Was von Menschen nicht gewußt Oder nicht bedacht Durch das Labyrinth der Brust Wandelt in der Nacht?

Komponist: Franz Schubert (1797-1828) Textdichter: Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

Wir empfehlen Ihnen, die Lieder mit einem Kopfhörer anzuhören!

Interpreten: Peter Schöne - Bariton / Boris Cepeda - Piano
Aufnahme: Mittwoch, 20. Mai 2009 - Erfurt

Liedtext

heutige Schreibweise

Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud' und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd' ich froh,
So verrauschte Scherz und Kuß,
Und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
Was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!

Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu,

Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst,
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

Zum Text

Goethe war 29 Jahre alt und mitten im Sturm und Drang, als er 1778 das vorliegende Gedicht verfasste. Diese erste Version des Gedichts sandte Goethe an Charlotte von Stein im März 1778. Sie wurde nicht von ihm veröffentlicht. Für die Erstveröffentlichung erstellte Goethe im Jahr 1789 eine zweite veränderte Fassung. Sie wurde unter dem Titel An den Mond in Goethe's Schriften Band 8 bei Georg Joachim Göschen in Leipzig auf Seite 153f. veröffentlicht. 2.1
Das Gedicht findet sich ebenfalls in Goethe's Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Erster Band, Stuttgart und Tübingen, in der J.G.Cotta'schen Buchhandlung, 1827, S. 101f. Als Digitalisat ist es bei hathitrust.org abrufbar.


Johann Wolfgang von Goethe im 80. Lebensjahr
Joseph Karl Stieler

Zur Musik

komponiert: 19. August 1815

Veröffentlichung (angezeigt): 1850

Originaltonart: Es-Dur

Liedform: Strophenlied

Besonderheiten:

Das Verhältnis zwischen Schubert und Goethe war ambivalent. Während Schubert den 47 Jahre älteren Meister verehrte, hat Letzterer ihn kaum beachtet. Obwohl Goethe einige von Schuberts vertonten Gedichte durch eine Sendung Joseph von Spauns erhielt, gelang es dem Jüngeren nicht, mit seinen Kompositionen bis zu Goethe durchzudringen. Zu fremd waren den Ohren des alten Meisters der Klassik die neuen Klänge. 3.1
1830, zwei Jahre nach Schuberts Tod, soll Goethe den Erlkönig, gesungen von Wilhelmine Schröder-Devrient gehört haben. Ob ihm tatsächlich die Komposition, oder das junge Mädchen gefallen hat, bleibt dahingestellt. 3.2

Schubert vertonte 62 Texte von Goethe, manche sogar mehrmals. Am Ende liegen uns heute fast 80 Kompositionen vor. Viele davon sind Lieder. Einige für mehrere Stimmen und Instrumente.

Schubert war 18 Jahre alt, als er dieses Lied schrieb.

Bedingt durch die Komposition, die bereits jeweils 2 Strophen des Gedichts zu einer musikalischen vereint, kann man davon ausgehen, dass Schubert schon vor Beginn der Komposition beabsichtigte, die fünfte Strophe auszulassen.

Das zweite Liederheft für Goethe stellte Schubert laut Revisionsbericht der AGA unter dem Titel Lieder von Goethe componirt von Franz Schubert folgendermaßen zusammen:

Sehnsucht D 123
Wer kauft Liebesgötter D 261
Trost in Tränen D 120
Der Gott und die Bajadere D 254
Nachtgesang D 119
Sehnsucht D 310
Mignon D 321
Bundeslied D 258
Tischlied D 234
An den Mond D 259
Der Rattenfänger D 255
Der Sänger D 149

Es wurde in drei Teile geteilt. Teil I liegt in der Wienbibliothek im Rathaus der Stadt Wien, Teil II und Teil III liegen in der Bibliothèque nationale de France, Paris. Alle Autographe können als Digitalisat online recherchiert werden.

Zur Veröffentlichung

Noten

Bärenreiter Urtext II » 115

Link zum Manuskript

Erstdruck

Originalversion des Liedes

Quelle(n)

2.1 Österreichische Nationalbibliothek, Digitale Sammlungen, Goethe's Schriften, Achter Band, Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1789, S. 113, Sig. 621651-A.8

3.1 Gülke, Peter: Goethes »Versäumnisse«, in: Blog Klassik Stiftung Weimar, 08. September 2015

3.2 Windmeißer, Renate: Neue Chance für Schubert, in: BR Klassik, Was heute geschah,

4.1 Österreichische Nationalbibliothek - Digitalisierte Sammlungen, Ant. Diabelli & Co., Wien, Erstdruck Nachlass 47, Sig. SH.Schubert.583

Deutsch, Otto Erich. Franz Schubert: Thematisches Verzeichnis seiner Werke in chronologischer Folge, Bärenreiter 1967, S.164

Noten-Quelle auf imslp.org o.ä.: An den Mond.pdf

Textquelle und alternative Kompositionen: www.lieder.net

Geschrieben von: Peter Schöne

Welches Metrum hat das Gedicht an den Mond?

Goethes Gedicht besteht aus 9 Strophen mit jeweils 4 Versen, welchen ein vierhebiger Trochäus zugrunde liegt. Dieses besondere Metrum, welches nach allgemeiner Auffassung als gemäßigt aber auch zum Teil als schwerfällig bezeichnet wird, verdeutlicht den Inhalt des Gedichts.

Warum schrieb Goethe an den Mond?

« In Anspielung auf den Wechsel zwischen Anziehung und Abstoßung, Nähe und Rückzug, der ihr Verhältnis in der frühen Zeit charakterisiert, schreibt er ihr Anfang Dezember 1776: »Sie sind immer gleich und ich wie der Mond in seinen Veränderungen sich auch gleicht!

Wann wurde an den Mond veröffentlicht?

Das Gedicht des beliebten deutschen Dichters und bedeutenden Vertreters der Klassik Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) wurde erstmalig 1789 in Goethes Schriften, achter Band, veröffentlicht.

Ist an den Mond eine Ballade?

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