Mein Mann hat mich in der Schwangerschaft betrogen

In der Schwangerschaft wünscht sich jede Frau einen Partner, auf den sie sich verlassen kann. Doch einige Männer machen genau das Gegenteil und wollen keine Verantwortung für das Kind übernehmen. Sollte man sich trennen, bevor das Kind kommt?

Hallo Frau Peirano, 
seit drei Jahren bin ich, 25, mit meinem Freund, 30, zusammen. In unserer Beziehung gab es immer Höhen und Tiefen. Das erste Mal wurden wir ein Paar, als ich 19 war. Die Beziehung hielt 15 Monate, bis ich mich von ihm trennte, um 600 Kilometer entfernt in eine Großstadt zu ziehen. Ich hatte damals das Gefühl, als würde ich etwas verpassen und wollte wieder frei sein als Single. Zudem kam noch dazu, dass er in unserer Beziehung nie wirklich treu war. Er flirtete immer, wenn er was getrunken hatte, mit anderen Frauen, begrapschte diese und machte ihnen sogar das Angebot, Sex haben zu können. Ich hab von diesen ganzen Geschichten immer nur durch Freunde und Bekannte erfahren, er selbst beichtete mir nie etwas. 

Es vergingen ein paar Jahre, wir hatten beide in der Zeit andere Partner, und waren mehr oder weniger Freunde geworden. Da wir den selben Freundeskreis hatten, war dies auch fast unvermeidlich. 
Ungefähr vier Jahre nach unserer Trennung fanden wir wieder zueinander und starteten einen zweiten Versuch. Am Anfang lief auch alles gut. Bis mir irgendwann auffiel, dass er gar keinen Sex mehr wollte, obwohl es früher eher das Gegenteil war. Wenn ich mit ihm darüber reden wollte, blockte er sofort ab. Auch sonst konnte ich nie über Probleme oder Wünsche mit ihm reden, weil er nie dazu bereit war oder sich mit Sätzen wie "keine Ahnung, ich weiß auch nicht" weg flüchtete. Noch dazu kam, dass er immer noch gern mit anderen Frauen flirtete, auch über SMS mit seiner Exfreundin und einer Ex-Affäre, was ich aber nur zufällig mitbekam.Der absolute Tiefpunkt unserer Beziehung kam dann, als ich schwanger wurde (bin jetzt in der 11. Woche) und es ihm sagte. Er wusste überhaupt nicht damit umzugehen. Das Schlimmste war, dass er fünf Tage nachdem er es wusste, mit seiner Exfreundin so Sachen schrieb wie "Du bist echt ne' Traumfrau, können wir nicht 3 Jahre zurückdrehen". Ich habe es nur zufällig erfahren, weil ich schon irgendwie merkte, dass da was nicht stimmt. Hab ihn dann sofort damit konfrontiert und er hat sich entschuldigt, hat mir versichert, das nicht mehr zu tun. Ich zog erstmal für einige Tage zu meinen Eltern, wollte, dass er um mich und unsere Beziehung kämpft, aber es war eher, als müsste man ihm beibringen, was er zu tun hatte. Wir haben dann lange über alles geredet, er wollte alles besser machen und ich stimmte ein, es noch ein letztes Mal zu probieren. 

Dr. Julia Peirano: Der geheime Code der Liebe

Ich arbeite als Verhaltenstherapeutin und Liebescoach in freier Praxis in Hamburg-Blankenese und St. Pauli. In meiner Promotion habe ich zum Zusammenhang zwischen der Beziehungspersönlichkeit und dem Glück in der Liebe geforscht und anschließend zwei Bücher über die Liebe geschrieben.

Informationen zu meiner therapeutischen Arbeit finden Sie unter www.julia-peirano.info.

Haben Sie Fragen, Probleme oder Liebeskummer? Schreiben Sie mir bitte (maximal eine DIN-A4-Seite). Ich weise darauf hin, dass Anfragen samt Antwort anonymisiert auf stern.de veröffentlicht werden können.

Aber jetzt, vier Wochen danach, habe ich das Gefühl, als würde meine Liebe zu ihm immer mehr schwinden. Ich habe gar kein Vertrauen mehr zu ihm, fühle mich oft unverstanden, gerade was die Schwangerschaft betrifft. Er weigert sich, sich in irgendeiner Weise über die Schwangerschaft zu informieren, andererseits sagt er dann wieder, dass er es endlich allen sagen will, dass ich schwanger bin. Aber sein einziger Beitrag zum Thema Schwangerschaft besteht darin, jeden Tag nach einem neuen Auto zu schauen, wo der Kinderwagen Platz hätte. Und er hat gesagt, dass er keine Windeln wechseln oder mit Erbrochenem und so etwas konfrontiert werden will, weil ihm ja sonst selber schlecht wird. Das macht mich alles so wütend und auch traurig, denn so hatte ich mir meine erste Schwangerschaft nicht vorgestellt und erst recht nicht mit so einem Partner, der nur an sich denkt. Ich bin gedanklich schon am Schluss machen, und das war ich auch schon öfter in den drei Jahren, habe mich aber trotzdem immer wieder umstimmen lassen, obwohl ich auch mit dem Single-Leben nie Probleme hatte, ich bin eigentlich sehr gern selbstständig.

Ich hoffe sehr, von Ihnen zu hören und verbleibe mit ganz freundlichen Grüßen!
Jette P.

Liebe Jette P.,
es klingt so, als hätten Sie die Trennung im Kopf schon fast vollzogen und ich kann Ihre Enttäuschung und Ihren Vertrauensverlust gut verstehen. Ihr Partner verhält sich Ihnen gegenüber alles andere als zuverlässig und unterstützend: Er nähert sich anderen Frauen und hält das vor Ihnen geheim. Wusste er eigentlich, wie verletzt Sie durch seine Untreue waren?

An dieser Stelle möchte ich Sie fragen, warum Sie nach der ersten Trennung zu ihm zurückgegangen sind. Immerhin wussten Sie doch schon, dass er nicht treu und zudem unehrlich ist. Es hört sich für mich so an, als wenn Sie nicht genau genug geschaut haben, ob er sich verändert hat und ob eine gute Basis für eine Beziehung besteht. Das soll kein Vorwurf sein! Es ist aber unheimlich wichtig, dass Sie herausfinden, warum Sie sich diesen Mann gesucht haben, der Ihnen offensichtlich nicht gut tut. Oft gibt es da Parallelen zu der Beziehung zum eigenen Vater. Wenn Sie dem nicht auf den Grund gehen, besteht die Gefahr, dass Sie sich immer wieder den gleichen Typ Mann suchen. 

Ein weiteres wichtiges Thema: Die Schwierigkeiten mit ihm haben sich beim zweiten Anlauf ja schon schnell wieder gezeigt: Er hatte sexuell kein Interesse mehr an Ihnen und war nicht bereit, darüber zu reden. Und er hat sich nach wie vor anderen Frauen angenähert und das vor Ihnen verheimlicht. Was hat Sie dazu bewogen, dennoch bei ihm zu bleiben? Sie schreiben, dass Sie in den Jahren immer wieder Trennungsgedanken hatten – und sich dann doch haben umstimmen lassen. Mir ist noch nicht ganz klar, wer sie umgestimmt hat und wie. Oder anders gefragt: Was ist an ihm, dass es Ihnen so schwer macht loszulassen? Es ist wichtig, dass Sie sich hier auf die Schliche kommen. Manchmal sind das so Gedankenmuster wie "er ändert sich bestimmt noch", die einem im Weg stehen.Meine Einschätzung ist, dass Sie es mit einem Mann zu tun haben, der nach ganz anderen Werten lebt, als Sie es sich wünschen. Er ist sehr auf sich bezogen und auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Auch wenn er wusste, wie sehr er Sie mit seiner Untreue verletzt hat, hat er auch im zweiten Anlauf unverändert damit weiter gemacht. Ich befürchte, dass er das auch in Zukunft tun wird.

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Herzliche Grüße, Julia Peirano

Sie merken ja jetzt schon, wie schlecht es Ihnen geht und wie sehr Sie sich von ihm entfernt haben. Wenn Sie kein Kind erwarten würden, wäre es wahrscheinlich das Beste, sich zu trennen. Allerdings sollten Sie sich genau angucken, was Sie an ihm gefunden haben und warum gerade er so anziehend auf Sie gewirkt hat – damit Sie in Zukunft einen zuverlässigeren Mann auswählen können.

Im Frühstadium der Schwangerschaft ist eine Trennung etwas, was man sich gut überlegen sollte. Es kann für Sie und für das ungeborene Kind sehr belastend sein, wenn Sie Stress haben. Andererseits haben Sie natürlich so auch viel Stress. Ob es Ihnen und dem Kind später gut geht, hängt von so vielen Faktoren ab: Wie ist Ihre berufliche und finanzielle Situation? Haben Sie Ihre Eltern oder ein unterstützendes soziales Netz, die sich um Sie kümmern? Würde Ihr Partner sich finanziell und zeitlich um das Kind kümmern, wenn Sie getrennt sind? Wie sind Ihre Wertvorstellungen zum Thema Familie: "Darf" man sich vom Vater des Kindes trennen?

Da das Thema so komplex ist, würde ich Ihnen raten, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Zum Beispiel bei kirchlichen Beratungsstellen oder bei "pro familia". Oder Sie machen eine Kurzzeittherapie, um Klarheit zu gewinnen.

Ich wünsche Ihnen für die kommende Zeit viel Kraft und Klarheit.
Herzliche Grüße
Julia Peirano

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