Braucht man Abitur um Anwalt zu werden

Grundsätzlich fragen sich viele Bewerber für die Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten, welcher Schulabschluss notwendig ist. Es gibt hier keine allgemeingültige Regel. Ein Realschulabschluss ist aber durchaus empfehlenswert, da auch bei einer eventuellen späteren Umschulung ein Schulabschluss niemals schaden kann. Einige Kanzleien, insbesondere die international ausgerichteten, verlangen allerdings auch ein Abitur als Schulabschluss.

Wichtiger als der Schulabschluss: die Fähigkeiten

Wie so oft im Leben, spielt der Schulabschluss zwar eine wichtige Rolle, um überhaupt die Einstiegshürde zu überwinden, letztendlich kommt es aber regelmäßig darauf an, wie die tatsächlichen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers sind.

Wichtig für den Beruf des Rechtsanwaltsfachangestellten ist vor Allem auch, die deutsche Sprache gut zu beherrschen. Im Rahmen der Tätigkeit als Anwaltsgehilfin oder Anwaltsgehilfe werden Sie nämlich vor allem Schriftsätze verfassen. Diese sind für das Gericht, die Gegenseite, den eigenen Mandanten oder weitere Beteiligte in einem Verfahren bestimmt. Sie müssen daher möglichst fehlerfrei abgefasst sein. Wer also in der Schule ungerne Diktate geschrieben hat, für den ist der Beruf des ReFa möglicherweise nicht besonders geeignet.

Viele Kanzleihen arbeiten auch in der heutigen Zeit oftmals mit Diktaten. Insofern dürfte es wohl nur schaden, wenn Sie ungerne Diktate geschrieben haben, weniger wenn Sie bei den Aufsätzen schlecht waren.

Auch mathematische Grundfertigkeiten sind notwendig, um als Rechtsanwaltsfachangestellter arbeiten zu können. Auch insofern ist es wichtig, dass sich in Ihrem Abschlusszeugnisses niederschlägt, dass das Rechnen beherrscht wird.

Softskills als Rechtsanwaltsfachangestellte sind entscheidend

Abgesehen von diesen formellen Schulqualifikationen ist aber im Regelfall auch entscheidend, dass Sie empathisch sind, gut mit anderen Menschen umgehen können und verantwortungsbewusst arbeiten können. Die Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei bringt zahlreiche Fristen und verantwortungsvolle Aufgaben mit sich, die Sie jederzeit verlässlich bearbeitet müssen.

Im Übrigen ist es auch stets von Vorteil, wenn Computerkenntnisse vorliegen. Die meisten Arbeiten finden heutzutage am Computer statt. Die Benutzung von gängigen Programmen, wie beispielsweise Microsoft Word oder Excel ist deshalb essentiell wichtig um  effektiv arbeiten zu können. 

Viele Kanzleien setzen darüber hinaus eigene und speziell für den Rechtsanwalt entwickelte Programme ein. Eine gewisse Vorkenntnis der Strukturen von Computerprgrammen ist deshalb sehr wichtig. 

Verkürzung der Ausbildung mit besserem Schulabschluss möglich

Im Übrigen kann sich ein höherer Schulabschluss aber auch dann positiv auswirken, wenn die Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten verkürzt werden soll. Grundsätzlich beläuft sich die Ausbildungsdauer auf drei Jahre. Mit einem mittleren Bildungsabschluss wird die Ausbildungszeit lediglich um sechs Monate verkürzt. Wenn allerdings ein Abitur vorliegt, kann sogar eine Verkürzung von bis zu 12 Monaten erfolgen. Auch wer die Fachhochschulreife erlangt, kann die Ausbildung um bis zu 12 Monaten verkürzen.

Sobald die Ausbildung zum ReFa erfolgreich abgeschlossen ist, rückt häufig der Schulabschluss ohnehin in den Hintergrund. Dann kommt es oft eher darauf an, welche  Berufserfahrungen man bereits gesammelt hat. Dementsprechend auch wichtig sind dann Arbeitszeugnisse bisheriger Arbeitgeber und das natürlich wie man sich in der Bewerbung und einem eventuellen Vorstellungsgespräch präsentiert. Zudem sind Stellenausschreibungen häufig so gestaltet, dass sie höhere Anforderungen an den Bewerber stellen, als tatsächlich erforderlich. Insofern sollten Sie sich nie von solchen Angaben in der abschrecken lassen, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie einen Arbeitgeber auch durch Ihre Persönlichkeit und Ihre Kenntnisse überzeugen können. 

Weiterhin gibt es später auch noch einige Weiterbildungsmöglichkeiten wie zum Beispiel den Rechtsfachwirt. 

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Queraufstieg: Auch wer kein Abitur hat, kann Jurist werden (Symbolbild)

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Maria Dorner / plainpicture

Der Start ins Arbeitsleben ist aufregend, anstrengend - und oft ganz anders als geplant. In der Serie "Mein erstes Jahr im Job" erzählen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, wie sie diese Zeit erlebt haben. Diesmal: Kevin, 29, wurde auf Umwegen zum Juristen.

"Wäre mein Leben ein Karriereratgeber, würde er heißen: 'Auf Umwegen zum Traumjob'. Bis zur neunten Klasse ging ich auf die Hauptschule und machte anschließend die Mittlere Reife. In Mathe war ich nicht gut, deshalb kam das Abitur für mich nicht infrage. Stattdessen suchte ich nach einem Ausbildungsberuf. Da ich mal Schülerpraktika bei einem Gericht und bei einem Notar gemacht hatte, wusste ich, dass mich Jura interessiert. Also bewarb ich mich bei einer Kanzlei in meiner Heimatstadt - und wurde genommen.

Die Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten dauerte drei Jahre. Danach hatte ich das Gefühl, in der Kanzlei nichts Neues mehr lernen zu können und wechselte deshalb in eine größere. In der Großkanzlei wurde ich nur genommen, weil ich relativ gut war: Meine Ausbildung hatte ich mit der Note 1,2 abgeschlossen. Für zwei weitere Jahre machte ich dorteine Weiterbildung zum Rechtsfachwirt.

Menschen dabei zu helfen, ihre Probleme zu lösen, machte mir am meisten Spaß: Man klärt sie über die Rechtslage auf und rät ihnen, was sie tun können. Ich musste lernen, schnell komplexe Entscheidungen zu treffen - das war jedes Mal eine intellektuelle Herausforderung. 

Rechtsfachwirt in der Großkanzlei

Mit gerade mal 22 schloss ich die Weiterbildung ab und fragte mich, was ich beruflich noch erreichen wollte. Für immer als Rechtsfachwirt arbeiten? Ich war doch noch jung! Mich störte, dass ich in der Kanzlei nicht alles machen durfte, weil ich nicht studiert hatte. Hauptsächlich kümmerte ich mich um öffentliche Aufträge: Wenn ein staatlicher Auftraggeber wie eine Schule etwa die Heizung modernisieren lassen möchte, muss der Staat alle Heizungsfirmen gleichbehandeln und darf niemanden bevorteilen. Ich verglich die Angebote der Dienstleister und führte die Akten, durfte aber nur partiell beraten - ein Anwalt musste meine Arbeit später kontrollieren und unterschreiben. In diesem Job hätte ich nicht höher aufsteigen können, ich hatte die gläserne Decke erreicht.

Besonders wütend machte mich: In der Kanzlei wurde mir vermittelt, dass es bei Jura nur den einen Königsweg gebe und alles andere weniger wert sei - erst Abitur, dann Uniabschluss. Doch mit der Weiterbildung hatte ich mich für ein rechtswissenschaftliches Studium an jeder Universität qualifiziert, meine Abschlussnote wurde einfach in eine Abinote umgerechnet. Ich durfte nun also auch ohne Abi Rechtswissenschaften studieren, mein Staatsexamen machen und selbst Anwalt werden. Das hatte ich an der Hauptschule nicht für möglich gehalten! 

Mit Berufsausbildung zum Staatsexamen

Im Wintersemester 2015 schrieb ich mich an einer Uni in Süddeutschlandfür den Studiengang Rechtswissenschaft ein. Die meisten meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen waren jünger als ich, viele hatten gerade erst das Abitur gemacht, ich war einer der wenigen mit Berufsausbildung. Einige hatten deshalb Vorurteile, lehnten mich sogar ab. Mir war das egal. Später fragten sie mich dann, ob ich ihnen Nachhilfe geben könnte.

Innerhalb von vier Jahren machte ich mein erstes Staatsexamen - in Regelstudienzeit. Für mich war das nicht schwer, weil ich es aus der Kanzlei gewohnt war, mindestens 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. In mein Studium investierte ich noch mehr Zeit. Die Ausbildung war da sogar ein Vorteil, weil ich gelernt hatte, mich zu strukturieren, schnell und effektiv Aufgaben zu erledigen. Nebenbei jobbte ich als studentische Hilfskraft an meinem Lehrstuhl, im fünften Semester gab ich auch Tutorien.

Als Jurist an der Hochschule arbeiten

Seit Januar 2020 habe ich nun mein Examen und arbeite in Teilzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter für öffentliches Recht an meiner alten Uni. Ich erstelle Powerpoint-Folien für die Vorlesungen, koordiniere die simulierten Gerichtsverhandlungen für die Studierenden, mache Literaturrecherchen oder digitalisiere die Inhalte für die Onlinelehre. Damit verdiene ich 2000 Euro brutto pro Monat.

Ich könnte mir vorstellen, diesen Job noch etwa zwei Jahre zu machen und dann mit dem zweiten Staatsexamen zu beginnen. Das fehlt mir noch, um als Anwalt oder Richter arbeiten zu dürfen. Allerdings habe ich durch den Kontakt mit den Studierenden auch immer mehr Lust auf die Lehre bekommen - eine Stelle als Dozent würde mir sehr gefallen. Ich befürchte nur, mir würde die praktische Arbeit fehlen, echte Fälle und Verhandlungen. 

"In solchen Fällen bin ich nicht der Freund, sondern der Jurist"

Kevin

Es gibt allerdings Momente, in denen ich mit dem Gesetz hadere, in denen es mir zumindest leid tut, dass man die Rechtslage nicht ändern kann. Wenn ich mit Freunden oder Bekannten spreche, stelle ich immer wieder fest, dass ihre Wertvorstellungen nicht mit den Paragrafen im Gesetzbuch übereinstimmen, sie schimpfen auf das Rechtssystem - etwa bei Urteilen im Strafrecht, wo nun mal die Unschuldsvermutung gilt: im Zweifel für den Angeklagten. Ich dagegen muss sachlich argumentieren. In solchen Fällen bin ich nicht der Freund, sondern der Jurist.

In den ersten Jahren im Berufsleben habe ich gelernt, dass sich Durchhaltevermögen auszahlt. Ich hatte nicht die richtigen Abschlüsse, musste mich erst hocharbeiten, um in die Großkanzlei und später an die Uni zu kommen. Ich hatte nicht mal Abi und habe es trotzdem bis zum Staatsexamen geschafft. Das macht mich heute stolz."

Studieren ohne Abitur

Ein Studium ist auch für Menschen ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung möglich – also ohne Abitur, fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife (Hochschulkompass ). Dafür gibt es drei Möglichkeiten:

  • Wer eine Berufsausbildung abgeschlossen und schon mehrere Jahre gearbeitet hat, kann studieren – allerdings muss der Studiengang fachlich zur Ausbildung passen. Das Gleiche gilt für Menschen, die verantwortlich für einen Familienhaushalt waren, denn die Pflege eines Angehörigen und die Kindererziehung werden als berufliche Tätigkeit angesehen.

  • Wer sich im Job weitergebildet hat, hat dadurch eventuell auch die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung erworben – zum Beispiel beim Meister, Techniker oder Fachwirt. 

  • Doch auch wenn man im Job keine Fortbildung gemacht hat und nicht fachbezogen studieren möchte, gibt es einen Weg: Manche Hochschulen bieten Zulassungsprüfungen an, die man bestehen muss. Allerdings ist auch hier eine vorherige Ausbildung in einem anderen Bereich nötig.

Die genauen Bedingungen für ein Studium ohne Abitur unterscheiden sich je nach Bundesland (CHE ). Deshalb sollten sich Interessierte am besten direkt an die Studienberatung der jeweiligen Hochschule wenden. Manchmal gibt es auch unabhängige Beratungsstellen, etwa die Bildungsberatung Berlin  oder die Servicestelle Offene Hochschule Niedersachsen .

Was für ein Abschluss braucht man als Anwalt?

Damit du dich als Volljurist bezeichnen kannst und als Anwalt arbeiten darfst, musst du ein Jurastudium, das 2. Staatsexamen und ein Rechtsreferendariat erfolgreich absolvieren. Dabei beträgt die Regelstudienzeit für das Jurastudium 9 Semester. Die gesamte Ausbildung inklusive Referendariat dauert mindestens 7 Jahre.

Kann man ohne Abschluss Anwalt werden?

Um Anwalt oder Richter zu werden, muss man ein Jurastudium abgeschlossen haben.

In welchen Fächern muss man für Anwalt gut sein?

Genannt werden in diesem Zusammenhang vor allem die Fächer Deutsch, Mathematik, Latein und die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer wie Politik, Geschichte und Co.

Wie schwer ist es Anwalt zu werden?

Welche Voraussetzungen Sie mitbringen sollten Das Jurastudium ist schwer und lang. Sie müssen in der Lage sein, auch dann weiter intensiv zu lernen, wenn Sie sich an einem Fach die Zähne ausbeißen. Zudem sollten Sie stressresistent sein. Insbesondere die Zeit der Staatsexamen hat es in sich.

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