ist zu prüfen. Da U seine unternehmerische Tätigkeit im laufenden Kj. begonnen hat, darf der maßgebliche Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG voraussichtlich 22 000 € nicht übersteigen (Abschn. 19.1 Abs. 4 UStAE). Die voraussichtlichen monatlichen Einnahmen im Kj. 16 betragen 500 €. Da U seine Tätigkeit am 3.10.16 begann, beträgt der voraussichtliche Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1 500 €. Nach § 19 Abs. 3 Satz 3 UStG ist dieser voraussichtliche Umsatz in einen voraussichtlichen Jahresumsatz umzurechnen: 1 500 € × 12 : 3 = 6 000 €. Im Kj. 16 ist § 19 Abs. 1 UStG anzuwenden, da der umgerechnete voraussichtliche Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 22 000 € nicht übersteigt. Kj. 17: Die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG ist zu prüfen. Der tatsächliche Vorjahresumsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG darf 22 000 € nicht überstiegen haben. Berechnung des Brutto-Ist-Gesamtumsatzes für das Kj. 16 nach § 19 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 UStG:
Im Kj. 17 ist § 19 Abs. 1 UStG nicht anzuwenden, da der umgerechnete tatsächliche Gesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 22 000 € übersteigt. Kj. 18: § 19 Abs. 1 UStG ist nicht anwendbar, da der tatsächliche Vorjahresumsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG aus dem Kj. 17 43 460 € betragen hat und somit 22 000 € übersteigt. Kj. 19: Die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG ist zu prüfen. Der Vorjahresumsatz aus dem Kj. 18 i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG darf 22 000 € nicht überstiegen haben. Berechnung des Vorjahresumsatzes:
Somit übersteigt der tatsächliche Vorjahresumsatz nicht 22 000 €. Der voraussichtliche Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG im Kj. 19 beträgt 43 460 €. Da sämtliche Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG erfüllt sind, ist im Kj. 19 die Kleinunternehmerregelung anzuwenden. 4. Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen BetriebsEin Unternehmer, der seinen landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet und dessen unternehmerische Betätigung im Bereich der Landwirtschaft sich in dieser Verpachtung erschöpft, betreibt mit der Verpachtung keinen landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 24 UStG; die Durchschnittssatzbesteuerung kann nicht angewendet werden (Abschn. 24.3 Abs. 7 und 8 UStAE). Soweit die Pacht auf überlassene Grundstücke einschließlich aufstehender Gebäude entfällt, sind die Pachteinnahmen grundsätzlich steuerfrei (§ 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG). Wird im Rahmen der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs lebendes und totes Inventar mitverpachtet, ist die Verpachtung des Inventars grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Übersteigt der nach § 19 Abs. 1 UStG maßgebende Umsatz (einschließlich der steuerpflichtigen Umsätze aus der Verpachtung) nicht den Betrag von jährlich 22 000 € bzw. wird im laufenden Kj. der Betrag von 50 000 € voraussichtlich nicht überschritten, kann die Kleinunternehmerregelung angewendet werden. Nach dem BMF-Schreiben vom 9.12.2011 (BStBl I 2011, 1288) gilt bei Beginn der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebs Folgendes: Bei der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG kann zu Beginn der Verpachtung aus Vereinfachungsgründen auf den voraussichtlichen Gesamtumsatz des laufenden Kj. abgestellt werden. Beginnt die Verpachtung im Laufe eines Jahres, werden – zur Vereinfachung – die vor der Verpachtung erzielten Umsätze, die unter die Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG fallen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes des laufenden Jahres nicht berücksichtigt (Abschn. 19.1 Abs. 4a UStAE; s.a. Anmerkung vom 12.1.2012, LEXinform 0941304). 5. Verwandte Lexikonartikel→ Kleinunternehmer → Wechsel der Besteuerungsform Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart. Was sind nicht steuerbare Umsätze und Umsätze nach 19 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 UStG nachrichtlich zu erfassen?Nicht steuerbare Umsätze sind zum Beispiel die Umsätze von Lieferungen oder Dienstleistungen, bei der der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger in unterschiedlichen Ländern ansässig sind. Steuerbare Umsätze sind alle im Inland erbrachten Warenlieferungen oder Dienstleistungen.
Welche Umsätze sind nicht steuerbar?Nicht steuerbare Umsätze können entstehen bei:
Verkäufen durch Privatpersonen. Privaten Verkäufen durch einen Unternehmer. Schenkungen durch einen Unternehmer. Leistungen eines inländischen Unternehmers im Ausland.
Welche Umsätze sind nach 1 UStG steuerbar?(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. 1die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Wann ist eine sonstige Leistung nicht steuerbar?Nicht steuerbare Umsätze entstehen aus Geschäften bei denen Leistungserbringer und Leistungsempfänger nicht im selben Land ansässig sind. Das heißt: Du kannst in Deutschland keine Umsatzsteuer abführen für eine Leistung, die du in einem anderen Land erbracht hast.
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