Warum theorie nie gleich verwerfen

Wenn etwas „wissenschaftlich belegt“ ist, gilt eine Sache für viele Personen glaubwürdiger, dennoch sind Erkenntnisse immer von Verstandeskategorien, Raum und Zeit abhängig. Kant stellte die Frage, ob objektives Wissen überhaupt möglich sei, Popper sieht den Zweifel als Denkprinzip und Sokrates wusste bereits lange vor uns, dass er nichts weiß. Thomas Mohrs ging in seinem Vortrag am 22.7. im Kepler Salon dem Wesen des Wissens und der Wissenschaft näher auf den Grund.

Der Begriff „Vermutungswissen“ fand schon in den Arbeiten Poppers Eingang: „Das Wissen der Naturwissenschaft ist Vermutungswissen. Es ist kühnes Raten“ Gerade die Naturwissenschaft ist es laut Mohrs, Philosoph und Professor an der Pädagogischen Hochschule in Linz, welche man versuche, von den Geistes-und Sozialwissenschaften oder speziell der Mythologie abzugrenzen. Und doch gelten auch in diesem Bereich Theorien nur so lange, bis sie sich als falsch herausgestellt haben. Der kritische Rationalismus besagt, dass Hypothesen immer genauer untersucht werden sollten. Je länger sie Bestand hätten, desto eher seien sie brauchbar. Durch die Falsifikation (Versuch, Hypothesen zu widerlegen) werde man sich der Wahrheit annähern, man müsse Thesen nicht gleich verwerfen, sondern könne sie durchaus verbessern. Wesentlich für eine gute Theorie sei etwa, dass sie in sich selbst widerspruchsfrei sei.

Laut Popper ist das Leben ein ständiges Problemlösen. Absolut sicheres Wissen habe sich oft als falsch herausgestellt, deshalb würden wir uns von Irrtum zu Irrtum vorhanteln. Leider bringe jede Problemlösung weitere Probleme mit sich. Wenn wir die Wahrheit tatsächlich wissen würden, würden wir es auch nicht wissen (erkennen). Die Autopoesis im Gehirn besagt, dass dieses nur Zugriff auf Informationen bereithält, die es sich selbst zur Verfügung stellt.

Trotz der kritischen Auseinandersetzungen mit Wissenschaft durch Popper, Kant, Einstein oder Zeitgenossen wie Hans Jonas („Das Prinzip Verantwortung“) oder Feierabend stellt Wissenschaft oft genug Autoritäts-und Machtansprüche: UniversitätsprofessorInnen geben ihren Studierenden die Methoden vor und sind Vorschlägen auf deren Seite nicht offen gegenüber eingestellt, das Denken sei eher nahbereichsfokussiert und im Habitus verfestigt.

In der anschließenden Diskussion wird die Frage aufgeworfen, ob Autoritätsansprüche nicht mehr Gier als Dummheit seien und man zwischen Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung klar differenzieren müsse (möglicherweise finanziellen Zwängen unterstellt,…). Die Macht von Konzernen sei laut Mohrs aber auch von den KundInnen abhängig. Würden diese ihre Ansprüche ändern, würden sich zwangsläufig genauso die Konzerne ändern. Deshalb fange man bei gewünschten gesellschaftlichen Veränderungen am besten bei sich selbst an.

Von einer Wahrheit durch eine Weltformel, die manche MathematikerInnen zu entdecken versuchen, hält Thomas Mohrs nicht viel. Er meint hingegen, dass die bekannte Aussage „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ eine Mahnung zu Vorsicht sowie vor Risiken und eine Aufforderung zur Entlarvung des Scheinwissens sei. Dies könne immer noch als Kernaufgabe der Philosophie bezeichnet werden. Eine zentrale Schlussforderung ist, dass Wissenschaft im Allgemeinen selbstkritischer agieren solle.

http://www.kepler-salon.at/

Abstract

Can Science do without a Theory? The main questions that are discussed are as follows: 1) Do we have - as a matter of fact - a general philosophy of science which is comprehensive and powerful enough to present a solution to all the relevant methodological and metatheoretical problems arising within the sciences? 2) Do scientists feel a need for such a general metatheoretical tool? 3) In the probable case of a negative answer to both questions posed above: what, if any, is the legitimate status of the philosophy of science? It is argued in some detail that at least three types of models have failed, at least as far as their advisory function for scientific action in realistic situational settings is concerned: the ideal language model (Wittgenstein, Carnap), methodological falsificationism (Popper), and behavioral theories of scientific action. From the standpoint of the history of science it is plainly obvious that science has always been ahead of its purported metatheory and that important advances within the latter had been implicit in real scientific action at least for centuries.

Journal Information

The Journal for General Philosophy of Science is a forum for discussion concerning the philosophy of science. Its subject matter encompasses the philosophical, especially methodological, ontological, epistemological, anthropological, and ethical foundations of the individual sciences. The coverage brings the natural, cultural, and technical sciences into a philosophical context, including discussion of historical presuppositions and conditions of the current problems of the philosophy of science. The Journal bridges gaps between the different sciences, especially the natural, cultural, and social sciences. Its discussion exposes the common as well as the divergent methodological and philosophical foundations of the individual sciences, and takes into account all currently relevant positions of the philosophy of science. The Journal considers the historical dimension of the sciences as context for understanding current problems of philosophy of science.

Publisher Information

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Journal for General Philosophy of Science / Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie
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Warum muss eine Theorie falsifizierbar sein?

Eine partikuläre Hypothese kann man verifizieren oder falsifizieren dadurch, daß man mit Blick auf den Gegenstandsbereich feststellt, ob das Prädikat auf das Subjekt zutrifft oder nicht. Eine generelle Hypothese kann man nicht verifizieren, weil die Gegenstände, die sie erfaßt, nicht abzählbar sind.

Ist eine Theorie immer richtig?

Eine Theorie heißt (negations-)vollständig genau dann, wenn jeder Satz ihrer zugrundeliegenden Sprache oder seine Negation Elemente der Theorie sind.

Wann ist eine Theorie gut?

Eine Theorie sollte also den Anspruch haben, generelle Aussagen (universal statements) über Phänomene (the world) beizusteuern, damit die Welt besser erklärt oder verstanden werden kann. Spezifische Aussagen, die nur in einer bestimmten Situation Richtigkeit besitzen, sind also nicht als Theorie geeignet.

Was macht eine gute Theorie aus?

Die eigentliche Theorie wird durch ihre logische Konsistenz und ihren Informationsgehalt beurteilt, die Qualität der Daten durch ihre Validität, Reliabilität und Objektivität, die Tests zur Überprüfung der Theorie schließlich durch ihren Bewährungsgrad, ihre Signifikanz und ihre Stringenz.