Wer ist auf einem chinesischen schein dargestellt

Chinesische Produkte, ob einfache Kinderspielzeuge oder hochentwickelte Elektroartikel, finden immer stärkeren Absatz auf der ganzen Welt. Sie locken die Konsumenten durch günstige Konditionen, mit denen die Konkurrenz nicht mehr mithalten kann. Aufgrund dieser Umstände sind chinesische Exporte in den letzten Jahren rasant angestiegen, woraus unweigerlich der erhebliche Leistungsbilanzüberschuss der Volksrepublik entstand. Viele Wissenschaftler führen dieses Ungleichgewicht auf angebliche „Wechselkursmanipulatio- nen“ von Seiten der chinesischen Regierung zurück, die somit unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Handelspartnern erzielt. Diese Umstände, die internationale Spannungen ausgelöst haben, erreichten im Ausruf eines weltweiten „Währungskrieges“ ihren Höhe- punkt. Tatsächlich könnte ein künstlich niedrig gehaltener Yuan die chinesischen Exporte, gerade in die USA, immens verbilligt und damit den unglaublichen Aufschwung ermöglicht haben. China ist somit schon längst von einem kleinen Entwicklungsland zum Wachs- tumsmotor der Weltwirtschaft aufgestiegen.1 Im Jahr 2009 hat China, mit seiner atembe- raubenden wirtschaftlichen Entwicklung, sogar Deutschland als langjährigen Exportwelt- meister vom Thron gestoßen. Chinesische Exporte beliefen sich in diesem Zeitraum auf etwa 840 Mill. Euro, im Vergleich dazu erreichten deutsche Exporte nur noch einen Wert von 816 Mill. Euro.2 Dies zeigt eindrucksvoll, wie China mit seiner Bevölkerung von 1,3 Mrd. Menschen zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz der etablierten Industrienatio- nen herangewachsen ist.

Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, welche unterschiedlichsten Einflussfaktoren Chinas enormes Wachstum ermöglicht haben und inwiefern die chinesische Zentralbank (PBoC) durch ihre Devisenmarktinterventionen einen erheblichen Anteil daran hat. Zunächst soll jedoch auf die verschiedenen Methoden der Bewertung einer Währung eingegangen und die jeweiligen Nachteile der einzelnen Verfahren aufgezeigt werden. Zweck ist es letztlich festzustellen, ob und wenn ja um wie viel, der chinesische Yuan unterbewertet ist. Im An- schluss wird auf die „Manipulation“ des chinesischen Wechselkurses über die verstärkte Nachfrage von US-Staatsanleihen eingegangen, sowie die daraus resultierenden positiven und negativen Effekte dargestellt. Dabei wird nicht vernachlässigt, welche einzigartigen Chancen, gerade in Bezug auf eine Sterilisierungspolitik der Zentralbank, sich nur in dieser „zentralverwaltungsähnlichen“ Umgebung ergeben. Es wird sich zeigen, dass viele einzelne Faktoren für den großen Erfolg der chinesischen Devisenmarktinterventionen verantwort- lich sind. Zum Schluss soll auf die zukünftigen Herausforderungen der PBoC eingegangen und ein kurzer Ausblick über die Zukunft des chinesischen Währungssystems gegeben werden.

2 Chinas Entwicklung im Währungsbereich

Um ein besseres Verständnis von der Diskussion um die Chinesische Währungsproblema- tik zu bekommen ist es hilfreich, zuerst einen kurzen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Die gezielten Reformen des Währungssystems waren in der Volksrepublik stets mit erheb- lichen Änderungen und somit auch wirtschaftlichen Folgen verbunden. Zusätzlich wird in Kapitel 2.2 eine aussagekräftigere Methode zur Beobachtung von Wechselkursentwicklun- gen dargestellt. Mit ihrer Unterstützung wird eine genauere Analyse des Yuan möglich.

2.1 Das Währungssystem im Zeitablauf

Vor der Betrachtung des Wechselkurssystems in der Volksrepublik China muss berücksich- tigt werden, dass diese Nation über Jahre hinweg von einer Planwirtschaft gekennzeichnet war und sich bis heute nur zum Teil davon lösen konnte. Diesen Umstand sollte sich der Leser bei den weiteren Ausführungen immer, besonders jedoch in Kapitel 4, vor Augen halten.

Die Entwicklung des chinesischen Wechselkurssystems kann generell in zwei Etappen, nämlich bis 1994 und nach 1994, unterteilt werden. Erstere war von einem dualen Wech- selkurssystem geprägt. Dies bedeutet, dass neben dem offiziellen, von der Regierung festge- legten fixen Kurs, ein weiterer marktbezogener, d.h. durch Angebot und Nachfrage deter- minierter Kurs existierte. In der zweiten Phase wurde im Jahr 1994 das duale Wechselkurs- system von einer „Pegged Exchange Rate“ abgelöst und der Wechselkurs auf einen Wert von 8,276 bis 8,28 RMB/USD fixiert.3 Im Jahr 2005 wird zwar offiziell zu einer „Managed Floating Exchange Rate“ übergegangen, aufgrund der in der Praxis nur sehr geringen Aus- wirkungen dieser Änderung wird mit diesem Schritt jedoch keine neue Etappe begründet. Denn seit diesem Zeitpunkt betreibt die Regierung zwar offiziell eine Politik des frei floa- tenden Wechselkurses mit „Anlehnung“ an einen Währungskorb, tatsächlich besteht aber noch immer eine starke parallele Entwicklung zum US-Dollar.4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wechselkursentwicklung RMB/USD5

2.1.1 Das duale Wechselkurssystem bis 1994

Die erste bedeutende Änderung des chinesischen Wechselkurssystems erfolgte Anfang der 70er Jahre. Damals legte sich die Regierung auf einen einheitlichen fixen Wechselkurs fest. Aufgrund der damaligen Überbewertung des Yuan, wirkte sich dieser jedoch negativ auf die inländischen Exporte aus und musste deshalb schon kurze Zeit später auf ein neues fixes Niveau korrigiert werden. Die zuvor über lange Zeit vorherrschenden negativen wirt- schaftlichen Umstände waren nur in einem kommunistischen System längerfristig tolerier- bar, da die resultierenden Verluste der staatlichen Unternehmen verschleiert und im An- schluss vom Staat selbst getragen wurden. Die chinesische Regierung reagierte erst relativ spät auf diese Missstände und setzte erst Ende der 70er Jahre wirtschaftliche Reformen, wie die Dezentralisierung des Handels sowie der Festlegung des Wechselkurses auf einen nun akzeptablen Wert von 2.8 RMB/USD, durch.6

Im Jahr 1988 änderte die chinesische Regierung ihre bisherige Strategie erneut und führte in einer ersten Phase ein duales Wechselkurssystem ein, das bis 1994 erhalten blieb. Dieses bestand aus einem von der Regierung fest vorgegebenen fixen und einem frei schwanken- den Kurs. Letzterer wurde in so genannten „Swap Centers“ ermittelt, wobei der Kurs aus Angebot und Nachfrage der jeweiligen Akteure auf den Devisenmarkt entstand. Dieses System war durchaus erfolgreich und erst eine extreme Abwertung des freien Wechselkur- ses Anfang der 90er Jahre hat eine erneute Änderung herbeigeführt. Zum damaligen Zeit- punkt (1994) entschied sich die Regierung, als Reaktion auf den schwachen freien Wech- selkurs, auch den fixen Kurs abzuwerten und aus dem dualen einen einheitlichen Wechsel- kurs zu bilden. Dieser war ab diesem Zeitpunkt an den US-Dollar gebunden.7 Wie Abbil- dung 1 deutlich macht, hatte diese Änderung einen durchaus positiven Einfluss auf die weitere Entwicklung der Volksrepublik. Bis ins Jahr 1994 unterlag der Wechselkurs signifi- kanten Schwankungen und die Inflationsrate befand sich auf einem sehr hohen Niveau. Durch die Bindung des Yuan an den USD konnte die Inflationsrate schließlich auf einen akzeptablen Wert von ca. 4% gesenkt werden. Zusätzlich hat die Volatilität des Wechsel- kurses, als natürliche Folge des fixen Kurses zum USD, enorm abgenommen. Durch diesen wichtigen Schritt zu einem „Dollar-Peg“ wurde gesamtwirtschaftliche Stabilität erreicht und somit eine gute Grundlage für ein zukünftig hohes Wirtschaftswachstum geschaffen (siehe Abbildung 1).

2.1.2 Das Wechselkurssystem nach 1994

Wie bereits erwähnt, führte die chinesische Regierung im Jahr 1994 ein fixes Wechselkurs- system mit einer geringen Spanne von 8,276 bis 8,28 RMB/USD ein. Die hierdurch ge- wonnene Stabilität im Verhältnis zu den USA, ging auf der anderen Seite mit erheblichen Schwankungen zu anderen Ländern/Währungen einher.8 Nach den Terroranschlägen am 11. September und der folgenden Rezession, besonders in den USA, verlor der USD z.B. gegenüber dem Euro immer stärker an Wert. Anfang des Jahres 2002 notierte der EUR/USD-Kurs noch bei 0,875, Ende des Jahres 2008 jedoch bereits bei knapp 1,60 EUR/USD. Dies belegt die fast 50% Abwertung des USD innerhalb kürzester Zeit.9 Aufgrund des „Pegs“ wertete der Yuan gegenüber anderen Leitwährungen ebenso ab und China musste somit die Währungszyklen der USA simultan miterleben.

Erst Chinas Beitritt zur World Trade Organisation (WTO) im Jahr 2001 und teils heftiger Druck von Seiten der Handelspartner bewegte die Volksrepublik langsam dazu, die strikte Bindung an den USD aufzugeben. Im Juli 2005 genehmigte die Regierung eine Aufwertung des Yuan um ca. 2% und das Wechselkurssystem wurde schließlich zu einer „Managed Floating Exchange Rate“ abgeändert.10 Seither entsteht der Wechselkurs in China aus An- gebot und Nachfrage, unterstützt durch die langfristige Orientierung an einem Währungs- korb. Die genaue Gewichtung der einzelnen Devisen in diesem Währungskorb wurde zwar bisher nicht publik gemacht, doch es kann von einer überproportionalen Gewichtung des USD ausgegangen werden.11

Trotz des seit dem Jahr 2005 theoretisch frei schwankenden Wechselkurses, ist es bisher noch nicht zu der erhofften „Stärkung“ des Yuan gegenüber „Weltwährungen“, wie dem Euro oder dem japanischen Yen, gekommen. Trotz der leichten Aufwertungen gegenüber dem USD in den letzten Jahren, in 2010 um ca. 3,5% und in 2011 um zu erwartende 5%, ist der Yuan weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau.12 Die isolierte Betrachtung des RMB/USD Wechselkurses deutet zwar eine allgemeine Aufwertung des Yuan an (Abbil- dung 2), zusätzlich müssen hierbei jedoch die wirtschaftlichen Umstände beachtet werden, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Die gezeigte Aufwertung des Yuan ist nämlich zeitgleich mit einer signifikanten Dollarschwäche einhergegangen. Trotz der leichten Auf- wertung gegenüber dem USD hat sich der Yuan somit gegenüber anderen Währungen wie dem Yen oder dem Euro nicht in seinem Wert verändert. Diesen Sachverhalt macht die im nächsten Kapitel dargestellte Kennzahl NEER (Nominal Effective Exchange Rate) deut- lich, die den nominalen Wechselkurs des RMB nicht nur gegenüber einer einzelnen Wäh- rung, wie z.B. dem Dollar, sondern gegenüber mehreren wichtigen Leitwährungen (Wäh- rungskorb) darstellt. Dieses Berechnungsverfahren hat den Vorteil, dass keine voreiligen Schlüsse über eine mögliche Aufwertung des Yuan getroffen werden, bevor nicht ein Ver- gleich mit anderen Devisen herangezogen wird. Die reine Betrachtung des RMB/USD Kurses könnte zu der Aussage verleiten, der Yuan hätte in den letzten Jahren weltweit an Wert gewonnen.

2.2 Entwicklung von Chinas Währung

Um einen besseren Überblick über die Entwicklung des Yuan in den vergangenen Jahren zu erhalten ist es hilfreich, auf die Kennzahl NEER, zurück zu greifen. Diese vergleicht den Yuan nicht mit einer einzigen Währung, sondern mit einem Währungskorb. Die Gewichtung „w“ der einzelnen Devisen im Währungskorb der NEER erfolgt nach der jeweiligen Signifikanz der Handelspartner in Bezug auf die Handelsbilanz Chinas. Die Berechnung der NEER erfolgt daher nach der Formel:13

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wobei „E“ den aktuellen Wechselkurs des jeweiligen Landes zum Yuan darstellt.

Die verwandte Größe REER (Real Effective Exchange Rate) basiert auf dem gleichen Grundstock, nur ist sie um das Preisniveau bereinigt. Daher lautet die Formel:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wobei „Pit“ den gewichteten Preisindex der Handelspartner und „Pjt“ in diesem Fall den Preisindex (CPI) von China darstellt.

Abbildung 2 macht deutlich: Obwohl die Entwicklung des RMB/USD Kurses den An- schein erweckt als hätte der Yuan insgesamt aufgewertet, widerruft die Betrachtung der NEER diesen voreiligen Schluss. Die fixe Bindung an den USD wurde zwar weitestgehend aufgelöst, die zu beobachtende Aufwertung des Yuan ergibt sich jedoch zum Großteil aus dem schwächelnden USD selbst, und nicht aus einer gewollten Aufwertungsstrategie der Regierung in Peking. Chinas Währung hat genauer betrachtet, im Vergleich zu einem Wäh- rungskorb, noch fast den identischen Wert wie zu Beginn des hier gezeigten 10 Jahreszeit- raums (rote Linie). Die leichte Aufwertung des Yuan (gegenüber dem USD) in der Vergan- genheit, hat somit nur den „Verfall“ des USD ausgeglichen und daher den Wert des Yuan (gegenüber einem Währungskorb) bis heute nahezu konstant gehalten.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: NEER 2000-201015

Die Erklärung für den weiterhin schwachen Yuan liegt an den, im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch aufgezeigten, Interventionen der PBoC. Die Regierung verteidigt diese aktiven Interventionen auf dem Devisenmarkt mit der Begründung, dass zu erst das inländische Banken- und Finanzsystem stabilisiert werden müsse, bevor der Yuan frei „floaten“ darf. Kritiker argumentieren hingegen, die wahre Befürchtung der Regierung liegt in einem mög- lichen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Exporte.16 Gerade die US-Regierung scheint im unterbewerteten Yuan einen Schuldigen für die steigende Arbeitslosigkeit im eigenen Land und das Leistungsbilanzdefizit von 379 Mill. USD bzw. 2,7% des BIPs (2009) zu suchen.17 Nicht zu vernachlässigen ist jedoch die Tatsache, dass die USA selbst über Jahre hinweg von den günstigen chinesischen Importen profitiert haben, und nur so der hohe Lebensstandard der Amerikaner aufrecht erhalten werden konnte. Zusätzlich haben nicht nur die Konsumenten, sondern auch US-Unternehmen vom Handel mit China er- hebliche Vorteile generieren können. Obwohl US-Exporte nach China nur einen Bruchteil (17,7% in 2004) der chinesischen Importe in die USA ausmachen, rechnen Experten mit erheblich größeren Gewinnen für amerikanische als für chinesische Unternehmen. Die Begründung hierfür kann in der großen Anzahl amerikanischer Unternehmen in China gesehen werden, die als scheinbar chinesische Exporteure auf dem Markt aktiv sind und in Wirklichkeit ausländische (US-) Firmen darstellen.18

Es kann festgehalten werden, dass sich der Wert des Yuan gegenüber den Weltwährungen über die letzten Jahre faktisch kaum verändert hat. Der offizielle Schritt von einem „Dollar Peg“ zu einer „Managed Floating Exchange Rate“ hat sich in der Praxis kaum ausgewirkt. Der Yuan korreliert nicht mehr so stark mit dem US-Dollar wie zuvor, jedoch hat dies nicht zu der erwünschten allgemeinen Aufwertung des RMB geführt. Diese künstlich ge- schaffenen Rahmenbedingungen haben das chinesische Wirtschaftswachstum in den ver- gangenen Jahren angetrieben und sorgen deshalb vermehrt für internationalen Druck auf die Regierung in Peking.

Um die weltweite Unzufriedenheit mit der aktuellen chinesischen Währungspolitik nach- vollziehen zu können, muss jedoch zuerst eine Analyse des aktuellen Wechselkurses erfol- gen. Nur wenn dieser wirklich unterbewertet ist, wovon in aktuellen Diskussionen ausge- gangen wird, kann auch der internationale Unmut gerechtfertigt werden. Daher wird im nächsten Kapitel auf die aktuellen Methoden zur Messung des „wahren“ Wertes des Yuan eingegangen und anschließend mit ihrer Hilfe der tatsächliche Wert des Yuan bestimmt.

3 Theorien zur Währungsbewertung

Der „Peg“ einer Währung an die eines Nachbarlandes ist gerade für Entwicklungsländer mit noch keinem etablierten Finanz- und Zentralbankensystem ein effektives Mittel, um von stabilen und konstanten Wechselkursen des Nachbarn zu profitieren. Einzige Voraus- setzung für die Funktionsfähigkeit dieses Systems, ist eine annähernd simultane Entwick- lung der Wirtschaftsleistung der beiden Länder. Diese Grundvoraussetzung ist jedoch bei genauerer Betrachtung der chinesischen sowie der amerikanischen Wirtschaftsleistung in den Jahren seit 1994 (Einführung des „Pegs“) nicht gegeben.19 Dies belegt Anhang A1, der unter anderem die Wachstumsraten der beiden Nationen gegenüberstellt. China weist über einen Zeitraum von fast 20 Jahren eine um 6,8 Prozentpunkte p.a. höhere Wachstumsrate als die USA auf. Zusätzlich besteht zwischen den beiden Nationen ein Leistungsbilanzdefi- zit von 268 Mrd. USD (2008). Dieses Ungleichgewicht würde unter flexiblen Wechselkur- sen zu einer Aufwertung des Yuan gegenüber dem Dollar führen. Da dies aufgrund des bestehenden „Pegs“ verhindert wird, liegt die Vermutung einer Unterbewertung des Yuan nahe.

Um anstelle dieser Mutmaßung eine mathematisch exakte Berechnung als Beweis heran zu ziehen, gibt es in der bisherigen Literatur leider noch kein einheitliches und allgemein ak- zeptiertes Verfahren. Die beiden häufigsten in der Literatur verwendeten Modelle zur Be- stimmung des „wahren“ Wertes einer Währung sind die Kaufkraftparität und die makro- ökonomische Gleichgewichtstheorie. In Bezug auf China gibt es zusätzlich die Möglichkeit, über die Messung der erheblichen Devisenbestände des Landes, eine Währungsprognose zu erhalten. Aufgrund der erschwerten Rahmenbedingungen eines Entwicklungslandes wie China, werden diese Theorien im Folgenden direkt am Beispiel dieses Landes erläutert und im Anschluss ihre Aussage kritisch reflektiert. Um die Komplexität dieser Materie schon vorab deutlich zu machen, fasst Abbildung 3 die bisherigen Schätzungen der Wissenschaft bezüglich der Unterbewertung des Yuan und ihre teils signifikanten Abweichungen vonei- nander zusammen. Vergleichbare Prognosen im Jahr 2009 schwanken hierbei zwischen einer vermuteten Unterbewertung von 12% bis 50% und im Jahr 2010 immerhin noch zwischen 24%-40%. Dies macht deutlich, wie komplex und unsicher die bisher verfügbaren Verfahren der Währungsbewertung sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Prognosen der Unterbewertung20

3.1 Kaufkraftparität

Die absolute Kaufkraftparität (KKP) basiert auf dem Gesetz des einheitlichen Preises und besagt, dass identische Güter unter vollständigem Wettbewerb auf unterschiedlichen Märk- ten den gleichen Preis haben müssen. Ist dies nicht der Fall, ist der Wechselkurs entweder unter- oder überbewertet. Aufgrund häufiger Kritik an der absoluten KKP wird zum Teil auf ihre relative Formulierung verwiesen. Hierbei ist eine Änderung des Wechselkurses auf eine unterschiedliche Entwicklung des Preisniveaus der Länder zurückzuführen.21

3.1.1 Methode

Die KKP stellt dar, dass jede Änderung des nominalen Wechselkurses (E) durch eine Mo- difikation des Preisniveaus (P) ausgeglichen wird. Der reale Wechselkurs [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] muss deshalb bei Gültigkeit der KKP immer 1 betragen.22 Da der no- minale Wechselkurs (E) im Austauschverhältnis China/USA nicht schwanken kann, muss in diesem System fixer Wechselkurse jede Änderung des Preisniveaus zu einer Veränderung des realen Wechselkurses führen. Die Abweichung von q gegenüber dem unter „KKP- Bedingungen“ geltenden Wert von 1, verändert somit auch die Wettbewerbsfähigkeit Chi- nas gegenüber den USA, wobei eine Verbesserung und eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation impliziert.23

Basierend auf der KKP-Theorie hat die Zeitschrift „The Economist“ eine vereinfachte Form der Messung des Wertes einer Währung veröffentlicht. Sie bestimmt deren „wahren“ Wert aus dem Vergleich der Preise eines einzelnen, weltweit identischen und verfügbaren Produktes (eines Burgers) in verschiedenen Ländern in Bezug auf ein und dieselbe Währung (USD). Dieser so genannte BigMac-Index führt zu einer stark vereinfachten Prognose, liefert aber einen ersten wagen Anhaltspunkt: eine Unterbewertung des Yuan gegenüber dem USD in Höhe von 48% (siehe Anhang A2).

Bei genauerer Betrachtung der KKP muss jedoch zusätzlich auf die Forschungsergebnisse der beiden Ökonomen Balassa und Samuelson eingegangen werden, die in dem ursprüngli- chen BigMac-Index vernachlässigt wurden. Die Fakten ihrer Theorie sind im Folgenden zwingend zu beachten, da sie die Auswirkungen von technischem Fortschritt auf den Wechselkurs in Entwicklungsländern analysiert haben. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit stellen eindeutig dar, dass technischer Fortschritt, gerade bei handelbaren Gütern, zu einem An- stieg der Arbeitsproduktivität und daraus resultierend, zu einer Steigerung des Lohnniveaus in diesem Bereich führt.24 Im nächsten Schritt wirken sich diese erhöhten Löhne auch auf Sektoren „nicht handelbarer Güter“ des Entwicklungslandes aus und führen somit zu ei- nem allgemein steigenden Preisniveau. Dies muss nach der relativen KKP simultan mit einer Aufwertung der Währung einhergehen.25

Um diese weiterführende Methode auf die Bewertung der chinesischen Währung anzu- wenden, werden zuerst anstatt der Preise eines einzelnen BigMacs die Verbraucherpreise (CPI, Consumer Price Index) der USA und China gegenüber gestellt.26 Hierbei darf jedoch nicht vernachlässigt werden, dass die KKP nur für „handelbare Güter“ gilt und im CPI auch „nicht handelbare Güter“ wie z.B. Dienstleistungen enthalten sind. Gerade diese Ar- beitsleistungen sind jedoch in Ländern mit einem niedrigem BIP/Kopf, wie z.B. in China günstiger, als in den entwickelten Industrienationen. Daraus ergibt sich, gemessen an der KKP, eine erhöhte Kaufkraft.27 Dieser unerwünschte Effekt führt zu einer Übertreibung der auf dem BigMac-Index basierenden Schätzung, weshalb sie nach unten korrigiert wer- den muss.

Abbildung 4 zeigt graphisch den Balassa Samuelson Effekt auf, indem eine lineare Bezie- hung zwischen dem BIP/Kopf (Wohlstand) und der jeweiligen Unterbewertung der Wäh- rung hergestellt wird (diagonale Linie). Die Werte der X-Achse berechnen sich aus der Gleichung: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Deshalb ergibt sich für die USA ein Wert von 1.

China und andere Entwicklungsländer, wie z.B. Indien, erreichen hier nur einen sehr nied- rigen Wert, welcher auf die Armut dieser Länder und das dort noch vorhandene Wachs- tumspotential hinweist. Die Y-Achse berechnet sich anhand der Formel[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wobei im Zähler der Kurs PPP-Rate je Dollar und im Nenner deraktuelle RMB/USD Wechselkurs (für China) verwendet wird.28

Die Graphik macht deutlich, dass ohne die Erkenntnisse von Balassa Samuelson eine sehr starke Unterbewertung des Yuan festzustellen ist. China erreicht auf der Y-Achse einen Wert von 4, die USA dagegen einen Wert von 1. Deshalb kann von einer notwendigen Vervierfachung des RMB, bis zur Erreichung des Gleichgewichts, ausgegangen werden. Dies bedeutet, dass aktuell eine Unterbewertung des Yuan in Höhe von 400% vorliegt. Siehe vertikale Differenz zwischen China und USA (in Punkt 1/1). Da diese erste Prognose jedoch den Balassa Samuelson Effekt vernachlässigt, muss sie in einem weiteren Schritt unter dessen Beachtung relativiert werden. Hierzu wird die diagonale Linie, die den Balassa Samuelson Effekt darstellt (Schnittpunkt mit X-Achse in 1,0), parallel nach oben verscho- ben, bis sie das US-Niveau in (1/1) schneidet. Für China ergibt sich somit nach Verwen- dung aller bisherigen Erkenntnisse nur noch eine Unterbewertung gegenüber dem USD in Höhe von ca. 40% (Vertikale Differenz zwischen China und roter Linie). Die restliche be- stehende Differenz des Preisniveaus wird akzeptiert, da sich China noch auf einem erheb- lich niedrigeren Wirtschaftsniveau befindet und sich dieses Ungleichgewicht automatisch im Zeitablauf relativiert.29 30

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Balassa Samuelson Effekt31

3.1.2 Kritik

Die Darstellung über den BigMac-Index kann nicht als exakte Prognose akzeptiert werden, da bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse wie der Balassa Samuelson Effekt ausge- blendet werden. Des Weiteren gilt die KKP-Hypothese nur für „handelbare Güter“. Ein BigMac stellt dieses Gut jedoch nicht vollkommen dar. Der Großteil des Preises eines Bur- gers resultiert nicht nur aus den Kosten für das Fleisch und den sonstigen Zutaten, sondern auch aus den Aufwendungen für die erbrachten Dienstleistungen, die mit der Herstellung verbunden sind. Da der Monatslohn eines chinesischen McDonalds Mitarbeiters sicherlich geringer ist als der eines Angestellten in den USA, folgt hieraus der beobachtbare Preisun- terschied.32

Ein weiterer Kritikpunkt an der KKP-Methode besteht in der ausschließlichen Einbezie- hung von US-Daten in die Berechnungen. Gerade die Werte der Y-Achse von Abbildung 4 gehen auf den Vergleich einer Fremdwährung zum USD zurück. Hierbei wird jedoch die Möglichkeit vernachlässigt, dass der USD selbst unter- bzw. überbewertet ist und somit die vollzogenen Kalkulationen hinfällig wären.

Wer ist auf dem chinesischen Geldschein?

Auf fast allen Geldscheinen findet sich das Porträt des „Großen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas“ Mao Zedong (1893–1976).

Wie alt ist der chinesische Yuan?

1889 wurde der heute noch gebräuchliche Yuan eingeführt, der sich in 10 Jiao (角), 100 Fen (分) und 1000 Wen (文) unterteilte. Der Wechselkurs wurde anfangs pari an den Mexikanischen Dollar gekoppelt und entsprach damit 0,72 Tael alter Währung.

Wie heißen Chinesische Münzen?

Geldscheine und Münzen in China Banknoten sind gegenwärtig als 1-, 5-, 10-, 20-, 50- und 100-Yuan-Schein im Umlauf. Weit verbreitet sind auch Ein-Yuan-Münzen. Aufgrund der Inflation werden in China Geldscheine oder Münzen mit einem Wert von weniger als einem Yuan, also auch ein Jiao und fünf Jiao, selten verwendet.