Kann mich mein chef kündigen wenn ich krank bin

26.03.2019

Reihe "Darf mein Chef....?"

Darf mein Chef mir wegen Krankheit kündigen?

DGB-Experten beantworten Fragen aus dem Arbeitsrecht

Für viele ist es eine echte Horrorvorstellung: Gerade erst hat man eine schlimme Grippe überstanden, jetzt liegt man schon wieder flach - und dann flattert auch noch die Kündigung ins Haus. Doch ist das überhaupt erlaubt: Darf der Arbeitgeber mich entlassen, weil ich krank bin?

Kann mich mein chef kündigen wenn ich krank bin

DGB/Katarzyna Białasiewicz/123rf.com

Wer krank ist, darf nicht gekündigt werden: Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Wenn jemand sehr häufig oder sehr lange wegen Krankheit fehlt, darf der Chef sich unter bestimmten Voraussetzungen von ihm trennen – und ihm die Kündigung auch ans Krankenbett schicken. Eine gelegentliche Grippe oder ab und zu ein Infekt reichen dafür aber nicht aus.

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist grundsätzlich nur möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es liegt eine negative Gesundheitsprognose vor.
  • Die Fehlzeiten beinträchtigen die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers stark.
  • Die Interessen des Arbeitgebers wiegen stärker als die des Beschäftigten.

Das heißt konkret: Der Arbeitgeber muss nicht nur belegen, dass der oder die Beschäftigte in der Vergangenheit häufig krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, sondern auch nachweisen, dass damit auch in Zukunft zu rechnen ist.  Das kann zum Beispiel bei einer chronischen Krankheit der Fall sein – bei einer oder mehreren ausgeheilten Erkrankungen dagegen eher nicht.

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Eingliederung vor Kündigung

Wenn jemand krankheitsbedingt seinen Job nicht mehr machen kann heißt das nicht, dass er gar nicht mehr arbeiten kann. Bevor ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter, der dauerhaft arbeitsunfähig oder wegen einer Krankheit nur noch erheblich vermindert leistungsfähig ist, kündigt, muss er prüfen, ob er ihn nicht an anderer Stelle im Unternehmen beschäftigen kann. Ein Handwerker etwa, der wegen eines chronischen Rückenleidens nicht mehr körperlich arbeiten kann, könnte zum Beispiel Tätigkeiten im Service oder in der Verwaltung übernehmen.

Seit 2004 sind Arbeitgeber außerdem verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen, wenn ein Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen am Stück oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Das heißt, er muss klären, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann" (§ 167 Absatz 2 SGB IX). Wenn er das nicht macht, bevor er krankheitsbedingt kündigt, ist die Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam – aber er hat, wenn es zu einem Kündigungsschutzprozess kommt, schlechte Karten.

Arbeitgeber muss Beweise bringen

Der Arbeitgeber muss außerdem nachweisen, dass die Fehlzeiten, die durch die Krankheit entstehen, sowohl zu erheblichen Störungen der betrieblichen Abläufe als auch zu finanziellen Belastungen führen. Dazu kann es in kleineren Betrieben beispielsweise kommen, wenn es durch häufige Ausfälle eines Mitarbeiters Umsatzeinbußen gibt, wenn für andere Beschäftigte oft Mehrbelastungen entstehen oder der Arbeitgeber bei häufigen Kurzerkrankungen immer wieder Entgeltfortzahlung leisten muss.

Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn der Arbeitgeber wegen Krankheit kündigen will: Er muss belegen, dass seine Interessen höher zu bewerten sind als das Interesse der oder des Beschäftigten, den Arbeitsplatz zu erhalten. Das ist bei einer schwerwiegenden Erkrankung in einem langjährigen, störungsfreien Beschäftigungsverhältnis anders zu bewerten als bei einem kurzen Arbeitsverhältnis, das von häufigen Krankheitszeiten gekennzeichnet war.

Fazit:

Kündigungen wegen Krankheit sind möglich, aber an strenge Regeln geknüpft. In der Praxis kommen sie eher selten vor – und wenn, dann sind die häufig rechtsunwirksam. Arbeitnehmer haben also gute Chancen, wenn sie sich gegen eine solche Kündigung wehren - und sollten das auch immer tun. Dabei müssen sie allerdings schnell sein: Wenn sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erheben, gilt sie von Anfang an als rechtswirksam. Unterstützung beim Kündigungsschutzprozess bietet unter anderem der DGB Rechtsschutz.

Weitere Infos zum Thema "Kündigung und Krankheit gibt es beim DGB Rechtsschutz.

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Mitarbeiter und Chef - eine ganz besondere Beziehung. Und nicht immer einfach. Was, wenn der Chef den genehmigten Urlaub wieder streicht? Mich vor versammelter Mannschaft zur Schnecke macht? Oder mich bei der Arbeit per Videokamera überwachen will? DGB-Experten beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Arbeitsrecht - von A wie Abmahnung bis Z wie Zuspätkommen.

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Kann mein Chef mich einfach kündigen wenn ich krank bin?

Die Kündigung während einer Krankschreibung ist arbeitsrechtlich grundsätzlich zulässig. Unterfällt der Arbeitnehmer jedoch dem Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes, kann der Arbeitgeber die Kündigung während Krankschreibung nur aussprechen, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt.

Wie lange muss man krank sein um gekündigt zu werden?

1.) sechs Wochen im Jahr oder länger krankheitsbedingt fehlen. Bei solch einem langen Zeitraum kann es zu betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen im Unternehmen kommen - und das rechtfertigt eine Kündigung von Seiten des Arbeitgebers.

Was passiert wenn ich zu oft krank mache?

Es gilt: Wer als Arbeitnehmer eine Erkrankung vortäuscht, muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Diese können von einer einfachen Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung reichen.