Wie viele steuerzahler gibt es in deutschland

Geht es nach dem Willen von Grün, Rot, Dunkelrot dann kommt die Vermögenssteuer zurück. Dafür müssten sie im Herbst die Bundesregierung stellen.

Die grüne Partei möchte 50 Milliarden Euro im Jahr in ein Investitionsprogramm zum ökologischen Umbau des Landes stecken. Schon argwöhnen Kritiker, dass die ständig angefachte Klimahysterie, letztlich ein Vehikel zu einem grundsätzlichen Umbau des Wirtschaftssystems und der Gesellschaft genutzt wird. Schließlich muss das Geld von irgendwo herkommen.

 Deutschland hat knapp 83 Millionen Einwohner. Davon gehen 44 Millionen einem Beschäftigungsverhältnis nach. Aber nur 27 Millionen sind Nettosteuerzahler. Von diesen sind wiederum zwölf Millionen direkt oder indirekt vom Staat abhängig. (Polizisten, Verwaltungsbeamte/angestellte, Lehrer, Gleichstellungsbeauftragte, Wolfsmanager, Blühstreifenberater… ) Diese sorgen zwar für ein weitgehend funktionierendes System, werden aber wiederum von Steuern und Abgaben bezahlt. Dazu kommen weitere Einnahmen der öffentlichen Hand, wie Umsatz- und Gewerbesteuer oder auch die neue C02 Steuer, die gleich nach Teilabschaffung des „Soli“ präsentiert wurde.

„Ein Aufbegehren wie zum Beispiel in Frankreich ist hierzulande undenkbar.“

Horst Hermannsen

Das Verhältnis von Staatsbediensteten und freier Wirtschaft hat sich in den 16 Jahren der Großen Koalition verschoben wie nie zuvor. Die Politik hat dafür gesorgt, dass die Taschen des Staates prall gefüllt wurden, egal ob man die Zwangsabgaben sinnvoll einsetzt oder, wie das jährliche Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes aufzeigt, für unnütze Projekte verschleudert. Die gerupften Bürger in Deutschland nehmen es stoisch hin. Ein Aufbegehren wie zum Beispiel in Frankreich ist hierzulande undenkbar.

 Die Demokratie wird von Demokraten bedroht, denen es an vorurteilsfreiem Engagement fehlt. Gerade mal zwei Prozent der Bevölkerung sind in politischen Parteien aktiv. Es ist beängstigend, dass oft nur noch 50 bis 65 Prozent zur Wahl gehen. Auch Bauern haben ihre politische Heimat verloren und verweigern sich. Alle Bürger bekommen, was wenige Wähler zulassen. In freien Wahlen zählt jede Stimme, ob einem die Richtung sympathisch ist oder nicht. Anträge ignorieren oder Wahlen rückgängig machen, weil der Adressat nicht passt zeugt von einer Verachtung demokratischer Spielregeln.

 Bürger wählen nicht aus Übermut links oder rechts, sondern weil sogenannten Volksparteien ihre Flügel derart zusammengestutzt haben, dass Raum für andere Parteien frei wurde. Die SPD musste es durch die Reformen von Gerhard Schröder schmerzhaft erleben. Die Unionsparteien wurden systematisch inhaltlich entkernt. Heute verkleiden sich fast alle Parteien grün, ohne dass man ihnen dies glaubt.  Die Regierungsrezepte unterscheiden sich immer weniger. Zentraler Punkt ist die wachsende finanzielle Belastung der Bürger und - wovon auch Bauern ein Lied singen können - ein überbordender Bürokratismus.

 „Bürokratieabbau“ wäre prädestiniert als regelmäßiges Unwort des Jahres.
Wie immer die Regierung nach dem September aussehen wird, sie sollte das Vertrauen des Mittelstandes, zudem die gesamte Agrarwirtschaft gehört, zurückgewinnen. Dazu passen weder Gängelung noch Ideologie. Mittelständische Unternehmen sind beständige Steuerzahler, die meist treu und heimatverbunden investieren. Sie sorgen sich um Arbeitsplätze und zahlen den Löwenanteil der Unternehmenssteuern und ihre Mitarbeiter eben die Lohnsteuer. Das, und nur das, ist die Voraussetzung die aktuelle Wirtschaftskrise zu überwinden.

799,3 Milliarden Euro Steuern hat der deutsche Staat im Jahr 2019 eingenommen - aber woher kommt dieses Geld eigentlich genau? In der Überschrift eines Artikels wird behauptet: «Von 82 Millionen Einwohnern sind bloß noch 15 Mio effektive Netto-Steuerzahler» (hier archiviert). Zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die restlichen Erwerbstätigen keinen Beitrag zu den Steuereinnahmen leisten würden, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Dazu angestellt wird folgende Rechnung: Nur 27 Millionen der Erwerbstätigen in Deutschland seien «Nettosteuerzahler». Davon würden «12 Millionen direkt oder indirekt vom Staat abhängen», sie müssten darum rausgerechnet werden: «Denn ihre Löhne werden von Steuergeldern bezahlt und somit auch die Lohnsteuern und anderen Steuern». Deswegen seien es schlussendlich nur 15 Millionen Erwerbstätige in Deutschland, «die effektiv Steuern aus eigener Kraft zahlen».

BEWERTUNG: Die Aussagen zu Nettosteuerzahlern sind stark vereinfacht und nicht in den Kontext gestellt.

FAKTEN: Am meisten Anteil am Steueraufkommen in Deutschland haben in der Regel die Umsatzsteuer und die Einkommen- und Lohnsteuer, sowie die von Unternehmen gezahlte Gewerbesteuer. Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, leistet jeder, der etwas kauft. Die Lohnsteuer dagegen ist eine direkte Belastung, die jeder Erwerbstätige individuell leisten muss.

Wer Steuern zahlt, bekommt danach nicht wie im Geschäft eine unmittelbare Gegenleistung zurück, vielmehr werden mit den Steuereinnahmen zahllose öffentliche Leistungen finanziert, zum Beispiel Infrastruktur, das Kindergeld, Entlohnungen für öffentliche Berufe wie Polizisten und Lehrer oder Sozialleistungen, die die Bürger bei Bedarf erhalten. Kann man ermitteln, wer mehr Geld vom Staat bekommt als er an den Staat zahlt, wenn man viele dieser Leistungen außer Acht lässt?

Wie viele deutsche Steuerzahler tatsächlich nach einer Schlussrechnung als Nettoempfänger gelten, hat eine Studie des «Instituts für deutsche Wirtschaft» in Köln ermittelt. Das Ergebnis: Vor allem Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung erhalten durchschnittliche höhere Zahlungen vom Staat als sie an diesen abführen. Der Ökonom Martin Beznoska, Autor der Studie, sagt der dpa auf Anfrage: «Man kann Nettozahler nur in Bezug auf erhaltene monetäre Transfers und gezahlte Steuern einfach ausrechnen. Nach meiner Studie wären etwa 16 Prozent der deutschen Haushalte Nettoempfänger. Das sind gut 6,5 Millionen Haushalte. Rechnet man die Sozialversicherungen dazu, dann sind es 43 Prozent Nettoempfänger. Hauptgrund sind die Gesetzlichen Rentenzahlungen, die vor allem in der unteren Hälfte der Einkommensverteilung anfallen.»

Was aber, wenn in der Saldo-Rechnung indirekte Leistungen eine Rolle spielen, die aus Steuereinnahmen bezahlt werden? «Bei der Berücksichtigung von Realtransfers des Staates wie kostenlose Kita, Schule, Universität, Gesundheitsleistungen, Infrastruktur etc. würde das Bild sich stark ändern», sagt Beznoska, «denn viele profitieren von staatlichen Leistungen. Dies wäre eine andere Betrachtung. So einfach wie da gerechnet wird, ist es aber nicht. Denn die Alternative wäre alles privat bereit zu stellen. Dann wäre die Steuerlast zwar niedriger, aber die Belastung unter Umständen höher in Form von privaten Ausgaben für diese Leistungen.»

Die Behauptung, 12 Millionen in öffentlichen Tätigkeiten arbeitende Menschen könnten nicht als Steuerzahler gelten, hält Beznoska nicht für plausibel. Warum können die «Staatsangestellten» nicht rausgerechnet werden? Es sei zwar richtig, dass sie zum Großteil aus Steuergeldern bezahlt werden. «Allerdings sind diese keine Transferempfänger, sondern erhalten ihren Lohn im Austausch gegen Arbeitsleistung. Diese erzeugt Mehrwert, genau wie Dienstleistungen in der Privatwirtschaft und muss auch in der Systematik der Nettobelastung gleichbehandelt werden», sagt Beznoska.

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Links:

Website mit Artikel: https://schweizerzeitung.ch/deutschland-von-82-millionen-einwohnern-sind-bloss-noch-15-mio-netto-steuerzahler/ (archiviert: https://archive.vn/wH5E1)

Übersicht zu den Steuereinnahmen bei Destatis: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/steuereinnahmen.html (archiviert: https://archive.vn/TDC0x)

Definition von Steuern in der Abgabenordnung: https://dejure.org/gesetze/AO/3.html (archiviert: http://dpaq.de/7XS6i)

Glossar-Eintrag des Bundesfinanzministeriums zu Steuern: https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Service/FAQ_Glossar/Glossar/Functions/glossar.html?lv2=90fcab6c-33e2-4679-be47-5124a129e42e&lv3=7f846a65-eb21-4afd-9ff1-c5a19fd0535c#glossar7f846a65-eb21-4afd-9ff1-c5a19fd0535c (archiviert: https://archive.vn/7L1Ms)

Studie des «Instituts für Deutsche Wirtschaft»: https://www.iwkoeln.de/studien/iw-reports/beitrag/martin-beznoska-die-verteilung-von-steuern-sozialabgaben-und-transfereinkommen-der-privaten-haushalte.html (archiviert: http://dpaq.de/W99R6)

Artikel über die Studie: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/iw-koeln-test-gehoeren-sie-zu-den-nettozahlern-16622168.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3 (archiviert: https://archive.vn/eqJ9N)

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam:

Wie viel Nettozahler gibt es in Deutschland?

Deutschland ist mit einem Saldo von 21,4 Milliarden Euro der größte Nettozahler der Europäischen Union. Auch im Verhältnis zu seiner Größe und Wirtschaftskraft zahlt Deutschland am meisten.

Wie viele netto Steuerzahler gibt es?

Deutschland hat knapp 83 Millionen Einwohner. Davon gehen 44 Millionen einem Beschäftigungsverhältnis nach. Aber nur 27 Millionen sind Nettosteuerzahler. Von diesen sind wiederum zwölf Millionen direkt oder indirekt vom Staat abhängig.

Wie viele Menschen zahlen keine Steuern?

Etwas über 20 Millionen Erwachsene zahlen keine Einkommensteuer, weil ihr steuerpflichtiges Einkommen zu gering ist.

Wer trägt die größte Steuerlast in Deutschland?

Obere Einkommensschichten zahlen an meisten Steuern Und dieses Prinzip wird auch vollzogen: Das oberste Prozent der Spitzenverdiener trägt allein 22,8 Prozent der gesamten Einkommensteuereinnahmen, die obersten zehn Prozent schultern 55,8 Prozent.