Was ist gleich an mensch und tier

Mensch und Tier: Der kleine, unfeine Unterschied

Ori Schipper / 25.03.2017  Auch Tiere haben eine Art Gerechtigkeitsempfinden, und auch Tiere kennen die Arbeitsteilung: Wo bleibt das Besondere des Menschen?

Red. Der Wissenschaftsjournalist Ori Schipper hat diesen Beitrag in «UniPress» veröffentlicht, dem Wissenschaftsmagazin der Universität Bern.*
Der Graben zwischen Mensch und Tier wird zugeschüttet

Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist im Umbruch. Die seit der Antike als unumstösslich geltenden Mauern, die das Humane vom Animalischen trennen, stürzen ein. Der tiefe Graben, der uns als Krone der Schöpfung von den anderen Lebewesen abgrenzt, wird gleichsam aufgeschüttet von den Erkenntnissen, die Biologen über die Talente von Tieren gewinnen. «Bei jeder geistigen Fähigkeit, die ursprünglich als rein menschlich betrachtet wurde, hat sich herausgestellt, dass sie älter und weiter verbreitet ist als zuerst angenommen», sagt Frans de Waal. Der bekannte Primatenforscher aus den USA leitete die Ringvorlesung «Menschen und andere Primaten» des Collegiums generale ein (die Vorlesungen auf Postcasts hier herunterladen).
Unterschätzte Tiere

De Waal legte dar, wie die Wissenschaft das Denkvermögen der Tiere lange unterschätzte. Weil niemand den Vorwurf der Vermenschlichung des tierischen Verhaltens riskieren wollte, ging bis vor Kurzem unter, dass Tiere einige grundlegende Elemente der menschlichen Moral – etwa Empathie oder Gerechtigkeitsgefühl – mit uns teilen. Die, wie De Waal sie nennt, «psychologische Kontinuität» zeigt sich etwa in seinem Experiment mit Kapuzineräffchen, das sein Team auf Video aufgenommen hat: Im Film (der sich mittlerweile zu einem millionenfach angeklickten YouTube-Hit entwickelt hat) sind zwei Affen in Käfigen zu sehen. Für das Zurückgeben eines Steins belohnen die Forschenden das erste Äffchen mit einem Stück Gurke. Damit ist das Äffchen so lange zufrieden, bis es sieht, dass das Äffchen im Nachbarkäfig für die gleiche Arbeit eine Traube kriegt. «Das grosse Interesse, auf das unser Video gestossen ist, zeigt, dass sich viele in diesem Widerwillen gegen die Ungleichheit gespiegelt sehen. Dieser Widerwille dürfte auch bei der kürzlichen Protestbewegung ‹Occupy Wall Street› eine Rolle gespielt haben», so De Waal.
Nicht so spezifisch menschlich, wie wir geneigt sind anzunehmen, ist auch unsere soziale Organisation mit der ausgeprägten Arbeitsteilung. Im Gegenteil, das Prinzip der Arbeitsteilung ist im Tierreich weit verbreitet, wie der Berner Evolutionsbiologe Michael Taborsky in seinem Vortrag ausführte. «Wenn es – ausser dem Menschen – Lebewesen gibt, die ökologisch erfolgreich sind, dann sind das Insekten.» Viele Ameisen weisen ein Kastensysem auf, bei dem sich Gruppenmitglieder genetisch nicht unterscheiden, aber trotzdem stark spezialisiert sind. Bei den Honigtopf-Ameisen gibt es etwa Individuen, die sich überfressen, bis ihr Unterleib so anschwillt, dass sie nur noch – wie Honigtöpfe – bewegungslos an der Decke ihres Baus hängen. Wenn draussen das Nahrungsangebot wieder knapp wird, würgen sie auf Aufforderung ihrer Kolleginnen Nahrungstropfen hervor. In Versuchen mit verschiedenen Tierarten haben Taborsky und sein Team gezeigt, dass das (auf den ersten Blick selbstlos wirkende) soziale Verhalten vieler Tiere mehr vom Prinzip der Gegenseitigkeit denn von verwandtschaftlicher Nähe geleitet wird.

Tier-Mensch-Kontinuum statt starre Grenzen

So scheinen die einst starren Grenzen zwischen menschlichen und tierischen Fähigkeiten zusehends zu einem Tier-Mensch-Kontinuum zu verschmelzen. Julia Fischer von der Abteilung kognitive Ethologie des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen betonte allerdings in ihrem Vortrag, dass schon Charles Darwin von «graduellen Unterschieden» zwischen den Lebewesen gesprochen hatte. Heute lässt sich wohl nur noch erahnen, wie unerhört diese Idee damals war. Liess sich Darwin deshalb zwölf Jahre Zeit, bevor er sein Buch über die Abstammung des Menschen auf sein epochales Werk über den Ursprung aller anderen Arten folgen liess?
Fischer zeigte einige Beispiele solcher fein abgestuften Unterschiede im Denkvermögen von Menschen und anderen Primaten auf. In Versuchen mit Makaken mussten die Affen etwa erraten, wo die Forschenden um Fischer Trauben oder andere Leckerbissen versteckt hatten. Hatten die Makaken ein flaches Brett und eine Tasse zur Auswahl, tippten sie gleich oft auch auf das Brett, obwohl das Brett schräg steht, wenn sich etwas darunter befindet. Den Makaken fällt es offenbar schwer, «aus der Evidenz von Absenz diagnostische Schlüsse zu ziehen», so Fischer.

Die doppelte Evolution des Menschen

Die Kognitionsforscherin meint, dass sich die vielen feinen Unterschiede – etwa im Werkzeuggebrauch oder im Abstraktionsvermögen – addieren und gegenseitig verstärken könnten. Im Zusammenspiel dieser kleinen Abweichungen hätten sich so grundlegend neue, emergente Eigenschaften herausgebildet, die in der Entwicklung des Menschen trotz nur «gradueller Unterschiede» zu einer «radikalen Diskontinuität» geführt hätten: Im Gegensatz zu allen anderen Tierarten durchläuft der Mensch (zusätzlich zur natürlichen) auch eine kulturelle Evolution. Mit der sogenannten «kumulativen kulturellen Evolution» bezeichnet die Fachwelt den Umstand, dass der Mensch in der Lage ist, einen langfristigen Erfahrungsschatz zu äufnen: So bauen wir heute darauf auf, dass es unseren Vorfahren gelungen ist, ihren Nachkommen zu zeigen, wie sie das Feuer zähmen oder das Rad zur Fortbewegung nutzen können. Und tragen gleichzeitig mit immer neuen Erfindungen und Erkenntnissen zur fortlaufenden Erweiterung des menschlichen Wissensstands bei.

Was hat der Mensch mit dem Tier gemeinsam?

Tiere haben genau wie wir Menschen ein zentrales Nervensystem₂ und erleben die Welt deshalb ebenfalls ganz bewusst. Sie können hören, riechen, schmecken, fühlen und sehen und die Reize aus der Umgebung wahrnehmen. Viele Tiere können diese Dinge sogar besser als wir Menschen.

Was ist der Mensch im Vergleich zum Tier?

Der größte Unterschied zum Tier besteht jedoch in der Fähigkeit des menschlichen Geistes; der Mensch ist in der Lage, kausale Zusammenhänge zu erkennen, Werkzeuge zu erschaffen und nach ethisch-moralischen Prinzipien zu handeln.

Was ist der Unterschied zwischen Mensch und Tier Philosophie?

Nach dem Philosophen und Theologen Thomas von Aquin nimmt der Menschen als leib-geistiges Vernunftwesen einen Platz zwischen den Engeln und den Tieren ein. Seine geistige Seele (Geist) unterscheiden ihn grundsätzlich und unüberwindlich von Tieren mit deren (nur sensitiven) Seele.

Was macht den Menschen besser als Tiere?

Körperliche Überlegenheit Auf keinem Gebiet der körperlichen Fähigkeiten ist der Mensch den Tieren überlegen. Hier mag man zwar einwenden, dass Menschen heute dank ihrer Technik fliegen können und sich schneller fortbewegen können als alle anderen Tiere.