1. Das Wichtigste in KürzeDie Erwerbsminderungsrente (umgangssprachlich oft noch wie früher Erwerbsunfähigkeitsrente oder EU-Rente genannt) soll dabei helfen, den Lebensunterhalt zu sichern. Wer weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann, erhält die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wer mindestens 3 Stunden aber nicht mehr als 6 Stunden arbeiten kann, bekommt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Eine Berufsunfähigkeit genügt in den meisten Fällen nicht für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, vielmehr muss die Fähigkeit irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben eingeschränkt sein. Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet, kann jedoch verlängert werden. Erwerbsminderungsrente muss beantragt werden. Show
2. Voraussetzungen und Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung2.1. Reha vor RenteWenn die Regelaltersgrenze für die reguläre Rente noch nicht erreicht und die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist, prüft der Rentenversicherungsträger, ob die Erwerbsfähigkeit durch medizinische Reha oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) wiederhergestellt werden kann. Sind bereits alle Reha-Maßnahmen ausgeschöpft oder geben keine Aussicht auf Besserung prüft die Rentenversicherung, ob die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Erhalt einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente erfüllt sind. 2.2. Medizinische Voraussetzungen einer Rente wegen ErwerbsminderungFür eine Erwerbsminderungsrente muss die Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sein. Es wird unterschieden zwischen teilweise und voll erwerbsgemindert:
Eine "nicht absehbare Zeit" liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Monate lang vorliegen werden. Es kommt dabei auf einen Blick in die Zukunft an, nicht darauf, wie lange die Leistungseinschränkungen bisher schon bestanden haben. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wird anhand ärztlicher Unterlagen geprüft, ggf. wird ein weiteres Gutachten angefordert. 2.3. Erwerbsminderung ist mehr als BerufsunfähigkeitWichtig ist dabei, dass es um irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geht. Berufsunfähigkeit allein führt nur im Ausnahmefall, siehe unten im Abschnitt zum Berufsschutz, zu einer Rente wegen Erwerbsminderung. Als Maßstab, wie lange noch eine Erwerbstätigkeit möglich ist, wird geschaut, für wie viele Stunden am Tag noch körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten möglich sind. 2.4. ArbeitsmarktrenteAußerdem kann auch eine sog. Arbeitsmarktrente gewährt werden: Die Arbeitsmarktrente ist eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die wegen verschlossenem Arbeitsmarkt gewährt wird, obwohl ein Mensch über 3 und unter 6 Stunden in Teilzeit arbeiten könnte. Die Arbeitsmarktrente ist nicht direkt im Gesetz geregelt, sondern die Rechtsprechung der Sozialgerichte hat sie entwickelt. Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1967 gilt der Arbeitsmarkt als praktisch verschlossen, wenn weder der Rentenversicherungsträger noch das zuständige Arbeitsamt (heute die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter) innerhalb eines Jahres seit Stellung des Rentenantrages einen für die betroffene Person in Betracht kommenden Arbeitsplatz anbieten kann. Grundsätzlich ist die Arbeitsmarktlage zwar nicht zu berücksichtigen, wenn ein Mensch mehr als 6 Stunden erwerbstätig sein, aber wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen keine Arbeit finden kann. Eine Erwerbsminderungsrente gibt es dann nicht. Ausnahmsweise kann aber in bestimmten Fällen dennoch eine Rente gewährt werden:
Diese Leistungseinschränkungen heißen qualitative Einschränkungen (= Einschränkungen im Bezug auf die Art der noch möglichen Tätigkeit). Der Rentenversicherungsträger muss in diesen Fällen eine konkrete sog. Vergleichstätigkeit nennen, die noch ausgeführt werden kann, will er die Rente wegen Erwerbsminderung ablehnen. Vergleichstätigkeit kann irgendeine denkbare Beispieltätigkeit sein, die trotz der gesundheitlichen Einschränkungen noch möglich ist. Mit der Ausbildung oder den beruflichen Erfahrungen der versicherten Person braucht sie nichts zu tun haben. Der Rentenversicherungsträger muss im Zweifel nachweisen, dass es diese Vergleichstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich noch gibt und dass die versicherte Person die dafür nötige Qualifikation hat oder sie innerhalb von 3 Monaten erlangen kann. 2.5. Versicherungsrechtliche VoraussetzungenDie versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt, wer
2.5.1. PraxistippDie Deutsche Rentenversicherung informiert über Ausnahmeregelungen im Zusammenhang mit allgemeiner Wartezeit und Zahlung von Pflichtbeiträgen unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Rente > Allgemeine Informationen zur Rente > Rentenarten & Leistungen > Erwerbsminderungsrenten. Hier finden Sie auch Informationen, was genau als Wartezeit angerechnet werden kann, z.B. Zeiten der Kindererziehung, aus einem Minijob, während der Pflege eines Angehörigen oder aus einem Versorgungsausgleich bei Scheidung. 2.5.2. Erwerbsminderung für Menschen mit BehinderungVoll erwerbsgemindert ist auch, wer
2.5.3. BerufsschutzVersicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind und in ihrem oder einem vergleichbaren Beruf nur noch weniger als 6 Stunden arbeiten können, bekommen eine teilweise Erwerbsminderungsrente, auch wenn sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 und mehr Stunden arbeiten könnten (§ 240 SGB VI). 2.6. Antrag auf Rente wegen ErwerbsminderungDie Erwerbsminderungsrente muss beantragt werden. Das Formularpaket für den Antrag kann telefonisch angefordert oder unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Rente > Allgemeine Informationen zur Rente > Rentenarten & Leistungen > Erwerbsminderungsrente heruntergeladen werden. Die Rentenversicherung bietet Beratungstermine an, um ggf. offene Fragen zu beantworten und Hilfe bei der Antragstellung zu geben. 2.7. Rente wegen Arbeitsunfall/ BerufskrankheitBesteht die Erwerbsminderung aufgrund eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit ist die Unfallversicherung zuständig, Näheres unter Verletztenrente Unfallrente. 3. Dauer der Rente wegen ErwerbsminderungDie Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet und wird für längstens 3 Jahre gewährt. Bei Notwendigkeit der Weiterführung der Rente ist ein neuer bzw. ein Verlängerungsantrag nötig. Um eine lückenlose Zahlung der Erwerbsminderungsrente zu gewährleisten, sollte dieser mindestens 4 Monate vor Ablauf der Befristung gestellt werden. Eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente wird frühestens ab dem 7. Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt. Unbefristet wird die Rente nur gewährt, wenn keine Verbesserung der Erwerbsminderung mehr absehbar ist; davon ist nach 9 Jahren auszugehen (§ 102 Abs. 2 SGB VI). Ist bereits bei Antragstellung eindeutig, dass es sich um eine unbefristete Erwerbsminderungsrente handelt, wird sie ab dem Monat nach dem Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt. Der Rentenantrag muss innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Erwerbsminderung eingereicht werden. Mit Erreichen der Altersgrenze der Regelaltersrente wird die Erwerbsminderungsrente in die Regelaltersrente umgewandelt. 4. Höhe der Rente wegen ErwerbsminderungDie Höhe der Erwerbsminderungsrente wird individuell errechnet. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig, z.B. Beitragszeiten, Beitragshöhe, Rentenartfaktor. Die monatliche Rentenhöhe (brutto) kann beim Rentenversicherungsträger erfragt werden. Die Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente (brutto) kann auch der jährlichen Renteninformation entnommen werden, in der Regel sind dabei die Rentenabschläge berücksichtigt. 4.1. Neuregelungen zur Erhöhung der ErwerbsminderungsrenteAuch wer in jungen Jahren eine Erwerbsminderungsrente braucht, soll eine ausreichend hohe Rente haben. Darum bekommen diese Menschen eine sog. Zurechnungszeit, das heißt sie werden so gestellt, als hätten sie länger gearbeitet.
4.2. RentenabschlägeFür jeden Bezugsmonat der Erwerbsminderungsrente, der nach dem 60./62. und vor dem 63./65.* Geburtstag liegt, gibt es einen Rentenabschlag von je 0,3 %; der Abschlag beträgt höchstens 10,8 % (§ 77 SGB VI). Diese Rentenkürzung ist dauerhaft, d.h. sie fällt mit dem Eintritt in eine Altersrente (Rente) nicht weg und führt nach dem Tod des Versicherten auch zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente. *Seit 2012 steigt die Grenze für eine abschlagsfreie Rente von 63 auf 65. Es bleibt aber immer bei einem maximalen Abschlag von 10,8 %.
4.3. Praxistipps
5. Erwerbsminderungsrente und Einkommen5.1. SelbstständigkeitAuch selbstständig Erwerbstätige können eine Erwerbsminderungsrente beanspruchen, wenn sie die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen erfüllen. Die weitere Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf Kosten der Gesundheit ist rentenunschädlich. Das erzielte Einkommen ist dabei allerdings auf die Erwerbsminderungsrente anzurechnen und kann den Rentenzahlbetrag mindern, Näheres unter Rente > Hinzuverdienst. Der Rentenversicherungsträger überprüft dann allerdings ggf. erneut, ob die Feststellungen zur Erwerbsminderung wirklich zutreffen. 5.2. HinzuverdienstDie volle Erwerbsminderungsrente wird ungekürzt ausgezahlt, wenn der Hinzuverdienst den jährlichen Freibetrag nicht übersteigt. Dieser beträgt 6.300 €. Von einem höheren Hinzuverdienst werden 40 % auf die Rente angerechnet. Jede Erwerbstätigkeit muss dem Rentenversicherungsträger gemeldet werden. Näheres unter Rente > Hinzuverdienst. Zu beachten ist, dass eine Arbeit von 3 oder mehr Stunden täglich den Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente gefährdet. Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente gibt es individuelle Hinzuverdienstgrenzen. Die Grenzen werden beim Rentenversicherungsträger oder z.B. bei einem Rentenberater (Rentenversicherung) berechnet. 6. GrundrenteWer langjährig gearbeitet, Kinder erzogen und/oder Angehörige gepflegt hat, kann unter Umständen Anspruch auf einen Zuschlag zur eigenen Rente haben. Näheres dazu unter Grundrente. Menschen mit einer Rente wegen Erwerbsminderung erreichen allerdings selten die lange Mindestversicherungszeit von 33-35 Jahren, die für den Bezug einer Grundrente Voraussetzung ist. 6.1. Praxistipps
7. Wer hilft weiter?Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen. 8. Verwandte LinksRente Altersrente für schwerbehinderte Menschen Rentenversicherung Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Rente > Kindererziehungszeiten Teilzeitarbeit Rechtsgrundlagen: §§ 43, 240 SGB VI Wird eine Erwerbsminderungsrente automatisch in eine Altersrente umgewandelt?Sobald das Rentenalter erreicht ist, erfolgt die automatische Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in das Altersruhegeld. Hierzu muss kein Antrag gestellt werden. Ab einem Alter von 60 Jahren kann die Erwerbsminderungsrente auf Antrag in eine Altersrente umgewandelt werden.
Was kommt nach der Erwerbsminderungsrente?Ab 1.10.2022 wurde die Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Regelaltersrente umgewandelt. Die Regelaltersrente beträgt in den Jahren 2022 und 2023 monatlich 1.000 EUR (im Jahr 2022 somit 3.000 EUR und im Jahr 2023 12.000 EUR).
Was habe ich zu machen nach der Erwerbsminderungsrente Habe ich Anspruch auf Arbeitslosengeld?Das Bundessozialgericht hat am 23.02.2017 entschieden, dass eine Bezieherin einer befristeten Erwerbsminderungsrente einen Anspruch auf Arbeitslosengeld-1 hat. Und zwar auch bei einer Lücke von mehr als einen Monat zwischen den früheren ALG-1 Bezug und einer befristeten Erwerbsminderungsrente.
Wie wirkt sich die Erwerbsminderungsrente auf die spätere Rente aus?Bezieht ein Versicherter zuerst eine Erwerbsminderungsrente und steigt dann auf die Altersrente um, so ist es möglich, dass die Altersrente höher ausfällt als vorher. Der Deutschen Rentenversicherung zufolge kann die Zurechnungszeit der Erwerbsminderungsrente als Anrechnungszeit für die Altersrente anerkannt werden.
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