Wie viele christen gibt es auf der welt 2022

DOMRADIO.DE: Im Vergleich zu 2021 bzw. zum Vorjahr hat sich die Lage für Christen und Christinnen in der Welt eher verschlechtert oder verbessert?

Markus Rode (Hilfswerk Open Doors): Die Lage hat sich leider weiter verschlechtert. Die Intensität der Verfolgung und leider auch das Ausmaß haben weiter zugenommen. Wir haben dieses Jahr im Weltverfolgungsindex in den 50 Ländern der härtesten Verfolgung rund 312 Millionen Christen, die unter einem sehr hohen bis extremen Maß an Verfolgung leiden.

DOMRADIO.DE: Welche Länder gehören zu den 50 mit der härtesten Verfolgung?

Rode: Das ist Afghanistan, das Nordkorea nach 20 Jahren an der Spitze des Verfolgungsindex abgelöst hat, und es geht dann weiter mit Somalia, Libyen und noch vielen weiteren Ländern, in denen Christen extrem unter Druck stehen.

DOMRADIO.DE: Ein wichtiges Ereignis war die Machtergreifung der Taliban in Afghanistan. Wir erinnern uns an die Menschen, die vor wenigen Wochen und Monaten versucht haben, das Land fluchtartig zu verlassen. Wie genau spielt das in den Index mit hinein?

Rode: Das spielt insofern eine Rolle, dass das Maß der Gewalt noch mehr zugenommen hat und auch der Druck. Man muss sich vorstellen, in Afghanistan gibt es ja nur Christen, die konvertiert sind. Das Taliban-Regime hat im Prinzip einen Chef, das heißt den neuen Präsidenten Mullah Mohammed Hassan Achund, der sozusagen der oberste Richter an den Scharia-Gerichtshöfen der Taliban war. Apostasie, der Abfall vom Glauben, ist ein todeswürdiges Verbrechen. Insofern werden Christen gerade während wir sprechen, gesucht, ermordet, Frauen werden vergewaltigt - und zwar extrem systematisch.

DOMRADIO.DE: Hat dieser Sieg der Taliban den Islamisten in anderen Regionen Auftrieb gegeben? 

Rode: Es gab in den sozialen Netzwerken richtige Jubel-Partys. Es hieß, Islamisten aus aller Welt haben das gefeiert und deutlich gemacht: Ihr habt die westlichen Streitkräfte vertrieben, die Macht übernommen und seid Sieger über den Westen. Das wollen wir auch. Das ist eine Riesenermutigung und Rückenwind, besonders für viele Dschihadisten-Gruppen in Afrika und Asien.

DOMRADIO.DE: Hat die Pandemie Auswirkungen auf die Verfolgung von Christinnen und Christen weltweit?

Rode: Sie hat schon Auswirkungen gehabt: Christen werden benachteiligt, wenn es um Hilfslieferungen geht. Aber was wir auch feststellen, ist, dass in einigen Ländern die Pandemie genutzt wird, um zum Beispiel Hauskirchen weiter geschlossen zu halten. Alle anderen dürfen sich treffen, Hauskirchen sind verboten. Oder der Lockdown wird teilweise ausgenutzt von islamistischen Gruppen, besonders in "failed states" in Afrika, wo Korruption herrscht und die Bevölkerung kaum geschützt wird, um gegen Christen vorzugehen und sie zu ermorden. Auch das ist eine Auswirkung der Pandemie.

DOMRADIO.DE: Das sind schlimme Nachrichten. Man fühlt sich da so ein bisschen ohnmächtig als einzelne Person. Was können wir denn tun oder was kann der einzelne Mensch tun?

Rode: Das ist eine große Herausforderung. Aber das, was Christen als erstes erbitten, ist: Bitte betet für uns in dieser extremen Situation, damit wir in unserem Glauben standhaft bleiben. Darüber hinaus ist ganz klar: Christen brauchen auch Unterstützung und Hilfe in vielen Bereichen ihres Lebens. Sie werden in den Untergrund gedrängt und da geht es um Nothilfe. Da geht es auch um Unterstützung von neuen christlichen Gemeinschaften. Dass sie Bibeln bekommen, das ist das, was Christen gerne möchten für ihren Glauben. Aber auch, dass Trauerarbeit stattfindet. Das wollen wir als Open Doors alles in unserem Dienst tun. Aber hier sind wir nur eine Brücke und wir brauchen viele Unterstützer, die das mit ermöglichen.

DOMRADIO.DE: Bringt es etwas, wenn man versucht auf die Politik Druck zu machen, damit sie sich mehr für verfolgte Christen einsetzt?

Rode: Ich glaube, Druck bringt gar nichts. Am Ende geht es um die Frage der Identifikation: Wie identifiziere ich mich mit den Menschen, die das betrifft? Es gibt vereinzelt Politiker, die das wahrgenommen haben. Aber ich glaube, dass die aktuelle Situation wieder ein ganz großes Thema für die Politik ist, endlich wesentlich stärker aktiv zu werden und das auch bei den Herrschern und bei den Gruppen anzusprechen in Ländern wie China oder Indien, mit denen man Handel treibt. Hier kann man nicht weiter darüber hinwegsehen.

Das Interview führte Michelle Olion.

Erstmals gehören mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland weder der evangelischen noch der katholischen Kirche an. Der Trend dürfte im Nordosten Deutschlands nicht wirklich überraschen: Lag allein in Mecklenburg-Vorpommern der Anteil von evangelischen und katholischen Mitgliedern in der Bevölkerung bereits vor über einem Jahr bei 17,6 Prozent. Nur in Brandenburg (17,5 Prozent) und Sachsen-Anhalt mit 14,7 Prozent lebten weniger Mitglieder der großen christlichen Kirchen. In den ostdeutschen Bundesländern hat Thüringen mit knapp 27 Prozent noch die meisten Kirchenmitglieder.

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Im Osten hat es die Kirche noch schwerer

Das erklärt sich auch durch die – auch staatliche stark geförderten – Kirchenaustritte in der ehemaligen DDR: Dort sank die Mitgliederzahl der Evangelischen Kirche zwischen 1950 und 1989 von fast 15 Millionen auf 4 Millionen, die der Katholiken halbierte sich auf etwa eine Million.

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Zu den Bundesländern, in denen mehr als die Hälfte noch Mitglieder der evangelischen oder katholischen Kirche sind, gehören das Saarland (über 70 Prozent), Rheinland-Pfalz (rund 64 Prozent), Bayern (über 63 Prozent), Nordrhein-Westfalen (rund 59 Prozent), Baden-Württemberg (58 Prozent), Niedersachsen (57 Prozent) und noch knapp Hessen (über 52 Prozent).

Unter 50 Prozent in der Bevölkerung sind es in Schleswig-Holstein (rund 48 Prozent), Bremen (40 Prozent) und Hamburg (33 Prozent).

Zahlreiche Austritte und Verstorbene – auch durch Corona

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte Anfang März ihre Mitgliederzahlen für das Jahr 2021 veröffentlicht. Demnach gehörten zum Ende des Jahres insgesamt 19,7 Millionen Menschen noch einer der 20 Gliedkirchen der EKD an – rund 2,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Ursachen sieht die EKD für den Rückgang auch die im Corona-Jahr erhöhten Sterbefälle von 360.000 (im Vorjahr: 257.000) sowie die hohe Zahl der 280.000 Kirchenaustritte – im Jahr davor waren es noch 220.000.

Neben einem „Aussterben” der Kirchenmitglieder gibt es auch zahlreiche Austritte in beiden Kirchen. Nicht alle Austritte seien politisch motiviert, sagt Robert Stephanus, Vorsitzender des überkonfessionellen Vereins REMID (Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst). Die Motive reichten vom Einsparen der Kirchensteuer bis zu Protest gegen die Amtskirche und ihren Umgang mit Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen.

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Doch trotz vermehrter Kirchenaustritte in jüngster Zeit waren vor gut einem Jahr noch immer 51 Prozent der deutschen Bevölkerung römisch-katholisch oder evangelisch. Doch jetzt – im Frühjahr 2022 – befindet sich in Deutschland erstmals seit Jahrhunderten keine Mehrheit der Menschen mehr im Schoß der beiden großen Kirchen.

„Es ist eine historische Zäsur, da es im Ganzen gesehen, seit Jahrhunderten das erste Mal in Deutschland nicht mehr „normal“ ist, Kirchenmitglied zu sein“, sagt der Berliner Sozialwissenschaftler Carsten Frerk von der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid), die von der religionskritischen und humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung ins Leben gerufen worden ist.

„Evangelisch oder katholisch?“ – das ist lange Zeit eine Gretchenfrage in Deutschland gewesen und meinte sehr unterschiedliche Lebenswelten. Kommunion oder Konfirmation und eine kirchliche Hochzeit gehörten zum Leben der meisten, wobei sogenannte Mischehen (also gemischtkonfessionelle Ehen) früher vielen als Frevel galten. Freizeitaktivitäten in Kirchengemeinden waren für Generationen Teil des Alltags. Das hat sich längst geändert.

„Früher haben die Kirchen in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hineingewirkt“, sagt der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Uni Münster. In den 50er Jahren seien sie im Alltag der Menschen präsent gewesen, bestimmten die allgemein akzeptierten Familien-, Moral- und Wertvorstellungen und stabilisierten die neu entstehende politische Ordnung. Auch in den Jahrzehnten danach seien sie in der Öffentlichkeit gehört worden, „etwa wenn es um die Aussöhnung mit den osteuropäischen Nachbarn ging oder um Fragen sozialer Gerechtigkeit oder um bioethische Fragen an den Grenzen von Leben und Tod“.

Niedergang der Volkskirche

Seit den 60ern mit wirtschaftlichem Aufschwung, sich verändernden Familienstrukturen und der Emanzipation der Frauen setzte der kulturelle Umbruch ein, wie Pollack ausführt. „Autoritätswerte verloren an Bedeutung.“ Statt materieller Sicherung und sozialer Stabilisierung wurden politische Mitbestimmung und individuelle Selbstverwirklichung wichtig. Der Niedergang der Volkskirche begann. Religiöse Bindungen schwächten sich ab. Vor der Abwendung vom Glauben und den Kirchen stehe dabei meist der Verzicht auf die Teilnahme am kirchlichen Leben. „Wenn die religiöse Praxis aufgegeben wird, geht auch der Einfluss der Religion auf die Lebensführung zurück.“

Trotzdem: Noch 1990 waren mehr als 72 Prozent der deutschen Bevölkerung in einer der großen Kirchen Mitglied.

„Die Abwärtsentwicklung ist schon seit längerem zu beobachten“, sagt Sozialwissenschaftler Frerk. „Sie hat sich in den vergangenen sechs Jahren aber stärker beschleunigt als vorher angenommen.“ Verloren die Kirchen in den Jahren 2000 bis 2015 pro Jahr etwa 0,6 bis 0,8 Prozentpunkte am Bevölkerungsanteil, so sind es seit 2016 etwa 1,0 bis 1,4 Prozentpunkte. Inzwischen ist nun eben auch der eine Punkt über der 50-Prozent-Marke verloren gegangen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gab eine Hochrechnung ab, Ende 2021 wohl nur noch etwa 19,7 Millionen Mitglieder zu zählen (Vorjahr 20,2 Millionen). Prognosen sehen zudem derzeit noch etwa 21,8 Millionen Katholiken (Vorjahr 22,2 Millionen).

Mehr als 40 Prozent Konfessionslose, die natürlich nicht ungläubig sein müssen, gibt es inzwischen in Deutschland. Die weiteren Einwohner sind zum Beispiel Muslime (rund 5,5 Millionen, davon in Verbänden rund 2,2 Millionen) und Juden. Da es außerhalb der großen Kirchen noch ein paar Millionen weitere Christen gibt, zum Beispiel Freikirchler (um die 300.000) und Christlich-Orthodoxe (rund 1,5 Millionen) und andere christliche Gemeinschaften, liegt die Quote der Christen nach wie vor über 50 Prozent hierzulande.

Umfrage: 37 Prozent glauben an Jesus als Gottes Sohn

Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ nahm vor Weihnachten den beschleunigten Abwärtstrend der Kirchen und des Christentums in Deutschland unter die Lupe. Beschrieben wurden „drei Stufen der Erosion“: Zuerst verlieren Leute den „Glauben an die wesentlichen Inhalte des Christentums“. So glaubten lediglich noch 37 Prozent der Bevölkerung, dass Jesus Gottes Sohn sei (1986 noch 56 Prozent).

Die nächste Stufe sei dann der Kirchenaustritt. Darauf folge „die Abwendung von der christlichen Kulturtradition“, auch wenn diese noch „eine gewisse Zeit“ wertgeschätzt werde. Trotz rückläufiger Kirchenmitgliederzahlen stimmen laut Allensbach-Studie aber 70 Prozent der Befragten zu, dass das Christentum zu Deutschland gehöre, bei den Konfessionslosen immerhin 55 Prozent.

Fehlendes Wissen über christliche Feiertage

Wie sehr aber Interesse an christlichen Inhalten verloren geht, zeigt sich beispielhaft am mangelhaften Wissen über die Feiertage. So wissen viele hierzulande nicht, was Ostern oder Pfingsten überhaupt gefeiert wird und dass an Halloween auch Reformationstag ist. Und vielleicht das eindrucksvollste Beispiel steht im Mai wieder an: Der Feiertag Christi Himmelfahrt – dieses Jahr am 26. Mai – ist für Millionen längst nur noch Vatertag – oder einfach Herrentag und Männertag.

Im Jahr der Wiedervereinigung 1990 wurden nach Kirchenangaben 29,4 Millionen Mitglieder der EKD (Evangelischen Kirche in Deutschland) und 28,3 Millionen Katholiken gezählt. Vor 25 Jahren drehte sich das Verhältnis. Die EKD verlor schneller Mitglieder als es der Katholizismus tat. Im Land von Luther und Reformation gab es wieder mehr katholische als evangelische Christen.

Vor zehn Jahren wurden dann 24,3 Millionen Katholiken und 23,4 Millionen EKD-Mitglieder gezählt, vor fünf Jahren dann 23,3 Millionen Katholiken und 21,5 Millionen Protestanten.

2022 sind es jetzt weniger als 22 Millionen katholische und weniger als 20 Millionen evangelische Kirchenmitglieder – und damit weniger als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung. Eine Projektion der Kirchen geht davon aus, dass 2060 nur noch 30 Prozent katholisch oder evangelisch sein werden.

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Wie viele Christen gibt es in weltweit?

Verteilung der Weltbevölkerung nach Religionen in den Jahren 1900 und 2010.

Wie viele Christen gibt es aktuell?

So stellten laut dem Forschungsinstitut Christen im Jahr 2015 31,2 Prozent der Weltbevölkerung, Muslime 24,1 Prozent.

Welche Religion ist die größte 2022?

Weltreligionen.
Christentum (etwa 2,3 Mrd. Anhänger).
Islam (etwa 1,6 Mrd. Anhänger).
Hinduismus (etwa 940 Mio. Anhänger).
Buddhismus (etwa 460 Mio. Anhänger).
Judentum (etwa 15 Mio. Anhänger).

Welche Religion ist am meisten in der Welt?

Im Jahr 2010 sind 31,5 % der Weltbevölkerung Anhänger des Christentums, womit es die größte Religionsgruppe weltweit ist.

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