Zu den sexuellen Funktionsstörungen gehören Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, unwillkürliche schmerzhafte Kontraktionen (Krämpfe) der Muskeln rund um die Scheide und fehlendes Interesse an (bzw. Verlangen nach) Sex sowie Probleme mit Erregung und Orgasmus. Damit eine sexuelle Funktionsstörung diagnostiziert werden kann, müssen diese Probleme die Frau belasten.
Etwa 30 bis 50 Prozent der Frauen haben in einigen Phasen ihres Lebens sexuelle Probleme. Wenn die Probleme ausreichend schwerwiegend und belastend sind, gelten sie als sexuelle Funktionsstörung. Eine sexuelle Funktionsstörung kann im Hinblick auf bestimmte Probleme beschrieben und diagnostiziert werden, wie z. B.:
Bei durch Substanzen/Medikamente induzierten sexuellen Funktionsstörungen hängt die sexuelle Funktionsstörung mit der Aufnahme, der Dosisänderung oder dem Absetzen einer Substanz oder eines Medikaments zusammen. Dabei kann es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament, eine Freizeitdroge oder härtere Drogen handeln. Sonstige sexuelle Funktionsstörungen schließen sexuelle Funktionsstörungen ein, die nicht in die anderen Kategorien passen. Dazu gehören sexuelle Funktionsstörungen, die keine identifizierbare Ursache haben oder den Kriterien einer bestimmten sexuellen Funktionsstörung nicht genau entsprechen. Fast alle Frauen mit sexueller Funktionsstörung weisen Anzeichen von mehr als nur einem spezifischen Problem auf. Beispielsweise haben Frauen, die nur schwer erregbar sind, weniger Spaß am Geschlechtsverkehr, haben Schwierigkeiten, einen Orgasmus zu bekommen oder finden Geschlechtsverkehr sogar schmerzhaft. Diese Frauen und die meisten Frauen, die während der sexuellen Aktivität Schmerzen haben, verlieren oft verständlicherweise das Interesse an und das Verlangen nach Sex. Die Sexualfunktion und die Reaktionen betreffen den Geist (Gedanken und Emotionen) und den Körper (einschließlich der Nerven, des Kreislaufs und der Hormonsysteme). Die sexuelle Reaktion beinhaltet Folgendes:
Die meisten Menschen – Frauen und Männer – sind aus mehreren Gründen sexuell aktiv. Sie fühlen sich beispielsweise zu einer Person hingezogen oder wünschen sich körperliches Vergnügen, Zuneigung, Liebe, Romantik oder Intimität. Frauen haben eine eher emotionale Motivation, wie z. B.
Bei Frauen kann sich das Verlangen einstellen, nachdem die sexuelle Aktivität und Stimulation beginnen. Sexuelle Stimulation kann Erregung und Lust sowie körperliche Reaktionen auslösen (einschließlich verstärkter Durchblutung des Genitalbereichs). Das Verlangen nach sexueller Befriedigung wird größer, wenn sexuelle Aktivität und Intimität fortgeführt werden, und eine körperlich und emotional lohnende Erfahrung bestätigt und stärkt die ursprünglichen Beweggründe der Frau. Einige Frauen fühlen sich sexuell befriedigt, ungeachtet dessen, ob sie einen Orgasmus haben oder nicht. Andere Frauen erleben eine viel größere sexuelle Befriedigung mit einem Orgasmus. Das Verlangen vor der sexuellen Aktivität nimmt bei Frauen mit zunehmendem Alter ab, steigt aber vorübergehend wieder, ungeachtet des Alters, wenn Frauen einen neuen Partner haben. Viele Faktoren verursachen oder tragen zu verschiedenen Arten sexueller Funktionsstörung bei. Traditionell werden physische oder psychische Ursachen unterschieden. Die beiden Ursachen können jedoch nicht voneinander getrennt werden. Psychische Faktoren können zu physischen Veränderungen in Gehirn, Nerven, Hormonen und schließlich in den Geschlechtsorganen führen. Physische Änderungen können sich psychisch auswirken, was wiederum weitere physische Auswirkungen nach sich zieht. Einige Faktoren sind viel mehr durch die Situation als durch die Frau bedingt. Die Ursache der sexuellen Funktionsstörung ist zudem häufig unklar. Verschiedene Ängste – vor dem Loslassen, vor einer Zurückweisung oder vor einem Kontrollverlust – und geringes Selbstwertgefühl können zu einer sexuellen Funktionsstörung beitragen. Frühere Erfahrungen können sich auf die psychische und sexuelle Entwicklung einer Frau auswirken und wie folgt Probleme verursachen:
Verschiedene sexuelle Bedenken können die sexuelle Funktionsstörung hervorrufen. Frauen können beispielsweise ungewollte Folgen von Sex fürchten (wie eine Schwangerschaft oder eine sexuell übertragbare Infektion) oder Bedenken bezüglich ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit oder jener ihres Partners haben. Zu den situationsbedingten Faktoren zählen:
Verschiedene körperliche Zustände und Arzneimittel können zu sexueller Funktionsstörung führen oder beitragen. Hormonelle Veränderungen, die mit zunehmendem Alter auftreten oder aus einer Erkrankung resultieren, können sich negativ auswirken.
Eine sexuelle Störung wird in der Regel diagnostiziert, wenn die Symptome seit mindestens 6 Monaten bestehen und zu einer erheblichen Belastung führen. Für manche Frauen stellt es unter Umständen keine Belastung dar, wenn sexuelles Verlangen, Interesse, Erregung oder Orgasmen reduziert sind oder ganz fehlen. In solchen Fällen wird keine Störung diagnostiziert. Die weibliche sexuelle Funktionsstörung kann durch mindestens eines der folgenden Merkmale charakterisiert werden:
Eine weibliche sexuelle Funktionsstörung wird diagnostiziert, wenn eines dieser Symptome zu einer persönlichen Belastung führt. Die Diagnose einer sexuellen Funktionsstörung beinhaltet oft eine genaue Befragung beider Geschlechtspartner getrennt und gemeinsam. Der Arzt bittet die Frau zunächst, das Problem in ihren eigenen Worten zu beschreiben. Danach stellt der Arzt Fragen zu Folgendem:
Der Arzt führt eine Untersuchung des Beckens Untersuchung des Beckens Für Frauen kann es hilfreich sein, Themen wie Sex, Verhütung, Schwangerschaft und Probleme in den Wechseljahren mit einer Person ihres Vertrauens besprechen zu können. Das kann ein Allgemeinarzt... Erfahren Sie mehr durch, um nach Auffälligkeiten bei den äußeren und inneren Geschlechtsorganen zu suchen, einschließlich der Scheide und des Gebärmutterhalses. So kann häufig festgestellt werden, woher die Schmerzen kommen. Die Ärzte versuchen bei dieser Untersuchung so vorsichtig wie möglich vorzugehen. Sie bewegen sich langsam und erklären oft die Untersuchungsmethoden im Detail, sodass die betroffenen Frauen sich besser entspannen können. Wenn die Frau den Wunsch äußert, kann sie einen Spiegel bekommen, um ihre Geschlechtsteile zu beobachten, wodurch sie sich möglicherweise sicherer fühlt. Falls sie sich davor fürchtet, dass etwas in ihre Scheide eingeführt wird, kann sie ihre Hand auf die des Arztes legen, um die innere Untersuchung zu kontrollieren. Um sexuelle Probleme zu diagnostizieren, müssen Ärzte gewöhnlich kein Instrument, wie z. B. ein Spekulum, für die interne Untersuchung verwenden. Wenn Ärzte jedoch eine sexuell übertragbare oder sonstige Infektion vermuten (wie z. B. eine Pilzinfektion Vaginale Pilzinfektion (Kandidose) Die Scheide wird von einem Pilz der Gattung Candida, normalerweise Candida albicans, infiziert, was zu einer Pilzinfektion namens Kandidose führt. Bei Frauen, die schwanger sind... Erfahren Sie mehr oder bakterielle Vaginose Bakterielle Vaginose (BV) Bakterielle Vaginose ist eine Scheideninfektion, die auftritt, wenn das Gleichgewicht der Bakterien in der Scheide sich verändert. Frauen mit einer sexuell übertragbaren Infektion, die mehrere... Erfahren Sie mehr ), führen sie ein Spekulum in die Scheide ein, um die Scheidenwände zu spreizen (wie bei einem Papanicolaou-Test bzw. kurz Pap-Test) und um eine Flüssigkeitsprobe aus der Scheide zu entnehmen. Sie untersuchen die Probe auf Organismen, die sexuell übertragbare oder andere Infektionen verursachen, und können eine Probe an ein Labor schicken, wo eine Kultur dieser Organismen angelegt wird, um eine Bestimmung zu vereinfachen.
Manche Behandlungen hängen von der Ursache der sexuellen Funktionsstörung ab. Dennoch können einige allgemeine Maßnahmen hilfreich sein, ungeachtet der Ursache:
Manchmal reicht es aus, sich bewusst zu machen, was für eine gesunde sexuelle Reaktion notwendig ist, damit Frauen ihr Denken und Verhalten ändern können. Allerdings ist oft mehr als eine Behandlung erforderlich, da viele Frauen an mehr als einer Art der sexuellen Funktionsstörung leiden. Manchmal ist ein fachübergreifendes Team erforderlich, das Sexualberater, Schmerzspezialisten, Psychotherapeuten und/oder Physiotherapeuten umfasst. Psychotherapien können Frauen helfen. Beispielsweise kann eine kognitive Verhaltenstherapie Frauen helfen, ein negatives Selbstbild zu erkennen, das aus Krankheit und Unfruchtbarkeit resultiert. In einer auf Achtsamkeit basierten kognitiven Therapie (MBCT) wird die kognitive Verhaltenstherapie mit dem Erlernen der Achtsamkeit kombiniert. Wie bei einer kognitiven Verhaltenstherapie werden Frauen ermutigt, negative Gedanken zu erkennen. Danach sollen die Frauen diese Gedanken einfach beobachten und erkennen, dass es sich nur um Gedanken handelt, die möglicherweise nicht die Realität widerspiegeln. Durch diesen Ansatz werden solche Gedanken weniger ablenkend und störend. Eine MBCT kann zur Behandlung von Störungen des sexuellen Interesses bzw. der sexuellen Erregung sowie von Schmerzen eingesetzt werden, die auftreten, wenn Druck auf die Scheidenöffnung ausgeübt wird (sogenannte provozierte Vestibulodynie, eine Form der genito-pelvinen Schmerz-Penetrationsstörung Oberflächliche Schmerzen Zur genito-pelvinen Schmerz-Penetrationsstörung zählen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder bei anderen sexuellen Aktivitäten, bei denen eine Penetration stattfindet und unwillkürliche Kontraktionen... Erfahren Sie mehr ). Möglicherweise ist eine tiefer greifende Psychotherapie erforderlich, wenn Probleme aus der Kindheit (wie sexueller Missbrauch) sich störend auf die sexuelle Funktion auswirken. Die Sexualtherapie hilft Frauen und ihren Partnern oft dabei, mit Problemen umzugehen, die ihr Sexualleben beeinträchtigen, wie etwa spezifische sexuelle Probleme und ihre Beziehung zueinander. Eine
Östrogentherapie
Hormontherapie in den Wechseljahren Mit der Menopause enden die Menstruationsperioden und somit die Fruchtbarkeit dauerhaft. Über mehrere Jahre vor und unmittelbar nach der Menopause schwankt der Östrogenspiegel stark, die Perioden... Erfahren Sie mehr
Östrogen kann auch äußerlich auf die Haut aufgetragen werden (topische Formen). Wenn Frauen außerdem störende Hitzewallungen haben, kann Östrogen zum Einnehmen oder als Östrogenpflaster zum Auftragen auf die Haut verschrieben werden. Diese Formen von Östrogen wirken sich auf den gesamten Körper aus und können helfen, die Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen und Schlafstörungen zu mindern, die Scheide gesund zu halten und für eine angemessene Feuchtigkeit für den Geschlechtsverkehr zu sorgen. Die Östrogentherapie kann zum Zeitpunkt der Menopause oder in den Jahren danach beginnen. Östrogen birgt potenzielle Risiken (einschließlich eines leicht erhöhten Brustkrebsrisikos) neben dem damit einhergehenden Nutzen, und daher sollten Frauen vor der Einnahme/Anwendung mit ihrem Arzt über die entsprechenden Risiken und Vorteile sprechen. Da selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) zu einigen Arten von sexueller Funktionsstörung beitragen können, kann es hilfreich sein, diese durch ein anderes Antidepressivum zu ersetzen, das die sexuelle Reaktion weniger beeinträchtigt. Zu solchen Arzneimitteln zählen Bupropion, Moclobemid, Mirtazapin und Duloxetin. Außerdem könnte sich die Einnahme von Bupropion zusammen mit einem SSRI positiver auf die sexuelle Reaktion auswirken als die Einnahme von SSRI allein. Einige Befunde deuten darauf hin, dass Frauen, die nach Beginn der Einnahme eines SSRI keinen Orgasmus mehr haben konnten, mit Sildenafil (zur Behandlung von Erektionsstörungen) wieder zu einem Orgasmus verholfen werden konnte. Dieses Medikament wird jedoch in der Regel nicht empfohlen, da seine Wirksamkeit bei Frauen nicht erwiesen ist. Bei Frauen mit genito-pelviner Schmerz-Penetrationsstörung können verschiedene Arten von Physiotherapie hilfreich sein. Physiotherapeuten können verschiedene Techniken zur Dehnung und Entspannung der Beckenmuskulatur verwenden:
Wenn die verspannten Beckenmuskeln sexuelle Aktivitäten schmerzhaft machen, können betroffene Frauen zur Dehnung und Desensibilisierung der Scheide geeignete Geräte einführen, die entweder auf Rezept oder auch rezeptfrei erhältlich sind. Die sexuelle Aktivität kann dadurch angenehmer werden. Vaginalgleitmittel und Feuchtigkeitscremes können die Trockenheit der Scheide verringern, die beim Geschlechtsverkehr Schmerzen verursacht. Zu diesen Behandlungsmitteln gehören Öle auf Lebensmittelbasis (wie Kokosöl), Gleitmittel auf Silikonbasis sowie Produkte auf Wasserbasis. Gleitmittel auf Wasserbasis trocknen schnell aus und müssen möglicherweise erneut aufgetragen werden, sind aber gegenüber Vaseline und anderen Gleitmitteln auf Ölbasis vorzuziehen. Öle auf Lebensmittelbasis können Verhütungsmittel aus Latex wie Kondome oder Diaphragmen beschädigen. Sie sollten nicht zusammen mit Kondomen angewendet werden. Gleitmittel auf Silikonbasis können zusammen mit Kondomen und Diaphragmen verwendet werden, ebenso wie Gleitmittel auf Wasserbasis. Frauen können ihren Arzt fragen, welche Art von Gleitmitteln für sie am besten geeignet wäre. Abhängig von der Art der Störung können die sexuellen Fähigkeiten (z. B. durch Masturbationsanleitungen) und die Kommunikation mit dem Partner über sexuelle Bedürfnisse und Vorlieben trainiert werden. Geräte wie Vibratoren oder Klitoris-Sauger können von Frauen mit Störungen des sexuellen Interesses bzw. der sexuellen Erregung oder Orgasmusstörungen verwendet werden, es gibt jedoch kaum Nachweise, die ihre Wirksamkeit stützen. Einige dieser Produkte sind rezeptfrei erhältlich und können ausprobiert werden. |