Nach langen Jahren der Abstinenz was Computerspiele zum erfolgreichsten deutschen Science-Fiction-Helden angeht, wurde für das Ende des letzten Jahres ein Adventure um den mehrfach langlebigen Protagonisten angekündigt. Wie in der Branche durchaus üblich ging das Produkt mit Verspätung an den Start und wurde erst im Februar ausgeliefert und Distributor Koch Media stattete uns dankenswerterweise mit einem Testexemplar aus.
Eingedenk der Tatsache, dass jeder, aber auch wirklich jeder, Kopierschutz zu knacken ist und auch geknackt (oder stumpf entfernt) wird, trifft der Hersteller mit dieser fragwürdigen Maßnahme wieder mal nur die ehrlichen Kunden. Das Erscheinen des Produkts in einschlägigen Tauschbörsen wird dadurch maximal um Tage verschoben. Dieses Gemecker geht aber ganz klar an den Distributor, nicht an Programmierer und Grafiker. Nach diesem Auftakt steuert man den Residenten in klassischer Point-and-Click-Manier durch die Solare Residenz (sowie im Verlauf weitere Orte) und versucht zusammen mit ihm herauszufinden, was geschehen sein könnte und wohin Mondra entführt wurde. Die zu seiner Sicherheit eingeschränkten Rechte erleichtern das nicht eben, sorgen aber natürlich für Situationen in denen allzu eifrige Sicherheitskräfte ausgetrickst werden wollen. Ich will hier die Handlung nicht weiter vor dem geneigten Leser ausbreiten, denn möglicherweise möchte dieser das Abenteuer ja ebenfalls durchspielen und ich will niemandem den Spaß spoilern". Perry Rhodan und andere Akteure bewegen sich als dreidimensional generierte Charaktere durch zweidimensionale Hintergründe, die durch die Art und Weise wie die Figuren (quasi auf Schienen") durch sie geführt werden, ebenfalls dreidimensional wirken. Insbesondere zu diesen Bühnengrafiken" sowie zu den animierten Zwischensequenzen kann man nur ein sagen: Atemberaubend. Was hier von Igor Posavec und 3d-io vorgelegt wird, zeigt wieder einmal mehr als deutlich, dass deutsche Spieleschmieden sich auch was zeitgemäße Grafiken angeht international in keinem Fall verstecken müssen. Man kann den Künstlern hier nur gratulieren, die Bilder sind in aller Regel überaus stimmungsvoll und nehmen einen definitiv in die Welt mit". Ein Übriges für den Augenschmaus tun gezielt eingestreute Spezial- und Partikeleffekte. Möglicherweise klinge ich begeistert, aber das bin ich auch. Die Hintergrund-Grafiken dürften alles in den Schatten stellen, was man bislang in einem Point-and-Click-Adventure gesehen hat. Auch in der PR-Redaktion war man offensichtlich so angetan, dass man Posavec anbot, einige Cover der ersten Auflage zu gestalten, was dieser glücklicherweise auch annahm, denn auch diese Titelbilder sind grandios geworden. Gern mehr davon. Insbesondere liegt das Augenmerk natürlich auf Perry Rhodan selbst, schließlich steuert man diesen ja die ganze Abenteuer-Zeit umher und hat ihn damit dauernd vor Augen. An der Gestaltung seines Anzugs ist kaum was auszusetzen, obwohl Rhodan in ihm die Statur eines Bodybuilders erhält, was nicht wirklich in Einklang mit den üblichen Darstellungen und Beschreibungen (Stichwort hager") zu bringen ist. Aber vermutlich war man der Ansicht, dass ein SF-Held auch klischeemäßig wie ein solcher aussehen muss, insbesondere, da man mit diesem Spiel offensichtlich auch auf den internationalen Markt schielt. So gehen Statur und auch Kopf der Figur in Ordnung, auch wenn das definitiv nicht der bekannte Rhodan ist. Gepatzt haben die Macher leider beim Blick des Avatars: Perry hat bewegliche Augen, die aber irgendwie immer am Spieler vorbei schauen. Das wirkt bisweilen befremdlich - als habe man einen Blinden vor sich, oftmals wirkt es auch einfach völlig debil. Schade. Insbesondere deswegen, weil der Effekt bei anderen Figuren so nicht entsteht, die aber auch keine beweglichen Augen haben. Die Lokationen, also die Level, des Spiels sind nicht allzu komplex, man kann in aller Regel zwischen mehreren Räumen" wechseln, sackt gefundene Gegenstände ins Inventar und kombiniert sie an passenden Stellen mit anderen Objekten oder Hotspots im jeweiligen Bild. Hier kam beim Spieler und seinen Kiebitzen relativ schnell der Kalauer von Perry Rhodan der Soforteinstecker" auf. (kurze Erklärung für Nicht-Rhodanisten: Der Held wird in der Romanserie bisweilen als Sofortumschalter" bezeichnet, weil er in der Lage ist, sich blitzschnell auf neue oder unerwartete Situationen einzustellen. Im Spiel sorgt das bei PR-Kennern übrigens für unfreiwillig komische Szenen, wenn der Held mal wieder in einer Szene etwas planlos agiert oder ääähhh..."-Sprüche fallen). Die Animationen der Figuren sind im Großen und Ganzen gelungen, hier kam entweder Motion-Capturing zum Einsatz oder man konnte auf eine entsprechend hochwertige Animationsbibliothek zurückgreifen. Auch stehen die Figuren nicht still, sondern bewegen sich ständig irgendwie, was den Realismus deutlich erhöht. Fazit zur Grafik: Abgesehen von den genannten kleineren Abstrichen ist die grafische Darstellung überaus gelungen. Allein aus dem Wunsch des Spielers, mehr der genialen Hintergründe sehen zu wollen ergibt sich bereits eine gewaltige Motivation, den nächsten Level zu erreichen. Hervorheben möchte ich auch nochmals explizit die kinoreifen Zwischensequenzen. Das Spiel hat eine durchgängige Sprachausgabe, Abstriche muss man leider bei der Qualität der Sprecher machen. Wird Rhodan selbst von einem Profi vertont, so fragt man sich bei manch einem der anderen Figuren, ob man mal eben jemand von der Strasse" verpflichtet hat. Bei ein paar stimmt die Betonung überhaupt nicht, bei anderen ist sie grade noch annehmbar, wieder andere sind ganz okay. Die wirklich schlechten davon sind aber zum einen unfreiwillig komisch, zum anderen zerstören sie bei ein paar Gelegenheiten die Stimmung. Hier hätte man sich wirklich mehr Mühe geben können. Wie bereits erwähnt ist Perrys Stimme völlig in Ordnung, dass an ein paar Stellen die Betonung nicht ganz passend ist, ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass so ein Sprecher die Szenen des Spiels in aller Regel nicht kennt, sondern von einer Art Audio-Drehbuch, möglicherweise mit Storyboard abliest. Würde der Sprecher die die Szene im Spiel vor sich sehen, wäre möglicherweise das ein oder andere anders betont worden. Aber gut, diese Problematik ist aus Computerspielen allgemein bekannt. Als zusätzliche Hilfestellung gibt es eine Art Scanner, die sämtliche Hotspots - also interaktionsfähige Punkte im aktuellen Bild - anzeigt, damit man auch ja nichts übersieht. Natürlich kann man das auch einfach lassen und selbst suchen. Ganz offensichtlich wurde hier aber Wert darauf gelegt, das Spiel auch für Anfänger spielbar und frustfrei zu gestalten. Gefundene Gegenstände sackt unser Soforteinstecker" ein und diese erscheinen im Inventar, das dauerhaft am unteren Bildschirmrand sichtbar ist. Auch hier wird Wert auf einfache Handhabung gelegt, beispielsweise tauchen auch Personen genau wie Gegenstände im Inventar auf und können zur Erlangung von Details auf Rhodans Armbandgerät, eine Positronik (wenn man gerade eine greifbar hat) oder andere Personen gezogen werden. Die Rätsel - mithin der zentrale Punkt eines Point-and-Click-Adventures neben der Handlung - variieren zwischen simpel, logisch, nachvollziehbar und das kann doch nicht euer Ernst sein". Hin und wieder wird ein Puzzle oder Denkspiel eingeschoben, von denen manche leider nur durch Ausprobieren zu lösen sind, was reichlich nervig sein kann. Beispiel: An einer Stelle muss Perry eine Art Spiegelkugel drehen, um durch ein Lüftungsgitter einen Lichtstrahl in einen darunter liegenden Raum zu bringen. Versucht man das Gebilde zum ersten Mal zu bewegen weist der Held einen darauf hin, dass das zu schwer sei, um es mit bloßen Händen zu bewegen. Man versucht dann natürlich irgend eine Art improvisiertes Werkzeug zu finden, mit der man die Kugelhalterung drehen kann. Doch weit gefehlt: Hat man an einem anderen Ort Handlungen vollzogen und sich eine Zwischensequenz angesehen, dann kann man die Vorrichtung auf einmal ohne Werkzeug und ohne Probleme drehen. Das war ein überaus frustiger - weil nicht im Geringsten nachvollziehbarer - Moment. Ohne ins Detail gehen zu wollen: Davon gibt es gerade im späteren Verlauf des Spiels noch ein paar mehr, die insbesondere wegen der Tatsache, dass sie leicht hätten umgangen werden können, auf Zeitdruck schließen lassen. Wie viele andere Vertreter des Point-and-Click-Genres ist das PR-Spiel deutlich zu kurz. Ich würde mal vermuten, auch ein Nicht-Profi wird nicht länger als insgesamt 20 Stunden zur Lösung benötigen. Für den Preis meiner Ansicht nach etwas knapp, zumal alternative Lösungswege (siehe beispielsweise den Senior INDIANA JONES AND THE FATE OF ATLANTIS) oder versteckte Gimmicks (siehe MONKEY ISLAND) fehlen. Etwas schade ist der völlig lineare Ablauf des Spiels, dass das anders geht zeigte Lucasarts ja schon (beispielsweise) bei Zak McKracken, da hätte man über 20 Jahre später doch etwas mehr erwartet. Wieder Zeitdruck? Dennoch lässt einen die audiovisuelle Darbietung definitiv von Anfang an den Wunsch verspüren, mehr sehen und weiter machen zu wollen und der Perry-Fan freut sich zusätzlich über jede Menge eingestreute Kleinigkeiten, die dem nicht eingeweihten Spieler verborgen bleiben. Klar - der Perry-Fan ärgert sich auch über Unpassendes, aber ich will das nicht zu schwer bewerten, da dies den durchschnittlichen Spieler kaum tangiert und das Produkt ist nun einmal für den Massenmarkt gedacht, nicht für den Fan. Wie ich soeben im Infotransmitter las, soll es inzwischen auch eine herunterladbare Demo geben, wer sich unschlüssig ist, sollte vielleicht mal einen Blick darauf werfen (muss aber eine zügige Internet-Anbindung besitzen). Drei Wünsche an die Entwickler: 1) Noch eins davon, aber bitte mit durchgehend logischen Rätseln und einem weniger abrupten Schluss. 2) Sollte tatsächlich wie ich vermute Zeitdruck der Grund für das plötzliche Ende sein, fände ich es fair, wenn es eine Art Content-Update zum Herunterladen gäbe. Mir ist natürlich klar, dass die Chance dafür schlecht steht, da niemand dafür bezahlt wird. Aber man wird ja noch Träumen dürfen... ;o) 3) Bitte beim nächsten Mal mehr Betatester beschäftigen, vielleicht auch Fans dafür heranziehen. Die machen das gerne, kostenlos und helfen Klippen zu umschiffen (insbesondere auch eine sich bei solchen Projekten gern mal einstellende Betriebsblindheit; das ist keineswegs abwertend gemeint). Und: Point-and-Click-Adventures (und andere Spiele) an denen die Grafiker und Musiker dieses Spiels beteiligt sind, würde ich auf jeden Fall auch dann kaufen, wenn nicht PERRY RHODAN drauf steht (selbst, wenn die Rätsel etwas "sperrig" sind)! PERRY RODAN - THE ADVENTURE Anforderungen (minimal): CPU mit 2,0 GHz, 1,0 GB RAM, 3,5 GB freier Festplattenspeicher, 3-D-Karte mit 128 MB RAM FSK: ab sechs Jahren |