Wird der Versorgungsausgleich bei der Grundrente berücksichtigt?

Schon bei der Scheidung genau hinschauen

Wenn zwei sich scheiden lassen, steht die Rente nicht unbe­dingt im Vordergrund. Sorgerecht, Unterhalt, Haus oder Auto ist alles erst einmal wichtiger, um im getrennten Alltag klar zu kommen. Die Auswirkungen des Versorgungs­ausgleichs zeigen sich erst viel später. Doch sie können massiv sein. Besser, Paare schauen bei der Scheidung genau hin, auch wenn der Ruhe­stand Licht­jahre entfernt scheint. Im Jahr 2019 waren Männer bei der Scheidung durch­schnitt­lich 46,6 Jahre alt, Frauen 44,4 Jahre, so das Statistische Bundes­amt. Die Ehen hielten im Schnitt 14,8 Jahre.

Das bietet unser Special Versorgungs­ausgleich

  • Basiswissen. Im kostenfreien Teil unseres Specials erklären wir, welche Auswirkungen eine Scheidung auf Ihre Alters­vorsorge haben kann, und zeigen anhand eines konkreten Beispiels, wie das Familien­gericht Ihre Renten­ansprüche aufteilt. Sie erfahren, warum ein gerechter Ausgleich bei Betriebs­renten nicht immer richtig funk­tioniert und was sich in Zukunft ändern soll.
  • Hintergrund und Tipps. Geschiedene geben oft einen Teil der Rente an den Ex-Partner ab. Der Tod der Ex-Part­nerin oder des Ex-Part­ners schafft diese Abzüge nicht aus der Welt. In der Regel bleibt das Geld bei den Renten­versicherungs­trägern. Aber es gibt einige Ausnahmen. Wenn Sie den kosten­pflichtigen Teil unseres Specials frei­schalten, erfahren Sie, wann Sie den Versorgungs­ausgleich anpassen oder aufheben lassen können.
  • Interview. Eine Fach­anwältin für Familien­recht erklärt, warum gerade Scheidungen in mitt­leren Jahren für die Alters­vorsorge problematisch sein können und was Geschiedene dagegen tun können.
  • Heft­artikel. Wenn Sie das Thema frei­schalten, erhalten Sie weitere Tipps zur Alters­vorsorge nach einer Scheidung. Zudem haben Sie Zugriff auf das PDF zu dem ausführ­lichen Artikel aus Finanztest 4/2021. Sie finden darin zusätzliche konkrete Beispiele und anschauliche Infografiken zum Thema.

Familien­gericht teilt die Renten

Zur Alters­vorsorge im Sinne des Versorgungs­ausgleichs­gesetzes gehören nur Renten und Pensionen, unter anderem aus

  • der gesetzlichen Rente,
  • der Beamten­versorgung,
  • berufs­stän­dischen Versorgungs­werken, etwa der Ärzteversorgung
  • der betrieblichen Altersvorsorge,
  • privaten Rentenverträgen,
  • Riester- und Rürup-Renten.

Andere Formen der Vorsorge wie Immobilien oder Investmentfonds­anteile fallen nicht darunter.

Scheidung: Das große Renten hin und her

Bei der Scheidung ermittelt das Familien­gericht für jeden Partner jeweils getrennt, wie viel Ansprüche er oder sie während der Ehezeit bei welchem Versorgungs­träger erworben hat. Dazu fordert es von den einzelnen Versorgungs­trägern Auskünfte über die Anrechte der Partner. Das Familien­gericht entscheidet über jeden Versorgungs­anspruch einzeln und hält seine Entscheidungen im Scheidungs­urteil fest.

Versorgungs­ausgleich ohne Antrag

Das Familien­gericht führt den Versorgungs­ausgleich in der Regel auto­matisch durch. Allerdings gibt es Ausnahmen:

  • Das Paar hat sich in einem Ehevertrag oder in einer Scheidungs­folgen­ver­einbarung auf eine andere Aufteilung der Alters­vorsorge geeinigt.
  • Die Ehe war kürzer als drei Jahre. In diesem Fall führt das Familien­gericht den Ausgleich nur durch, wenn ein Partner diesen beantragt.

Zudem kann das Familien­gericht entscheiden, kleinere Ansprüche nicht auszugleichen. 2022 liegt die Grenze bei 32,90 Euro für Monats­renten oder 3 948 Euro Kapital­wert.

Begrenzter Ausgleich nach langer Trennungs­zeit

In der Regel teilt das Familien­gericht alle während der Ehezeit erworbenen Ansprüche. Bei einer sehr langen Trennungs­zeit vor der Scheidung, kann der Ausgleich aber auch zeitlich begrenzt werden. So hat etwa das Ober­landes­gericht Dresden in einem Fall entschieden (Az. 18 UF 371/20). Hier hatte das Paar 1987 ge­heiratet, 1988 kam der gemein­same Sohn zur Welt, 1998 trennte man sich, blieb aber bis zur Scheidung noch 21 Jahre lang verheiratet. Das Gericht entschied, den Versorgungs­ausgleich auf die Zeit bis zum 18. Geburts­tag des gemein­samen Sohnes zu begrenzen.

Bei Renten­punkten hinschauen

Schon einige Entgelt­punkte weniger auf dem Renten­konto haben einen starken Effekt.

Beispiel: Das Paar Mara und Max Mayer aus Marburg. Bauzeichnerin Mara hat sich während 17 Jahren Ehe mit Max insgesamt 17,0010 Entgelt­punkte auf ihrem gesetzlichen Renten­konto erarbeitet. Entgelt­punkte (EP) sind die Maßeinheit, in der die gesetzliche Renten­versicherung Anwart­schaften speichert. 17,0010 EP entsprechen nach derzeitigen Werten einer Monats­rente von 612,38 Euro.

Ex-Mann Max, der als Selbst­ständiger weniger in die gesetzliche Rentenkasse einge­zahlt hat, kommt während der Ehe auf 6,8100 EP. Nach derzeitigen Werten entspricht das einer Monats­rente von 245,30 Euro.

Damit beide nach der Scheidung gleich­gestellt sind, muss Mara 5,0955 Entgelt­punkte oder – nach derzeitigen Werten – 183,54 Euro Monats­rente an Max abgeben – das sind immerhin 2 202,48 Euro im Jahr.

Im PDF (kosten­pflichtig) finden Sie eine Grafik, die unser Beispiel veranschaulicht.

Ratgeber der Stiftung Warentest

Rat zum Thema Scheidung, einfach erklärt und mit vielen Beispielfällen, finden Sie auch in unserem Ratgeber Aus und Vorbei. Das Buch hat 192 Seiten und ist für 19,90 Euro im Buch­handel und im test.de-Shop erhältlich.

Interne Teilung: Rente vom gleichen Versorgungs­träger

Die Umver­teilung von Anwart­schaften beim selben Versorgungs­träger wie im Beispiel oben nennt sich interne Teilung. Haben ausgleichs­berechtigte Ex-Partner noch kein eigenes Konto, wird es neu einge­richtet. Der ausgleichs­pflichtige Partner behält seines.

Gesamt­verlust über­schlagen

Beispielfall Mara sollte grob über­schlagen, was der Verlust an Renten­punkten für sie heißt. Geht sie von der durch­schnitt­lichen Lebens­erwartung von heute 67-jährigen Frauen aus – nach Angaben des Bundes­amts für Statistik liegt sie bei weiteren 21,63 Jahren –, verliert Mara nach derzeitigen Werten rund 47 600 Euro ihrer Alters­sicherung bei der gesetzlichen Rente (21,63 Jahre x 2 202,48 Euro).

Renten­steigerungen sind bei der Über­schlags­rechnung nicht berück­sichtigt. Die Entgelt­punkte gewinnen in der Regel jedes Jahr an Wert. Vor zehn Jahren entsprachen 5,0955 Entgelt­punkte einem Wert von 143,03 Euro Monats­rente, heute sind es 183,54 Euro.

Neues Konto beim Renten­träger

Kann der Ausgleichs­wert nicht wie bei der gesetzlichen Rente in Entgelt­punkten oder in monatlichen Anwart­schaften angegeben werden, ermitteln Versorgungs­träger auf Grund­lage versicherungs­mathematischer Regeln deren Kapital­wert. Er sagt aus, wie viel Ansprüche zu einem Zeit­punkt wert sind.

Beispiel: Max hat eine private Rentenversicherung. Ihr Kapital­wert für die Ehezeit beträgt 18 300 Euro. Der Ausgleichs­wert von 9 150 Euro fließt in einen neuen Vertrag für Mara beim selben Versicherer. Für Maras Vertrag gelten die gleichen Konditionen wie für Max, etwa die gleiche garan­tierte Verzinsung. Allerdings können für beide, anders als bei der gesetzlichen Rentenversicherung, Kosten für die Teilung anfallen.

Verluste bei externer Teilung

Der Ausgleichs­wert kann in bestimmten Fällen auch auf andere Versorgungs­träger über­tragen werden. Das heißt externe Teilung. Manche Partner wollen so ihre Versorgungs­anrechte bündeln. Das Problem: Es gelten die Konditionen des Ziel­versorgungs­trägers. Die können schlechter sein. Eine gleich­wertige Teilhabe beider Partner an den ehezeitlichen Anrechten, wie vom Gesetz­geber eigentlich vorgesehen, garan­tiert sie nicht unbe­dingt.

Das sorgt besonders für Verdruss, wenn der Versorgungs­träger des ausgleichs­pflichtigen Part­ners gegen den Willen des Ausgleichs­berechtigten auf einer externen Teilung besteht. Das dürfen die meisten Versorgungs­träger nur, wenn der Ausgleichs­wert zum Ende der Ehezeit gering ist. 2022 liegt die Grenze bei 65,80 Euro für monatliche Renten­werte und bei 7 896 Euro für Kapital­werte.

Bei einigen Betriebs­renten liegt die Grenze viel höher. Arbeit­geber, die ihren Mitarbeitern Alters­vorsorge im Wege einer Direkt­zusage oder Unterstüt­zungs­kasse bieten, können bei Kapital­werten bis zur Höhe der Beitrags­bemessungs­grenze in der gesetzlichen Renten­versicherung auf externer Teilung bestehen. 2022 liegt die Grenze bei 84 600 Euro.

Bundes­verfassungs­gericht: Über­tragung soll gerechter werden

Aufgrund der seit Langem nied­rigen Zinsen konnte es gerade bei der Über­tragung größerer Ansprüche auf andere Versorgungs­träger zu besonders starken Trans­ferverlusten bei den späteren Renten­ansprüchen zwischen ausgleichs­pflichtigem und ausgleichs­berechtigtem Partner kommen. Sie konnten 50 Prozent und mehr betragen.

Das Bundes­verfassungs­gericht entschied im Mai 2020 (Az. 1 BvL 5/18), dass Familien­gerichte in Zukunft eine faire Lösung finden sollen. Für vertret­bar halten die Verfassungs­richter Trans­ferverluste von maximal 10 Prozent.

Finden Ausgleichs­berechtigte keinen externen Versorgungs­träger, um das Kapital zu über­tragen, ist für Betriebs­renten die eigens einge­richtete Versorgungsausgleichskasse Auffang­becken – eine Pensions­kasse, die 38 Lebens­versicherer gegründet haben.

In allen anderen Fällen kommt die gesetzliche Renten­versicherung zum Tragen.

Bei Pensionen teils externe Teilung

Auch bei der Beamten­versorgung kann es zur externen Teilung kommen. Zwar hat der Bund für Beamte, Richter und Versorgungs­empfänger die interne Teilung als Ausgleichs­form vorgeschrieben. Für die Beamten der Länder und Kommunen liegt jedoch keine vergleich­bare Regelung vor. Sie werden extern geteilt. Ziel­versorger ist in diesem Fall die gesetzliche Renten­versicherung.

Wie wirkt sich die Grundrente auf den Versorgungsausgleich aus?

Durch die Einführung des Grundrentenzuschlags zum 1. Januar 2021 entstehen für die betroffenen versicherten Personen weitere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese sind bei der Scheidung einer Ehe oder der Aufhebung einer Lebenspartnerschaft im Rahmen des Versorgungsausgleichs auszugleichen.

Wird der Versorgungsausgleich von der Rente abgezogen?

Durch den Versorgungsausgleich kann sich die Rente für eine oder einen der beiden mindern und für die andere oder den anderen entsprechend erhöhen. In den meisten Fällen werden die Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung in einer internen Teilung ausgeglichen.

Was wird bei der Grundrente alles angerechnet?

Welche Einkommensgrenzen gelten 2022 bei der Grundrente? Die volle Grundrente erhält nur, wer nicht mehr als 1317 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 2054 Euro (Paare) verdient (Stand Juli 2022). Wer etwas mehr verdient, bekommt den darüber liegenden Teil des Einkommens zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet.

Was zählt nicht zur Grundrente?

Folgende Zeiten zählen nicht zu den Grundrentenzeiten: Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld I und II sowie Arbeitslosenhilfe. Zeiten der Schulausbildung. bei Altersrenten: Monate mit Beiträgen nach Rentenbeginn.