Unterschied menschenrechte und bürgerrechte in der französischen revolution

Am 26. August 1789 verabschiedete die französische Nationalversammlung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Darin wurden natürliche Rechte wie Freiheit, Sicherheit und Eigentum festgeschrieben. Alle Menschen galten nun als gleich. Die traditionelle Ordnung der Ständegesellschaft ging somit über in eine bürgerliche Gesellschaft.

Vorgeschichte

Am 17. Juni 1789 hatte sich der Dritte Stand zur Nationalversammlung erklärt und damit die Französische Revolution eingeleitet. Mit dem Ballhausschwur am 20. Juni setzte er König Ludwig XVI. unter Druck. Dieser gewährte die Einführung einer verfassungsgebenden Versammlung, der sich auch Vertreter des Adels und Klerus anschlossen. In den folgenden Wochen radikalisierte sich die Lage in Frankreich, da die Brotpreise angestiegen waren. Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 führte zu einer weiteren Dynamisierung der Revolution. Um das gegenwärtige Chaos in den Griff zu bekommen, schaffte die Nationalversammlung am 4. August 1789 das Feudalsystem ab. Der Adel und Klerus verloren ihre ständischen Privilegien.1

Menschen- und Bürgerrechte

Ein weiterer Schritt zu einer gerechteren Gesellschaft war die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die am 26. August 1789 von der Nationalversammlung verabschiedet wurde. Darin wurden “natürliche und unveräußerliche Rechte” wie Freiheit, Eigentum und Sicherheit festgeschrieben. Dazu gehörten auch Meinungs, – Presse- und Religionsfreiheit. Dem Volk wurde das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung erlaubt. Das politische System verkörperte nun Gewaltenteilung und Volkssouveränität. Damit wurden grundlegende Ideen der Aufklärung, insbesondere von Montesquieu und Rousseau, übernommen. Als Urheber dieser historischen Schrift gilt Marquis de La Fayette. Die 17 Artikel wurden maßgeblich von der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und den Bill of Rights beeinflusst. Frauen blieben allerdings weiterhin von diesen Rechten ausgeschlossen.2

Folgen

Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte machte aus Frankreich eine konstitutionelle Monarchie. Darin liegt die Bedeutung der Französischen Revolution: natürliche Freiheits- und Grundrechte sowie die Gleichheit vor dem Gesetz waren in den europäischen Monarchien zu diesem Zeitpunkt noch undenkbar. In Frankreich wurde der Weg für den Durchbruch von Demokratie und Freiheit geebnet. Der Inhalt dieser Erklärung wurde wesentliches Vorbild für die meisten Verfassungen, die im 19. und 20. Jahrhundert in Europa verabschiedet wurden. Mit der Einführung der französischen Verfassung 1791 waren diese Rechte endgültig festgeschrieben. Freiheit, Recht und Gleichheit waren nun die tonangebenden Ideale, die die feudale Ständegesellschaft zunehmend ablösten.3

  1. 1. https://www.welt.de/kultur/history/article1139239/Die-furchtbare-Bastille-eine-Legende.html
  2. 2. http://www.verfassungen.eu/f/ferklaerung89.htm
  3. 3. http://www.zeit.de/1946/02/menschen-und-buergerrechte

Artikel 1 benutzt allerdings einen Begriff, der zur Zeit der Französischen Revolution noch nicht verwendet wurde: die Menschenwürde. Artikel 1 lautet: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Das soll bedeuten, dass jeder Mensch frei geboren ist und einen hohen Wert hat – ganz gleich, ob er jung oder alt ist, Mann oder Frau, gesund oder krank; egal ob er aus Deutschland kommt oder aus einem anderen Land. Niemand darf ihm Gewalt antun oder ihm seine Rechte nehmen.

Die Väter und Mütter des deutschen Grundgesetzes hatten andere Erfahrungen gemacht als die französischen Revolutionäre. Als sie 1948 zusammenkamen, war wenige Jahre zuvor die Diktatur der Nationalsozialisten zu Ende gegangen.

Während dieser Zeit waren die Menschenrechte mit Füßen getreten worden: Die Nazis hatten sechs Millionen Juden ermordet, Millionen von Menschen eingesperrt, gefoltert oder gar getötet – weil sie andere politische Meinungen vertraten, weil sie behindert oder krank waren.

Vor allem deshalb wurde die Menschenwürde im Grundgesetz festgeschrieben, um das Recht für alle Menschen zu sichern.

"Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" ("Liberté, égalité, fraternité") hieß die Parole der Französischen Revolution. Auch im deutschen Grundgesetz spielt die Gleichheit eine Rolle. In Artikel 3 heißt es: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", Frauen und Männer sind also gleichberechtigt.

Das hatte man während der Französischen Revolution noch anders gesehen. Damals stimmten die ausnahmslos männlichen Mitglieder der Nationalversammlung darin überein, dass Frauen diese Rechte nicht zustünden. Wählen durften französische Staatsbürgerinnen dann auch erst 1944 – deutsche dagegen schon 1918.

Der Streit um soziale Grundrechte

Was aber hat es mit der Brüderlichkeit auf sich, der fraternité? Während der Französischen Revolution wurde das Wort vor allem als Kampfparole verwendet: als Aufruf zum Zusammenhalt, um sich vom Gegner nicht spalten zu lassen.

Später, als sich während der Industriellen Revolution die Arbeiterbewegung formierte, wurde Brüderlichkeit als Solidarität verstanden: als gemeinsames Aufstehen gegen Armut und Ausbeutung.

Aus der Arbeiterbewegung kommt auch die Idee von sozialen Grundrechten. Der Staat solle seinen Bürgern ein Recht auf Arbeit oder Wohnung garantieren. Bis heute ist das umstritten. Viele Politiker finden, dass der Markt, also die Wirtschaft, diese Probleme besser lösen kann als der Staat: Wenn es zum Beispiel in einem Land an Wohnungen fehlt, ist es besser, wenn Unternehmen diese Wohnungen bauen und der Staat höchstens Anreize gibt, aber nicht selbst tätig wird.

Das deutsche Grundgesetz jedenfalls kennt keine sozialen Grundrechte. In Artikel 14, Absatz 2 heißt es lediglich: "Eigentum verpflichtet."

Gerichte als Hüter der Grundrechte

Die französische Erklärung der Menschenrechte war nicht nur wegweisend für Verfassungen wie das Grundgesetz, sondern auch für internationale Organisationen. So verkündeten die Vereinten Nationen (United Nations Organization = UNO) nach dem Zweiten Weltkrieg die sogenannte "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte".

In Europa gilt die 1950 fertiggestellte "Europäische Menschenrechtskonvention", die inzwischen 47 Nationen in Kraft gesetzt haben. Mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gibt es sogar eine Instanz, die über die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention wacht.

Überhaupt hat die Rolle von Gerichten bei der Wahrung der Menschenrechte deutlich zugenommen. Denn nur weil es Menschenrechtserklärungen gibt, heißt das noch lange nicht, dass sie auch geachtet und durchgesetzt werden.

Auch dies ist eine Erfahrung aus der Französischen Revolution. Während der sogenannten Schreckensherrschaft von 1793 bis 1794 glitt der Kampf um Freiheit in den Terror ab. Zehntausende wurden ermordet, weil man sie verdächtigte, Gegner der Revolution zu sein. Sich angemessen verteidigen oder die Vorwürfe auch nur prüfen lassen konnten sie nicht.

Um so etwas zu verhindern, ist es wichtig, dass es unabhängige Gerichte gibt, bei denen man Grundrechte wie etwa die freie Meinungsäußerung oder die Demonstrationsfreiheit notfalls einklagen kann. Das höchste Gericht in Deutschland ist das Bundesverfassungsgericht. Hier kann jeder eine so genannten Verfassungsbeschwerde einreichen, wenn er seine Grundrechte verletzt sieht.

Gewaltenteilung als Schutz vor Machtmissbrauch

Und noch ein weiterer wichtiger Gedanke der Französischen Revolution gehört heute fest zu unserem Demokratieverständnis – die Gewaltenteilung. Das bedeutet: Die Macht im Staat wird zwischen verschiedenen Institutionen aufgeteilt. Nicht ein Herrscher wie der König darf allein über alles bestimmen.

Stattdessen gibt es

  • eine gesetzgebende Gewalt (Legislative), also etwa ein gewähltes Parlament wie in Deutschland der Bundestag, der Gesetze beschließt;
  • eine ausführende Gewalt (Exekutive), die die Gesetze ausführt, also Regierung, Verwaltung, Polizei;
  • und eine rechtsprechende Gewalt (die Judikative), also Gerichte, die unabhängig entscheiden, was nach den Gesetzen richtig ist.

Auf diese Weise sollen die drei Gewalten sich gegenseitig kontrollieren und Machtmissbrauch verhindern.

Dafür ist aber noch eine andere Instanz wichtig, die von vielen als "vierte Gewalt" bezeichnet wird: eine freie Presse. Sie sorgt dafür, die Menschen in einem Staat unabhängig zu informieren, so dass sich jeder Bürger seine Meinung zu aktuellen politischen Ereignissen bilden und mitreden kann.

So wurden während der Französischen Revolution hunderte Zeitungen gegründet, viele Menschen trafen sich und diskutierten. Heute sind durch das Internet und die sozialen Medien diese Möglichkeiten noch deutlich vielfältiger.

Auch die Grundrechte selbst müssen immer wieder überprüft und gegebenenfalls erweitert werden: So diskutiert man in Deutschland schon lange, ob nicht auch Kinderrechte oder Tierrechte stärker im Grundgesetz verankert werden sollten. Das Erbe der Französischen Revolution ist also immer noch lebendig.

(Erstveröffentlichung: 2021)