Seit dem Jahr 2002 existiert ein sogenannter Steuerabzug für Bauleistungen, der jedoch in der Praxis aufgrund einer Freistellungsregelung kaum zur Anwendung kommt. Für jedes Unternehmen, welches Bauleistungen erbringt, ist es wichtig, eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG zu beantragen, damit das bürokratische Verfahren vermieden werden kann.
Was sind Bauleistungen im Sinne dieser Regelung?
Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauleistungen dienen. Konkret sind die Leistungen gemeint, die in der Baubetriebe-Verordnung in den §§ 1 und 2 genannt sind. Eine Bauleistung muss dabei immer im Zusammenhang mit einem Gebäude stehen, wobei der Begriff des Gebäudes weit auszulegen ist.
Welche Leistungsempfänger unterliegen der Regelung?
Der von der Regelung erfasste Leistungsempfänger orientiert sich an der Definition des Umsatzsteuergesetzes. Unternehmer (auch diejenigen, die keine Umsatzsteuererklärung abgeben) und die öffentliche Hand müssen den Steuerabzug vornehmen, sofern keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt wird.
Gibt es Freigrenzen?
Sofern die Bauleistung, die ein Unternehmen an einen Empfänger erbringt, den Wert von 5.000 Euro (Brutto) im Kalenderjahr nicht überschreitet, ist der Steuerabzug nicht vorzunehmen. Ist der Leistungsempfänger ein Vermieter, der ausschließlich steuerfreie Umsätze aus Vermietung/Verpachtung realisiert, erhöht sich die Freigrenze auf 15.000 Euro.
Die Freistellungsbescheinigung
Legt das bauleistende Unternehmen dem Auftraggeber eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vor, findet die Regelung keine Anwendung. Der Leistungsempfänger hat zu prüfen, ob die Bescheinigung gültig ist. Dies erfolgt telefonisch über das Finanzamt oder über die Internetseite des Bundesamtes für Finanzen. Es ist jedem bauleistenden Unternehmen zu empfehlen, eine derartige Bescheinigung (formlos) beim Finanzamt zu beantragen und wenn nötig (Laufzeit maximal drei Jahre) verlängern zu lassen.
Wie erfolgt der Steuerabzug?
Werden die Freigrenzen überschritten und es liegt keine gültige Freistellung vor, ist der Auftraggeber verpflichtet, 15 Prozent der Auftragssumme (Brutto) einzubehalten und bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Monats der Gegenleistung an das Finanzamt zu überweisen. Dieser Vorgang ist schriftlich festzuhalten. (Name und Anschrift des Leistenden, Rechnungsbetrag, Rechnungsdatum, Zahlungstag, Höhe des Steuerabzugs, Finanzamt)
Tipp: Sollten Sie als Leistungsempfänger den Steuerabzug vornehmen müssen und sind selbst Bauleistender, sodass auch der § 13b UStG (Umkehr der Steuerschuld, also Nettorechnung) greift, ist vom Auftragnehmer eine Nettorechnung zu stellen, allerdings ist der Steuerabzug in Höhe von 15 Prozent auf Basis des Bruttopreises vorzunehmen.
Allgemein: Bei sämtlichen Bauleistungen zwischen Bauunternehmen empfiehlt es sich, einen gegenseitigen Austausch der Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorzunehmen.
Wie erfolgt die Abrechnung mit dem Finanzamt?
Das bauausführende Unternehmen verrechnet den Abzugbetrag mit seinen eigenen an das Finanzamt zu leistenden Steuerzahlungen. Bestehen derartige Verbindlichkeiten nicht, kann die Summe, die vom Auftraggeber einbehalten wurde, durch das Finanzamt (auf Antrag) erstattet werden.
Checkliste über den Umgang mit der Freistellungsbescheinigung
- Vorlage der Bescheinigung, noch bevor die Gegenleistung (Bauleistung) erfolgt,
- Vorlage einer Kopie genügt, wenn die Freistellungsbescheinigung unbeschränkt erteilt ist,
- bei beschränkter Freistellungsbescheinigung (projektbezogen) muss dem Auftraggeber das Original überlassen werden.
Änderung der Rechtsprechung
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) sieht unter anderem für bestimmte Bauleistungen einen Wechsel der Steuerschuldnerschaft vor. Dies beutet, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer anzumelden hat und an das Finanzamt abführen muss. Mit Blick auf die Anwendung dieser Ausnahmeregelung speziell in der Baubranche hat die Finanzverwaltung Regelungen geschaffen, die aktuell das oberste Finanzgericht, der BFH in großen Teilen verworfen hat.
Bisherige Rechtslage
Bisher kam es – vereinfacht – nur darauf an, ob die Parteien Baudiensteister sind. Dies war einfach nachzuprüfen, unter anderem mithilfe einer Bescheinigung zur sogenannten „Bauabzugssteuer“ nach § 48b EStG.
Neue BFH-Rechtsprechung
Das BFH stellt aber nunmehr darauf an, wie die konkrete Leistung (weiter-)verwendet wird – präzise gesagt darauf, dass der Leistungsempfänger als „bauleistender Unternehmer“ die empfangene Leistung seinerseits zur Erbringung einer entsprechende Bauleistung verwendet. Es macht also einen Unterschied, ob Ihr Kunde die Leistung nutzt für eigene Zwecke oder ob er sie „weiterverkauft“. Das ist für Sie leider nicht mehr so einfach zu überprüfen.
Zwischenfazit
künftig ist für die leistenden Unternehmer eine Betrachtung des einzelnen Bauprojektes zwingend.
Im Detail
Bisher war es lediglich erforderlich, sich eine Bescheinigung nach §48b EStG erteilen zulassen und diese dem Leistungsgeber ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke vorzulegen. Das reicht künftig nicht mehr aus! Vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung des BFH muss sich jeder bauleistende Unternehmer künftig in jedem einzelnen Fall davon überzeugen, ob seine konkrete Leistung unter §13b UStG fällt oder nicht.
Maßgeblich ist es somit, ob der Leistungsempfänger die konkrete, an ihn erbrachte Bauleistung UNMITTELBAR für eine eigene steuerpflichte Bauleistung als Bauunternehmer verwendet.
Nachweis/Belege
Die bloße Vorlage einer Freistellungsbescheinigung reicht durch den Leistungsempfänger reicht nicht mehr aus. Dem leistenden Unternehmer steht es frei, den Nachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich ergibt, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.
Durch die Neufassung des Abschn. 13b3Abs.2 UStAE kann der Nachweis, dass der Leistungsempfänger die bezogene Bauleistung für eine von ihm selbst zu erbringende Bauleistung verwende, dadurch geführt werden, dass eine
- gesonderte schriftliche Bestätigung des Leistungsempfänger
- unter Nennung des konkreten Bauvorhabens vorgelegt
- oder diese Bestätigung bereits im Werk- oder Werklieferungsvertrag vorgelegt oder im Werkvertrag aufgenommen wird.
Liegt diese Bescheinigung nicht vor, empfehlen wir grundsätzlich, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen.
Musterbescheinigung
Kunde Firma …..
Adresse
Steuernummer, Finanzamt
An Leistenden Ihre Firma (hier: Objektgestaltung / Fußbodenmarkt)
Adresse
Steuernummer, Finanzamt
Bestätigung zur Verwendung der empfangenen Bauleistung für eine „Bauleistung als Bauunternehmer“
zwecks Anwendung der Steuerschuldumkehrregelung § 13b UStG
Ich als Kunde versichere, dass die bei Ihnen bestellte Leistung
Angebot Nummer ………………….……… vom ……………
unsererseits verwendet wird für das Bauprojekt unseres Kunden
Kunde ……………………………………………
Liegenschaft ……………………………………………
Hinweis: ohne diese Bestätigung erfolgt die Abrechnung zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer.
Ort ……………………………..
Datum ……………………………..
Unterschrift …………………………………………………….
(m. Stempel)
Ansprechpartner
- Marion Müller, …
- Petra Gavras, …