Die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) haben uns deutlich vor Augen geführt, wie schnell- auch ohne internationale Konflikte – eine radioaktive Bedrohung für jeden von uns real werden kann. Nach wie vor sind in unserer unmittelbarer
Nähe, im In- und Ausland, Atomreaktoren in Betrieb, neue werden gebaut. Eine Garantie, dass es in Zukunft zu keinem neuen Störfall kommen wird gibt es leider nicht. Unterschiedliche Informationen über die Gefahren der Strahlenbelastung führen zu einer weiteren Verunsicherung der Bevölkerung. * Die menschliche Schilddrüse benötigt für ihre Funktion Jod. Gelangt radioaktives Jod in den Körper, wird es in der Schilddrüse gespeichert. In der Folge kann Schilddrüsenkrebs entstehen. Durch rechtzeitige Einnahme von Kaliumjodidtabletten soll bewirkt werden, dass die Schilddrüse mit nicht schädlichem Jod gesättigt ist und das radioaktive Jod nicht mehr aufgenommen wird. Die Tabletten bieten keinen Schutz gegen andere radioaktive Stoffe oder gegen Strahlung von außen. Die Einnahme der
Tabletten darf nur im Katastrophenfall und nur nach Anordnung durch die Behörde erfolgen. Die Vorschriften für die richtige Einnahme (Zielgruppen, Altersstufen) sind unbedingt zu beachten. Der schleichende Super-GAUDie Folgen eines Reaktor-Unglücks für Natur und MenschNoch Jahrzehnte nach der Tschernobyl-Katastrophe sind die Auswirkungen auf die Umwelt sogar in Deutschland messbar. Doch wie genau reagieren Lebewesen und Lebensräume auf die radioaktiven Schadstoffe?
Naturschutzgebietsschild vor dem Atomkraftwerk Biblis in Südhessen - Foto: Helge May Noch immer landen in Bayern jedes Jahr Wildschweine und anderes Wildbret in der Tierkörperverwertung. Der Grund: ihre Strahlenbelastung ist zu hoch. Was bei der Atomkatatrophe 1986 in Tschernobyl passierte, hat noch Jahrzehnte danach Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen– auch in Deutschland. Schuld ist die radioaktive Wolke, die nach dem Super-GAU in der heutigen Ukraine über Teile Deutschlands hinweg zog. Wildtiere sind besonders betroffen, weil sich die radioaktiven Stoffe in ihrer Nahrungskette breit gemacht haben. Vor allem Pilze, die bevorzugt von Wildschweinen verspeist werden, weisen erhöhte Strahlenbelastungen auf. Doch welche Auswirkungen hat radioaktive Strahlung genau auf die Umwelt und ihre Bewohner? Radioaktivität auf und in Pflanzen
Vor allem in Süddeutschland sind Pilze noch mit radioaktivem Caesium belastet - Foto: Rudolf Bindig/www.naturgucker.de Radioaktive Strahlung lagert sich in Form von Gasen und Partikeln auf und in Pflanzen ab. Dabei werden zunächst die Pflanzen selbst stärker kontaminiert als die Wurzeln. Die Pflanzen nehmen Radioaktivität auch aus der Luft, mit dem Regenwasser und über die Böden auf. Wie viel ist neben der Freisetzung abhängig von der Größe und der Wachstumsphase der Pflanze. Radioaktivität im Boden und GrundwasserBöden werden vor allem in den oberen Schichten kontaminiert. Gerade in der lebenswichtigen und nährstoffreichen Humusschicht hält sich die Strahlung. Der Boden kann dadurch seine wichtigen Funktionen als (Grund-)Wasserspeicher, Schadstoffregulierer, Klimaregler, als Lebensraum für eine Vielzahl von Bodenorganismen und als Ernährungs- und Rohstoffquelle verlieren. Auch das Trinkwasser ist gefährdet. Während Cäsium im Boden wenig mobil ist und durch den Nährstoff Kalium bei der Aufnahme von Pflanzen blockiert wird, ist Strontium für Pflanzen leicht verfügbar. Plutonium hingegen ist wenig mobil und nur schlecht verfügbar. Jod hält sich in Abhängigkeit von der biologischen Aktivität des Bodens. Radioaktivität bei TierenAus der Luft und über die Nahrungskette gelangt radioaktive Strahlung in Tiere. Besonders anfällig sind Säugetiere, gefolgt von Fisch, Vögeln und Reptilien. Die Aufnahme hängt in erster Linie von der Art der Substanzen, ihrer Löslichkeit im Organismus und dem Alter ab. Besonders betroffen sind junge Tiere. Die innere Strahlenbelastung ist zudem wesentlich gefährlicher als von außen, da Organe langfristiger geschädigt werden können. Radioaktivität im MeerWelchen Weg die Radioaktivität nach dem Reaktorunglück in Fukushima in die marine Nahrungskette nimmt, welche Gefahren für die Tier- und Pflanzenwelt des Pazifiks entstehen, und ob die Giftstoffe mittelfristig auch zurück zu uns Menschen kommen, über den Verzehr von Algen, Muscheln oder Fisch, bleibt weiter ungewiss. Sicher ist aber, der Verdünnungseffekt des Meerwassers schützt, wenn überhaupt, nicht ewig.
In Milch und Spinat wurden in Japan erhöhte Strahlenwerte nachgewiesen - Foto: Helge May Wie nach Tschernobyl waren auch im japanischen Fukushima vor allem Spinat und Milch kontaminiert. Die Jodwerte wurden teilweise um das 20-fache übertroffen. Auch Cäsium fand sich weit über den sonst geltenden Grenzwerten in Spinat wieder. In weiteren Gemüsesorten wurden erhöhte Werte festgestellt. Zudem sind große Mengen des Meereswassers, das zum Kühlen der havarierten Reaktoren benutzt wurde, verstrahlt. Auch im Trinkwasser wurden erhöhte Jodkonzentrationen gemessen. Plutonium wurde ebenfalls außerhalb des Reaktors nachgewiesen.
Verwandte ThemenWie weit strahlt ein Atomkraftwerk wenn es explodiert?10-km-Radius: Die Hälfte der betroffenen Menschen erliegt ihren Verletzungen und Verbrennungen. Viele sterben bald nach der Explosion aufgrund von Bränden und an der Strahlenkrankheit. 80-km-Radius: Radioaktiver Niederschlag verbreitet sich.
Was schützt vor Atomstrahlung?Schutz vor Strahlung
Alphastrahlen können schon von Papier oder Karton abgeschirmt werden. Gegen Betastrahlen kann mit Aluminiumblech eine völlige Abschirmung erreicht werden. Gammastrahlen dagegen werden normalerweise mit einer fünf Zentimeter dicken Bleischicht abgeschirmt.
Was passiert mit Deutschland wenn das Atomkraftwerk explodiert?Selbst bei einem erheblichen Austritt von Radioaktivität im größten ukrainischen Atomkraftwerk müsste die deutsche Bevölkerung keine weitreichenden Folgen befürchten. Das Bundesamtes für Strahlenschutz gibt Entwarnung.
Was passiert wenn ein Atomunfall passiert?Bei einem Atomunfall wird unkontrolliert radioaktive Strahlung freigesetzt und so die Umwelt kontaminiert. Kommt es zu einem schwerwiegenden Unfall, spricht man von einem Super-GAU (GAU = größter anzunehmender Unfall) . In Folge kann die radioaktive Kontamination zu schweren Umwelt- und Gesundheitsschäden führen.
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