Welche funktionen unternehmen können trotzt internationalisierung gleich bleiben

Alle 1,7 Sekunden verkauft ein Händler aus Deutschland auf dem Marktplatz von eBay ins Ausland. Grenzüberschreitender Handel kann durchaus attraktiv sein. Über internationale Marktplätze vervielfachen Händler ihre Kundschaft. Mit einem guten Plan bleiben die Investitionen dabei überschaubar.

Marktplätze (von denen wir Ihnen bereits einige vorgestellt haben) lassen die Welt des digitalen Kommerzes enger zusammenrücken. Vielen Konsumenten auf Amazon fällt oft erst beim Auspacken auf, dass ihre Bestellung von einem Händler aus dem Ausland stammt. Den Kunden geht es in erster Linie darum, möglichst schnell das gewünschte Produkt zu einem attraktiven Preis zu bekommen. Woher es stammt, spielt weniger eine Rolle.

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Wer als Händler internationale Kunden auf traditionellem Weg erreichen wollte, musste bisher ein großes Risiko eingehen. Da mussten erst in die technischen Voraussetzungen für den internationalen Verkauf investiert werden. Eine Investition lag auch im Anpassen der internen Prozesse für den Verkauf an neue Kunden. Und da abseits bekannter Marken die Bekanntheit des Händlers auf dem ausländischen Markt eher gering sein dürfte, braucht es auch ordentlich Werbung, um auf sich aufmerksam zu machen. Und das alles auf die Wette hin, dass die Kunden im Ausland das Angebot auch annehmen werden.

Mit der Nutzung eines Marktplatzes beschleunigt sich der Einstieg in internationale Märkte und die Kosten werden geringer. Denn der Marktplatz ist bereits bei den Kunden bekannt. Der Händler partizipiert also ganz automatisch am Marketing des Betreibers. Und mit der Nutzung eines Frameworks wie etwa des Enablers ChannelAdvisor reduzieren sich auch viele Aufwände.

Erst die Recherche, dann die Umsetzung

Bevor der Händler den Sprung über die Grenzen wagt, sollte er sich zunächst an seinen Schreibtisch setzen und dort eine Weile entschlossen sitzen bleiben. Denn die Erweiterung des Vertriebsgebiets ist eine wichtige Entscheidung für das eigene Geschäft. Entsprechend besonnen muss sie getroffen werden.

Der erste Blick sollte dem eigenen Datenhaushalt gelten. Gibt es in der Webanalyse oder beim Kundensupport Anzeichen dafür, dass es eine signifikante Zahl an Besuchern aus dem Ausland gibt? Gibt es geographische Regionen, die vom Shop bereits angezogen werden? Dann sollte dies der erste Bereich für die Ausweitung sein.

Über diese Nabelschau hinaus geht eine Analyse ausländischer Märkte. Welche aktuellen Trends in der Branche gibt es gerade? Was steht in den Berichten von Fachmedien zu der Frage, welche Segmente gerade in welchen Regionen stark nachgefragt sind? Und auch die Analyse der unmittelbaren Wettbewerber gehört zur Analyse. Sind diese bereits im Ausland aktiv?

Wichtig ist, sich möglichst viele Informationen über die Kunden und bevorzugten Kanäle wie Plattformen auf den Zielmärkten zu besorgen:

  • Wie kaufen die Kunden dort online ein?
  • Welche Zahlungsdienste sind notwendig?
  • Was erwarten die Kunden hinsichtlich Lieferzeiten?
  • Wo kaufen die Kunden ein (Marktplätze und Plattformen)?

Danach kann man sich die Wettbewerbsverhältnisse auf den Plattformen ansehen. Hier sollte einmal genau durchkalkuliert werden, ob das eigene Angebot überhaupt bei den Preisen mithalten kann, wenn es notwendig sein sollte.


Aufgabenpakete überdenken

Ist die wesentliche Recherche abgeschlossen, wird es schon ernster. Jetzt sollte sehr genau geprüft werden, welche Arbeiten zur Vorbereitung im Haus erledigt werden können beziehungsweise wann Dienstleister mit ins Boot geholt werden müssen. Erst dann wird das Projekt auch so kalkulierbar, um wirtschaftlich betrachtet zu werden.

Welche funktionen unternehmen können trotzt internationalisierung gleich bleiben

© Screenshot vom Autor

Ganz so einfach, wie Amazon das in seiner Werbung darstellt, sind die ersten Schritte im internationalen E-Commerce vielleicht nicht. Aber mit Besonnenheit und einem guten Plan auch nicht so schwer.

  • Lokalisierung: Der Teufel steckt bekanntlich im Detail und das gilt gerade auch für die Sprache. Deswegen ist es sinnvoller, sich Hilfe bei einem professionellen Übersetzer zu holen, als mit automatisierten Tools zu arbeiten. In die Zielsprache der Konsumenten müssen Produktlisten, Supportdokumente und Lieferbedingungen übersetzt werden.
  • Steuern und Recht: Am Ort des Bestellers herrschen andere Verbraucherrechte. Es ist also nicht damit getan, einfach die AGB zu übersetzen, denn sie können unwirksame Klauseln enthalten. Zu betrachten ist auch das gesamte Thema Steuern und Handelsrecht. Manche Marktplätze erwarten von den Teilnehmern Firmensitze im Zielland oder setzen andere juristische Rahmenbedingungen voraus. Es gibt steuerrechtliche Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Das muss alles erledigt und auch bezahlt werden.
  • Versand und Logistik: Schließlich muss auch die Ware zum Kunden. Von wo soll sie versendet werden? Welcher Logistikpartner kann hier unterstützen und hat bereits Erfahrungen mit dem Zielland? Außerdem ist die Frage zu klären, wie etwa die zollrechtliche Abwicklung durchgeführt wird. Und auch die Frage der Retouren ist nicht zu vernachlässigen, denn die Ware muss im Zweifelsfall auch irgendwie wieder zurück.

Phasenweise im Ausland starten

Mit einem Auftritt auf einem Marktplatz können Händler die Aufwände für die ersten Erfahrungen mit ausländischen Märkten im Griff behalten. Sie sind ideal, um erste Schritte zu übernehmen, da es oftmals auch Unterstützung beim Versand der bestellten Produkte gibt.

Phase 1
Die erste Phase bei der Expansion ist eher passiv. Am besten nutzt der Händler dazu internationale Verkaufsprogramme von Marktplätzen, auf denen er bereits vertreten ist. Der Fokus liegt auf einem Zielmarkt und die Nachfrage dürfte zunächst überschaubar sein. Das gibt Zeit, sich intern auf den neuen Markt einzustellen und insbesondere Prozesse für Rückgaben und auch Steuern zu optimieren. Amazon wäre hier etwa ein Kandidat für eine solche einfache Expansion. Dabei muss es beim Verkauf ins englischsprachige Ausland nicht gleich die USA sein. Als Start wäre etwa der Versand nach Großbritannien denkbar.

Phase 2
Nachdem die ersten Erfahrungen gesammelt sind, können die Aktivitäten ausgeweitet werden. Nun kann das Unternehmen dazu übergehen, direkt auf den Marktplätzen der Zielregion aktiv zu werden. Damit geht dann beispielsweise auch das Schnüren eigener Produktbundles einher. Die größere Sichtbarkeit dürfte zu einer höheren Nachfrage führen. Jetzt ist es an der Zeit, auch den Kundenservice in der Landessprache anzubieten.

Phase 3
Erfüllen sich die Erwartungen aus dem Marktplatz-Engagement, ist das Unternehmen bereit, den nächsten Schritt zu gehen, um unter eigener Flagge Produkte im Zielmarkt anzubieten. Durch die Teilnahme auf dem Marktplatz wurde bereits eine positive Reputation aufgebaut. Kundenanfragen aus dem Ausland können bearbeitet werden, die steuerrechtlichen Prozesse und Versandfragen sind geklärt. Auch hier ist ein iterativer Prozess empfehlenswert.

Ein Teil des eigenen Webshop-Angebots wird in eine lokalisierte Variante überführt: eine Art „Light-Version“ des eigenen Shops. Hier sollten die Produkte auftauchen, die sich bereits auf dem Marktplatz gut verkauft haben. Diese Phase dient auch dazu, die Bekanntheit im Zielmarkt zu steigern. Es ist die Zeit eigenständiger Marketingaktionen gekommen, etwa durch die Teilnahme an lokalen Affiliate-Programmen. In dieser Phase kann dann auch mit Logistik direkt im Zielland experimentiert werden.

Dieses Angebot wird dann sukzessive erweitert. Es werden mehr Artikel in den lokalisierten Shop übernommen, das Marketing wird intensiviert. Am Ende wird der Händler auf eine vollständige Kopie seines bisher genutzten Shops zugreifen, inklusive aller Prozesse, nur eben in einer anderen Sprache und für ein anderes Zielland.


Enabler und Dienstleister bringen Vorteile

Mit der Erweiterung der Vertriebskanäle bleibt es nicht aus, dass gleichartige Aufgaben mehrfach erledigt werden müssen. Produktstammdaten müssen auf den verschiedenen Marktplätzen hochgeladen und aktuell gehalten werden. Zugleich sind die Abverkäufe und Liefermengen für die Marktplätze im Blick zu behalten. Die parallele Bearbeitung von mehreren Marktplätzen hat schon etwas von Multitasking.

Hier können Dienstleister eine enorme Erleichterung bringen. ChannelAdvisor beispielsweise unterstützt den Händler bei vielen Routineaufgaben. So müssen Produktdaten nur einmal gepflegt werden und landen dann automatisiert auf den Marktplätzen, die der Händler bedienen will. Auch der Lagerbestand kann so einfacher im Blick behalten werden, ohne in Out-of-Stock-Situationen zu geraten.

Die Unterstützung durch externe Dienstleister kann zusätzlich helfen, die Sichtbarkeit auf einen Marktplatz zu vergrößern oder auch den Versand über ein einheitliches Backend abzuwickeln. Hier profitiert der Händler dann nicht nur von den Vorteilen des Marktplatzes selbst, sondern auch von den Kooperationen und Schnittstellen seines Dienstleisters.

Die Expansion ins Ausland muss kein Abenteuer werden. Eine gute Planung und eine schrittweise Vorgehensweise sind aber nötig, um nicht zu viel auf einmal zu wollen. Denn auch bei Kunden im Ausland gilt die Devise, dass einmal zerstörtes Vertrauen kaum wieder zurückgewonnen werden kann.

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