Was ist höher Arbeitslosengeld 1 oder Erwerbsminderungsrente?

In der Klage ging es um einen im März 1950 geborenen Hartz-4-Bezieher. Der Betroffene hätte ab dem Monat nach seinem 63. Geburtstag, also ab April 2013, statt Arbeitslosengeld 2 die Altersrente für langjährig Versicherte bekommen können. Das wollte er aber nicht. Denn dann hätte er Rentenabschläge in Höhe von 8,4 Prozent hinnehmen müssen. Seine Altersrente wäre damit monatlich um 77,67 Euro gekürzt worden. Statt brutto 924,66 Euro hätten ihm dann nur noch 846,99 Euro zugestanden. Brutto wohlgemerkt. Davon wären noch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgegangen.

Die zu erwartenden Abschläge seien zwar schmerzlich, aber kein Grund, weiterhin Hartz 4 statt Rente zu beziehen, befand das zuständige Jobcenter. Da sich der Betroffene weiterhin weigerte, Rente zu beantragen, übernahm das Jobcenter dies für ihn. Dieses kann nämlich in solchen Fällen anstelle des Leistungsbeziehers den Rentenantrag stellen. Das ist nach § 5 Absatz 3 SGB II möglich – und im Fall, über den jetzt verhandelt wurde, auch völlig korrekt, befand nun das Bundessozialgericht (BSG). Die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente sei erforderlich, „weil dies zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II“ führe.

SGB II-Leistungsbezieher sind danach verpflichtet, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, um eine Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Tun sie dies nicht, kann das Jobcenter die „potentiellen Rentner“ auffordern, die vorzeitige Altersrente zu beantragen und dann den Antrag selbst stellen, wenn diese noch immer nicht „mitwirken“. Dies hat das BSG am 19.08.2015 entschieden (Aktenzeichen B 14 AS 1/15 R K).

Besondere Gründe, die gegen den Rentenantrag sprächen, sah das Gericht nicht. Immerhin sei die vorzeitige Altersrente trotz der Abschläge erheblich höher als der Arbeitslosengeld-2-Bedarf des Klägers. Und es sei keinesfalls damit zu rechnen, dass er wegen der Abschläge im Alter auf die Alters-Sozialhilfe, also die Grundsicherung im Alter, angewiesen sein werde.

Allzu viel gewonnen hat das Jobcenter allerdings bislang nicht. Denn die gesetzliche Rentenversicherung hat den Rentenantrag des Jobcenters zunächst abgelehnt – wegen mangelnder Mitwirkung. Genaueres ist nicht bekannt. Dagegen hat das Jobcenter Widerspruch eingelegt. Wird der Rentenantrag (rückwirkend ab April 2013) schließlich bewilligt, so werden Rente und ALG-2-Zahlungen miteinander verrechnet. Hat der Betroffene in der Zwischenzeit insgesamt – angenommen – 10.000 Euro Hartz-4-Leistungen erhalten, so behält das Jobcenter genau diesen Betrag von der Rentennachzahlung ein. Der Rest geht an den Betroffenen.

Sehr geehrte Mandantin,

Ihre Fragen kann ich wie folgt beantworten:

  1. Auch die Bezieher einer teilweisen Erwerbsminderungsrente haben grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld. Arbeitslosengeld kann aber nur erhalten, wer für eine Vermittlung zur Verfügung steht. Probleme können auftreten, wenn der Arbeitslose aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist zu arbeiten. Er steht dann für Vermittlungsbemühungen objektiv nicht zur Verfügung.

Eine nur teilweise Erwerbsminderungsrente sagt aus, dass der Arbeitslose noch teilweise arbeiten kann. Sie sollten daher bei der Beantragung des Arbeitslosengeldes nicht zu sehr auf Ihre Erkrankung hinweisen, sondern eher Ihre Arbeitsfähigkeit unterstreichen.

  1. Eine Erwerbsminderungsrente wird nur gezahlt, wenn die Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Ihre individuelle Hinzuverdienstgrenze ergibt sich aus Ihrem Rentenbescheid (meist auf einem der letzten Blätter). Maßgeblich für die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze ist allerdings nicht das tatsächlich ausgezahlte Arbeitslosengeld sondern das Einkommen aus dem das Arbeitslosengeld berechnet wird (also Ihr jetziges Einkommen). Damit ruht während des Bezuges von Arbeitslosengeld im Regelfall die Rentenzahlung.

Sie sollten gleichwohl Arbeitslosengeld beantragen, da dieses im Regelfall höher ist als die teilweise Erwerbsminderungsrente.

  1. Um ungekürztes Arbeitslosengeld zu erhalten, kann ich vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages nur warnen. Dieses wertet die Agentur für Arbeit als Mitwirkung an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und verhängt eine 3-monatige Sperre wegen selbst herbeigeführter Arbeitslosigkeit. Damit verkürzt sich zugleich die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um 3 Monate. Klüger ist es da eine Kündigung des Arbeitgebers aus betrieblichen Gründen hinzunehmen. Soll eine Abfindung vereinbart werden, bietet sich der Weg über § 1a KSchG an. Eine in diesem Rahmen gezahlte Abfindung ist unschädlich gegenüber der Agentur für Arbeit.

  2. Die Bezugsdauer richtet sich nach der Dauer der Vorbeschäftigung und Ihrem Alter. Eine Vorbeschäftigung von mehr als 30 Monaten unterstellt, beträgt die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ab 50 Jahre 15 Monate und ab 55 Jahre 18 Monate.

  3. Die teilweise Erwerbsminderungsrente wandelt sich als sogenannte "Arbeitsmarktsrente" in eine volle Erwerbsminderungsrente um, wenn Ihnen innerhalb von 6 Monaten keine geeignete Stelle vermittelt werden kann.

Praktisch sollten Sie also zunächst Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschöpfen und ca. 2 Monate vor seinem Ende bei der DRV die "Arbeitsmarktrente" beantragen. Damit ist gewährleistet, dass Sie während der ganzen Zeit einen vollen Lohnersatzanspruch haben und nicht nur von der halben Erwerbsminderungsrente leben müssen.

Was ist besser Rente oder Arbeitslosengeld?

Das ALG I ist häufig höher als die Rente. Zudem erhöht die Zeit des ALG-I-Bezugs die spätere Rente und vermindert Abschläge.

Wie hoch ist das Arbeitslosengeld nach einer EM Rente?

60 Prozent des Leistungsentgelts sind der Betrag, den Sie als Arbeitslosengeld pro Tag erhalten. Dieser Betrag erhöht sich auf 67 Prozent, falls Sie oder Ihr Ehe-/ Lebenspartner mindestens ein Kind (im Sinne des Einkommenssteuergesetzes) haben.

Kann das Arbeitsamt einen zwingen in die Erwerbsminderungsrente zu gehen?

Nein, solange Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, wird niemand von Ihnen verlangen, eine vorgezogene Altersrente zu beantragen. Selbst wenn das Arbeitslosengeld so niedrig ist, dass Sie zusätzlich auf „Hartz IV“ angewiesen sind – das Arbeitsamt hat keine Handhabe, Sie vorzeitig in die Rente zu schicken.

Wird die Erwerbsminderungsrente vom Arbeitslosengeld abgezogen?

Zusammentreffen einer Rente wegen Erwerbsminderung und Arbeitslosengeld. Der Empfänger von Arbeitslosengeld, der rückwirkend eine Rente wegen einer Erwerbsminderung erhält, muss den Teil des bereits ausgezahlten Arbeitslosengeldes, der höher ist als die nachträglich gewährte Rente, nicht erstatten.