Wie viel km bis zum Weltall

Der Weltraum, unendliche Weiten – seit mehr als 30 Jahren sind unbemannte Flugkörper unterwegs, um die Tiefen des Alls zu erkunden, Planeten und den interplanetaren Raum zu erforschen. Milliarden Kilometer von der Erde entfernt, dringen Raumsonden in Bereiche vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Wie viel km bis zum Weltall

Die Flugbahnen der Raumsonden Voyager und Pioneer. Bild: NASA

Zurzeit sind vier Raumsonden auf dem „Weg in die Unendlichkeit“: Die amerikanischen Sonden Pioneer 10 und 11 sowie Voyager 1 und 2 befinden sich bereits außerhalb der Planetenbahnen.

Die US-Raumsonde Pioneer 10 startete am 3. März 1973 mit einer Atlas-Centaur-Trägerrakete von Cape Canaveral in Richtung Jupiter. Auf dem Weg dorthin untersuchte sie auch den Asteroidengürtel und den interplanetaren Raum. Sie flog wie geplant am Jupiter vorbei und sendete noch bis zum Januar 2003 Daten zur Erde. 21 Monate Lebensdauer waren anfangs geplant – fast 30 Jahre wurden erreicht.

Unbemannte Flugkörper auf dem Weg in den interstellaren Raum

Pioneer 11 ist die Schwester-Sonde von Pioneer 10 und wurde am 6. April 1973 gestartet. Ziel der 259 Kilogramm schweren Sonde war es, im Vorbeiflug die Planeten Jupiter und Saturn zu erforschen. Wie Pioneer 10 war auch Pioneer 11 bei Ankunft an den Planeten so schnell, dass ein Abbremsen mehr Treibstoff erfordert hätte, als die Raumsonde überhaupt hätte mitnehmen können.

Die Voyager-Sonden waren eine neuere Generation von Raumsonden und wurden 1977 mit Titan-Raketen gestartet – Voyager 2 am 20. August 1977 und damit 16 Tage vor Voyager 1. Voyager 1 wurde allerdings auf eine kürzere Flugbahn zum Jupiter eingeschossen, überholte dadurch Voyager 2 und flog als erste der beiden am Jupiter vorbei. Danach passierte Voyager 1 noch den Saturn, während Voyager 2 auf eine Bahn vorbei an Saturn, Uranus und Neptun gebracht wurde. So konnten erstmals Nahaufnahmen der beiden äußeren Planeten des Sonnensystems gemacht werden.

Die Entfernung von Voyager 1 zur Sonne beträgt derzeit schon über 130 Astronomische Einheiten. Eine Astronomische Einheit (AE) entspricht dem Abstand Erde – Sonne, also 149,6 Millionen Kilometern. Voyager 2 ist über 100 AE entfernt. Die Sonden bewegen sich mit mehr als 15 Kilometern pro Sekunde fort und legen pro Jahr etwa die dreifache Strecke Erde – Sonne zurück. Gelegentlich liest man, dass Voyager 1 bereits das Sonnensystem verlassen hätte. Das ist nicht ganz richtig, weil man zum Sonnensystem auch die sogenannte Oort’sche Wolke zählt – eine Ansammlung von kleinsten Himmelskörpern, meist Kometen. Man kann sie sich wie eine Kugel vorstellen, die über 100 Astronomische Einheiten entfernt die Sonne und die Planeten umgibt. Von dieser Region sind die Voyager-Sonden noch weit entfernt. Aber Voyager 1 ist inzwischen in den Raum vorgedrungen, wo der Sonnenwind – die von der Sonne ausgesandten elektrisch geladenen Teilchen – kaum noch zu spüren ist und der sogenannte interstellare Raum beginnt (der Raum zwischen den Sternen). Wie weit die Voyager-Sonden von der Erde und der Sonne weg sind, sieht man auf dieser Seite. Dabei passiert manchmal etwas Sonderbares: Während die Sonden sich immer weiter von der Sonne entfernen, gibt es manchmal Zeiten, in denen der Abstand zur Erde wieder geringer wird. Das bedeutet aber nicht, dass die Sonden umgekehrt wären und zur Erde zurückfliegen würden. Sondern es liegt daran, dass unsere Erde auf ihrer Bahn um die Sonne manchmal in dieselbe Richtung „fliegt“ wie die Sonden – und da die Erde bei der Umkreisung der Sonne rund 30 Kilometer pro Sekunde (ca. 107.000 km/h) schnell ist, holt sie im Vergleich zu den langsameren Sonden vorübergehend etwas auf. Nach einer Weile ändert sich das aber wieder und insgesamt gilt: Eines Tages werden die Sonden wirklich das Sonnensystem verlassen haben und in ferner Zukunft andere Sterne erreichen.

Die Abstände im Kosmos sind gigantisch - Astronomen haben sich daher spezielle Techniken ausgedacht, um die Distanzen zu anderen Sternen und weit entfernten Galaxien zu ermitteln.

von Otto Wöhrbach

Wie viel km bis zum Weltall

© jxfzsy / Getty Images / iStock (Ausschnitt)

Die Vermessung der Weiten des Weltalls liefert eine der wichtigsten Grundlagen für unser wachsendes Wissen über den Kosmos und die Himmelskörper in ihm. So hat uns zum Beispiel erst die Erkenntnis, dass die jetzt schon riesigen Entfernungen zwischen den Galaxien ständig noch größer werden, auf die Spur der Geschichte des Kosmos geführt.

Aber wie misst man Entfernungen im Weltall? Die Astronomen können ja schlecht gewaltige Maßbänder ausrollen und das Ergebnis ablesen. Schon zum Nachbarstern der Sonne sind es schließlich 40 000 Milliarden Kilometer! Selbst das schnelle Licht benötigt für diese Strecke gut vier Jahre.

Für die Vermessung der Weiten des Weltalls haben sich Forscher etwas anderes überlegt. Sie gehen stufenweise vor: Sie bestimmten zunächst vergleichsweise kleine Abstände innerhalb unseres Sonnensystems. Davon ausgehend können sie dann immer größere Entfernungen erfassen. Wie auf einer gigantischen Himmelsleiter dringen sie so Stufe um Stufe jeweils tiefer ins Weltall vor. Die Methode jeder neuen Entfernungsstufe baut auf den Messergebnissen der zuvor erreichten Stufe auf und muss sich dabei auf deren Präzision verlassen können.

Die erste Stufe der Entfernungsleiter

Die erste Stufe der kosmischen »Entfernungsleiter« ist der mittlere Abstand, in dem die Erde um die Sonne kreist. Er beträgt rund 149,6 Millionen Kilometer. Diese Zahl beruht vor allem auf Laufzeitmessungen von Radarsignalen, die von den Oberflächen der Planeten Merkur, Venus und Mars reflektiert werden. Zusätzlich werden auch Bahndaten verschiedener Satelliten auf Umlaufbahnen um diese Planeten ausgewertet. Dank den Gesetzen der Himmelsmechanik können Astronomen diese Daten nutzen, um die Entfernung zwischen Erde und Sonne zu berechnen. Heute erreichen sie dabei eine Genauigkeit von nur wenigen Metern.

Die nächste Stufe der kosmischen Entfernungsleiter führt bereits hinaus aus dem Sonnensystem. Sie beruht auf dem so genannten Parallaxeneffekt. Jeder kennt ihn aus eigener Erfahrung – zum Beispiel wenn man aus einem fahrenden Zug in die vorbeiziehende Landschaft hinausblickt: Ein naher Kirchturm etwa verschiebt sich vor weit entfernten Bergen. Genau der gleiche Effekt tritt auf, während wir auf der Erde die Sonne umrunden: Im Lauf eines Jahres blicken wir von wechselnden Orten aus in den Weltraum hinaus, in dem die Sterne in ganz unterschiedlichen Entfernungen leuchten.

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© R. Williams (STScI), the Hubble Deep Field Team and NASA/ESA / Full WFPC2 Mosaic / CC BY 4.0 CC BY (Ausschnitt)

Hubble Deep Field | Hubble nahm das ikonische, aus mehreren kleineren Bildern zusammengesetzte Bild im Jahr 1995 auf. Zu sehen sind tausende Galaxien in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung.

Sterne in geringeren Entfernungen verändern dadurch ihre Positionen am Firmament im Vergleich zu weit entfernten Sternen im Hintergrund. Immerhin bewegen wir uns als Beobachter auf der Erde binnen eines halben Jahres um rund 300 Millionen Kilometer. Schon Galileo Galilei hatte erkannt, dass ein Parallaxeneffekt am Sternenhimmel auftreten müsste, wenn die Erde tatsächlich um die Sonne kreist.

Weil aber selbst die Nachbarsterne der Sonne bereits sehr weit entfernt sind, verschieben sich ihre Positionen am Himmel im Lauf eines Jahres nur minimal. Die Verschiebung entspricht zum Beispiel dem Winkel, um den sich die Spitze des Berliner Fernsehturms vor fernen Wolken verschiebt, wenn man vom Alexanderplatz aus zu ihr hochblickt und dabei den Kopf um Bruchteile eines Millimeters hin- und herbewegt.

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Wilhelm Bessels Wackelwinkel

Tatsächlich konnte ein solcher Wackelwinkel – fachmännisch Parallaxenwinkel genannt – erst 1838 von dem Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel auf der Sternwarte von Königsberg gemessen werden: Binnen eines halben Jahres verschiebt sich die Position des Sternes 61 Cygni im Sternbild Schwan um rund 0,6 »Bogensekunden« (der 3600te Teil eines Winkelgrads). Aus dieser winzigen Parallaxe konnte Bessel trigonometrisch die Entfernung von 61 Cygni berechnen. Sie beträgt rund 100 Billionen Kilometer. Ein Lichtstrahl benötigt für diese Strecke fast elf Jahre.

Bei Sternen, die weiter entfernt sind als 300 Lichtjahre, versagt diese geometrische Entfernungsmessung von der Erde aus jedoch. Denn dann sind die parallaktischen Positionsänderungen zu klein, um sie mit einem Teleskop auf der Erde noch nachweisen zu können. Dies liegt vor allem an der turbulenten Lufthülle der Erde. Sie verschmiert Bilder aus dem Weltall zwangsläufig, was auch die Aufnahmen von Sternen unscharf macht.

Seit rund fünf Jahren kartiert der Astrometriesatellit »Gaia« der europäischen Weltraumagentur ESA deshalb den Sternhimmel vom Weltall aus. Die Sonde dreht sich pro Tag viermal um ihre Achse, so dass ihre CCD-Detektoren tagtäglich die Positionen von rund 40 Millionen Sternen gestochen scharf erfassen. So wird die Position jedes Sterns bis zu 70-mal gemessen. Im Lauf der Zeit fügen die Forscher die Sternpositionen zu winzigen Parallaxenkringeln zusammen, die die beobachteten Sterne aus der Sicht des um die Sonne driftenden Satelliten in die Schwärze des Alls zeichnen.

Dreidimensionaler Sternatlas

Mittlerweile konnten die Astronomen die Daten der unterschiedlichen Parallaxengrößen der Sterne zu einem dreidimensionalen Sternatlas verrechnen. Er zeigt die genaue räumliche Verteilung von 1,3 Milliarden Sternen in unserer kosmischen Nachbarschaft innerhalb der Milchstraße. Der Gaia-Atlas umfasst dabei Sterne mit Entfernungen von bis zu 10 000 Lichtjahren.

Das Weltall ist allerdings noch viel größer: Allein unsere Milchstraße ist nach neuesten Messungen rund 200 000 Lichtjahre groß. Die benachbarte Andromeda-Galaxie ist bereits 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, und sie ist nur eine von unzähligen anderen solcher gigantischer Sternwolken. Um in diese Entfernungen vorzustoßen, haben die Astronomen im 20. Jahrhundert die kosmische Entfernungsleiter um weitere Sprossen erweitert.

Dazu stützen sich Wissenschaftler auf einen Grundsatz der Lichtausbreitung: Je weiter ein Stern von uns entfernt ist, desto weniger des von ihm abgestrahlten Lichts kommt noch bei uns an. Die Intensität des ankommenden Lichts eines Sterns nimmt also mit dem Quadrat seiner Entfernung ab. Ein Stern, der doppelt so weit entfernt von uns ist wie sein Zwilling, leuchtet demnach nicht mit halber Intensität am Nachthimmel, sondern erreicht nur noch ein Viertel von dessen Intensität.

Um aus diesem photometrischen Entfernungsgesetz die Distanz zu einem Stern berechnen zu können, muss man seine Leuchtkraft kennen: Man muss also wissen, wie viel Licht er tatsächlich abstrahlt. Glücklicherweise gibt es bestimmte Sorten von Sternen, denen man ihre jeweilige Leuchtkraft gewissermaßen direkt ansehen kann.

Sterne, die ihre Helligkeit verändern

Auf eine dieser Sternsorten wurde vor rund 100 Jahren die US-amerikanische Astronomin Henrietta Swan Leavitt aufmerksam. Sie war eine der weiblichen Hilfskräfte, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als so genannte Computer am Harvard-Observatorium der Universität Cambridge, Massachusetts, USA, arbeiteten. Die menschlichen Computer bestimmten, ordneten und katalogisierten die Positionen, Helligkeiten und Farben der vielen Sterne, die auf Fernrohraufnahmen des Himmels zu sehen waren.

Unter anderem hatte sich Leavitt die »Kleine Magellansche Wolke« vorgeknöpft (englisch: Small Magellanic Cloud, abgekürzt SMC). Sie ist eine Zwerggalaxie, in der rund fünf Milliarden Sonnen leuchten. Unter ihnen konnte H. Leavitt auch einige Cepheiden aufspüren. Diese Sterne verändern sich regelmäßig nach einem ähnlichen Muster: Ihre Helligkeit steigt innerhalb weniger Tage oder Wochen ein wenig an und fällt dann langsam wieder ab. Ihren Namen tragen diese Sterne nach ihrem Prototyp, dem vierthellsten Stern δ Cephei im Sternbild Cepheus.

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© NASA, ESA / LHA 120-N11 in the Large Magellanic Cloud / CC BY 4.0 CC BY (Ausschnitt)

Große Magellansche Wolke

Alle Sterne in der SMC einschließlich der Cepheiden in ihr leuchten ungefähr aus der gleichen Entfernung zu uns herüber – sie liegen sämtlich in derselben kosmischen Nachbarschaft. Leavitt konnte deshalb sicher sein, dass die verschiedenen Helligkeiten der SMC-Sterne, die sie auf den Fotoplatten feststellte, nicht auf unterschiedliche Entfernungen zurückgingen. Tatsächlich strahlte ein von ihr als heller Stern klassifizierter Cepheide auch mehr Licht ab als ein Cepheide, der weniger gut zu sehen war.

Genau deshalb konnte sie aus den Daten von 25 Cepheiden etwas Erstaunliches herauslesen: Es gibt einen systematischen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Helligkeit eines Cepheiden und der Periodendauer, mit der seine Helligkeit schwankt. Je mehr Licht ein Cepheiden-Stern abstrahlt, desto länger dauert eine Periode seiner Helligkeitsschwankung. Die zugehörige Veröffentlichung erfolgte im Namen des Sternwartendirektors Edward Pickering; immerhin erwähnte er aber am Anfang, dass sie »von Miss Leavitt vorbereitet wurde«.

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Noch fehlte aber die Kalibrierung des von Henrietta Leavitt gefundenen Zusammenhangs, das heißt: Ihre Daten ergaben nur, wie hell ein Cepheide mit einer bestimmten Pulsationsdauer im Vergleich zu einem weiteren Cepheiden leuchtet, der eine andere Pulsationsdauer besitzt. Konkrete Zahlen für die Leuchtkräfte der Cepheiden konnte sie nicht angeben.

Die tatsächlichen Leuchtkräfte

Diese wurden erstmals wenig später von dem dänischen Astronomen Ejnar Hertzsprung geliefert: Aus den Daten von 13 Cepheiden innerhalb der Milchstraße, die in einem Sternkatalog aufgeführt waren, berechnete er jeweils deren geometrische Parallaxen und daraus wiederum ihre Entfernungen. Der Katalog verzeichnete ebenso die beobachteten Helligkeiten dieser Sterne. Und deshalb konnte Hetzsprung mit Hilfe ihrer nun bekannten Entfernungen und dem photometrischen Entfernungsgesetz auch die tatsächlichen Leuchtkräfte dieser Cepheiden ermitteln, also zurückrechnen, wie viel Licht sie wirklich abstrahlen.

Damit war die von Henrietta Leavitt gefundene Perioden-Leuchtkraft-Beziehung kalibriert, das heißt: Jeder beobachteten Periodendauer, mit der ein Cepheide seine Helligkeit verändert, konnte man fortan die ihm eigene Leuchtkraft zuordnen, also angeben, wie viel Licht er tatsächlich abstrahlt; und aus dem Vergleich dieser Leuchtkraft mit der beobachteten Helligkeit des auf der Erde ankommenden Lichts konnte man direkt die Entfernung des entsprechenden Cepheiden berechnen.

Es sollte aber noch rund zehn Jahre dauern, ehe diese Methode die Astronomen aus der Milchstraße heraus in die Weiten des Weltalls führte. Mit dem damals größten Fernrohr der Welt auf dem Mount Wilson hatte Edwin Powell Hubble erkannt, dass der so genannte »Andromeda-Nebel« in Wahrheit aus Milliarden von Sternen besteht. Unter diesen Sternen konnte er sogar einige Sterne als Cepheiden entlarven.

Schon beim ersten Stern, den Hubble als Cepheiden erkannte, bestimmte er eine lange Periode der Helligkeitsvariation von 31,41 Tagen; laut Perioden-Leuchtkraft-Beziehung musste es sich also um einen Cepheiden mit sehr hoher Leuchtkraft handeln. Von der Erde aus war davon allerdings nicht mehr viel zu sehen: Die Fotoplatten zeigten ihn als ein Sternchen, das um viele Helligkeitsstufen dunkler war als die Sterne, die wir mit bloßem Auge sehen können. Aus dieser geringen Helligkeit berechnete Hubble eine enorme Entfernung des Cepheiden – und damit die ebenso riesige Entfernung der Andromeda-Sternwolke selbst, in der er leuchtet. Nach heutigem Wissen ist sie besagte 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt.

Von der Helligkeit zur Entfernung

Wolken aus vielen hunderten Milliarden Sternen wie die Andromeda-Sternwolke heißen heute Galaxien. Seit Leavitts und Hubbles Zeiten haben die Astronomen in einer Vielzahl von Galaxien Cepheiden aufgespürt, ihre Helligkeiten und die Periodendauer der Helligkeitsvariationen gemessen, damit ihre Leuchtkräfte bestimmt und letzten Endes daraus die zugehörigen Entfernungen der Galaxien von uns berechnet.

Vor Kurzem konnten die Daten des Astrometrie-Satelliten Gaia die Präzision weiter erhöhen, mit der Cepheiden-Sterne die Entfernungen ihrer Gast-Galaxien anzeigen. Denn unter den vielen Sternen, deren Helligkeiten und Entfernungen Gaia mit bislang unerreichter Genauigkeit gemessen hat, befinden sich auch zahlreiche Cepheiden. Mit Hilfe der Gaia-Daten konnten die Experten deshalb unter anderem die Leuchtkräfte der Cepheiden noch präziser kalibrieren.

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© NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA)-Hubble/Europe Collaboration / Hubble image of variable star RS Puppis / CC BY 4.0 CC BY (Ausschnitt)

RS Puppis | Der Cepheiden-Stern RS Puppis ist 6200 Lichtjahre von der Erde entfernt und von Staubwolken umgeben. In einem mehrwöchigen Rhythmus ändert sich seine Helligkeit, die zeitweise auf ein Fünftel des Höchstwerts einbricht.

Unser heutiges Wissen von der Größe der Welt verdanken wir also vor allem den pulsierenden Cepheiden. Oder besser gesagt: Eine erste Ahnung von dieser Größe. Denn selbst mit dem nach Edwin Hubble benannten Weltraumteleskop kann man bestenfalls Cepheiden in Galaxien erkennen, die »nur« bis zu etwa 100 Millionen Lichtjahre entfernt sind. Doch schon in diesem nach kosmischen Maßstäben kleinen Umkreis befinden sich bereits sehr viele Galaxien.

Gelegentlich leuchten in diesen Galaxien, also in einer bekannten Entfernung, Sterne mit so großer Leuchtkraft auf, dass die Astronomen mit ihrer Hilfe die nächste Stufe der kosmischen Entfernungsleiter erklimmen konnten. Genau genommen sieht man dabei nicht mehr das Licht dieser Sterne selbst, sondern das Licht der Explosion, bei der diese Sterne am Ende ihrer Existenz zerbersten.

Es gibt verschiedene Sorten solcher Sternkatastrophen. Nur eine davon kann zur Vermessung des Kosmos verwendet werden: so genannte Supernova-Explosionen vom Typ Ia. Nach heutigem Wissen ist dabei der explodierende Ausgangsstern immer ein Weißer Zwergstern in einem Doppelsternsystem. Weitere Voraussetzung: Die beiden Sterne fliegen so eng umeinander herum, dass vom zweiten Stern ununterbrochen Materie auf den Weißen Zwerg hinüberströmt. Dadurch nimmt die Masse des Weißen Zwergs immer mehr zu. Und irgendwann wird dieser Stern unter seinem wachsenden eigenen Gewicht so stark zusammengepresst und heiß, dass er explodiert.

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Supernovae als Standardkerzen

Da die Explosion stets bei der gleichen Grenzmasse von etwa 1,4 Sonnenmassen eintritt – der so genannten Chandrasekhar-Masse – ist auch die erreichte Leuchtkraft des Explosionslichts jeweils annähernd gleich groß. Wie groß sie ist, wissen die Astronomen mittlerweile. Denn immer wieder haben Supernova-Explosionen vom Typ Ia auch in Galaxien stattgefunden, deren Entfernung bereits vorher mit der Cepheiden-Methode bestimmt worden war. Und aus der beobachteten Helligkeit des Explosionslichts und seiner bekannten Entfernung kann dann auf die Leuchtkraft der Sternexplosion zurückgerechnet werden.

Die so kalibrierte Leuchtkraft einer Supernova vom Typ Ia ist rund fünf Milliarden Mal größer als die Leuchtkraft der Sonne. Deshalb können diese Sternexplosionen auch dann noch beobachtet werden, wenn sie in sehr weit entfernten Galaxien aufleuchten. Und aus der geringen Helligkeit, mit der das Licht der jeweiligen Supernova Ia noch die Erde erreicht, kann wiederum ihre Entfernung berechnet werden – und damit auch die Entfernung ihrer Heimatgalaxie.

Auf diese Weise haben uns bereits viele Supernova-Explosionen vom Typ Ia als so genannte Standardkerzen gedient. Sie haben uns die Verteilung von Galaxien im Raum in den unterschiedlichsten Entfernungen gezeigt, bis hinaus zu Entfernungen von mehreren Milliarden Lichtjahren. Die Kenntnis dieser Entfernungen, die zwischen den Galaxien klaffen, ist eine der wichtigsten Grundlagen für alle kosmologischen Weltmodelle.

Die Standardkerzen haben uns unter anderem verraten, dass sich der Raum seit dem Urknall aufgebläht hat, und dies sogar mit zunehmender Expansionsrate tut. Forscher machen eine »Dunkle Energie« verantwortlich – sie sorgt dafür, dass die Abstände zwischen den Galaxien beschleunigt anwachsen. Auf die Frage nach der Natur der Dunklen Energie haben die Kosmologen allerdings noch keine Antwort gefunden; aber das ist eine andere Geschichte.

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Otto Wöhrbach

Der Autor studierte Physik, Mathematik und Philosophie in Tübingen und leitete bis 2016 das Planetarium Freiburg.

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