Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber englisch

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Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber                                 
Das Fell für die Trommel                          
Liefern sie selber.
Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen     
Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.         
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit.         

Sie heben die Hände hoch                        
Sie zeigen sie her.                                
Die Hände sind blutbefleckt                      
Doch immer noch leer.                           
Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen   
Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.       
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen.
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit.

Sie tragen ein Kreuz voran
Auf blutroten Flaggen
Das hat für den armen Mann
Einen großen Haken.
Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen
Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit.

Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber englisch

Bertolt Brecht

Foto © Goedhart/Suhrkamp

* 10.02.1898, Augsburg, Deutschland
14.08.1956, Berlin, Deutschland

Bertolt Brecht ist sicherlich einer der einflussreichsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts, sowohl was seine Gedichte, als auch was seine Theaterarbeit angeht.

Weder Versuche ideologischer Vereinnahmung durch die DDR noch seine nicht immer eindeutige Haltung den realen Formen des Sozialismus gegenüber haben seinem Werk etwas anhaben können. Brecht ist nach wie vor – nicht nur in Deutschland – ein viel gelesener und viel gespielter Autor, dessen Klarsicht, Vielschichtigkeit und Frechheit immer wieder neu entdeckt werden kann.

Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber englisch
Foto © Suhrkamp Verlag

Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur, musste sein Studium allerdings unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits 1922 erhielt er für sein Schaffen den Kleist-Preis. Im selben Jahr heiratete er die Schauspielerin und Opernsängerin Marianne Zoff. Kurz danach lernte er seine spätere Frau Helene Weigel kennen, die ihm 1924 seinen zweiten Sohn Stefan gebar. Drei Jahre später ließ er sich von Marianne Zoff scheiden. Helene Weigel und er heirateten 1929.

1924 zog Brecht nach Berlin. Hier arbeitete er zunächst zusammen mit Carl Zuckmayer als Dramaturg an Max Reinhardts Deutschem Theater, während er zur selben Zeit an den Münchner Kammerspielen selbst inszenierte. 1928 feierte Brecht mit seiner von Kurt Weill vertonten „Dreigroschenoper“ einen der größten Theatererfolge der Weimarer Republik.

Zu Beginn des Jahres 1933 wurde eine Aufführung seines Stücks „Die Maßnahme“ durch die Polizei unterbrochen, die Veranstalter wegen Hochverrats angeklagt. Am 28. Februar – einen Tag nach dem Reichstagsbrand – verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Skovsbostrand bei Svendborg in Dänemark, wo er sich die nächsten fünf Jahre aufhielt. Im Mai des Jahres wurden seine Werke von den Nationalsozialisten verbrannt.

Im Sommer 1941 floh Brecht aus dem immer unsicherer werdenden Europa via Moskau im Transsibirien-Express nach Wladiwostok. Vom Osten der UdSSR setzte er mit dem Schiff nach Kalifornien über, wo er in Santa Monica in der Nähe von Hollywood lebte.

Nachdem er am am 30. Oktober 1947 vom „Komitee für unamerikanische Aktivitäten“ vorgeladen und verhört wurde, reiste Brecht – während der Premiere seines „Das Leben des Galilei“ in New York – über Paris nach Zürich. Am 22.10.1948 kehrte er mit tschechoslowakischem Pass über Prag nach Deutschland zurück, nach Ost-Berlin, wo er im Herbst 1949 mit Helene Weigel das Berliner Ensemble gründete.

In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Brecht als Leiter des Ensembles intensiv der Förderung schriftstellerischer wie theatralischer Talente. 1955 erhielt er den Internationalen Stalin-Friedenspreis, den er persönlich in Moskau entgegennahm. Im Mai des 1956 wurde Brecht mit einer Grippe in die Berliner Charité eingeliefert. Er starb am 14. August 1956 an einem Herzinfarkt.

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