Was bedeutet schwimmen wie Sonnenlicht durch den dunklen Wald?

Der erste Sinnabschnitt (Vers 1-8) handelt vom Potsdamer Platz bei Tag und der zweite (Vers 9-14) bei nächtlichem Regen. Mit einer bildreichen Sprache wird die Hektik und die Unterdrückung der Individualität im industrialisierten Großstadtleben thematisiert.

Geschichte des Café Josty

Das Café Josty war eine Berliner Konditorei, deren bekannteste Filiale das Künstlercafé am Potsdamer Platz war.

Neunzehntes Jahrhundert

Die Brüder Josty wanderten aus Sils in der Schweiz nach Berlin aus und gründeten 1796 die Zuckerbäckerei Johann Josty & Co. Aus dieser Firma ging das Café Josty hervor, das mindestens seit 1812 bestand. Es befand sich zunächst "An der Stechbahn", dann auf der Schlossfreiheit (heute Schlossplatz) und schließlich nach 1880 am Potsdamer Platz.

An den früheren Adressen verkehrten Künstler wie Heinrich Heine, Joseph von Eichendorff und die Gebrüder Grimm - und während der Kaiserzeit Theodor Fontane und Adolph von Menzel. Im Jahr 1900 verkaufte die Familie Josty das Café an die Witwe des Gründers des Café Bauer. Das Josty wurde modernisiert, behielt aber seinen ursprünglichen Namen.

Der Schriftsteller und Dichter Heinrich Heine schrieb 1822 in seinen Briefen aus Berlin:

„Aber gerade vor uns ist die Stechbahn, eine Art Boulevard. Und hier wohnt Josty! – Ihr Götter des Olymps, wie würde ich euch euer Ambrosia verleiden, wenn ich die Süßigkeiten beschriebe, die dort aufgeschichtet stehen.

Oh, kenntet ihr den Inhalt dieser Baisers! O Aphrodite, wärest du solchem Schaum entstiegen, du wärest noch viel süßer!

Das Lokal ist zwar eng und dumpfig und wie eine Bierstube dekoriert, doch das Gute wird immer den Sieg über das Schöne behaupten; zusammengedrängt wie die Bücklinge sitzen hier die Enkel der Brennen und schlürfen Creme und schnalzen vor Wonne und lecken die Finger.“

Zwanzigstes Jahrhundert

Im zwanzigsten Jahrhundert wurde das Café zu einem wichtigen Treffpunkt für Künstler, vor allem des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit.

Erich Kästner nutzte das Café als Schauplatz für eine wichtige Szene in dem Kinderbuch "Emil und die Detektive" (1929).

Das Café wurde 1930 geschlossen, und das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. In Wim Wenders' Film "Der Himmel über Berlin" (1987 ) versucht Homer (gespielt von Curt Bois), ein alter Dichter und Geschichtenerzähler, den Standort des Cafés zu finden, was ihm jedoch nicht gelingt.

Einundzwanzigstes Jahrhundert

Das neue Café Josty entstand 2001 im Sony Center, etwa 200 Meter vom früheren Standort der Hauptfiliale entfernt. Dabei wurde der historische Frühstückssaal des Grand Hotels Esplanade am leicht veränderten Ort wieder aufgebaut.

Heute ist es ein Restaurant und hat außer dem Namen mit seinem Vorgänger nichts gemein. Hier verkehren hauptsächlich Touristen und während der Berlinale auch Schauspieler und B-Promis.

Das Sonett „Auf der Terrasse des Café Josty“ ist 1912 der Feder von Paul Boldt entstanden und gehört somit in die Epoche des Expressionismus. Diese Periode war eine insbesondere ausdruckskräftige Zeit, was vor allem in der Kunst und Literatur erkennbar wurde. Das Wort Expressionismus stammt vom Lateinischen ex-pressio was nichts anderes als Ausdruck bedeutet. Es handelt sich somit um die Ausdruckskunst. In der Literatur bedeutete dies eine enorme Einbringung von Metaphern und Symbolik. Die Expressionisten brachen die Traditionen und lehnten die ursprünglichen lyrischen Formen ab. Vielmals benutzten sie verwerfliche und anstößige Elemente in ihren Werken.

Beispiel:

Zitat:

„Rissig werden Häuserwände.
Fische faulen in dem Flusse.
Alles nimmt sein ekles Ende.
Krächzend kippen Omnibusse.“
Prophezeiung von Alfred Lichtenstein

Ein klarer Appell an die Leser, sich mit den Begebenheiten kritisch auseinanderzusetzen und die Realität ins Auge zu fassen. In der Sprache hoben sich die Expressionisten entschieden von anderen Stilrichtungen ab. Sie sorgen für eine realitätsnahe Beschreibung der tatsächlichen Zustände. Die Werke im Expressionismus sind ein Weckruf an die Menschheit geprägt von Kritik, Diskrepanz und Tod. Die Künstler legen großen Wert auf die eigenen Gefühle und das Begehren nach Veränderung.

Deutschland und Frankreich waren besonders geprägt vom Expressionismus. Jakob von Hoddis, Franz Kafka und Heinrich Mann sind wichtige Künstler dieser Literaturepoche.

„Auf der Terrasse des Café Josty“ – Inhalt

Das Café Josty – eine Berliner Konditorei, gegründet von den Brüdern Josty im Jahr 1796, wurde ab 1812 ein beliebtes Künstlercafé auf dem Potsdamer Platz. Von der Terrasse konnten die Gäste auf den Potsdamer Platz blicken und dem Treiben zusehen. So fand auch Paul Boldt seine Inspiration für dieses Gedicht.

Das Sonett lässt sich in vier Teile einordnen und jeder Abschnitt entspricht einer Strophe.

Zitat:

„Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentrakte: Trams auf Eisenschienen,
Automobile und den Menschenmüll.“

In der ersten Strophe beschreibt er die Hastigkeit Berlins und die Geschehnisse am Potsdamer Platz Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Lärm, welcher sowohl durch den Verkehr wie auch durch die Menschen verursacht wird, verglichen mit hallenden Lawinen. Das Leben einer Großstadt, die betriebsame Atmosphäre und die Hektik werden hervorgehoben.

Zitat:

„Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink.
Stirne und Hände, von Gedanken blink,
Schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald“

In der zweiten Strophe wird das Menschengewimmel deutlich, welcher von der Terrasse aus zu beobachten ist. Ein Durcheinander von Menschen, die gedankenlos umherirren. Sie werden verglichen mit Ameisen (Ameisenemsig), und Eidechsen (wie Eidechsen flink), weil sie automatisch funktionieren.

Zitat:

„Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen – bunte Öle;“

In der dritten Strophe schildert der Dichter die bedrohliche und widerliche Großstadt-Atmosphäre bei Nacht. Hier verwendet er ein weiteres Stilmittel – Farben: „Weiße Fledermäuse“, „lila Quallen“ und „bunte Öle“. Diese sollen dem Leser ein unschönes, fast ekelerregendes Bild der Stadt bei Nacht zukommen lassen.

Zitat:

„Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen. –
Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.“

Diesen Eindruck vermittelt Paul Boldt in der vierten Strophe erneut. Die Nacht der Großstadt verglichen mit Eiter einer Pest. Eine bedrohliche, ekelerregende Situation.

Sprache und Form

Diese Themen reflektieren das trübe und bedrückende Gefühl der Expressionismus-Epoche. Die Möglichkeit sich zu entfalten ist nicht gegeben. Man ist eine Nummer in einer riesigen Stadt. Der Mensch wird willen- und orientierungslos.

Das Gedicht ist in einer Sonettform geschrieben: Zwei Quartetten und zwei Terzetten. Die ersten bestehen aus zwei Strophen mit je vier Versen. Die zweiten aus zwei Strophen mit je drei Versen. In diesem Gedicht hat der Dichter somit das Bild verstärkt, indem die ersten zwei Strophen den Tag und die letzten zwei die Nacht wiedergeben. Der Dichter achtet auf eine Reimstruktur: Bei den Quartetten reimt sich der erste auf den vierten Vers und der zweite auf den dritten Vers.
Bei den Terzetten handelt es sich um einen Kreuzreim und einen abschließenden Paarreim.

Nebst Metaphern verwendet der Dichter ebenso Personifikationen: Etwas Unbelebtes lässt er beleben, wie das „ewige Gebrüll“, welches wahrgenommen wird. Ein Elend der Menschen, die unentwegt dem Lärm ausgesetzt sind. Die Personifikation „hallenden Lawinen“ ist eine Metapher für die vielen Verkehrsmittel, die sich durch die pulsierende Stadt bewegen. „Menschenmüll“ als Neologismus (neues Wort) bedeutet etwas Unbrauchbares. Keine Individualität, sondern eine Menschenmasse, wo jeder Einzelne verloren geht. „Vergletschert“ symbolisiert emotionslose Menschen und kühle Atmosphäre.
In der nächsten Strophe benutzt er den Vergleich mit Tieren: „ameisenemsig“ und „wie Eidechsen flink“. Damit setzt er als Stilmittel die Emphase ein, um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen.

Wie bereits erwähnt setzt Boldt Farben ein: „lila Quallen“, „bunte Öle“, „Fledermäuse, weiß“. Aber auch indirekt verbinden die Strophen mit Farben: Bei Nacht denken wir instinktiv an Schwarz, bei Sonnenlicht an etwas Helles.

Analyse

Beim Lesen dieses Gedichtes wird Ihnen die Lebensqualität der Menschen aus dieser Zeit näher gebracht. Ein tristes Zeitalter mit überfüllten Städten, in welchem die Menschen leiden und eine Aversion ihrer Stadt gegenüber empfinden.

Boldt ist es gelungen, mithilfe sprachlicher Stilmittel, die Schattenseiten des Lebens in Berlin zu beschreiben. Er zeigt, wie die Großstadt von Umweltbelastung und der Trivialität Einzelner, bestimmt ist. Dabei lassen sich Parallelen zu heutiger Zeit ziehen: Anonymität sowie Einsamkeit sind heute mehr denn je vorhanden.

Welches Metrum hat das Gedicht auf der Terrasse des Café Josty?

Im Gedicht „Auf der Terrasse des Café Josty“ von Paul Boldt, welches in die Epoche der expressionistischen Lyrik einzuordnen ist, wird die Industrialisierung in Berlin anhand von Stilmittlen, welche naturbezogen sind, beschrieben. Die äußere Form des Gedichts ist ein Sonett1 mit zwei Quartetten und zwei Terzetten.

Welches reimschema hat das Gedicht auf der Terrasse des Café Josty?

Wie bereits erwähnt ist das Gedicht in Form eines Sonetts geschrieben. Es besteht daher aus 4 Strophen, wobei die ersten beiden Strophen vierversig und die letzten beiden Strophen dreiversig sind. Die ersten acht Verse bilden zwei umschließende Reime, während das Reimschema in den Versen neun bis 14 variiert.

Was bedeutet Aufspritzt Berlin des Tages glitzernd Nest?

Zum letzten Mal wird eine Metapher aus der Natur verwendet. Berlin wird als „des Tages glitzernd Nest“ beschrieben. Am Tage glitzert die Stadt, das heißt, dass sie attraktiv und verheißungsvoll wirkt.

Was bedeutet die Menschen rinnen über den Asphalt?

Die Menschen rinnen über den Asphalt wie Abwasser. Sie sind nur ein Teil eines Stroms und haben keine Macht ihr Schicksal bewusst zu lenken. Menschen rinnen [...], wie Eidechsen flink. Menschen werden mit niederen Tieren (Ameisen, Eidechsen) verglichen, ihr Tun und Handeln ist daher rein instinktgesteuert.