Woher weiß ich ob mein arbeitgeber tarifgebunden ist

In Anlehnung an die Terminologie des Tarifvertragsgesetzes müsste man von Tarifgebundenheit sprechen. Der Begriff Tarifbindung hat sich aber durchgesetzt[1] und bedeutet dasselbe.

Tarifvertragspartei auf der Seite der Arbeitgeber ist ein Arbeitgeberverband. Voraussetzung der Tarifbindung des Arbeitgebers ist also, dass er Mitglied des tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverbands ist. Alternativ kann der Arbeitgeber auch selbst mit einer Gewerkschaft einen so genannten Haus- oder Firmentarifvertrag abschließen, an den er dann naturgemäß gebunden ist.

Jedoch führt nicht jede Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband zur Tarifbindung. Es gibt Arbeitgeberverbände, die in ihrer Satzung eine Mitgliedschaft ohne Verbandstarifbindung eröffnen (so genannte OT-Mitgliedschaft).

Arbeitnehmer müssen für die Tarifbindung Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft sein.

Die Tarifbindung endet (erst) mit dem Ende des Tarifvertrags. Ein Austritt aus dem Verband bewirkt somit noch nicht das Ende der Tarifbindung, wenn der Tarifvertrag noch in Kraft bleibt.

Der Vorteil der Tarifbindung besteht für einen Arbeitgeber darin, dass durch sie die Kosten der Aushandlung der Beschäftigungsbedingungen sinken und sich auch das Risiko von Produktionsausfällen durch Arbeitskämpfe verringert. Der Nachteil der Tarifbindung ist aus Arbeitgebersicht, dass Tarifverträge die wirtschaftliche Situation eines einzelnen Unternehmens nicht berücksichtigen könnten. Aus diesem Grund ist in den vergangenen Jahren eine größere Zahl von Arbeitgebern aus den Arbeitgeberverbänden ausgetreten, um der Tarifbindung zu entgehen. Vor allem für größere Unternehmen mit vielen Beschäftigten stellen Haustarifverträge eine Alternative dar, die ggf. eine flexiblere Anpassung an die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglicht.

Für Arbeitnehmer besteht der Vorteil der Tarifbindung in der Regel darin, dass bei Kollektivverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden die Verhandlungsmacht jedenfalls tendenziell eher gleichmäßiger verteilt ist als bei einer individuellen Aushandlung der Beschäftigungsbedingungen mit dem Arbeitgeber.

Durch Allgemeinverbindlicherklärung kann bestimmt werden, dass alle Arbeitsverhältnisse im fachlichen und örtlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags dem normativen Teil eines Tarifvertrags unterworfen werden, d. h. auch Arbeitsverhältnisse deren Parteien bisher nicht tarifgebunden sind.

Im Jahr 2020 arbeiteten 43 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit einem Branchentarifvertrag, 2019 lag dieser Wert noch bei rund 46 Prozent. Damit setzt sich der seit Jahren rückläufige Trend fort. In Westdeutschland arbeiteten 46 Prozent der Beschäftigten im Jahr 2019 in Betrieben mit Branchentarifvertrag. Im Jahr 2018 waren es mit 48 Prozent noch zwei Prozentpunkte mehr. In Ostdeutschland sank der entsprechende Anteil der Beschäftigten 2019 gegenüber dem Vorjahr um einen Prozentpunkt von 35 auf 34 Prozent. Das zeigen Daten des IAB-Betriebspanels, einer jährlichen Befragung von rund 15.000 Betrieben durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ebenso ist der der Anteil der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben im Jahr 2019 weiter zurückgegangen. Firmen- oder Haustarifverträge galten 2019 für sieben Prozent der westdeutschen und für elf Prozent der ostdeutschen Beschäftigten.[2]

Auf den ersten Blick wirken die Vergütungstarifverträge unübersichtlich und verwirrend. Erst recht, wenn es um Branchen geht, in denen viele unterschiedliche Vergütungsstufen und Modelle zur Eingruppierung existieren - denn dann ist das Tarifwerk voller unterschiedlicher Tabellen. Um sich zurecht zu finden, gehen Sie am besten Schritt für Schritt vor:

1. Finden Sie heraus, welcher Vergütungstarifvertrag für Sie gilt.

Gilt ein Tarifvertrag für Ihr Arbeitsverhältnis, ist das meist auch im Arbeitsvertrag vermerkt. Eine sogenannte Bezugnahmeklausel weist dann darauf hin, dass die Regeln des Tarifvertrags – zum Beispiel hinsichtlich der Vergütung – auf Ihr Arbeitsverhältnis angewandt werden.

Aber auch wenn im Arbeitsvertrag nichts dazu vereinbart ist, kann für Sie ein Tarifvertrag gelten.

Sind Sie Mitglied in einer Gewerkschaft, genügt in der Regel eine E-Mail oder ein Anruf bei der für Sie zuständigen Geschäftsstelle, um diese Frage zu beantworten. Gewerkschaften handeln die Tarifverträge mit Vertretern der Arbeitgeber aus. Das bedeutet, dass sie immer auch das aktuelle Tarifwerkvorliegen haben. Als Mitglied können Sie Einsicht oder sogar eine Kopie davon bei der Gewerkschaft beantragen.

Auch Ihr Arbeitgeber muss Ihnen Auskunft geben, ob er einem Tarifvertrag unterliegt und ob dieser auch auf Ihr Arbeitsverhältnis angewandt wird. Außerdem muss er den Vertrag zur Einsicht im Betrieb auslegen.

Unterliegt Ihr Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag, der für allgemeingültigerklärt wurde, finden Sie diesen auch im Tarifregister des Bundesarbeitsministeriums. Allgemeingültige Tarifverträge sind auch für die Arbeitgeber bindend, die kein Mitglied der Arbeitgeberverbände und damit nicht tarifgebunden sind. Gehören sie zu der Branche, für die der Tarifvertrag gilt, müssen sie alle Arbeitsverhältnisse danach ausrichten.

2. Suchen Sie die korrekte Vergütungsgruppe!

Die meisten Lohntarifverträge sehen sogenannte Vergütungsgruppen vor. Je nach Qualifikation des Mitarbeiters und nach dem Profil der ausgeübten Tätigkeit werden Sie in eine dieser Gruppen eingeordnet, sobald Sie den Job antreten. Dabei ist die niedrigste Vergütungsgruppe für einfache Hilfsarbeiten vorgesehen, die höchsten entsprechend für anspruchsvolle Tätigkeiten bis zur Führungskraft.

Haben Sie die Vergütungsgruppe gefunden, die für Sie gilt, können Sie in den Tariftabellen Ihr Grundgehalt ablesen.

Wichtig: Viele Tarifverträge sehen noch immer unterschiedliche Tariflöhne für Beschäftigte im Osten und im Westen Deutschlands vor. Zwar sollen die Tarifentgelte langfristig angepasst und vereinheitlicht werden, aber noch gibt es in vielen Branchen Unterschiede und sogenannte Osttarife. Achten Sie also darauf, dass Sie in der richtigen Tabelle nach der für Sie geltenden Vergütungsgruppe suchen.

3. Finden Sie Ihre Tarifstufe!

Das Grundgehalt ist Ihre Lohnbasis. Meist erhalten Sie am Ende aber mehr Gehalt, als die Vergütungsgruppe vorsieht. Das hängt zum Beispiel mit den Tarifstufen zusammen. Diese sehen Gehaltssteigerungen vor, die Sie automatisch erhalten, je länger Sie im Betrieb beschäftigt sind.

Je nach Tarifvertrag können Sie unter Umständen schon bei Jobantritt in eine etwas höhere Tarifstufe eingruppiert werden – nämlich dann, wenn nicht die Betriebszugehörigkeit Grundlage für die Einstufung ist, sondern Ihre Berufserfahrung. In diesem Fall werden auch die Zeiten zur Berechnung herangezogen, die Sie bei anderen Arbeitgebern angesammelt haben. Viele Tarifverträge rechnen betriebsfremde Berufserfahrung aber nicht oder nur teilweise an. In diesem Fall beginnen Sie in einer der niedrigsten Tarifstufen, steigen mit den Jahren aber automatisch auf.

Wie viele Tarifstufen es gibt, nach wie vielen Jahren Sie in die nächst höhere aufsteigen und wie hoch die Gehaltssteigerungen sind, lesen Sie in dem für Sie geltenden Lohntarifvertrag nach.

4. Finden Sie heraus, welche Zuschläge Sie bekommen!

Je nach Beruf und Branche können Sie zusätzlich mit Zuschlägen rechnen. So gibt es beispielsweise in der Leiharbeit Branchenzuschläge, mit denen auch Zeitarbeiter annähernd den Tariflohn der Stammbelegschaft erreichen sollen. Auch Feiertags-, Nacht-, Schichtzuschläge oder zum Beispiel Gefahrenzulagen können Ihr Grundgehalt aufstocken.

Finden Sie dazu keine Angaben im Vergütungstarifvertrag, heißt das nicht unbedingt, dass keine Zuschläge gezahlt werden. Es lohnt sich, in diesem Fall auch einen Blick in den Manteltarifvertrag zu werfen, der für Ihr Arbeitsverhältnis gilt. Der regelt die allgemeinen Arbeitsbedingungen abseits des konkreten Gehalts und enthält häufig die grundlegenden Vereinbarungen zu den Zuschlägen.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte