Welches Ritual ist bei jüdischen Gräber besuchen üblich?

Grundsätze für eine jüdische Bestattung

„Levaya“ ist das hebräische Wort für Bestattung und bedeutet „begleiten“. Eine traditionelle jüdische Bestattung ist von der Respekterweisung gegenüber einem Verstorbenen sowie der Begleitung der Hinterbliebenen geprägt. Diese Grundsätze werden durch verschiedene Traditionen und Riten rund um den Sterbezeitraum und die anschließende Trauerzeit zum Ausdruck gebracht.

Jüdische Beerdigung: Rituale vor dem Tod

Rituale zur Begleitung des Sterbenden und dessen trauernder Familie haben bei einer jüdischen Bestattung eine besondere Bedeutung und beginnen bereits vor Eintritt des Todes. Der Sterbende bereitet sich in den letzten Tagen mittels verschiedener Rituale im Kreise seiner Familie auf den eigenen Tod vor.

Hierzu zählen Gebete, das Vidui als eine Form der Beichte sowie die Segnung der eigenen Kinder. Das Vidui, bei der sich der Sterbende zu seinen Sünden bekennt, wird ohne die Anwesenheit Dritter vollzogen. Weitere Gebete werden häufig gemeinsam mit der Familie gesprochen. Das Wort „echat“ ist dabei meist das letzte Wort und bedeutet übersetzt „einzig“. Darüber hinaus darf der Sterbende gemäß jüdischer Tradition zu keinem Zeitpunkt alleine gelassen werden.

Jüdisches Begräbnis: Rituale im Todesfall

Nach Eintritt des Todes wird der leblose Körper auf den Boden gelegt und darf zunächst nicht mehr berührt werden. Anschließend werden Kerzen entzündet. Diese symbolisieren die Seele des Verstorbenen. Kurze Zeit später wird als weiterer symbolischer Akt ein Fenster geöffnet, um der Seele des Verstorbenen den Übergang zu erleichtern.

Laut dem Grundsatz der „shmira“ darf der Leichnam während dieser Phase zu keinem Zeitpunkt alleine gelassen werden. Familienmitglieder, Angehörige, Gemeindemitglieder oder Mitarbeiter eines Bestattungsinstitutes sind stets an der Seite des Verstorbenen und lesen Psalmen oder studieren Texte der Thora.

Hygienische Versorgung und rituelle Waschung

Die hygienische Versorgung des Verstorbenen wird von einer hoheitlichen Gemeinschaft, der Chevra Kadischa, ausgeführt und besteht aus 3 Schritten:

1. Hygienische Versorgung und Waschung des Verstorbenen
2. Spirituelle Reinigung des Verstorbenen durch ein Bad in einer „Mikvah“ oder das Übergießen mit Wasser
3. Ankleiden des Verstorbenen

Unabhängig vom Alter oder der Stellung des Verstorbenen werden diesem traditionelle Gewänder angelegt, die der Kleidung hoher Priester aus dem Altertum ähneln. Anschließend wird dem Verstorbenen ein Säckchen mit Erde aus Israel unter den Kopf gelegt, sofern dieser nicht in Israel bestattet werden kann.

Ablauf einer Bestattung im Judentum

Programmpunkte während der Trauerfeier

Während einer jüdischen Trauerfeier werden verschiedene Gebete gesprochen und Psalmen aus der Thora gelesen. Ähnlich der Trauerrede wird außerdem eine Lobrede auf den Verstorbenen gehalten. Das Spielen von Musik ist eher unüblich.

Aufbahrung

Die Aufbahrung des Verstorbenen während der Trauerfeier bietet der Trauergemeinde die Möglichkeit, auf eine besonders würdigende Weise Abschied vom Verstorbenen zu nehmen. Der Sarg wird auf einer erhöhten Position in den Trauerräumlichkeiten platziert, sodass er für die Gäste der Trauerfeier sichtbar ist. Eine Aufbahrung am offenen Sarg ist nach jüdischem Brauch unüblich und gilt als respektlos gegenüber dem Verstorbenen.

Trauerzug

Nach der Trauerfeier wird der Verstorbene in einer stillen Zeremonie an den Ort der Beisetzung gebracht. Nach Einlassen des Sarges in die Grabstelle können Angehörige ein letztes Mal Abschied vom Verstorbenen nehmen.

Hinweis:

Während des Trauerzuges zur Grabstelle gehen Familie und nahestehende Angehörige des Verstorbenen direkt hinter dem Sarg und entfernte Verwandte, Freunde sowie Arbeitskollegen reihen sich anschließend ein.

Abschiedsrituale bei einer jüdischen Beisetzung

Im Rahmen eines Rituals zur Abschiednahme befindet sich an der Grabstelle ein Behälter mit Erde und einer kleinen Schaufel. Angehörige können 1 bis 3 Schaufeln Erde zur Verabschiedung des Verstorbenen mit ins Grab geben. Jeder Trauergast steckt die Schaufel anschließend wieder in den Behälter mit Erde. Das selbstständige Herausziehen der Schaufel aus der Erde ist eine Mitzvah, eine religiöse Pflicht jedes Trauergastes.

Rituale beim Verlassen des Friedhofes

Beim Verlassen des Friedhofes formen die Trauergäste einen Durchgang, durch den die Hinterbliebenen schreiten. Dies symbolisiert den Zusammenhalt der Gemeinschaft und die Unterstützung für die trauernde Familie. Vor dem Verlassen des Friedhofes waschen sich die Trauernden die Hände ohne diese abzutrocknen. Symbolisch werden so die Erinnerung an den Verstorbenen nicht weggewischt und gehen über in das Reich der Lebenden.

Kleidung für die Trauerfeier

Von Angehörigen, die keiner jüdischen Glaubensgemeinschaft angehören, wird während der Trauerfeier in der Regel das Tragen einer „Kippa“, einer traditionellen jüdischen Kopfbedeckung, erwartet. Die Kippa ist kein religiöses Gebot, sondern ein traditioneller Brauch, der sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat.

Dekoration und Floristik

Blumen gelten laut jüdischer Auffassung als Zeichen für alles Lebendige. Im Gegensatz zu christlichen Trauerfeiern wird daher bei traditionellen jüdischen Beisetzungen auf verschiedene floristische Elemente verzichtet.

Rituale während der Trauerzeit

Im Anschluss an die Beisetzung beginnt die sogenannte Zeit von „Shiwa“. 7 Tage lang sind nahe Hinterbliebene des Verstorbenen von allen Verpflichtungen befreit und können sich gänzlich auf die Trauer konzentrieren. Mitglieder der Shiwa-Gemeinschaft bereiten bereits während der Bestattungsplanung eine Wohnung für die Trauerzeit vor.

In der Zeit von Shiwa ist es Trauernden nicht gestattet die Wohnung zu verlassen, zu duschen, sich zu rasieren, zu kochen, zu putzen, Geschlechtsverkehr zu haben oder in der Thora zu lesen. Die volle Konzentration wird auf die Trauerbewältigung und das Gedenken des Verstorbenen gelegt.

Die Shiwa-Gemeinschaft übernimmt während der Trauerwoche tägliche Aufgaben wie das Kochen von Mahlzeiten oder Reinigen der Wohnung. Die trauernde Familie wird regelmäßig von Mitgliedern der Gemeinschaft besucht und erhält so Trost aus dem Umfeld. Das Besuchen einer trauernden Familie gilt während der Shiwa als religiöse Pflicht aller Gemeinschaftsmitglieder.

Nach Ablauf der Trauerwoche verlässt die Familie gemeinsam die Wohnung. Das Ritual eines Spazierganges durch die Straßen symbolisiert die Rückkehr aus der Shiwa.

Hebräische Begriffe rund um eine Bestattung

HebräischBedeutung
vidui Bekennung zu den eigenen Sünden
shmira Der Verstorbene wird nicht alleine gelassen
chevra kadischa Heilige Gemeinschaft, welche die rituelle Waschung sowie die Bestattungsorganisation übernimmt
mikvah Rituelles Bad
kippa Traditionelle Kopfbedeckung der Männer
shiwa Trauerwoche
kaddisch Wichtigstes Gebet des Judentums, das unter anderem in Trauerfällen und während des Trauerjahres gesprochen wird
tachrichin Die Bekleidung des Verstorbenen
mizwa Religiöse Verpflichtung

Grabgestaltung auf dem Friedhof

Die Grabgestaltung ist auf jüdischen Friedhöfen einfach gehalten. Gräber werden nicht mit Blumen geschmückt und Grabsteine werden schlicht gestaltet. Die Enthüllung des Grabsteines erfolgt nach Ablauf eines Trauerjahres. Damit ist die intensive Trauerzeit abgeschlossen. Jeder Besucher platziert an der Grabstelle gemäß jüdischer Tradition einen kleinen Stein auf dem Grabstein.

Die Ruhefrist von Gräbern auf jüdischen Friedhöfen entscheidet sich wesentlich von der Grabnutzungsdauer christlicher Friedhöfe. Ein jüdisches Grab wird dauerhaft angelegt und darf anschließend nicht mehr aufgelöst werden. Verstorbene werden auf jüdischen Friedhöfen mit größeren zeitlichen Abständen in mehreren Lagen übereinander bestattet.

Gesetzliche Regelungen

In Deutschland wird die Durchführung von Bestattungen mit einem Bestattungsgesetz geregelt, das sich je nach Bundesland unterscheiden kann. Bestimmte Regelungen gelten jedoch deutschlandweit.

Bestattungspflicht

Die Bestattungspflicht gilt deutschlandweit und gibt vor, innerhalb welches Zeitrahmens die Bestattung eines Verstorbenen erfolgen muss. Je nach Bundesland muss die Überführung des Verstorbenen zwischen 24 und 48 Stunden nach Eintritt des Todes durchgeführt werden.

Sargpflicht

Die jüdische Tradition sieht vor, dass Verstorbene in einem Leinentuch anstelle eines Sarges beerdigt werden. Dies steht jedoch im Konflikt mit deutschen Gesetzen, da hierzulande die Sargpflicht gilt. Aus diesem Grund wird bei einer jüdischen Bestattung ein Sarg aus weichem Holz ohne Metallverschläge genutzt. So kann der Verwesungsprozess schneller einsetzten.

Friedhofspflicht

In Deutschland gilt die Friedhofspflicht. Diese schreibt vor, dass physische Teile eines verstorbenen Menschen lediglich an dafür vorgesehenen Orten aufbewahrt werden dürfen. Jüdische Bestattungen sind in Deutschland auf Friedhöfen möglich.

Totenfürsorgepflicht

Sofern der Verstorbene keine Bestattungsvorsorge getroffen und seinen Willen nicht dokumentiert hat, liegt die gesamte Organisation und Gestaltung der Bestattung laut Totenfürsorgepflicht bei dessen nächsten Familienangehörigen.

Kostentragungspflicht

Die Kostentragungspflicht sieht vor, dass die Finanzierung einer Bestattung durch die Erben des Verstorbenen erfolgt. Sofern keiner der Angehörigen und Erbberechtigten im Stande ist, die Bestattungskosten zu tragen, kann eine Sozialbestattung beantragt werden.

Warum bleiben jüdische Gräber erhalten?

Bedeutung des Friedhofs in der jüdischen Kultur Wie der Name „Haus der Ewigkeit“ andeutet, soll der Tote an diesem Platz in Ewigkeit ruhen dürfen. Den Toten darf der Ruheort nicht genommen werden, da sie auf die Auferweckung „am Ende der Tage“ und auf ein ewiges Leben von Leib und Seele warten.

Was ist auf einem jüdischen Friedhof anders als auf einem christlichen?

Die Gräber dürfen nicht betreten oder als Sitzgelegenheit verwendet werden, da man die Toten so entehrt und die Totenruhe stört. Anders als auf christlichen Friedhöfen wird ein Grab nicht mit Blumen geschmückt, da die Pflanzen nach jüdischem Glauben dem Toten jene Kraft entziehen würden, die er zur Auferstehung braucht ...

Was bedeutet es wenn man Steine auf einen Grabstein legt?

Beim Besuch eines Grabes – besonders zur Jahrzeit – ist es üblich, dass Angehörige einen kleinen Stein auf den Grabstein legen und damit andeuten, dass der oder die Verstorbene nicht vergessen ist.

Was passiert mit der Seele wenn man verbrannt wird?

Demnach würde die Seele den Körper also vor der Feuerbestattung verlassen, und keinen Schmerz empfinden. Ebenso wird in anderen Kulturen davon ausgegangen, dass die Seele ein einzigartiges Wesen ist, aber kein bestehender und greifbarer Teil unseres Körpers und Organismus wie andere Organe oder Körperteile.