Wann wirkt ein antibiotikum bei entzündung

Antibiotika gehören zu den wichtigsten Arzneistoffen und haben schon Millionen Leben gerettet. Allerdings setzten Mediziner sie mittlerweile zu großzügig ein. Dadurch haben die einst so mächtigen Waffen an Schlagkraft eingebüßt. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Antibiotika.

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  • Viele Menschen sind unsicher, gegen welche Infekte Antibiotika helfen.
  • Die Medikamente sollten keinesfalls leichtsinnig eingenommen werden.
  • Diese Fakten sollten Sie über Antibiotika wissen.

Im Schnitt an rund fünf Tagen pro Jahr nehmen Deutsche Antibiotika. Leider verschreiben Ärzte die Medikamente nicht nur gegen schwere bakterielle Infektionen, gegen die sie wirken. Sie geben Antibiotika auch gegen banale grippale Infekte, die nicht Bakterien, sondern Viren ausgelöst haben.

Die Wirkung verpufft in diesen Fällen, denn gegen Erkältungen greifen die Substanzen nicht.

Bakterien werden immun gegen Antibiotika

Viele Patienten wissen über Nutzen und Risiken von Antibiotika nicht Bescheid und nehmen sie zu häufig. Auf diese Weise erhöht sich die Gefahr der Resistenzen. Das bedeutet, Bakterien werden immun gegen die einstige Wunderwaffe der Medizin. Die Folgen könnten dramatisch sein. FOCUS Online sprach mit Christoph Spinner von der Infektiologischen Ambulanz der Universitätsklinik rechts der Isar in München:

1. Wann helfen Antibiotika?

Grundsätzlich gegen schwere bakterielle Infekte, aber nicht gegen Viren. Im ambulanten Bereich sind ihre Haupteinsatzgebiete Harnwegsinfekte und Lungenentzündungen, in der Klinik Infektionen der Haut und der Weichteile sowie Blutvergiftung, also Sepsis.

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2. Was macht ihre Wirkung aus?

Die verschiedenen Substanzgruppen wirken über unterschiedliche Wege. Die einen verhindern, dass sich Bakterien teilen, die eine Infektion ausgelöst haben, andere zerstören sie. Beide Methoden sind wirksam. Können sich die Bakterien nicht mehr teilen, erledigt das Immunsystem den Rest problemlos.

3. Welche Antibiotika gibt es, welches sind die wichtigsten Wirkstoffgruppen?

Das sind Penicilline, Cephalosporine, Sulfonamid-Kombinationen, Tetrazykline, Makrolide, Nitroimidazole, Aminoglykoside, Gyrasehemmer.

4. Wie sollten die Patienten Antibiotika einnehmen? Gibt es Richtlinien, die für alle Wirkstoffe gelten?

Das ist sehr unterschiedlich und richtet sich nach der Erkrankung und ihrer Schwere. Der Arzt verordnet ein bestimmtes Antibiotikum in der richtigen Konzentration und der passenden Einnahmedauer. Eines gilt jedoch für jede Antibiotikaanwendung: Der Patient sollte sich genau an die Anweisung des Arztes halten und die Behandlung nicht vorzeitig abbrechen.

5. Warum ist das wichtig?

Die moderne Antibiotika-Behandlung ist kurz, aber prägnant, also zielgerichtet und hochdosiert. Oft sind deshalb die Beschwerden bereits am zweiten Tag der Einnahme wesentlich besser oder sogar verschwunden. Das bedeutet, der Körper hat die Infektion unter Kontrolle, potente Reste der Bakterien sind jedoch noch vorhanden. Damit das Antibiotikum auch diese unschädlich machen kann, sollte der Patient es noch so lange weiter einnehmen, wie es der Arzt empfohlen hat.

6. Allerdings können bestimmte Lebensmittel die Wirkung der Antibiotika beeinträchtigen. Wie ist das beispielsweise mit Milch, muss ich während der Dauer der Antibiotikaeinnahme darauf verzichten?

Das betrifft die Doxycycline, sie gehören zur Gruppe der Tetracycline. Sie verfügen über große Moleküle, die mit Milch einen Komplex bilden können. Damit sind sie gebunden und können nicht mehr wirken.

7. Andere Lebensmittel, etwa Grapefruit sollen ebenfalls die Wirkung verändern?

Das betrifft Makrolide, weil diese in der Leber verstoffwechselt werden. Grapefruit greift jedoch in diese Enzymfunktion ein. Deshalb ist es richtig, während der Einnahme von Makroliden auf Grapefruits zu verzichten, es sind ja nur ein paar Tage.

8. Wie sieht es mit Alkohol plus Antibiotika aus?

Grundsätzlich ist es nicht günstig, während einer bakteriellen Infektion Alkohol zu trinken. Der Körper kämpft gegen die Krankheit und soll sich daneben nicht auch noch mit dem Abbau von Alkohol beschäftigen müssen. Zusätzlich kann die Wirkung von Alkohol wesentlich stärker sein, weil wegen der Entzündung die Durchblutung besonders intensiv ist – so verteilt sich Alkohol viel schneller. Besonders riskant ist Alkohol plus Metronidazol aus der Gruppe der Nitroimidazole. Dabei kann es zu gefährlichem Schwindel, Übelkeit und Erbrechen kommen.

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9. Warum tritt als Nebenwirkung häufig Durchfall auf?

Meist setzen Ärzte Breitspektrum-Antibiotika ein, die gegen viele verschiedene Bakterienarten wirken. Auf diese Weise wollen sie rasch und sicher auch die krankmachenden Bakterien eliminieren. Gleichzeitig zerstört der Wirkstoff jedoch im Darm nützliche Bakterien oder ihr Gleichgewicht (Darmflora). Das führt zu Durchfall, der noch bis zu 60 Tage nach der Antibiotikaeinnahme auftreten kann. In sehr seltenen Fällen kann sich durch Antibiotika das Darmbakterium Clostridium difficile vermehren. Es ist giftig, kann die Darmschleimhaut zerstören und führt zu massivem Durchfall. Zur Risikogruppe gehören ältere Menschen, vor allem, wenn sie Magensäureblocker einnehmen. Die Säure schützt nämlich vor Bakterien.

10. Frauen bekommen, nachdem sie Antibiotika genommen haben, häufig Scheidenpilz. Warum?

 Das ist im Prinzip der gleiche Mechanismus wie mit dem Durchfall. Die Wirkstoffe beeinträchtigen die Scheiden-Flora und Pilzsporen können sich vermehren.

11. Wie lässt sich diesen Nebenwirkungen vorbeugen – Durchfall und Scheidenpilz?

Mit Probiotika lässt sich das verhindern. Joghurt, Kefir und Quark sind deshalb ideal, um die Darmflora zu unterstützen. Lokale Anwendungen mit Scheidenpilzsalben sollten bei Bedarf benutzt werden. Eine wirksame Prophylaxe gegen Scheidenpilz gibt es leider nicht.

12. Warum helfen Antibiotika nicht gegen Erkältung, Halsschmerzen oder Schnupfen?

Das ist sehr wichtig: Bei diesen banalen grippeähnlichen Symptome handelt es sich meist um virale Infekte. Antibiotika können Viren nicht bekämpfen. Denn Viren müssen sich in Zellen vermehren. Bakterien dagegen sind selbständige Organismen und deshalb besser angreifbar. Viren-Infektionen muss der Körper selbst heilen, es gibt noch kaum Medikamente, außer gegen Hepatitis B und C sowie HIV.

13. Warum verschreiben trotzdem Ärzte häufig Antibiotika gegen Erkältungen?

Das hat sich in den letzten Jahren bereits gebessert. Das Bewusstsein für diese Problematik ist größer geworden – vor allem durch das schlimme Beispiel Tiermast mit seinem immensen Einsatz von Antibiotika und den damit verbundenen Resistenzen.

14. Diese gegen Antibiotika resistente Keime aus der Tiermast bedrohen auch die Menschen?

Nicht nur durch Fleischessen, auch über die langen Tiertransporte sowie die fleischverarbeitende Industrie ist das möglich. Sicher gibt es zahlreiche Hygienevorschriften in den Schlachtereien. Trotzdem ist es möglich, dass Keime auf die Haut gelangen und sich verbreiten können.

15. Wie können wir Resistenzen gegen Antibiotika verhindern?

Auf jeden Fall Antibiotika nur dann nehmen, wenn der Arzt dazu rät, dann die Medikamente seiner Empfehlung anwenden und die Behandlung nicht frühzeitig abbrechen. Außerdem: keine Selbstmedikation.

16. Was sind multiresistente Keime – treten sie nur im Krankenhaus auf?

Ja, und obwohl viele meinen, dabei handelt es sich um ein neues Risiko, handelt es sich um ein uraltes Phänomen. Als jahrtausendealte Eisblöcke auftauten, fanden sich darin bereits multiresistente Bakterien. Denn die Natur entwickelt sich immer nach dem Fluchtmechanismus, will auf jeden Fall überleben – Keime ebenfalls. Dazu gehört, dass sie Resistenzen entwickeln. Übrigens sind fünf bis zehn Prozent der Menschen mit diesen Keimen besiedelt, ohne zu erkranken. Gefährlich sind sie nur dann, wenn komplexe Grunderkrankungen vorliegen – was für viele Patienten im Krankenhaus zutrifft.

17. Weltweit besteht die Befürchtung, dass die einstige Wunderwaffe gegen Bakterien stumpf geworden ist. So gibt es beispielsweise Tuberkulose, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft.

Das Phänomen MDR (Multiple Drug Resistance) besteht ohne Frage. Doch gerade gegen resistente TBC wurde kürzlich ein neues Antibiotikum zugelassen, Bedaquiline. Damit sind die Wirkstoffgruppen der Antibiotika jedoch ziemlich ausgeschöpft, viel mehr wird wohl nicht mehr entwickelt werden. Die Betonung liegt jetzt darauf, Infektionen zu vermeiden – Stichwort Krankenhaushygiene, weniger Antibiotikaeinsatz in der Tiermast und selbstverständlich für den Menschen nur dann Antibiotika, wenn sie wirklich nötig sind.

Video: Antibiotika nur gezielt einsetzen 

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Leser-Kommentare (1)

Bei den folgenden Kommentaren handelt es sich um die Meinung einzelner FOCUS-online-Nutzer. Sie spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

Dienstag, 09.09.2014 | 08:31 | Karl Haas

Medikamente

Die Unkenntnis vieler Patienten führt dazu dass immer mehr Menschen nicht an Ihren Krankheiten Sterben ,sondern an ihren Medikamenten. Selbst Ärzten passiert es immer wieder, dass sie Medikamente verschreiben die im " roten Handbuch " als Kontraindikation aufgeführt sind und gefährliche Nebenwirkungen bis hin zum Tode haben können.

Wie merkt man das Antibiotika nicht wirkt?

Antibiotika sind Medikamente, die das Wachstum von Bakterien hemmen und sie abtöten können. Aber wenn man sie falsch oder zu häufig einsetzt, können Resistenzen auftreten. Dann wirken Antibiotika nicht mehr.

Kann Antibiotika Entzündungen heilen?

Antibiotika wirken nur bei Erkrankungen, die durch Bakterien verursacht sind. Dazu zählen beispielsweise Mandelentzündungen, Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen oder Blasenentzündungen. Gegen Erkältungskrankheiten und Grippe (Influenza), die durch Viren hervorgerufen werden, sind Antibiotika dagegen wirkungslos.

Was bewirkt Antibiotika bei Entzündung?

Antibiotika sollen die Vermehrung der Bakterien verhindern oder sie abtöten und damit dem Körper helfen, die Entzündung zu beenden. Dafür greifen Antibiotika die Zellwand oder das Zellinnere der Bakterien an.

Was macht man wenn Antibiotika nicht anschlägt?

Weshalb entstehen Resistenzen? Antibiotika-Resistenzen entstehen vor allem, weil man Antibiotika nicht richtig anwendet: Menschen nehmen Antibiotika zu häufig, zu kurz oder zu niedrig dosiert ein. Menschen wenden Antibiotika an, obwohl sie nicht wirken, zum Beispiel bei Infektionen mit Viren.