Mit seinem latein am ende sein bedeutung

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Veröffentlicht: Mittwoch, 13.05.2020 14:00

Neu bei Antenne Unna: Woher kommt dieses Sprichwort eigentlich? Jeden Tag klären wir, was Redewendungen oder Begriffe eigentlich mal bedeutet haben.

Mit seinem latein am ende sein bedeutung

Jetzt muss ich auch langsam mal passen - da bin auch ich mit meinem Latein am Ende. Das benutzen wir gerne mal, wenn wir echt nicht mehr weiterwissen.

Und genau das war auch schon immer die Bedeutung des Sprichwort.

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Jeder kennt diese Redewendung – doch was bedeutet sie genau, und wo kommt sie eigentlich her?
„Mit seinem Latein am Ende sein“ heißt so viel wie „ich weiß nicht weiter, ich bin ratlos, ich kann dieses Problem nicht lösen“. Andere Formen dieser Redewendung sind auch „mit dem Latein am Ende sein“ oder „mit seinem Latein zu Ende sein“. Alle drei haben nicht nur die gleiche Bedeutung, sondern auch den gleichen Ursprung.

Sie beziehen sich auf die Neuzeit, in der Latein die wichtigste Sprache in den Wissenschaften war. Nur besonders gebildete Menschen konnten Latein verstehen, das „einfache Volk“ war außen vor. Somit waren Kenntnisse in Latein ein Zeichen für Bildung, Können und Wissen. Wenn jemand mit seinem Latein am Ende war, hieß das also, dass selbst ein überproportional gut gebildeter Mensch nicht weiter wusste.

Möglicherweise sind die Redewendungen entstanden, weil man so über Schüler spottete, die eine Rede auf Latein halten mussten, aber auf einmal innegehalten haben, weil sie der Sprache nicht wirklich mächtig waren. Eine andere Möglichkeit ist, dass Ärzte gewisse Krankheiten nicht identifizieren konnten – sie waren mit ihren Fachkenntnissen, ihrem Latein, am Ende.

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Tagesaktualität, wie sie sich mit einem Blog verbindet, und Antike – das scheint nicht zusammenzugehen. Dennoch soll hier der Versuch gewagt


„Ich bin mit meinem Latein am Ende", das heißt soviel wie: Ich weiß nicht mehr weiter, meine Kenntnisse reichen nicht aus, um ein bestimmtes Problem zu...

„Ich bin mit meinem Latein am Ende“, das heißt soviel wie: Ich weiß nicht mehr weiter, meine Kenntnisse reichen nicht aus, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Den (spät-)mittelalterlichen Hintergrund dieser Redewendung hat jetzt der Erlanger Historiker Alfred Wendehorst an etwas abgelegener Stelle erläutert („Mit dem Latein am Ende sein“. Die kulturhistorischen und philologischen Grundlagen einer sprichwörtlichen Redensart, in: Axel Gotthard u.a. [Hgg.], Studien zur politischen Kultur Alteuropas. Festschrift für Helmut Neuhaus zum 65. Geburtstag, Berlin 2009, 305-315).
Der Wendung zugrunde liegt eine Dissonanz. Die lateinische Sprache wurde über die Auflösung des Römischen Reiches im Westen hinaus bekanntlich in der Kirche, später auch von Gelehrten und Juristen weitergetragen. Dabei stand sie als gelernte Literatursprache neben den ‘Muttersprachen‘. Die Gelehrten hatten mit dieser Absonderung wenig Probleme, denn was sie verhandelten, etwa philosophische Fragen, bewegte sich ohnehin in einem abgesonderten Raum, in dem man mit der Sprache von Cicero und Augustinus gut zurechtkam. Auch das alltägliche Kirchenlatein war zwar nicht mehr klassisch, aber doch im Ritualbetrieb soweit gefestigt, daß sich die Frage nach Innovation nicht stellte. Anders verhielt es sich im juristisch-administrativen Bereich oder auf dem Gebiet der Wirtschaft, die einem steten Wandel unterlagen. Wenn man dort mit dem ‘klassischen‘, in der Dom- oder Klosterschule erlernten Latein Begriff und Sache nicht mehr zur eindeutigen Deckung bringen konnte, half man sich ab dem 12./13. Jahrhundert, indem man ein gemeinsprachliches Wort mit id est, vulgariter dicitur oder nuncupatur in den lateinischen Satz einfügte. Das war besonders bei juristischen Sachverhalten enorm wichtig, kam es hier doch auf Eindeutigkeit an. Mit einer Urkunde vom 19. Juni 1249 schenkte König Wilhelm von Holland dem Benediktinerinnenkloster Hemelpoort in Werendijke im Bistum Utrecht die promontoria, que dune vulgariter appellantur, gelegen zwischen Vronelantweche und Clinghenweghe. Promontorium/promunturium bedeutet „Vorgebirge“, „Ausläufer eines Gebirges“, auch „Bergvorsprung“, jedenfalls einen markanten Punkt einer Küste. Keine dieser Bedeutungen aber kann gemeint sein, da die vormalige Insel Walcheren, auf der das Kloster lag, platt wie ein Brett ist. Der Diktierer oder Schreiber des königlichen Diploms ergänzte daher das volkssprachliche Wort „Düne“. In anderen Fällen war der lateinische Begriff zu allgemein und mußte spezifiziert werden (officium wlgariter camerampt dictum). Bisweilen wurde auch deutsch und lateinisch präzisiert: ius temporale, quod vulgariter halsgericht dicitur sive exercitium iusticie ac gladii potestatem („Gerichts- und Schwertgewalt“). Wenn eine zugrundeliegende Rechtsvorstellung dem Römischen ganz unbekannt war, mußte eine abstrakter ‘Platzhalter‘ gefunden werden, der dann deutschrechtlich ausgefüllt wurde: unum optimale quod vulgariter dicitur ein bestheupt – die sog. Todfallabgabe an den Grundherren beim Tod eines Hörigen, in der Regel das beste Stück Vieh im Stall. Manchmal reichte auch eine ganze Salve von lateinischen Ausdrücken nicht: societates, corpora sive collegia civitatis, que wlgariter zumpfte nuncupantur. In der Tat, die Antike kannte keine Zünfte im technischen Sinn. Auf den aber kam es in Urkunden an.
„Mit dem Latein am Ende sein“ bedeutete also, eine gemeinte Sache nicht hinreichend präzise ins Lateinische übersetzen zu können, weswegen man in die Muttersprache auswich. Id est, quod vulgariter dicitur usw. fiel dann zunehmend auch weg. Indem die Sprache den ‘moderneren‘, spezifischeren Sachen zu folgen hatte, kann man mit Wendehorst von „einem Epochenvorgang, welcher der europäischen Modernisierung angehört“, sprechen. Die Universalität der lateinischen Sprache hatte eine homogene Lebenswelt, das Imperium Romanum, und eine im wesentlichen einheitliche Kultur von großer Prägekraft zur Voraussetzung gehabt. Nur die universale Kirche und die Gelehrtenwelt, die universitas eruditorum, hielten noch lange, bis weit ins 20. Jahrhundert, am Latein fest. Und die Kirche, genauer: der Vatikan bemüht sich ideenreich, die Sprache der Römer und der frühen Christen (im Westen) dem 21. Jahrhundert anzupassen. Und da ist natürlich noch der großartige Wilfried Stroh …

– Lexicon Recentis Latinitatis. Über 15.000 Stichwörter der heutigen Alltagssprache in lateinischer Übersetzung, Bonn 1998, 2. Aufl. 2003
– Chr. Helfer, Lexicon Auxiliare – Ein deutsch-lateinisches Wörterbuch, Saarbrücken 2. Aufl. 1985

– Vicipaedia Latina

– Jügren Leonhardt, Latein. Geschichte einer Weltsprache, München 2009 (Rez. hier)

– Wilfried Stroh, Lebendiges Latein, in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Bd. 15/1, Stuttgart/Weimar 2001, 92-99.