An Rückenschmerzen leiden die meisten Deutschen mindestens einmal im Leben. Häufig betreffen sie den unteren Rücken. Ob die Schmerzen unten rechts, links oder in der Mitte auftreten, liefert oft Hinweise auf mögliche Ursachen. Woher kommen die Rückenschmerzen und was kann man dagegen tun? Show
Wie häufig sind Schmerzen im unteren Rücken?Fast 40 Prozent der Deutschen erhalten im Laufe ihres Lebens die Diagnose eines Rückenleidens. Damit sind Rückenschmerzen die am dritthäufigsten gestellte Diagnose in Deutschland - jedoch sind wahrscheinlich noch viel mehr Menschen von Rückenschmerzen betroffen. Nach einer weltweiten Erhebung von Daten haben circa zehn Prozent der Menschen Schmerzen im unteren Rückenbereich. Im englischen Sprachgebrauch bezeichnet man diese Schmerzen im unteren Rücken auch als "low back pain". Wo ist der untere Rücken?Als "unterer Rücken" wird der Bereich zwischen der untersten Rippe und der Gesäßfalte bezeichnet. In diesem Bereich befindet sich die Lendenwirbelsäule (LWS), die aus fünf Lendenwirbeln mit ihren Gelenken besteht. Schmerzen im Kreuz kommen eventuell vom Iliosakralgelenk. Beim sogenannten ISG-Syndrom können Sie Schmerzen und Verspannungen durch Bewegung lindern. Drei Übungen Von Konstanze Faßbinder, Aktualisiert am 18.02.2021
Viele denken zuerst an die Bandscheiben, wenn es im unteren Rücken schmerzt. Aber in nicht einmal zehn Prozent der Fälle sind diese tatsächlich die Ursache. Mehr als 80 Prozent aller Kreuzschmerzen sind unspezifisch, werden also nicht durch Schäden an der Wirbelsäule oder Krankheiten verursacht. Meistens ist stattdessen das Zusammenspiel von Muskeln, Faszien, Sehnen und Bändern gestört. Wie zum Beispiel beim sogenannten ISG-Syndrom. Die Iliosakralgelenke (ISG) oder Kreuzbein-Darmbein-Gelenke (siehe Grafik) verbinden beidseitig die Wirbelsäule mit dem Becken. Sie sind von Muskeln und Bändern fest umschlossen und deshalb fast unbeweglich. Das Iliosakralgelenk gehört zur Gruppe der sogenannten straffen Gelenke. Bei Bewegungen überträgt es die Kraft von der Wirbelsäule über das Becken in die Beine und steht unter starker Belastung © W&B/Martina Ibelherr "Bei einer Funktionsstörung entstehen dort über Reflexbögen Verspannungen, entzündliche Reaktionen in den Sehnen und Bändern und damit Schmerzen", sagt Dr. Andreas Römer, Chefarzt der Klinik für Physikalische Medizin, Frührehabilitation und Geriatrie am Klinikum Schwabing in München. Die Symptome ähneln tatsächlich sehr jenen eines Bandscheibenvorfalls: heftige einseitige Schmerzen auf Höhe der Lendenwirbelsäule, die teilweise bis ins Gesäß, in die Leiste oder den Oberschenkel ausstrahlen. Die Beschwerden können Betroffene vorübergehend komplett lahmlegen. Ursachen für Rückenschmerzen: Schlechte Haltung und StressDoch was sind die Ursachen? Schlechte Haltung oder Fehlbelastungen zum Beispiel, die auf Dauer zu einem Ungleichgewicht im unteren Rücken führen. Bewegungsmangel oder psychosoziale Faktoren wie Stress, Unzufriedenheit und Überforderung können das noch verstärken. Ein plötzlicher Ruck, etwa wenn man auf der Treppe eine Stufe verpasst, kann dann den Schmerz auslösen. Beim ISG-Syndrom treten die Beschwerden besonders stark auf, wenn man sich im Bett umdreht, die Schuhe bindet oder eben Treppen steigt. "Häufig verstärkt sich der Schmerz beim Aufrichten aus gebückter Haltung oder nach längerem Sitzen", sagt Christine Hamilton, Physiotherapeutin und Dozentin aus Erlangen. Aufpassen bei Gefühlsstörungen und BlasenschwächeStrahlt die Attacke bis in den Fuß aus, ist ein Bein geschwächt oder gelähmt, treten Gefühlsstörungen auf oder ist zusätzlich die Blasen- oder Darmfunktion gestört, sollte der Patient dringend einen Arzt aufsuchen. Gleiches gilt, wenn die Symptome sich wiederholen oder in Zusammenhang mit chronischen Krankheiten, einem Unfall oder einer Operation auftreten. Allen anderen empfiehlt Experte Römer, auch selbst aktiv zu werden: "Nehmen Sie Mittel gegen den akuten Schmerz, wahren Sie keine Bettruhe, sondern bewegen Sie sich moderat. Dehnen Sie sanft und regelmäßig die Muskulatur im Gesäß. So haben Sie gute Chancen, die Probleme selbst in den Griff zu kriegen." Spritzen ins Gelenk oder andere invasive Therapien, die auch Risiken wie Infektionen bergen, könnten Römer zufolge oft vermieden werden. Medikamente gegen Rückenschmerzen:Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen sind Mittel der Wahl bei akuten Kreuzschmerzen. Andreas Römer rät, sie fünf bis sieben Tage einzunehmen und zudem Übungen zu machen. Bei Problemen mit Herz, Nieren oder Magen vorher mit Apotheker oder Arzt sprechen. Feuchte Wärme oder kühle Quarkwickel helfen zusätzlich, Muskeln zu entspannen. Ohnehin klingen akute Kreuzbeschwerden in vielen Fällen nach wenigen Wochen von allein ab, wie Statistiken belegen. Ihre Ursache ist selten exakt feststellbar, sagt Physiotherapeutin Hamilton. Klinische Tests und Röntgenbilder gäben meist eher Hinweise als Gewissheit. Patienten rät sie deshalb, nicht einer Diagnose hinterherzujagen, sondern Antworten zu finden auf die Frage: "Was hilft mir gegen den Schmerz?" Rückenbeschwerden: Koffergurt und Bewegung schaffen AbhilfeIm Fall des ISG-Syndroms vielleicht ein simpler Koffergurt. Hamilton: "Binden Sie diesen knapp oberhalb des Schambeins um Ihr Becken. Wiederholen Sie dann eine Bewegung, die wehtut. Lassen die Beschwerden nach?" Wenn ja, könnten Betroffene den Gurt auch bei den hier vorgestellten Übungen anlegen (siehe Bildergalerie). Bei deren Ausführung könne zudem eine leichte Vorspannung des Beckenbodens helfen. Hamilton: "Ziehen Sie dafür den Harnweg in Richtung Bauchnabel. Ziehen Sie die Bauchwand sanft nach innen, ohne die Gesäßmuskeln zusammenzukneifen oder die Bauchmuskeln anzuspannen. Atmen Sie ruhig weiter." Langfristig sollten Patienten aber die eigenen, inneren "Gurtmuskeln" stärken, also Hüftbeuger, tiefe Bauch- und Gesäßmuskeln. Die Physiotherapeutin empfiehlt Fitness- und Koordinationstraining. "Am besten klappt es mit Bewegung!" Diese Übungen helfen bei akutem Rückenschmerz:© W&B/Martina Ibelherr In den ersten Tagen sollten Patienten sich schonend bewegen. Mit leichten Übungen können sie Beschwerden lindern, die vom Iliosakralgelenk ausgehen. 1. Stabilisierung: Auf die Seite legen, ein elastisches Trainingsband oberhalb der Knie um die Schenkel wickeln, Beine abwinkeln. Oberes Bein heben, sodass Spannung entsteht, kurz halten. Öfter wiederholen, Seite wechseln. © W&B/Martina Ibelherr 2. Stabilisierung: In den Vierfüßlerstand gehen. Die Hände stehen unter den Schultern, die Knie unter den Hüften. Das Bein der schmerzenden Rückenseite und den gegenüberliegenden Arm in einer Linie mit dem Rücken strecken. Halten, ruhig atmen. Seite wechseln. © W&B/Martina Ibelherr 3. Mobilisation: Auf dem Bett oder einer Bank in den Vierfüßlerstand gehen. Fußgelenke über Kreuz legen und so positionieren, dass das Knie der vom Schmerz nicht betroffenen Rückenseite über die Kante ragt. Das Bein mehrmals absenken und hochziehen. Lesen Sie auch:Rückenschmerzen und Psyche Rückenschmerz kann auch Kopfsache sein: Häufig tragen seelische Belastungen zu den Beschwerden bei, verursachen, verstärken oder verlängern sie. Was dann hilft Tag für Tag aktiv: die Übungen zu unserem Fitness-Programm In drei Monaten wieder fit: Warm-up, Kräftigung oder Ausdauer, Cool-down. Unser Wochenplan für Einsteiger und Könner Wie entspannt man den unteren Rücken?Ziehen Sie eines Ihrer Beine in Richtung Bauch und umgreifen Sie das Knie. Ziehen Sie die Zehen an und strecken Sie die Kniekehle aktiv in den Boden/das Handtuch. Das angewinkelte Bein wird weiter an den Körper gezogen. Wichtig: Der untere Rücken liegt flach auf dem Boden auf – vermeiden Sie ein Hohlkreuz.
Was können Schmerzen im unteren Rücken bedeuten?Die Beschwerden im unteren Rücken werden sehr häufig durch Fehl- oder Überbelastungen im Bereich der Lendenwirbelsäule ausgelöst. Aber auch andere Ursachen, wie beispielsweise ein Bandscheibenvorfall oder ein Hexenschuss, können für die Schmerzen verantwortlich sein.
Welche Position entlastet den unteren Rücken?Der Rücken liegt entspannt und flach auf dem Boden. Machen Sie kein Hohlkreuz, pressen Sie die Wirbelsäule aber auch nicht an den Untergrund. Greifen Sie nun mit den Händen um die Schienbeine, und ziehen Sie beide Knie an die Brust. Kopf, Schultern und oberer Rücken bleiben auf dem Boden liegen, der Nacken ist lang.
Können Rückenschmerzen in den Po ausstrahlen?Probleme der Muskeln, Bänder, vor allem aber der Bandscheiben können vorausgehen oder die Folge sein. Die auftretenden Kreuzschmerzen können ins Gesäß oder Bein ausstrahlen.
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