Wie wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung definiert es ist ein Recht welches?

Das Recht der informationellen Selbstbestimmung gibt grundsätzlich jedem Bürger in Deutschland das Recht, selbst zu entscheiden, ob und wie über ihn berichtet wird bzw. welche Daten erhoben und wie diese verwendet werden.

Die informationelle Selbstbestimmung kommt im Alltag und der anwaltlichen Praxis meist zum Tragen, wenn in den öffentlich zugänglichen Quellen wie Zeitungen, Blogs etc. Berichterstattung betrieben wird.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG zu verstehen und genießt daher einen hohen Stellenwert in der deutschen Rechtsordnung.

Entwickelt und konkretisiert wurde es vor allem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Ziel, dem Bürger Schutz vor ungewollter Datenerhebung zu vermitteln. Dabei geht es nicht alleine darum, staatliche Maßnahmen zur Erhebung von Bürgerdaten zu kontrollieren. Vielmehr ist es auch als die Befugnis des Einzelnen zu sehen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann, innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (so die Definition des BVerfG vom 15.12.1983, 1 BvR 209/83), dies gilt anerkannt gerade auch im Verhältnis zu Privaten. Der Begriff informationelle Selbstbestimmung deutet auf eine Art allgemeine Verfügungsbefugnis über persönliche Informationen hin. Dieses weite Verständnis ist mittlerweile auch in vielen Teilbereichen anerkannt, wenngleich nicht in sämtlichen denkbaren Lebenssituationen.

Da die Selbstbestimmung als unmittelbare Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entwickelt wurde, ist auch sie als hohes Schutzgut im Grundgesetz verankert und Eingriffe in solche Rechte können nur unter einer Abwägung der widerstreitenden Interessen (zB Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung des einzelnen) im Einzelfall festgestellt, sanktioniert oder gegebenenfalls auch gerechtfertigt werden.

Der Datenschutz in Kindertagesstätten ist mit Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 stärker in den Fokus gerückt worden 

Bei Eltern, Trägern und Erziehungskräften gibt es Unsicherheiten im Umgang mit personenbezogenen Daten in der Kita. Dabei haben sich die grundsätzlichen Anforderungen an den Datenschutz gegenüber der bisherigen Rechtslage in Deutschland durch die DSGVO nicht wesentlich verändert1. Vor allem die Warnungen vor möglichen hohen Bußgeldern bei Datenschutzverstößen haben Träger, Einrichtungsleitungen sowie behördliche und betriebliche Datenschutzbeauftragte aufgeschreckt und nicht selten dazu veranlasst, Bilder aus Einrichtungen zu verbannen, Portfolios wegzuschließen oder vorsorglich Einwilligungen der Eltern auch zu Verarbeitungsvorgängen z.B. zu  Bildungs- und Lerndokumentationen einzuholen, die zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung erforderlich sind und damit keiner Einwilligung der Eltern bedürfen2. Datenschutz in der Kita dient nicht der Absicherung des Personals und des Trägers, sondern der Gewährleistung des Kindeswohls in der Einrichtung.

Beim Datenschutz in der Kita geht es im Kern um die Respektierung der Persönlichkeitsrechte des Kindes. Daneben müssen auch die Rechte der Eltern sowie die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden. Anknüpfungspunkt ist dabei das vom Bundesverfassungsgericht 1983 in seinem Volkszählungsurteil entwickelte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Nach Auffassung des Gerichtes wird unter den (damaligen) Bedingungen der modernen Datenverarbeitung der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten im Grundgesetz von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG (Menschenwürde) umfasst.

"Beim Datenschutz in der Kita geht es im Kern um die Respektierung der Persönlichkeitsrechte des Kindes."

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.

Verantwortung der Eltern

Die Persönlichkeitsrechte des Kindes werden von den Eltern treuhänderisch wahrgenommen. Sie können stellvertretend für ihr Kind gegen Datenschutzverstöße vorgehen aber auch für das Kind Einwilligungserklärungen abgeben und Entscheidungen über die Verwendung personenbezogener Daten treffen. Kinder sind Träger eigener Rechte und haben gem. Art. 16 UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) ein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre. Der Schutz der Kinder vor Eingriffen in ihr Persönlichkeitsrecht ist damit Teil des Auftrags von Kindertageseinrichtungen, die im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII das Kindeswohl in der Einrichtung gewährleisten müssen. Bei der Zusammenarbeit der Fachkräfte mit den Eltern „zum Wohle des Kindes und zur Sicherung der Kontinuität des Erziehungsprozesses“ (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) sollten auch manche Eltern bei ihrem eigenen Umgang mit sozialen Medien auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte ihres Kindes hingewiesen werden.

Neue Gefahren der Datenverarbeitung

Während bei der Volkszählung die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung von Daten vor allem durch staatliche Stellen gesehen wurde, muss inzwischen davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeitsrechte in zunehmendem Maße auch durch Private bedroht werden. Wirtschaftliche Interessen haben den gläsernen Kunden geschaffen, soziale Netzwerke erlauben Einblicke in privateste Bereiche, das Internet ist zum Medium einer kaum zu kontrollierenden Verbreitung von Kinderpornografie geworden. Die Entwicklung von Speichermedien mit nahezu unbegrenzter Kapazität und von Netzen mit unvorstellbaren Übertragungsraten erlauben es, die Datenverarbeitung in mehr oder weniger rechtsfreie Räume zu verlegen und der Kontrolle nationaler Behörden und Stellen zu entziehen. Die technische Entwicklung geht unvermindert weiter. Handhabungen, die früher nur mit entsprechenden Fachkenntnissen genutzt werden konnten, sind inzwischen kinderleicht. Umso mehr gilt daher die Maxime, dass mit einem bewussten und respektvollen Umgang mit Persönlichkeitsrechten schon im Kindesalter angefangen werden muss. 

Datenschutz und pädagogischer Auftrag

Zum pädagogischen Auftrag von Kindertageseinrichtungen gehört es auch, dass Kinder dazu angeleitet werden, die Persönlichkeitsrechte der anderen Kinder und der Erwachsenen zu respektieren. Kinder erhalten immer früher Zugang zu Smartphones, Tablets oder dem PC. Sie sollten nicht nur bei ihren Eltern, sondern auch in der Kita lernen, mit den neuen Medien umzugehen. Dabei geht es nicht nur um die Technik, sondern auch um die damit verbundenen Gefahren. Im Rahmen des Förderungsauftrags können schon im Kindergarten pädagogisch begleitete Projekte mit Digitalkameras, Smartphones oder Tablets angeboten werden. Zum Umgang mit diesen Medien gehört auch das Lernen von einfachen Regeln des Datenschutzes:

  • Keine heimlichen Ton- und Bildaufnahmen
  • Keine Aufnahmen in peinlichen Situationen

  • Kontrolle ermöglichen, Einverständnis einholen

  • Aufnahmen löschen, mit denen der/die Betroffene nicht einverstanden ist

  • Datenmüll entfernen, Datensparsamkeit

  • Aufnahmen löschen, die für den pädagogischen Zweck nicht (mehr) benötigt werden

  • Keine Weitergabe an Dritte ohne die Einwilligung des/der Betroffenen und deren Eltern

Grundsätze des Umgangs mit personenbezogenen Daten, Fotos und Videoaufnahmen sollten schon bei Eintritt in die Kita mit den Eltern geklärt werden. Eine Möglichkeit besteht dazu im Betreuungsvertrag. Dabei muss klar zum Ausdruck kommen, dass die Datenverarbeitung nur im Rahmen der pädagogischen Arbeit erfolgt und dass die Verwendung für andere Aufgaben oder die Weitergabe an Dritte nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Eltern erfolgen darf3. Außerdem wäre dies der Ort, wo auch die Eltern verpflichtet werden sollten, Bilder aus der Kita nicht ohne das Einverständnis der Abgebildeten an Dritte weiterzugeben oder zu veröffentlichen. Die Kita kann die Einhaltung des Datenschutzes durch die Eltern nicht kontrollieren. Sie trägt daher auch keine Verantwortung für Verstöße der Eltern gegen den Datenschutz und das Recht am eigenen Bild. Die Klausel im Betreuungsvertrag kann jedoch den Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Löschung oder Schadensersatz helfen.

Datenschutz als Qualitätsmerkmal

Datenschutz in Kindertageseinrichtungen ist nicht einfach nur ein Rechtsproblem. Vielmehr geht es um den Respekt vor der Persönlichkeit des Kindes und damit um ein pädagogisches Grundverständnis der Fachkräfte bei der Unterstützung von Entwicklungs- und Lernprozessen in einem hochsensiblen Lebensabschnitt. Im Mittelpunkt steht das Kind als Subjekt. Hieraus folgt die Orientierung am Kindeswohl, der Schutz der Persönlichkeitsrechte, die Berücksichtigung des Kindeswillens und die Beteiligung des Kindes an Entscheidungen sowie die Einbeziehung der Eltern in diesen Prozess.

Obwohl Kinder und Jugendliche gem. Art. 8 DSGVO erst ab dem Alter von 16 Jahren eine rechtsgültige Einwilligung erklären können, sollte unter Berücksichtigung der Beteiligungsrechte nach Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention - etwa bei der Veröffentlichung oder Weitergabe von Fotos außerhalb des pädagogischen Zwecks - neben der Einwilligung der Eltern auch bei Kindern unter 16 Jahren ihre Zustimmung eingeholt werden.

Fazit

Der Schutz personenbezogener Daten ist Ausdruck einer pädagogischen Grundhaltung, die sich in Konzeptionen und Leitbildern wiederfindet und als wichtiges Qualitätsmerkmal für gute Arbeit in Kindertagesstätten verstanden werden sollte. Dies zu verwirklichen ist Aufgabe und Herausforderung für jede gute Tageseinrichtung für Kinder.

1 vgl. Gerstein, Datenschutz im Kita-Alltag nach Inkrafttreten der DSGVO
2 vgl. Gerstein, Datenschutz bei Bildungs- und Lerndokumentationen in KiTa aktuell Recht 1/2020, S. 8
3 Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO werden besondere Anforderungen an die Einwilligung gestellt. Sie muss sich als eindeutige Willensbekundung auf einen bestimmten Zweck beziehen und es muss auf die jederzeitige Widerrufbarkeit hingewiesen werden (Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Näheres hierzu in Gerstein, Rechtsfragen aus der Kita-Praxis, S. 54 f.

Was versteht man unter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung?

Informationelle Selbstbestimmung im Grundgesetz Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist der Schutz der Persönlichkeit einer Person. Es stellt das Recht jedes Einzelnen dar, selbstständig über seine personenbezogenen Daten zu entscheiden und zu bestimmen, sei es die Preisgabe oder die Verwendung dieser Daten.

Ist Selbstbestimmung ein Grundrecht?

In Deutschland wird das Recht auf Selbstbestimmung vor allem durch Artikel 2 des Grundgesetzes geschützt. Jedem Menschen wird darin das Recht auf die „freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ garantiert.

Was gewährleistet die Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung?

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet, dass jedermann grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen hat. Einschränkungen dieses Rechts auf informationelle Selbstbestimmung sind nur in Fällen, in denen das Allgemeininteresse überwiegt, zulässig.

Was schützt das RIS?

Zunächst schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die enge persönliche Lebenssphäre und gewährt damit die Befugnis jedes Einzelnen, sich individuell zurückzuziehen, abzuschirmen oder für sich zu bleiben. Zudem umfasst es das Recht auf Selbstbestimmung, also das Recht die eigene Abstammung zu kennen.