Erkenntnisse der Sportwisenschaften für ÜbungenZum ersten Mal präsentiert beim Akkordeon Symposium 2013 in Neu-Isenburg (D), bis April 2014 erweitert, insbesondere um die neuen Erkenntnisse der differenziellen Methode. Show BewegungslernenMotorisches Lernen ist kein stetiger Prozeß, bei dem anhand eines Leistungsmaßes ein ununterbrochener Anstieg festzustellen ist, vielmehr ist das Auftreten deutlich abgrenzbarer unterschiedlicher Stadien, die eine eigenständig Qualität aufweisen, nachweisbar und typisch. Anfänglich kommt es recht schnell zu sichtbaren Fortschritten, wenn die Aufgabe nicht zu komplex ist. Später verlangsamen sich die Zuwachsraten in der Leistung, es kann
zeitweise zu Stagnation und Rückschritten trotz hoher Übungsumfänge kommen. Im Endbereich nähert sich die Leistungskurve allmählich einem Maximum an, welches nur durch erhöhte Übungs- und Trainingsumfänge oder veränderte Lernstrategien hinauszuschieben ist. Im Endbereich nähert sich die Leistungskurve allmählich einem Maximum an, welches nur durch erhöhte Übungs- und Trainingsumfänge oder veränderte Lernstrategien
hinauszuschieben ist. Aufwärmeffekt (geringere Leistung unmittelbar nach der Pause), Reminiszenz (höhere Leistung durch Pausen nach dem Aufwärmeffekt) Behalten: Der Positionseffekt beschreibt geringere bei dem ersten und letzten Bewegungsteil (Primacy- und Recency-Effekt) und größere Fehler beziehungsweise geringere Behaltensleistung in den
mittleren Bewegungsteilen. Behaltensstrategien: Die Bedeutung der Bewegung, Selbstbestimmung, Wiederholungen, Intention und Motivation, Selbstbestimmung der Übeorganisation Ab einem bestimmten Leistungsniveau scheint die Variabilität der Teile wieder zunehmend
funktionelle Bedeutung für die Stabilität des Bewegungsresultats zu gewinnen Bei der Vorstellung des Einschleifens ist nicht geklärt, ob die Zahl der Wiederholungen oder die entstehende Streuungsbreite den Lernerfolg begründen. Weltklasse Athleten zeigen individuelle Streuungsbreite im Bewegungsvollzug. Ein wenig geübter Sportler ist meist nicht in der Lage,
eine sprachliche Darstellung der Bewegungswahrnehmungen zu geben, vor allem dann, wenn nur unzureichende visuelle Informationen vorliegen. ... Der geübte Sportler allerdings nimmt seine Bewegungen auch in Einzelheiten wahr und kann sie sprachlich darstellen. Aus der Rolle des verbalen Systems für die Handlungsregulation, für ihren Aufbau, ihre Korrektur und ihre weitere Vervollkommnung, in Sonderheit für
die Entwicklung der Bewegungsvorstellungen, ergibt sich die Forderung einer systematischen Arbeit mit Sprache. Erste Lernphase: Der Lernende muß, wenn er die Aufgabe verstanden hat, sofort zu praktischen Versuchen, zum Üben des Bewegungsablaufes geführt werden. Nur in Verbindung mit den eigenen motorischen Erfahrungen des Lernenden beim Üben der neuen Bewegung werden weitere verbale Informationen durch den
Lehrenden und darüber hinaus auch weiter Demonstrationen wirksam, um die Bewegungsvorstellung zu konkretisieren. Aus den Neurowissenschaften wissen wir, daß Informationen erst dauerhaft im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden, wenn wir sie mit vielfältigen Strategien, kontextbezogen und mit einer gewissen Verarbeitungstiefe üben. Dem Erproben von
Bewegungsabläufen durch Versuch und Irrtum stehen die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse nicht entgegen, im Gegenteil: in der Entdeckungsphase des Übens sollte das Werk frei, experimentierend und vielfältig durchdrungen werden. Auch neuere Studien zeigen, daß viel effektiver gelernt wird, wenn Fehler beim Lernen zugelassen werden. For years, many educators have championed “errorless learning," advising teachers (and students) to create study conditions that do not permit errors. ... The idea embedded in this approach is that if students make errors, they will learn the errors and be prevented (or slowed) in learning the correct information. But research by Nate Kornell, Matthew Hays and Robert Bjork
at U.C.L.A. that recently appeared in the Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory and Cognition reveals that this worry is misplaced. In fact, they found, learning becomes better if conditions are arranged so that students make errors. People remember things better, longer, if they are given very challenging tests on the material, tests at which they are bound to fail. Allgemeine KoordinationsfähigkeitKoordination heißt, eine Bewegung schnell, zielgerichtet, ökonomisch mit geringstem Aufwand, präzise und harmonisch durchzuführen. lateinisch „cum ordo“ bedeutet „mit Ordnung“ Eine breite und intensive Bewegungserfahrung über viele Bewegungsformen und
Sportarten ist unerläßlich Voraussetzung für höhere Leistungen in einer Sportart Die frühzeitige Förderung und intensive Schulung aller koordinativen Fähigkeiten ist ein Hauptinhalt des Kinder- und Jugendtrainings Jede einzelne Muskelkontraktion wirkt sich auf die Koordination der
Gesamtbewegung des Körpers aus. Sieben Koordinative Fähigkeiten nach dem Arbeitsmodell Leipziger Koordinationsforscher: Differenzierungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit Das methodische
Grundprinzip für das Koordinationstraining ist die Variation. Kopplungsfähigkeit: Klassifikation der Armbewegungen nach ihrer Koordinationsschwierigkeit: symmetrische Bewegungen, Überkreuzbewegungen, Folgebewegungen, Bewegung beider Arme in verschiedenen Ebenen, asynchrone Bewegungen Ein Transfereffekt von allgemeinen
koordinativen Fähigkeiten auf den Erwerb spezieller sportmotorischer Fertigkeiten konnte experimentell nachgewiesen werden. Das Prinzip der Altersgemäßheit beinhaltet des weiteren auch das Ausnützen der "sensiblen Phasen". Vor allem in technischen, koordinativ anspruchsvollen Sportarten (Eiskunstlauf, Geräteturnen) lassen sich entsprechende Versäumnisse kaum mehr ausgleichen. Die Erweiterung des Bewegungsschatzes und die Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten stehen im gesamten frühen und späten Schulkindalter im Zentrum der sportlichen Ausbildung Die koordinativen Fähigkeiten sind von den Fertigkeiten zu unterscheiden: Während die Fertigkeiten auf verfestigte, teilweise automatisierte konkrete Bewegungshandlungen zu beziehen sind, stellen die
koordinativen Fähigkeiten verfestigte, jedoch verallgemeinerte, d.h. für eine ganze Reihe von Bewegungshandlungen grundlegende, Leistungsvoraussetzungen des Menschen dar. Methodische Maßnahmen zur Schulung koordinativer Fähigkeiten: Variation der Bewegungsausführung, Veränderung der äußeren Bedingungen, Kombinieren von Bewegungsfertigkeiten, Üben unter Zeitdruck, Variation der Informationsaufnahme, Üben nach Vorbelastung
Im Gegensatz zu den anderen motorischen Hauptbeanspruchungsformen … sind die koordinativen Fähigkeiten vorrangig komplex zu verbessern. … nur über das Prinzip der ständigen Variation und Kombination der Übungsmethoden und -inhalte zu erreichen. Kontralateraler Transfer: Beidseitiges Üben beschleunigt nicht nur den Lernprozeß, sondern führt auch zu einer besseren
Bewegungsqualität. … Dabei ist zu beachten, daß eine sequentielle (relativ massierte) Reihenfolge (z.B. rechts, rechts, rechts, rechts, links, links, links, links) günstiger ist als ein ständiges Alternieren. … Kontralaterale Übertragungen sind besonders bei niedrigem Leistungsniveau relativ hoch. KinästhetikUnterscheidung zwischen Propriozeption (das Gesamt der dem Subjekt unbewußten Tätigkeiten der Propriozeptoren),
Sensorik (das Gesamt der dem Subjekt unbewußten Tätigkeiten des sensorischen (afferenten) Nervensystems) und Kinästhetik (das Gesamt der vom Subjekt durch aktive, bewußte, intentionale und zielgerichtete Aufmerksamkeitslenkung bewußt wahrgenommenen propriozeptiven und sensorischen Tätigkeiten) Unter Psychomotorik werden sämtliche Bewegungsmerkmale und -eigenschaften subsumiert, die über die bloße
Funktionalität von Spielbewegungen hinausgehend eine spezifisch ausgeprägte Qualität besitzen, in der sich das emotional bestimmte, individuell unterschiedliche Bewegungs- und Ausdrucksverhalten eines Instrumentalisten manifestiert. Psychomotorische Prozesse in Form der emotionalen Bewegungsfärbung vollziehen sich oft unbewußt; die Bewegungsabläufe sind also nicht immer unmittelbar im Bewußtsein
repräsentiert, da sie vom Spieler gefühlsmäßig erlebt werden. … Das Erleben von Bewegungsqualitäten ist zu einem großen Teil in mehr oder weniger diffuse gefühlsartige Strukturen eingehüllt oder es liegen ungefühlte Befindlichkeiten vor. In manchen erhellenden Momenten werden Bewegungsqualitäten auch bewußt erlebt. Motorische Lernen geht immer auch mit Veränderungen im sensorischen Bereich einher:
Wahrnehmungsschwelle, Reizdifferenzierung, Umschaltprozesse vom 'äußeren' auf den 'inneren' Regelkreis, Veränderung komplexer Wahrnehmungsmodalitäten Kinästhetische Informationsaufnahme durch Reizrezeptoren in den Gelenken (Gelenkrezeptoren: Ruffini- und Pacini-Körperchen), Sehnen (Golgi-Sehnen-Apparat) und Muskeln (Muskelspindeln) registrieren Winkelstellungen der Gelenke, Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der
Glieder sowie die zur Ausführung der Bewegung oder Erhaltung der Stellung benötigten Kräfte. Allerdings ist es dem Sportler in vielen Fällen kaum möglich, die taktilen Informationen von den kinästhetischen zu unterscheiden. Mitunter sind kinästhetische durch gleichzeitig taktile Informationen maskiert., das heißt nur die taktile Empfindung wird bewußt. Besonders bedeutsam ist die Tatsache, daß die kinästhetischen Informationen wesentlichste Quelle für Raum- und Zeitkomponenten in der menschlichen Wahrnehmung sind. ... Die bei vielen sportlichen Bewegungen so wesentliche Feinabstimmung von Raum- und Zeitparametern (Timing) hat differenzierte kinästhetische Informationen zur Voraussetzung. Diese Informationen sind jedoch in der Regel nicht bewußtseinsfähig, sondern können nur indirekt bewußt gemacht werden. Bewußte Analyse und Schulung der Bewegungsempfindung: Bedingungen für Üben und Beobachten schaffen, die Bewegungswahrnehmung erleichtern, Aufmerksamkeit auf die wesentlichen Bewegungsempfindungen lenken, Vorstellung der richtigen Empfindungen vermitteln, Konzentration fördern, Verfeinerung der sensorischen Informationsaufnahme (wichtig: Beobachtung des Lehrenden), Förderung der Verbindung der sensorischen Information mit dem
verbalen Zeichensystem (sprachliche Kennzeichnung durch den Lehrenden, verbale Wiedergabe durch den Sportler) Die Informationen des kinästhetischen Analysators sind für den motorischen Lernprozeß bedeutsam, und ihre Präzisierung trägt wesentlich zur Beschleunigung des Lernens bei. Methoden zur Schaffung einer
Bewegungsvorstellung: Optische Information, Verbale Information Sportler wissen, daß die Feinmotorik nur gut funktioniert, wenn der ganze Körper richtig flexibel und durchlässig ist. Musiker achten meistens nur auf die Finger oder auf den Ansatz. Die Körper- und entsprechend die Bewegungsgefühle sind als unersetzliche Messinstrumente für eine gefühlsmäßig präzise Lage-, Zeit- und Raumorientierung verantwortlich und müssen deshalb im Rahmen einer umfassenden Bewegungserziehung gezielt ausgebildet und im Hinblick auf eine ganzheitlich-intuitive Verhaltens- und Bewegungssteuerung weiterentwickelt werden. Es kann festgestellt werden, daß kinästhetische Grundlagen des Bewegungsgefühls durch geeignete Übungen und Methoden trainierbar sind. Zur Vervollkommnung der kinästhetischen Differenzierungsfähigkeit werden besonders die Krafteinsätze, Gelenkwinkel und Bewegungsgeschwindigkeiten variiert. Methoden des TrainingsMethoden des variierten Übens: Die Auffassung,
daß eine vielseitige Bewegungserfahrung gleichzusetzen sei mit „je mehr Verschiedenes desto besser“, ist ein Irrtum. Ohne zeitweilige Schwerpunktsetzungen lernt eine Person zwar viel kennen, lernt (im eigentlichen Sinne des Wortes) aber nichts richtig. Instruktion: ausführungsorientierter, bewegungsorientierter, interner Aufmerksamkeitsfokus und effektorientierter, externer
Aufmerksamkeitsfokus gleich wirksam. Üben ist ein Wiederholen, ohne zu wiederholen! Variationen der Übungen (Variability-of-practice-Hypothese nach Schmidt) in drei unterschiedlichen Übeanordnungen: geblockt (jede einzelne mehrmals hintereinander), seriell (im Kreis) und randomisiert: während
der Lernphase ist geblockt am besten, langfristig aber randomisiert. Bewegungspräzision: Ein oft zweckmäßiges Übungsverfahren ist die Kontrastmethode. Dabei werden im Wechsel zwei voneinander abweichende räumliche Treffpunkte, Zeitwerte oder andere Kennwerte als Ziel gestellt und im Verlaufe des Übens immer weiter angenähert. Bei
Anforderungen sowohl an Genauigkeit als auch an Schnelligkeit … sollte alsbald auf Schnelligkeit und Genauigkeit geübt werden. Dabei ist es leichter, einen von Anfang an in dem erforderlichen Tempo geübten Bewegungsablauf nach und nach auf die notwendige Treff- oder Ablaufgenauigkeit zu bringen, als eine zunächst nur langsam geübte, auf hohe Präzision gebrachte Bewegung nachträglich schnell zu machen. Allmähliche
Belastungssteigerung: Als methodische Reihenfolge empfiehlt sich dabei zuerst eine Erhöhung der Trainingshäufigkeit (von ein- bis zweimal pro Woche bis täglich), sodann des Trainingsumfanges und schließlich der Trainingsintensität. je nach Trainingsreiz kommt es zur einer präzisen Ansteuerung bzw. Belastung eines entsprechenden Muskelfasertyps. Die Anlage bzw. der
prozentuelle Anteil der verschiedenen Muskelfasern ist genetisch festgelegt Im Vergleich mit einem Schispringer springt eine Musikerin tatsächlich jeden Tag unzählige Male von der Schanze, bis die Stelle klappt. Über die Belastung, welcher der Körper dadurch ausgesetzt wird, machen sich die meisten keine Gedanken. Ob der Körper überhaupt die grundsätzliche Fähigkeit besitzt, dieser Belastung auf längere Zeit standzuhalten, auch
nicht. Die Überproportional-Methode ist koordinativen Üben besonders wichtig. Die koordinativen Reize bzw. Anforderungen sollten im Koordinationstraining höher sein als bei der Ausführung der „normalen“ Wettkampf- oder Zielübung. Differenzielles LernenInhaltlich logisch kommt noch erschwerend hinzu, daß zwei wesentliche Charakteristiken von Bewegung zwar seit langem bekannt sind, diese jedoch auf deskriptiver Ebene beschränkt bleiben, um traditionellen Theorien nicht zu widersprechen. Praktische Konsequenzen werden aus den Charakteristiken nicht gezogen. Ein Charakteristikum bezieht sich a) auf die Nichtwiederholbarkeit zweier identischer Bewegungen, das andere b) auf die Individualität von Bewegung. Im differenziellen Lernen variieren wir nicht, um uns geeignete Lösungen zu nähern und ungeeignete Lösungen auszusortieren; vielmehr tasten wir den Lösungsraum im Randbereich ab und öffnen ihn dabei für zukünftiges spontanes
Interpolieren. Wir lernen an Unterschieden. Die Lehrertätigkeit besteht nun darin, die Bewegungsaufgaben derart zu gestalten, daß der Schüler durch Variationen, die innerhalb der Aufgaben möglich sind, situationsabhängig zu seiner optimalen Lösung findet. Das erfordert die eingehende Auseinandersetzung des Lehrers mit der Bewegung, das Abschätzen des möglichen Schwankungsbereiches und die
Integration spezifischer Variationen in den Lernprozeß. ... die differenziell trainierende Gruppe zeigt unmittelbar nach der Interventionsmaßnahme signifikant größere Leistungszuwächse als die klassisch trainierende Gruppe. Noch auffallender sind jedoch die Leistungszunahmen nach Beendigung der
Intervention, so daß vier trainingsfreie Wochen später 21% des gesamten Leistungsfortschritts erzielt wurden. Im Unterschied hierzu zeigt die klassisch trainierende Gruppe schon zwei Wochen nach Beendigung der vierwöchigen Intervention … einen gedächtnisbedingten Abfall der Leistung auf das urspüngliche Ausgangsniveau. Instrumentale Technik als Ergebnis des Übens ist kein geschlossenes System von Bewegungsabläufen, kein Vorrat fixierter Abläufe, die für die Wiedergabe eines Musikwerks abgerufen und in der durch die Partitur vorgeschriebenen Weise aneinandergesetzt werden, sondern organisierte Offenheit. Es geht somit darum, den von der vorigen Übung abweichenden Anteil zu vergrößern und so den Lernerfolg zu steigern. D. h. bei dem Training einer Technik nicht vielfach mit kleinen nicht spürbaren Differenzen zu wiederholen, sondern die Differenzen zu vergrößern und zu optimieren, um effektivere Lernerfolge zu erzielen. Dass auch Erstklässler, die auf unterschiedlichen Unterlagen, in unterschiedlichen Haltungen und mit verschiedenen Stiften Schreiben üben, lernen, schneller, flüssiger und lockerer zu schreiben, unterstreicht die Allgemeingültigkeit des differenziellen Lernansatzes. Vor dem Hintergrund des im Musikschulalltag mittlerweile nicht selten
auftretenden Mangels an musikalischer Vorbildung / Erfahrung vieler Schülerinnen kann der differenzielle Lernansatz auch im musikalischen Lernen verstärkend wirken, gerade im nachträglichen Aufbau der entsprechenden neuronalen Repräsentationen... … it (das Training, Anm. des Hg.) should involve repeated attempts to solve a motor
problem by techniques that are changed and perfected from occasion to occasion. Der Begriff Fehler impliziert das Wissen um das Richtige, weder das eine noch das andere lässt sich exakt festlegen, ohne eine beträchtliche Toleranzbreite gegenüber den individuellen Ausprägungen motorischer Handlungen einzuräumen. Das Prinzip des Interpolierens beschreibt einen Prozeß, der den Bereich zwischen zwei vorhandenen Zuständen (bereits ausgeführten Bewegungen) abschätzt, während unter dem Prinzip des Extrapolierens die näherungsweise Bestimmung von Funktionswerten außerhalb eines Intervalls auf Grund der Kenntnis von Werten innerhalb dieses Intervalls verstanden wird. Auf Grund der Einzigartigkeit einer Bewegung entsteht durch jede Ausführung eine Differenz zu vorangegangenen
oder nachfolgenden Realisation. Wird eine Bewegung dreimal durchgeführt, so liegt die dritte Bewegung entweder im Bereich zwischen (Interpolation) oder außerhalb (Extrapolation) der durch die ersten beiden Bewegungen aufgespannten Differenz. Neben den herkömmlichen Variationen beinhaltet das Konzept des differenziellen Lernens zusätzlich die gezielte Ausführung von Bewegungsfehlern, um die lernrelevanten Schwankungen zu
verstärken. Motorisches Lernen ist aus systemdynamischer Sicht als Modifikation der Zustandsdynamik (Verformung des Attraktorlayouts) zu verstehen. Während der Begriff des Neulernens den Unbekanntheitsgrad der Bewegungsaufgabe beschreibt und daher mehr der Zielsetzung des Techniktrainings entspricht, charakterisiert die Bezeichnung des Umlernens akkurater die Veränderung der Potenzialstruktur und ist daher zu bevorzugen. Gerade
das Technikerwerbstraining besitzt deshalb destabilisierende Funktion. Je stabiler und ähnlicher, desto größer müssen die Übungsdiffernzen gewählt werden. ... Mit zunehmender Destabilisation der intrinsischen Dynamiken verringert sich der Einfluß alter Bewegungsmuster. Die Übungsdifferenzen können verringert werden. Insgesamt stellt das differenzielle Lehren und Lernen einen - auf den ersten Blick und aus der Tradition des
Idealen - ungewohnten Ansatz dar, der paradoxerweise durch mehr Unschärfe zu mehr Schärfe zu führen scheint. SchnelligkeitstrainingIn zyklischen Sportarten wirkt man dem Entstehen einer
"Geschwindigkeitsbarriere" durch variable Schnelligkeitsanforderungen entgegen. Auf keinen Fall darf im Schnelligkeitstraining ständig im Maximalbereich trainiert werden. Schnelligkeit oder Genauigkeit sind gleichberechtigt beim Lernen einer komplexen Bewegung. Dynamische
Stereotypen für schnellstmögliche Bewegungen lassen sich nur mittels Trainingsübungen in höchstmöglicher Geschwindigkeitsausführung ausbilden; das bedeutet andererseits, daß ein Training im submaximalen Geschwindigkeitsbereich die mehr langsam zuckenden Muskelfasern anspricht und auch zu submaximalen Bewegungsmustern (Stereotypen) im Gehirn führt. Da die koordinativen Fähigkeiten und die Technik in Zusammenhang mit der
Aktionsschnelligkeit eine so große Rolle spielen, ist es Aufgabe des trainingsmethodischen Vorgehens, den Sportler zu befähigen, sich genau und schnell zu bewegen. Das Training der azyklischen Schnelligkeit geht dem Training der zyklischen Schnelligkeit voraus. Die längere Anwendung ein und derselben Inhalte, Methoden und Belastungen führt über die Gewöhnung
zu einem Bewegungsstereotyp, der die Weiterentwicklung der Geschwindigkeit erschwert oder sogar unmöglich macht. Die Schnelligkeit sollte schon frühzeitig geschult werden, damit der genetisch begrenzte Raum vor Abschluß der vollständigen Entwicklung des ZNS u.U. erweitert werden kann. Das Kinder- und Jugendtraining ist in allen Trainingsbereichen schnelligkeitsorientiert zu gestalten. Die meisten Musiker kennen die Erfahrung, daß ein Stück in einem gewissen Tempo ausgeführt werden kann, eine weitere Steigerung bis zum erforderlichen Maß dann aber, auch durch intensives Üben mit den bislang angewendeten Mitteln, nicht möglich ist. Eine Ursache hierfür ist, daß sich die Bewegung und der Gedankengang auf zu niedrigem Niveau fixieren. Dies geschieht vor allem durch ständiges Wiederholen eines Bewegungsablaufes, ohne daß neue, höhere Ansprüche an
Nervensystem und Muskeln gestellt werden. Eine weiter motorische Grundeigenschaft, die Schnelligkeit, steht mit der Maximalkraft in Verbindung. Sie ist unter anderem von ihr abhängig, wird also bei besserem Kraftzustand auch besser. |