300 Jahre nachdem die Erforschung Amazoniens richtig begann, liegt jetzt die erste vollständige Inventur seiner Bäume vor. Mit beeindruckendem Resultat.
von Daniel Lingenhöhl
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Es war eine Fleißarbeit, die Hans ter Steege vom Naturalis Biodiversity Center in Leiden und sein Team während der letzten Jahre leisteten. Sie wühlten sich durch über 530 000 digitalisierte Belege von Samen, Früchten und Blättern, die seit 1707 in Amazonien gesammelt worden waren und in Museen weltweit aufbewahrt werden. Am Ende erhielten sie jedoch die erste vollständige Liste der bislang bekannten Baumarten der Region. Exakt 11 676 Spezies aus 140 Familien hatten Botaniker bis 2015 beschrieben – ein Beleg für den extremen Reichtum der südamerikanischen Regenwälder am mächtigsten Fluss der Erde. Daraus wollen sie im Lauf der Zeit ein Wiki entwickeln, an dem Wissenschaftler weltweit arbeiten und es ergänzen können, so die Forscher gegenüber der "New York Times".
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Die Zahl komme zudem der von ihm und Kollegen vor einigen Jahren publizierten Schätzung von insgesamt etwa 16 000 Baumarten in Amazonien schon nahe, meint ter Steege. Sie wurden damals heftig dafür kritisiert, da diese auf einer Hochrechnung basierte. Da bisher lange nicht alle Teile der Region systematisch erforscht wurden und weitere Spezies womöglich unbeschrieben in Sammlungen lagern, könnten durchaus noch tausende Baumarten im Regenwald unentdeckt sein. Besonders aktiv waren die Botaniker um 1840, 1920 und ab 1980, als große Forschungsvorhaben in Amazonien gestartet wurden. In den letzten 20 Jahren nahm die Zahl der Erstbeschreibungen dagegen ab, weil leicht zugängliche Gebiete gut erforscht sind. Größere Lücken herrschen aber im westlichen Amazonasgebiet Brasiliens, in Bolivien und im Bereich des Guayana-Blocks im Nordosten Amazoniens.
Der Amazonas-Regenwald, der mehr als Hälfte des auf der Erde vorhandenen tropischen Regenwaldes umfasst, liegt auf dem südamerikanischen Kontinent. Dort erstreckt sich der Regenwald auf verschiedene Länder: der größte Teil des Regenwaldes liegt in Brasilien- rund 60% der Fläche liegen hier. Die anderen prozentualen Teile liegen in Kolumbien, Peru, Ecuador, Bolivien, Venezuela, aber auch in Guyana, Französisch-Guyana und Suriname. Der Regenwald erstreckt sich somit auf eine Fläche von über sechs Millionen Quadratkilometern und liegt im so genannten Amazonasbecken. Wir haben viele Informationen in diesem Artikel zusammengetragen. Wem das nicht reicht, der kann weitere Informationen zum Regenwald auf der verlinkten Seite nachlesen.
Pflanzen und Bäume im Amazonas-Regenwald
Obwohl der Boden des Regenwaldes relativ nährstoffarm ist, zählt das Regenwald-Gebiet zu den artenreichsten Gebieten dieser Erde. Kein Wunder also, dass der Amazonas-Regenwald der drittgrößte Regenwald der Erde ist. Eine besonders große Artenvielfalt stellen vor allem die Bäume im Regenwald dar- rund 40.000 verschiedene Arten an Pflanzen und Bäumen gibt es, die sonst so nicht mehr auf der Erde zu finden sind.
Gerade die Vielzahl der Bäume ist es, die für die Luftregulierung, bzw. bei der Regulierung des Klimas und des weltweiten Gleichgewichtes eine große Rolle spielen. Allen Bäumen und Pflanzen im Amazonas-Gebiet gleicht, dass sie mit einem nährstoffarmen Boden, aber relativ viel Regen zurechtkommen müssen- trotz einem tropischen Klima fällt in der sechsmonatigen Regenzeit enorm viel Regen, mit dem die Umwelt zurechtkommen muss und sich dementsprechend angepasst hat.
Diverse Baumarten im Amazonas-Gebiet
Der Großteil des Regenwaldes besteht aus so genanntem „tropischen immergrünen Wald“, diese Bäume verlieren somit nicht wie Bäume in Europa im Herbst beispielsweise ihre Blätter, sondern grünen das ganze Jahr über. Einige Baumarten, die im Amazonas-Gebiet wachsen, sind beispielsweise der Kapok-Baum oder der Paranuss-Baum, der sogar eine Lebenserwartung von über 1000 Jahren haben kann. Eine große Rolle spielt dieser Baum bei den indigenen Völkern des Amazonas-Gebietes.
Die Bäume im Amazonas-Gebiet sind überlebenswichtig und Teil der grünen Lunge unserer Erde – bitte lesen Sie auch unsere Artikel Regenwaldzerstörung durch Brandrodung und Palmölgewinnung vernichtet Regenwald.
Heimische Pflanzen im Amazonas-Regenwald
Neben der Vielzahl von diversen Baumarten, sind auch etliche Pflanzen in der Regenwald-Region beheimatet, die es sonst nirgendwo anders auf der Erde gibt. Wie zum Beispiel die Epiphyten: dies ist genauer gesagt eine komplexe Pflanzengruppe, dort zählen Moose, Farne, Orchideen oder Kakteen hinzu, die sich dadurch auszeichnen, mit wenig Feuchtigkeit auskommen zu können. Diese entnehmen die Pflanzen aus der Luft.
Auch viele Palmen wachsen in der Region- diese werden vor allem zu wirtschaftlichen Zwecken gerodet, um etwa Pflanzenöl zu gewinnen. Ebenso präsent sind sehr viele Kletterpflanzen, die sich einige Meter um die Bäume wickeln und diese sogar „erwürgen“ können. Aus diesem Grund werden diverse Kletterpflanzen auch als Baumwürger bezeichnet.
Die Tierwelt im Amazonas-Regenwald
Nicht nur die Bäume und Pflanzenvielfalt ist äußerst vielfältig, sondern auch die Tierarten, die sich im Gebiet des Regenwaldes befinden. Längst haben Wissenschaftler nicht alle Arten erforscht- vielmehr wurde erst ein kleiner Teil dieser Tier- und Pflanzenwelt entdeckt. Es wird vermutet, dass es über 100.000 Wirbellose gibt, rund 3000 Arten an Süßwasserfischen, 1.300 Vogelarten, 427 Arten an Säugetieren, sowie über 400 Arten an Amphibien und 378 verschiedene Reptilienarten. Etwa 50.000 unterschiedliche Insektenarten leben im Amazonas-Regenwald.
Diverse Fischarten im Amazonas
Zu den bekanntesten Fischarten, die sich im Amazonas tummeln, zählen beispielsweise Zitteraale, die ihrer Beute einen Stromschlag von über 650 Volt verpassen können, um diese zu lähmen und in Ruhe zu verspeisen. Auch der Pirarucu ist im Amazonas zu finden, wiegt bei einer Länge von drei Metern über 150 KG und besitzt eine „bezahnte“ Zunge, mit der er erfolgreich andere Fische erbeutet.
Ebenso bekannt, wie gefürchtet, ist der Piranha. Genaugenommen gibt es über 20 verschiedene Piranha-Arten, von denen die meisten kein Fleisch fressen, wie gerne in Schauermärchen oder Filmen behauptet wird. Die meisten Arten ernähren sich in der Tat vegetarisch, lediglich der Rote Piranha bildet hier eine Ausnahme.
Amphibien im Amazonas-Gebiet
Sehr bekannt sind unter anderem die Pfeilgiftfrösche, die als giftigste Froschart der Welt gelten. Ihr Hautgift wird oft von den indigenen Völkern benutzt, die das Gift für ihre Pfeile verwenden und bei der Jagd helfen, bzw. die Tiere lähmen sollen. Auch der Amazonas-Klettersalamander, die peruanische Kröte und die Zwerg-Baumkröte sind im Amazonas zuhause. Jedoch beherrschen vor allem die Frösche das Machtmonopol unter den Amphibien.
Schlangen/Reptilien
Im Amazonas-Regenwald ist auch eine Vielzahl an Schlangen Zuhause. Dazu können unter anderem die Boa Constrictor, die Regenbogenboa, der große Hundskopfschlinger oder die grüne Anakonda gezählt werden. Zu ihrer Beute zählen nicht nur Wild, sondern auch Eidechsen, Fische, ja sogar Vögel, Krokodile(!) oder Säugetiere. Dabei haben sich die unterschiedlichen Boa-Arten auf diverse Opfer „spezialisiert“, somit kommt es zu keinem Konkurrenzkampf unter den Arten.
Zu den Reptilien im Regenwald zählen zudem etwa der schwarze Kaiman, der mit etwa sechs Metern der größte aller Kaimane ist, aber auch über 20 Schildkrötenarten, wie zum Beispiel die Arrau-Schildkröte, die seit mehr als 150 Millionen Jahre auf der Erde beheimatet ist.