Was ist bei den Yeziden verboten?

Hausarbeit, 2012

9 Seiten, Note: 1,7

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Yeziden- ein knapper Überblick

3 Grundlegende religiöse Inhalte

3.1 Vergleich des Taus-i Melek mit dem „gefallenen Engel“

3.2 Verfolgung, Abschottung und Emigration

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wenn man in Europa oder im Orient den Begriff „Yeziden“ hört und zumindest eine grobe Vorstellung von dieser Religion hat, dauert es nicht lange bis das Wort „Teufelsanbeter“ damit in Verbindung gebracht wird. Doch gibt es Belege für eine Verehrung des Teufels oder ist diese Kritik seitens der muslimischen Bevölkerung nur ein Missverständnis, ein Vorurteil? Auf diese Frage möchte ich in meiner Hausarbeit näher eingehen und Belege für beide Meinungen aufführen. Zunächst gebe ich einen kurzen Überblick über das Yezidentum, mit seinen gesellschaftlichen Strukturen und den Problemen des Verständnisses dieser mündlich überlieferten Religion. Danach gehe ich näher auf die wichtigsten religiösen Inhalte mit dem Schwerpunkt auf Taus-i Melek, dem obersten Engel der Yeziden und seinem Verhältnis zu Gott ein und führe einige Mythen, bevorzugt islamische auf, die das Bild einer Teufelsanbetung geprägt haben. Zum Schluss beschreibe ich die daraus resultierende Konsequenz der zahlreichen Verfolgungen durch die islamische Bevölkerung, die Auswanderung und Bewahrung des Yezidentums durch Abschottung in der Diaspora, der neuen Heimat der Yeziden. Im Fazit stelle ich meine Ergebnisse im Bezug auf die Ausgangsfrage zusammengefasst dar.

2 Die Yeziden- ein knapper Überblick

Die Yeziden sind eine religiöse Minderheit unter den hauptsächlich muslimischen Kurden und siedeln in den heutzutage in mehrere Staaten aufgeteilten Siedlungsgebieten, wie in der Türkei, Syrien, Irak und wenige auch im Iran, sowohl in Armenien, Georgien und auch Deutschland. Ihre Anzahl wird auf 800.000 Personen geschätzt, die meisten davon leben im Nordirak. In Deutschland gibt es etwa 40.000 Yeziden. Ihre Muttersprache ist das nordkurdische Kurmanji. Seit dem Mittelalter fand das Yezidentum seine größte Verbreitung. Lalesh, der Mittelpunkt des religiösen Lebens, sowie Baadhra, der Sitz des weltlichen und geistigen Oberhauptes, des Mir sind bedeutende Orte der yezidischen Identität. Das Gemeinschaftsgefühl der Yeziden ist haupsächlich damit zu begründen, dass man als Yezide geboren sein muss, um diesen Glauben zu praktizieren (Tolan 2004: 13), auch eine Heirat mit Andersgläubigen ist ausgeschlossen. Diese Maßnahmen entwickelten sich während den Krisenzeiten, wie Verfolgung, als Schutz der Gemeinschaft. Ein weiteres auffälliges Merkmal innerhalb der Gesellschaft ist die Aufteilung in Kasten, in die Muriden, d.h. Laien und in die zwei Kasten der Geistlichen, der Scheichs und der Pirs. Die Zugehörigkeit wird vererbt und „Ein-Heirat“ nicht möglich. Die Geistlichen geben den Laien Unterweisungen und Hilfe. So entstand ein starkes Zusammenhalt zwischen den einzelnen Kasten, denn in dieser Gemeinschaft jeder ist von jedem abhängig. Die wichtigste Aufgabe ist schließlich, das Yezidentum zu bewahren (Tolan 2004: 14). Doch es besteht keine Absicht einer völligen Abschottung, so ist vor allem das Verhältnis zu den Christen sehr eng, was auch auf einem gemeinsamen Leidensweg in den kurdischen Gebieten zurückführt. Es besteht auch eine allgemeine Toleranz gegenüber anderen Religionen. Man kann sie durchaus als eine monotheistische Religion bezeichnen, die wohl noch vor dem Christentum entstanden ist. Die Religion selbst basiert auf einer mündlichen Überlieferung, eine religiöse Schrift gibt es in dem Sinne nicht (Tolan 2004: 15). Traditionell war es den Yeziden bis auf wenige Ausnahmen verboten, lesen und schreiben zu lernen. Daher fehlt nicht nur eine Heilige Schrift, sondern auch andere religiöse Doktrinen. Somit ist unser heutiges Wissen beschränkt und durch falsche Auslegungen mündlicher Aussagen teilweise verfälscht. Es gibt durchaus komplexe religiöse Grundsätze und eine Fülle an Mythen und Legenden, die eine größere Rolle spielen, wenn man diese Religion verstehen will. Ein islamisch geprägter Mensch hatt daher Schwierigkeiten, dass Yezidentum einzuordnen und seine Texte zu deuten, da es nicht den üblichen Buch- Religionen entspricht (Kreyenbroek 2004: 24).

3 Grundlegende religiöse Inhalte

Nach yezidischem Verständnis ist Gott als Erschaffer der Welt allmächtig, somit existiert keine weitere in Konkurrenz tretende Kraft neben ihm. Es fehlt also gänzlich die Gestalt des Bösen. So wird auch der Name des Bösen nicht ausgesprochen, um die Allmacht Gottes nicht anzuzweifeln. Die Menschen entscheiden selbst über ihr Schicksal, denn Gott gab ihnen einen Verstand. Die Vorstellung eines Lebens nach dem Tod existiert auch in dieser Religion. Nach einer Seelenwanderung erreicht der Geist einen neuen Zustand (Tolan 2004: 15), die von den Taten während der Lebzeit abhängen. Ein Jenseitsbruder Biraye achrete bzw. eine Jenseitsschwester Chucha achrete sorgen sich schon während des Lebens um die Person, die sie betreuen, nehmen an der Totenzeremonie teil und übernehmen im Jenseits die Mitverantwortung für deren Taten (Tolan 2004: 17). Der Reinkarnationsprozess reinigt die Seele, bis sie letzendlich zu ihrer Quelle, dem Taus-i Melek zurückkehrt. Die Seele wartet nicht wie im Islam, Judentum und Christentum auf ihre Auferstehung am Tag des Jüngsten Gerichts (Othman 2004: 65). Die Zentralfigur des yezidischen Glaubens ist der höchste Engel, Taus-i Melek, der Engel Pfau. Dieser wurde durch seine Verdienste zum Oberhaupt der sieben von Gott geschaffenen Engel und ist sozusagen Gottes Stellvertreter auf Erden. Er ist weder der „Gegenspieler“ von Gott, noch steht er für das Böse, oder ein gefallener Engel, sondern er fördert die Schöpfung Gottes (Tolan 2004: 17). Der Vorwurf einer „Teufelsanbetung“ anderer Religionen wie des Islam, ist nach dem Verständnis der Yeziden also keinesfalls berechtigt. Taus-i Melek wird als Gott und nicht als Teufel verehrt. Er repräsentiert u.a. das Feuer in seinem Dualismus, als Quelle des Lichts und der Verbrennung, der Zerstörung, er beinhaltet somit Gut und Böse. Zwischen Gut und Böse herrscht ein ständiger Konflikt (Othman 2004: 56). Es ist unmöglich, dass das Böse ohne Gottes Wissen oder Wille existiert, da Gott allwissend ist, geschweige denn über ihn triumphiert (Kreyenbroek 1995: 47). Jeder Yezide hat ein Stück des Engel Pfau in sich, bei der Geburt erhält jeder die gleichen Eigenschaften des Engels und hat so gleiche Vorraussetzungen, mit Hilfe seines Verstandes Gutes zu tun. Durch persönliche Beziehungen mit Gott gleicht ein Yezide die Kräfte der Natur, das Prinzip von Gut und Böse, aus und steuert so seine inneren Kräfte in die richtige Richtung (Othman 2004: 57). Der Reformer Scheich Adi ist die zweitwichtigste religiöse Gestalt (11.- 12. Jahrhundert). Er wird als eine Inkarnation des Engel Pfau gesehen, der das Yezidentum während einer Krisenzeit neues Leben einhauchte. Sein Grab in Lalesh wird im Oktober jeden Jahres von Gläubigen beim Fest der Versammlung, Jashne Jimaiye, besucht. Diese Pilgerfahrt ist eine Pflicht für jeden Yeziden, da sie die Zusammengehörigkeit stärkt und es ermöglicht, geweihte Erde mitzunehmen. Diese mit dem heiligen Wasser der Quelle Zemzem geformte Kugeln (Tolan 2004: 16) gelten als heilige Steine, Berat und werden auch bei anderen Zeremonien verwendet (Tolan 2004: 17).

3.1 Vergleich des Taus-i Melek mit dem „gefallenen Engel“

Woher kommt also diese Fehl-Intepretation des Taus-i Melek als Teufel, bzw. gefallener Engel? Laut einer islamischen Mythologie, versteckte sich Iblis, der gefallene Erzengel, also der Teufel selbst, zwischen den Füßen einer Schlange, um ins Paradies zu gelangen und Adam und Eva zu verführen (Othman 2004: 59), nachdem er aus dem Himmel verbannt worden war. Er hatte sich geweigert Adam anzubeten, da dieser aus Lehm und Schlamm, er selbst aber aus Feuer geschaffen war (Othman 2004: 60). Auch bei den Yeziden finden sich ähnliche Mythen. Demnach wollte Gott Taus-i Melek, hier gleichzusetzen mit Iblis, prüfen. Dieser Bestand die Prüfung, da er nur Gott alleine anerkannte und anbetete, sodass Gott ihn zum Herren aller Engel erhob. Diese Idee entlehnte sich hauptsächlich dem Sufismus, aber auch in Europa entstand während der Romantik eine Strömung zur Rechtfertigung des Teufels (Othman 2004: 64), bis hin zu seiner Betrachtung als Erlöser in der Dichtung des 19. Jahrhunderts (Othman 2004: 65). Ein besonderes Verhältnis zu der Hölle beschreiben einige Legenden, die erklären, warum Yeziden sich nicht vor der Hölle fürchten sollen: Die Höllenflammen wurden durch ein weinendes Kind gelöscht, nachdem es sieben Jahre in ein gelbes Gefäß weinte, welches dann in der Hölle auf die Flammen entleert wurde und sie löschte (Kreyenbroek 1995: 147). In anderen Quellen löschte Taus-i Melek selbst das Höllenfeuer mit seinen Tränen, nachdem er als Strafe aus dem Himmel verbannt wurde. Er durfte zu Gott zurückkehren, da er sein Lieblingsengel war. Diese Erzählungen schildern lediglich den Glauben an das Gute, an den Engel Pfau und nicht an den Menschen erwartende Höllenqualen oder an den Teufel. (Kreyenbroek 2009: 133). Das Symbol von Taus-i Melek ist der Pfau, nach islamischem Verständnis der Herr aller Vögel im Paradies. Die Schlange wird bekanntlich mit dem Bösen verbunden, interessant ist jedoch die Verbindung der Schlange mit dem Pfau. In der antiken Astrologie wurde Merkur als junger Mann, auf einem Pfau sitzend, in der rechten Hand eine Schlange und in der linken eine Tafel haltend, dargestellt. Einer anderen islamischen Legende nach bat Iblis den Pfau ihm zu helfen, ins Paradies zu gelangen. Dem Rat des Pfaus folgend, versteckte sich dieser schließlich im Maul der mächtigeren Schlange. Diese Erzählungen, die Verehrung des Engel Pfau und die Tatsache, dass am Eingang des yezidischen Heiligtums in Lalesh eine Schlange eingemeißelt ist, verleitete Vertreter des Islam, sowie anderer Hochreligionen zu dem Vergleich des Taus-i Melek mit dem ihnen bekannten Teufel und der Bezeichnung der Yeziden als „Teufelsanbeter“. Als ideologischer Hauptgrund der Konflikte kann aber der yezidische Glaube an die sieben Engel, die von Gott die Macht erhielten über die Welt zu herrschen, gesehen werden. Gott ist somit nicht mehr der einzige, allmächtige Herrscher, was im islamischen Verständnis nicht bezweifelt werden darf. Alles Gute oder Schlechte kann auf die Engel und den Wichtigsten von ihnen, Taus-i Melek, zurückgeführt werden. Diese Akzeptanz des Schlechten und Bösen führte bei Außenstehenden zu Assoziationen mit dem Teufel und einer Teufelsverehrung. Dieser Vergleich war den Yeziden schon lange bekannt und führte zu einer Vermeidung der Aussprache des Wortes „Satan“, sowie von Flüchen. Auch diese Tatsache erweckte den Eindruck, die Yeziden würden den Namen Satans aus Ehrfurcht und seiner Anbetung wegen nicht aussprechen (Kreyenbroek 2009: 18). Diese Annahmen und Vorurteile erwiesen sich als fatal für die yezidische Gemeinde (Othman 2004: 60).

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Was dürfen Yeziden nicht tun?

Ein Jeside darf die gesetzliche Frau eines anderen nicht entführen; kein Jeside darf dem Entführer und der Entführten helfen oder Unterkunft geben. Die Entführte muss ihrem Manne zurückgegeben und der Entführer nach dem jesidischen Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden.

Was dürfen Yeziden alles nicht essen?

Als Jeside wird man geboren Ein anderes Tabu ist, keinen Kopfsalat zu essen. Ein jesidischer Heiliger wurde auf einem Salatfeld ermordet und sein Blut sei auf die Salatköpfe getropft. Jesiden essen deshalb keinen Salat. Zurzeit seien die Jesiden in Deutschland im Ausnahmezustand.

Welche Farbe dürfen Yeziden nicht tragen?

Ein weiteres Element der religiösen Tradition ist das Nicht-Tragen eines bestimmten blauen Farbtons, besonders in der Kleidung. Dieses Tabu hängt mit der Naturliebe der jesidischen Gesellschaft zusammen, bei der die Farbe Blau den Himmel symbolisiert. Demnach drückt das Meiden dieser Farbe den Respekt vor Gott aus.

Welches Fleisch dürfen Yeziden nicht essen?

Als unzulässig gelten im Islam der Genuss von Schweinefleisch und Alkohol. Aber auch Kada- ver, Blut oder aasfressende Raubtiere dürfen nicht verzehrt werden.