Warum kann man bei vollmond nicht schlafen

Psychologie Biologie

Vollmond lässt Menschen wirklich schlecht schlafen

Veröffentlicht am 25.07.2013 | Lesedauer: 2 Minuten

Bei Vollmond brauchten Probanden im Schnitt fünf Minuten länger, um einzuschlafen. Sie hatten außerdem pro Nacht insgesamt 20 Minuten weniger geschlafen

Quelle: dpa

„Bei Vollmond schlafe ich schlechter“ – das hat bestimmt jeder schon einmal von Mitmenschen gehört. Ab sofort darf das nicht mehr müde belächelt werden: Schweizer Forscher haben nachgerechnet.

Um Vollmond herum schlafen Menschen schlechter und kürzer. Das berichten Forscher um Christian Cajochen vom Zentrum für Chronobiologie der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (Schweiz) im Fachblatt „Current Biology“. Sie haben in einer Studie nach eigenen Angaben erstmals einen überzeugenden wissenschaftlichen Beleg dafür gefunden, dass der Mond tatsächlich den Schlaf des Menschen beeinflusst. Es sei auch ein Spiel der Hormone.

Vollmond: Bis zu 20 Minuten weniger Schlaf

Die Idee zu ihrer Untersuchung kam den Forschern bei einem Feierabendbier in einer Bar – und zwar in einer Vollmondnacht. Sie überlegten sich, die Daten einer abgeschlossenen Schlafstudie noch einmal neu auszuwerten und dabei die Mondphase zu berücksichtigen. In der Studie hatten die Forscher zuvor verschiedene Aspekte des Schlaf-Wach-Rhythmus an insgesamt 33 Freiwilligen untersucht. Dabei analysierten sie Hirnaktivität, Augenbewegungen und Hormonveränderungen.

Ihre neue Auswertung ergab nun, dass die Versuchspersonen bei Vollmond im Schnitt fünf Minuten länger gebraucht hatten, um einzuschlafen. Sie hatten zudem pro Nacht insgesamt 20 Minuten weniger geschlafen und die Qualität ihres Schlafs selbst auch schlechter beurteilt.

Der Mond beeinflusst auch weitere Aspekte

Und es gab messbare biologische Anhaltspunkte für einen „Mond-Faktor“. Die Hirnaktivität zeigte, dass die Länge des Tiefschlafs abnahm, berichten die Forscher. Schließlich sank bei Vollmond auch der Melatonin-Spiegel. Dieses Hormon ist an der Steuerung von Schlaf- und Wachphasen beteiligt.

Dies sei der erste verlässliche Beweis, dass sich die Mondphasen auf die Schlafstruktur des Menschen auswirken können, schreiben die Forscher. Möglicherweise beeinflusse der Mond auch andere Aspekte unseres Verhaltens, etwa die Stimmung oder die geistige Leistung.

Mond-Reaktion ein Relikt aus der Vergangenheit

Nach Ansicht der Forscher könnte die Mond-Reaktion ein Relikt aus vergangenen Zeiten sein, als der Mond das menschliche Verhalten synchronisierte. Dies ist auch aus dem Tierreich – vor allem von Meerestieren – bekannt, wo das Mondlicht zum Beispiel das Fortpflanzungsverhalten beeinflusst. Heute werde der Einfluss des Mondes durch andere Einflüsse der modernen Welt wie elektrisches Licht verdrängt, erläuterten die Forscher.

Immerhin: Wer erzählt, der Vollmond – gerade hat er als "Wolfsmond" hell geleuchtet – hätte in der vergangenen Nacht sein Übriges getan und der Hoffnung auf eine verdiente Mütze Schlaf entschieden entgegengestanden, wird nur noch selten abfälliges Gelächter ernten. Im Gegenteil, die Erklärung für dieses Phänomen ist fast schon zur Binsenweisheit geworden: Wenn der Vollmond am Firmament steht, ist es nachts beträchtlich heller auf der Erde. Und Helligkeit tut einem ausgewogenen Schlaf so gar nicht gut.

Das klingt plausibel, aber sind wir mal ehrlich: Das gilt vielleicht auf dem Land. Spätestens dann, wenn man in einer lichtverschmutzten Großstadt lebt, sollte dieser Effekt zu vernachlässigen sein. Dafür sorgt die unermüdlich helle Straßenlaterne vorm Schlafzimmerfenster. Und die ganzen anderen auch. Denkste! Die Änderung des Schlafverhaltens ist kein Phänomen des ländlichen Raums.

Landleben und urbaner Raum im Test

Das Team von Leandro Casiraghi von der University of Washington in Seattle wollte es genauer wissen und machte die Probe aufs Exempel. Dazu wurden insgesamt drei Testgruppen mit Armbändern ausgestattet, die das Schlafverhalten messen – also tracken – können. Drei der Gruppen leben in Argentinien und gehören zum Volk der Toba/Qom – teilweise auf dem Land mit begrenztem Zugang zu Strom, teils in der Stadt. Die vierte Gruppe waren Studierende aus der US-Metropole Seattle, in der es bekanntlich Elektrizität und Licht im Überfluss gibt. Das Schlafverhalten dieser Gruppen wurde würde zwei Mondzyklen lang beobachtet.

Und da haben wir’s: Alle vier Gruppen reagierten nachweislich auf den Mond und schliefen in den drei bis fünf Nächsten vor dem Vollmond später ein, ihre Schlafdauer verkürzte sich insgesamt. So schliefen die Testpersonen dreißig bis achtzig Minuten später ein und hatten eine zwanzig bis neunzig Minuten kürzerer Schlafdauer.

Mondlicht hat – sofern man in und mit der Natur lebt – etwas Praktisches: Es reicht für Aktivitäten im Freien. Aber später in der Nacht auftretendes Mondlicht weckt niemanden, so wie es Sonnenlicht tun würde. Da gerade in den Nächten vor Vollmond der Mond bereits früh am Himmel steht, verlängert er den Zeitraum für mögliche Aktivitäten – zum Beispiel die Jagd. Unser spätes Einschlafen bei Vollmond ist also etwas, das wir evolutionär mitbekommen haben.

Plausibel, wenn man tatsächlich noch etwas vom Mondschein sehen sollte. In vielen Teilen Seattles dürfte das nicht der Fall sein – und auch hierzulande dürfte die (Groß-)Stadt heller sein als jeder Vollmond. Unser synchronisiertes Schlafverhalten hat, so das Forschungsteam, demnach auch etwas mit der Schwerkraft des Mondes zu tun. Dass die nicht außer Acht zu lassen ist, wissen alle, die schon mal Ebbe und Flut am Nordseestrand bewundert haben. Und auch auf den weiblichen Menstruationszyklus hat der Mond aktueller Forschung zufolge einen Einfluss.

Macht's die Schwerkraft?

Der Gezeiteneffekt ist nicht nur bei Vollmond besonders ausgeprägt, sondern auch bei Neumond. Nun haben die Forschenden festgestellt, dass bei den im ländlichen Raum lebenden Teilnehmenden aus der Volksgruppe der Toba/Qom auch in Neumondnächten ein verzögertes Einschlafen und eine kürzere Schlafdauer festzustellen ist – wenn auch schwächer ausgeprägt. Ein klares Signal, dass nicht nur die Lichtkraft unser Schlafverhalten beeinfluss.

Wie genau das nun funktioniert, ist noch nicht geklärt. Aber beim nächsten Schmunzeln über die Mondkalender der Verwandtschaft oder die strengen Mondzyklen-getriebenen Anbaurichtlinien des Demeter-Bio-Verbands wissen wir zumindest, dass daran vielleicht mehr dran ist als es manchem Pragmatiker lieb ist.

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Wann schläft man schlecht Mond?

In allen Gruppen schliefen die Menschen in den drei bis fünf Tagen vor Vollmond 30 bis 80 Minuten später ein als gewöhnlich. Zudem schliefen sie auch 20 bis 90 Minuten weniger. Dabei gab es nur geringe Unterschiede zwischen den Stadtbewohnern und den ohne Kunstlicht lebenden indigenen Einwohnern.

Was kann ich tun wenn ich bei Vollmond nicht schlafen kann?

Der Schweizer Christian Cajochen und sein Team stellten bei Probanden in Vollmondnächten tatsächlich einen verminderten Melatonin-Spiegel fest. Zudem hatten die Testpersonen im Schnitt 20 Minuten weniger geschlafen und fünf Minuten länger zum Einschlafen gebraucht.

Wie wirkt sich der Vollmond auf die Psyche aus?

Doch das Ergebnis einer aktuellen Studie ist eindeutig: "Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Mondphasen und dem Auftreten psychischer Probleme", so das Resümee der Studienleiterin Prof. Dr. Geneviève Belleville von der Laval's School of Psychology.

Warum hat man bei Vollmond Albträume?

Träumen wir bei Vollmond anders? «Die Mondphasen scheinen den menschlichen Schlaf zu beeinflussen», sagt Christian Cajochen. Der Chronobiologe aus Basel hat analysiert, wie der Vollmond sich auf den Schlaf seiner Probanden auswirkt. Sein Ergebnis: Selbst wenn wir den Mond nicht sehen können, schlafen wir unruhiger.

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