Bekommen lehramtsanwärter bei abschluss an die gleiche schule zurück

Referendariat junger Lehrer vor Tafel

Referendare und Referendarinnen erleben den Vorbereitungsdienst oft als große Herausforderung und nicht selten als „Praxisschock".

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Mit dem Referendariat oder Vorbereitungsdienst wird die zweite Phase der Lehramtsausbildung bezeichnet. Es umfasst die schulpraktische Ausbildung, die eine Referendarin oder ein Referendar nach dem Studium durchläuft. Der Begriff Referendariat wird allerdings auch für den Vorbereitungsdienst in anderen Berufen bezeichnet, vor allem nach dem Jurastudium. Genauer heißt es daher Lehramtsreferendariat analog zum Rechtsreferendariat.

Wann findet das Lehramtsreferendariat statt?

Die Lehrerbildung gliedert sich in drei Phasen: Die erste Phase umfasst das Lehramtsstudium, danach folgt der Vorbereitungsdienst, also das Lehramtsreferendariat. Als dritte Phase wird die Weiterbildung im Lehrerberuf bezeichnet.

Wie viel Zeit darf zwischen Masterabschluss und Beginn des Referendariats liegen?

Manche Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter wollen nicht sofort nach dem Masterabschluss ein Referendariat beginnen, weil sie zum Beispiel noch einen Auslandsaufenthalt planen oder eine Dissertation schreiben. Wie viel Zeit zwischen Masterabschluss und Referendariat höchstens liegen darf, entscheiden die Länder. Die Regelungen gehen meist aus der jeweiligen Länderordnung für den Vorbereitungsdienst hervor. In Nordrhein-Westfalen heißt es dazu  in § 2 Abs. 1 S. 3: Liegt die Prüfung nach Satz 1 Nummer 2 länger als fünf Jahre zurück, kann die Zulassung zum Vorbereitungsdienst vom Ergebnis eines Kolloquiums abhängig gemacht werden, in dem nachzuweisen ist, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten den Ausbildungsvoraussetzungen noch entsprechen.

Die Entscheidung über ein mögliches Kolloquium liegt bei den jeweils zuständigen Bezirksregierungen, bei denen die Einstellungen in den Vorbereitungsdienst beantragt wird. Ein Verfall von in Nordrhein-Westfalen abgelegten Lehramtsprüfungen ist nach den hiesigen Rechtsvorschriften nicht vorgesehen, so dass eine Bewerbung für den Vorbereitungsdienst jederzeit möglich ist, heißt es aus dem Schulministerium in NRW.

Wie lange dauert das Referendariat?

Die Dauer des Vorbereitungsdienstes ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, wie diese Infografik zeigt. In den meisten Bundesländern dauert es 18 Monate: in Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein. In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist die Ausbildung für eine Referendarin oder einen Referendar mit zwölf Monaten am kürzesten, in Bayern und Thüringen mit 24 Monaten am längsten. In Hessen dauert das Lehramtsreferendariat 21, in Baden-Württemberg 19 und in Sachsen-Anhalt 16 Monate.

Wie läuft das Referendariat ab?

Der Ablauf des Vorbereitungsdienstes ist in den Bundesländern unterschiedlich. Entsprechend der Gliederung der Studiengänge in verschiedene Lehramtstypen erfolgt entsprechend die schulpraktische Ausbildung der Referendarinnen und Referendare. Entweder wird nach Schularten oder Schulstufen unterschieden. In Berlin gibt es zum Beispiel drei Ausbildungen: für das Lehramt an Grundschulen, für das Lehramt an Integrierten Sekundarschulen (ISS) und Gymnasien sowie für das Lehramt an beruflichen Schulen. Sonderpädagogik ist kein eigenes Studium, sondern kann als Fach innerhalb des Studiums gewählt werden.

Die Ausbildung der Referendarinnen und Referendare erfolgt zum einen im Studienseminar, zum anderen im praktischen Einsatz in der Schule. Die beiden Einrichtungen arbeiten in den meisten Bundesländern unabhängig voneinander. Nur in Bayern ist es anders geregelt: Hier gibt es Seminarschulen – Studienseminar und Schule sind unter einem Dach. Für eine Referendarin oder einen Referendar an Realschulen und Gymnasien in Bayern findet an diesen Seminarschulen das erste Jahr des Vorbereitungsdienstes statt. Im zweiten Jahr wechseln die Referendarinnen und Referendare dann an eine andere sogenannte Einsatzschule. An den Grundschulen kommen sie gleich an eine Einsatzschule.

Was verdienen Referendare?

Der Verdienst im Lehramtsreferendariat hängt vom Bundesland ab und auch von der Schulart, in der Referendarinnen und Referendare ihre Ausbildung absolvieren. In vielen Bundesländern liegt der Verdienst für eine Referendarin oder einen Referendar an einem Gymnasium also höher als an einer Grundschule. Immer mehr Bundesländer haben inzwischen allerdings die Besoldung zwischen den Schularten angeglichen oder haben zumindest angekündigt, diese Angleichung vorzunehmen.

Da es besonders im ländlichen Raum schwierig ist, Referendarinnen und Referendare an die Schulen zu holen, bietet Mecklenburg-Vorpommern angehenden Lehrkräften ab April 2022 einen Gehaltszuschlag von 20 Prozent an, wenn sie an eine Schule gehen, wo der Lehrkräftebedarf besonders hoch ist. Jede zehnte Referendariatsstelle soll künftig so finanziell aufgebessert und damit für den Berufsnachwuchs attraktiver gemacht werden, wie aus einer Mitteilung des Bildungsministeriums Ende Oktober 2021 hervorgeht. Um den Zuschlag zu bekommen, müssen die Referendarinnen und Referendare auch einwilligen, nach erfolgreichem Abschluss des Vorbereitungsdienstes drei Jahre als Lehrkraft an ihrer Ausbildungsschule tätig zu sein.

Ist ein Wechsel zwischen den Bundesländern möglich?

Lange war es für eine Referendarin oder einen Referendar kompliziert, in der Lehrerausbildung zwischen den Bundesländern zu wechseln. Ein Beschluss der Kultusministerkonferenz von 2013 hat hier aber für Erleichterung gesorgt. Ziel war es, die Mobilität von Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter zu erhöhen. Nach dem Lehramtsstudium kann das Referendariat also auch in einem anderen Bundesland absolviert werden. Voraussetzung ist, dass die Fächerkombination in diesem anderen Bundesland vorgesehen ist. Zu beachten ist außerdem, dass die Länder unterschiedliche Bewerbungsfristen haben. Während des Lehramtsreferendariats ist ein Wechsel schwierig – allein schon deshalb, weil die Dauer und die Zahl der notwendigen Unterrichtsbesuche variiert.

Wie geht es nach dem Referendariat weiter?

Wenn das Referendariat beendet ist, können die Referendarinnen und Referendare als Junglehrerinnen und Junglehrer eingestellt werden. Ein Problem ist allerdings, dass die Ausbildung meist vor den Sommerferien endet, die Einstellung aber erst nach den Sommerferien zum neuen Schuljahr erfolgt. Das kann sechs Wochen Arbeitslosigkeit bedeuten.

Zuletzt ist das Problem in Baden-Württemberg wieder in den Fokus geraten. Die neue Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hat nämlich kurz vor den Sommerferien 2021 angekündigt, dass sie an der viel kritisierten Praxis festhalten will. Die Ausbildung sei mit Ende des Vorbereitungsdienstes abgeschlossen, die Einstellung zum neuen Schuljahr erfolge davon unabhängig zum einheitlichen Termin im September, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Heftige Kritik kam von der Bildungsgewerkschaft GEW und der Opposition. „Die neue Kultusministerin Theresa Schopper ist mit dem Versprechen angetreten, mit einem neuen Stil die Bildungspolitik in Baden-Württemberg zu gestalten. Warum schickt sie dann den gefragten Nachwuchs nach der Ausbildung erst einmal in die Arbeitslosigkeit?”, fragte GEW-Landeschefin Monika Stein. Sie rechnet damit, dass 4.000 bis 5.000 angehende Lehrkräfte in Baden-Württemberg zu den Sommerferien arbeitslos werden.

Schon Schoppers Vorgängerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte es mit Hinweis auf die Kosten abgelehnt, die Einstellungspraxis zu ändern. Das Ministerium verwies nun darauf, dass die große Mehrheit der Junglehrerinnen und Junglehrer wegen des hohen Bedarfs an Lehrkräften eine „sehr sichere und dauerhafte berufliche Perspektive” hätten.

„Praxisschock“ im Referendariat

Wichtig ist, dass eine Referendarin oder ein Referendar im Vorbereitungsdienst eine Begleitung hat, zum Beispiel durch ein Mentorenprogramm. Aufgrund des großen Lehrermangels in fast allen Bundesländern gibt es dafür aber an vielen Schulen kaum Kapazität. Nicht selten erleben die Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter, dass sie vom ersten Tag an allein vor der Klasse stehen.

In den meisten Studiengängen für das Lehramt ist inzwischen zwar ein Praxissemester vorgesehen – oder es gibt zumindest längere Praxisphasen –, dennoch erleben viele den Einstieg ins Referendariat als „Praxisschock“. Der Bildungsforscher Manfred Prenzel mahnt im Interview eine stärkere Verzahnung der ersten und zweiten Phase der Lehramtsausbildung an. Das Schulportal hat einige Referendarinnen und Referendare nach ihren Erfahrungen befragt. Fühlen Sie sich durch das Studium gut vorbereitet? Werden sie in dieser Phase ausreichend betreut und beraten, und was würden sie sich anders wünschen?

Neue Ideen für den Vorbereitungsdienst

Referendarinnen und Referendare wünschen sich mehr Raum zum Experimentieren im Referendariat – und dafür weniger Prüfungsdruck in der Ausbildung. Die beiden Referendarinnen Anna van Meegen und Sophie Krüger, beschreiben in einer Kolumne, als wie wichtig sie Unterrichtshospitationen im Referendariat erlebt haben. Für sie sollte das ein Raum sein, in dem sie auch Unsicherheiten zeigen können, schließlich würden sie erst am Anfang ihres Berufslebens stehen und würden zwangsläufig Fehler machen. Zu oft fehle aber diese Offenheit, was dazu führe, dass viele Lehrkräfte nach dem Referendariat lieber allein als im Team arbeiten. Anna van Meegen und Sophie Krüger fordern daher: Öffnet die Türen der Klassenzimmer!

Die Akademie Biberkor in Bayern hat das Projekt „Neues Referendariat“ ins Leben gerufen. Seit diesem Schuljahr können hier Absolventinnen und Absolventen des Ersten Staatsexamens ihren Vorbereitungsdienst in zwölf Monaten absolvieren, allerdings ist die Ausbildung bislang noch nicht staatlich anerkannt. Ein weiteres Projekt in Bayern will Referendarinnen und Referendare fit machen für den Umgang mit digitalen Medien im Unterricht. Bayerische Realschullehrkräfte haben das Programm DiBiS entwickelt. „DiBiS“ steht für „Digitale Bildung in der Seminarausbildung“. Seit 2019 gehört das Programm zu den verbindlichen Ausbildungsinhalten für das Lehramtsreferendariat in Bayern. Die angehenden Lehrkräfte entwickeln hier neue digitale Lernformate, die sie direkt im Unterricht erproben können.

Handwerkszeug für neue Lernformate im digitalen Raum bietet auch das Buch „Hybrid-Unterricht 101. Ein Leitfaden zum Blended Learning für angehende Lehrer:innen“, das sich speziell an Referendarinnen und Referendare richtet.

Lehramtsreferendariat in der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie hat auch für Referendarinnen und Referendare viel durcheinandergebracht. Während der Schulschließungen konnten sie keine praktischen Erfahrungen im Präsenzunterricht sammeln. Lange wussten sie nicht, wie sie die erforderlichen Leistungen für das Referendariat erbringen können. In vielen Bundesländern wurde die Zahl der vorgeschriebenen Unterrichtsbesuche für Referendarinnen und Referendare zwar reduziert, und teilweise konnten sie auch durch Unterrichtsentwürfe ersetzt werden. Dennoch haben sich bei vielen die Unterrichtsbesuche nach den Sommerferien geballt, wie eine Referendarin aus Niedersachsen dem Schulportal geschildert hat. Mit ähnlichen Ballungen ist auch nach der zweiten Phase der Schulschließungen zu rechnen.

Für den Einstieg in den Vorbereitungsdienst hat sich die Kultusministerkonferenz darauf verständigt, dass Referendarinnen und Referendare trotz Corona-Pandemie keine Nachteile haben sollen – selbst wenn sich aufgrund der Pandemie Prüfungstermine verschieben sollten.

Repräsentative Umfragen zur Lage der Schulen in Deutschland

Daten zu allen Ausgaben des Deutschen Schulbarometers auf einen Blick

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Wie heißt der Abschluss nach dem Referendariat?

Mit dem Referendariat oder Vorbereitungsdienst wird die zweite Phase der Lehramtsausbildung bezeichnet. Es umfasst die schulpraktische Ausbildung, die eine Referendarin oder ein Referendar nach dem Studium durchläuft.

Warum ist das Referendariat so stressig?

Schulen haben kaum Personalkompetenz und gehen davon aus, dass das Seminar schon alles wichtige im Bereich Schulorganisation vermittelt, während das Seminar davon ausgeht, dass die Schule sich schon um vieles kümmert. Es gibt so ein “Wissen” an der Uni und in den Seminaren, dass das Referendariat schlecht ist.

Was passiert wenn man durch das Referendariat nicht besteht?

Wenn Sie das Referendariat nicht bestanden haben, haben Sie mehrere Optionen. Im Falle eines Nichtbestehens des Referendariats gibt es die Möglichkeit der Verlängerung inklusive erneuten Prüfungen. Verlängert werden kann von einem halbem bis zu einem ganzen Jahr.

Wie viele Fehltage darf man im Referendariat haben?

In der Regel gilt: Bei mehr als drei Fehltagen wird eine ärztliche Bescheinigung benötigt, auf der die voraussichtliche Dauer der Erkrankung vermerkt ist. Diese reichen Sie bei der Schulleitung sowie in Kopie beim Seminar ein. Prüfen Sie aber unbedingt, ob die Bestimmungen Ihres Studienseminars nicht hiervon abweichen.