Nach krankengeld wieder arbeiten dann wieder krank

Christian Schultz ist Experte für Sozial­politik beim Sozial­verband Deutsch­land (SoVD). © Olaf Bathke

Läuft das Krankengeld aus, ist für erkrankte Arbeitnehmer oft die Arbeits­agentur zuständig. Doch viele von ihnen landen beim Jobcenter und erhalten dann weniger finanzielle Unterstüt­zung. Experte Christian Schulz erklärt, warum es sich lohnt, hartnä­ckig zu bleiben.

Wenn die Nahtlosig­keits­regelung nicht greift

Krank­geschrieben und trotzdem zur Arbeits­agentur, das klingt zunächst selt­sam.

Das ist für Laien auch schwer zu verstehen. Wenn die Nahtlosig­keits­regelung nicht greift, müssen sich die Betroffenen aber im Rahmen ihrer Möglich­keiten dem Arbeits­markt zur Verfügung stellen. Nur dann gibt es auch ALG 1.

Klappt das in der Praxis?

Wir erleben immer wieder, dass Antrag­steller von der Arbeits­agentur weggeschickt werden, weil deren Mitarbeiter der Ansicht sind, sie seien nicht zuständig.

Nicht abwimmeln lassen

Was raten Sie dann?

Es ist wichtig, hartnä­ckig zu bleiben, sich nicht wegschi­cken zu lassen. Man muss den Mitarbeitern der Arbeits­agentur explizit sagen, dass man Anspruch auf ALG 1 hat – und das in Voll­zeit, sonst gibt es nicht das volle Arbeits­losengeld. Das kostet Kraft, die kranke Antrag­steller oft nicht haben.

Was passiert sonst?

Die Betroffenen melden sich oft notgedrungen beim Jobcenter. Statt ALG 1, gibt es dann nur ALG 2, auch Hartz 4 genannt. Das ist nicht nur nied­riger, zudem werden beim Bezug Einkommen vom Partner und eigene Erspar­nisse mit ange­rechnet. Das sollte unbe­dingt vermieden werden.

Jobangebote im Zweifel ablehnen

Wie häufig erhalten die Betroffenen tatsäch­lich Jobangebote?

In aller Regel bekommt man dann keine Angebote zuge­schickt. Kommt es doch vor, können Betroffene diese mit Blick auf die gesundheitlichen Probleme ablehnen.

Ist es nötig, sich weiter krank­schreiben zu lassen?

Fällt man nicht unter die Nahtlosig­keits­regelung, ist das eine Grat­wanderung. Streng genommen müsste man sich für die Arbeits­agentur weiter krank­schreiben lassen. Das macht häufig Probleme. Wer krank ist, stehe der Vermitt­lung ja nicht zur Verfügung, heißt es dann. Wir empfehlen, die Krankmeldung nicht weiterzugeben. Die Krankenkasse braucht die Bescheinigung übrigens nicht mehr. Den Arbeit­geber sollte man fragen: Oft will er den gelben Zettel jedoch nicht mehr.

Wer länger als sechs Wochen krank ist, verliert als Angestellter seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber muss also kein Gehalt mehr zahlen und kann sich um eine Ersatzkraft bemühen. Für den erkrankten Mitarbeiter muss nun die Krankenversicherung aufkommen, maximal 78 Wochen lang zahlt sie nun Krankengeld. Allerdings zählen in dieser Rechnung die bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung bereits mit. Effektiv gibt es also in der Regel nur längstens 72 Wochen Krankengeld.

Nach krankengeld wieder arbeiten dann wieder krank

Doch selbst wenn eine Krankheit so lange anhält – der Bezug von Krankengeld ist für die Betroffenen in vielen Fällen mit erheblichem Stress verbunden. Angefangen von ungewollten Kontaktaufnahmen seitens der Krankenkasse bis zu einseitigen Kündigungen des Krankengeldes nach Aktenlage, immer wieder hören wir in unserer Sozialberatung solche dramatischen Geschichten.

Doch wie ist das eigentlich, wenn eine Erkrankung tatsächlich länger als 78 Wochen anhält. Von wem bekommen Betroffene dann Geld, um die Miete zu zahlen und den Kühlschrank zu füllen? Die wichtigsten Fragen und Antworten stellen wir für Sie an dieser Stelle zusammen.

„Ich bin auch nach nach 78 Wochen immer noch krank. Muss mein Arbeitgeber jetzt wieder zahlen?“

Nein, Ihr Arbeitgeber ist nach spätestens sechs Wochen raus aus der Nummer. Wenn Sie anschließend lückenlos krankgeschrieben sind, ist ab diesem Zeitpunkt nur noch Ihre Krankenkasse für Sie zuständig.

„Die Krankenkasse zahlt kein Krankengeld mehr. An wen wende ich mich jetzt?“

Nach 78 Wochen muss Ihre Krankenversicherung in der Tat kein Krankengeld mehr bezahlen. Viele sprechen in dieser Situation von der „Aussteuerung“. Jetzt sollten Sie vor allem Ruhe bewahren. Je nachdem wie alt Sie sind und wie lange Sie vor der Erkrankung gearbeitet haben, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie gehen also zur Arbeitsagentur – aber bitte erst nachdem Sie diesen Beitrag über die Aussteuerung gelesen haben.

„Meine Krankenkasse hat etwas von Blockfrist geschrieben, was genau ist das?“

Die Bockfristen stehen im Zusammenhang mit der Zahlung von Krankengeld. Wenn Sie das erste Mal wegen einer Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben werden, führt dies automatisch zum Beginn einer Blockfrist. Diese läuft nun drei Jahre. In diesem Zeitraum kann Ihnen maximal 78 Wochen lang Krankengeld gezahlt werden. Sind die 78 Wochen um, die Blockfrist aber noch nicht, gibt es auch erstmal kein Krankengeld.

Krankengeld: Höhe und wie lange? | Antrag und Probleme mit der Krankenkasse | Minijob und Kurzarbeit

„Was ist, wenn man Krankengeld bezieht und dann eine weitere Krankheit dazukommt?“

Kommt eine zweite Krankheit während des Bezugs von Krankengeld hinzu, beginnt auch für diese Erkrankung eine individuelle Blockfrist. In diesem Fall existieren also zwei Blockfristen nebeneinander, die unterschiedlich lang laufen.

„Verlängert die zweite Blockfrist auch den Bezug von Krankengeld?“

Nein. Wenn Sie Krankengeld bekommen und dann eine weitere Erkrankung auftritt, führt dies nicht zu einem neuen oder verlängerten Anspruch auf Krankengeld. Es gibt aber Situationen, in denen ein neuer Anspruch auf Krankengeld entstehen kann: Läuft die Blockfrist der ersten Krankheit noch, die betroffene Person lässt sich aber – warum auch immer – nicht mehr krankschreiben (zum Beispiel im Urlaub), erlischt normalerweise der Anspruch auf Krankengeld. Wenn nun aber in der Phase, in der keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, eine neue Krankheit hinzutritt, beginnt eine weitere Blockfrist mit neuem Krankengeld-Anspruch. Die zweite Erkrankung darf jedoch in keinem Zusammenhang mit der ursprünglichen Krankheit stehen.

Nach krankengeld wieder arbeiten dann wieder krank

Wenn das Krankengeld auszulaufen droht, wird häufig kompliziert. Die bevorstehende "Aussteuerung" und die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung stellen viele Menschen vor große Probleme. In diesem Ratgeber erfahren Sie auf einen Blick die wichtigsten Informationen. Zum Beispiel:

Wann genau Sie sich bei der Arbeitsagentur melden sollten
Wie genau die Prüfung zur Nahtlosigkeit aussieht
Welche Alternativen Sie haben, um an Ihr Geld zu kommen

Außerdem erfahren Sie praxisnahe Informationen zum großen Thema Krankengeld. Beispielsweise ob die Krankenkasse Sie ständig anrufen darf. Auf 164 Seiten mit mehr als 30 Grafiken. Hier können Sie "Vom Krankengeld zur Rente" bestellen - entweder als Taschenbuch oder PDF-Datei.

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.

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Wie lange muss man zwischen 2 krankschreibungen arbeiten gehen damit wieder von vorne gezählt wird?

Die Sechs-Monats-Frist ist eine rückwärtslaufende Frist. Sie beginnt mit dem Tag vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Sie endet sechs Monate vorher. ¹ Der Arbeitnehmer hat am 19.8.2021 und am 5.5.2022 nicht gearbeitet.

Wie lange muss ich arbeiten um erneut Krankengeld zu bekommen?

Sie haben wegen einer Erkrankung schon einmal für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren Krankengeld erhalten? Dann können Sie wegen dieser Krankheit erst wieder Krankengeld bekommen, wenn ein neuer Drei-Jahres-Zeitraum begonnen hat.

Wie lange muss ich arbeiten um wieder krankgeschrieben zu werden?

Die Wiedereingliederung nach Krankheit (auch „Hamburger Modell") erleichtert Arbeitnehmern den stufenweisen Wiedereinstieg in den Job nach 74 Sozialgesetzbuch V. Sie kann bis zu sechs Monate dauern, wobei das der Arzt im Einzelfall entscheidet.