Was ist ein mittleres Einkommen in Deutschland

Eine breite Mittelschicht hat Deutschland über Jahrzehnte stabil gehalten. Doch jetzt nagt die Inflation an diesem Fundament. Aber: Wer gehört überhaupt zu dieser „Mittelschicht”, auf die in politischen Sonntagsreden so gerne Bezug genommen wird? Das lässt sich nachrechnen – und so kompliziert wie es klingt, ist das gar nicht. Der dritte Teil der Nordkurier-Serie zur Mittelschicht.

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Wer in Deutschland zwischen 75 und 200 Prozent des sogenannten „verfügbaren Nettoäquivalenzeinkommens im nationalen Median” zur Verfügung hat, gehört zur Mittelschicht, so eine gängige Definition. Das klingt erst mal kompliziert, ist es aber gar nicht. Für einen Alleinstehenden liegt die relevante Spanne zwischen 1500 und 4000 Euro. Also, was steckt genau hinter diesem Begriff? In vier Schritten lässt sich die Mittelschicht-Zugehörigkeit berechnen.

Schritt 1: Durchschnitt und Median

Zunächst muss man beim Einkommen den Durchschnitt und den Median unterscheiden. Anders als das Durchschnittseinkommen, das den genauen Durchschnittswert aller Gehälter in Deutschland darstellt und deshalb durch sehr hohe Gehälter nach oben hin verzerrt wird, teilt das Medianeinkommen Deutschlands Arbeitnehmer in eine obere und eine untere Hälfte. Ein Arbeitnehmer mit diesem Gehalt liegt also genau in der Mitte: 50 Prozent der Beschäftigten verdienen mehr und 50 Prozent verdienen weniger. Wenn es um die Mittelschicht-Zugehörigkeit geht, wird das eigene Einkommen also mit dem mittleren Wert, nicht dem Durchschnitt, verglichen. Das ist auch richtig so, weil die Mittelschicht sowohl quantitativ, als auch qualitativ die Mitte der Gesellschaft abbilden soll.

Der Auftakt zu unserer Serie - Die Inflation zermürbt die Mittelschicht

Schritt 2: Verfügbarkeit

Dieses Einkommen muss der Person verfügbar sein, das bedeutet, das vom Einkommen – Gehalt, Lohn, Rente, Bafög, Gewinne aus einer Selbstständigkeit oder ähnliches – zunächst alle Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Hinzu addiert werden dann alle weiteren Geldzuflüsse, zum Beispiel Hartz IV, Wohngeld, Kindergeld, Steuerrückzahlungen, Zinsen, Gewinne aus Vermietung oder Wertpapiergeschäften, Transfers aus Versicherungsleistungen und so weiter. Damit erhält man das gewünschte Einkommen pro Kopf, das einer Person für Miete, Lebenshaltungskosten, Freizeit, Vermögensauf- und Schuldenabbau oder sonstige Dinge zur Verfügung steht.

Schritt 3: Mehrköpfige Haushalte

Nun ist es aber so, dass viele Menschen in Deutschland nicht alleine leben, sondern in Haushalten mit mehreren Personen. Und die Mitglieder dieser Haushalte verdienen meistens nicht gleich viel. Nehmen wir eine Familie, in der ein Erwachsener einen Vollzeitjob hat, der andere eine Nebentätigkeit, vielleicht gibt es noch zwei schulpflichtige Kinder, die Zeitungen austragen, um sich das Taschengeld aufzubessern. Dennoch möchten wir die gesamte Familie zur Mittelschicht zählen wollen – und nicht zum Beispiel die Hauptverdiener zur Oberschicht und die Kinder zur Unterschicht.

Zudem gehen Wirtschaftswissenschaftler davon aus, dass das Leben in einer Gemeinschaft günstiger ist, als wenn jede Person für sich alleine leben würde, weil bestimmte Dinge nur einmal angeschafft werden müssen und so weiter. Deswegen wird das Haushaltseinkommen nun „bedarfsgewichtet“, was bedeutet, dass das gesamte Einkommen durch die sogenannte „Haushaltsäquivalenzgröße“ geteilt wird. Dabei werden Punkte addiert: 1,0 Punkte für das erste erwachsene Haushaltsmitglied plus 0,5 Punkte für jedes weitere Haushaltsmitglied im Alter von 14 Jahren und darüber plus 0,3 für jedes Kind unter 14 Jahren. Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern im Alter von 11 und 15 Jahren kommt somit auf eine Haushaltsäquivalenzgröße von 2,3.

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Schritt 4: Rechenbeispiel

Wir berechnet man nun die Zugehörigkeit zur Mittelschicht? Bei einem Alleinstehenden ist es einfach: Liegt das Einkommen aus Schritt 2 zwischen 1500 und 4000 Euro, gehört er zur Mittelschicht. Bei einem mehrköpfigen Haushalt wird es komplizierter. Sagen wir, in der Beispielfamilie aus Schritt 3 verdient ein Partner 3000 Euro netto monatlich, der andere 1000 Euro, eines der Kinder 100 Euro und hinzu kommen Kindergeld, eine Steuerrückzahlung und diverse Gewinne aus Aktienverkäufen in Höhe von insgesamt 500 Euro. Damit hat die Familie ein Haushaltseinkommen von 4600 Euro. Diese Summe wird nun durch die 2,3 Punkte für die Haushaltsgröße geteilt. Dadurch erhält man das sogenannte verfügbare Nettoäquivalenzeinkommen, das in diesem Beispiel bei 2000 Euro pro Haushaltsmitglied liegt. Das bedeutet, dass statistisch betrachtet auch die Kinder so behandelt werden, als hätten sie 2000 Euro zur Verfügung, selbst wenn sie diese nicht selbst verdienen. Die gesamte Familie wird also zur Mittelschicht gezählt. cko

Bei welchem Einkommen gehört man zur Mittelschicht?

Die Grenzen der Mittelschicht Ein Alleinstehender zum Beispiel zählt demnach zur Mittelschicht, wenn er netto zwischen 1.620 und 3.040 Euro verdient. Für Familien gelten andere Grenzwerte, weil sie andere Bedürfnisse haben. Statistiker ziehen deshalb das sogenannte bedarfsgewichtete Nettoeinkommen heran.

Wie hoch ist ein mittleres Einkommen Deutschland?

End of interactive chart. Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verdiente im Jahr 2021 durchschnittlich 4 100 Euro brutto im Monat. Sonderzahlungen, zum Beispiel in Form von Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder sonstigen Gratifikationen, sind hier noch nicht berücksichtigt.

Wie hoch ist das mittlere Einkommen 2022?

Im Jahr 2022 beträgt der durchschnittliche Netto-Arbeitslohn - auch als Durchschnittsgehalt oder Durchschnittseinkommen bezeichnet - je ledigem Arbeitnehmer ohne Kinder (Steuerklasse I/0) ca. 25.583 Euro (Schätzung).

Was versteht man unter mittlerem Einkommen?

Das mittlere Einkommen oder Medianeinkommen in einer Gesellschaft oder Gruppe bezeichnet die Einkommenshöhe, von der aus die Anzahl der Haushalte (bzw. Personen) mit niedrigeren Einkommen gleich groß ist wie die der Haushalte mit höheren Einkommen. Damit definiert der Median das mittlere Einkommen.