Wenn ein „Mensch vom Fach“ etwas beschreiben oder erklären möchte, ist es leider meist für einen Laien oder Neuling auf dem Gebiet unverständlich. Warum? Weil jemand, der täglich mit einer Materie zu tun hat, oftmals Details oder Hintergründe als selbstverständliches Wissen voraussetzt, die aber ein Laie nicht zwingend wissen muss oder so einfach verstehen kann. Häufig reißt dann im Laufe des Artikels, wenn es zu fachlich wird oder Zusammenhänge nicht mehr nachvollzogen werden können, das Interesse an einem Fachartikel ab, weil selbst der gewillte Leser nicht mehr folgen kann. Dies ist der Grund, weshalb wir uns an dieser Stelle einmal darum bemüht haben eine Artikelserie zum Thema Tattoo zu starten. Wir konnten mit Ralf von Gestochen Scharf zwar einen Mann vom Fach für diese Artikelserie gewinnen, haben ihm aber das Versprechen abgerungen „ganz von vorne“ mit den elementaren Dingen des Tätowierens zu starten. Show
Tätowieren-“was ist das?
Und wie geht das nun mit der Nadel, der Haut und dem Pigment?
Was für Nadeln werden benutzt?Beim modernen Tätowieren werden Nadeln in verschieden großen Bündeln benutzt. Man kann sich das so vorstellen wie bei Pinseln im Malerbedarf. Es gibt Nadelgruppen, die vorne wie ein Dachshaarpinsel spitz zulaufen. Diese benutzt man für Außenlinien (Outlines) und scharfe grafische Kanten. Gleich den runden Borstenpinseln gibt es eine Nadelgruppe, die „Roundshader“ heißt. Diese wird in der Regel für kleinere Flächen benutzt. Bei allem, was größer ist, kommen so genannte „Magnums“ zum Einsatz. Diese sehen fast aus wie flache Borstenpinsel. Letztendlich bestehen Magnums aus einer flachen Reihe von Nadeln, die abwechselnd nach oben und unten zeigen, was von Vorne so aussieht als wären es 2 Schichten von Nadeln. Outliner gibt es als Single-Needle bis hin zu breiten 15er Outlinern. Single- Needles werden heute fast nur noch im Portraitbereich benutzt. Roundshader fangen bei 3ern an und gehen rauf bis zu Bündeln, die um die 20 Nadeln besitzen. Die beliebte Magnum bewegt sich im Bereich von 5 bis 49 Nadeln. Mit einer großen Magnum lassen sich, gute Technik vorausgesetzt, sehr sanfte großflächige Farb- und Grauverläufe tätowieren, ohne dass man die Punkte der Einstiche sieht. Wenn jemand mit zu kleinen Nadelgruppen große Flächen schattiert, sieht das in etwa so aus als wenn man mit einem zu harten Bleistift sanfte graue Flächen ausfüllen möchte: Man sieht die Striche, die der Bleistift gemacht hat und keine homogene graue Fläche. Die einzelnen Nadeln können selber noch unterschiedliche Stärken haben. So gehen diese von 0.25 bis 0.40mm Dicke. Jede Nadelstärke hat ihre Vor- und Nachteile, jeder Tätowierer schwört da auf einen anderen „Standard“ oder Anwendungsbereich der einzelnen Stärken. Wo kommt das Pigment dann genau hin oder: „Wie tief sticht der Tätowierer?“Das ist nicht in einer genauen Millimeterzahl zu erfassen, denn der menschliche Körper hat nicht an allen Körperstellen eine gleichdicke Haut. Haut ist zwei bis vier Millimeter stark. Die Pigmente sollen nach Möglichkeit in die Dermis. Das ist die Hautschicht, die über dem Fettgewebe sitzt, aber unter der Epidermis, die z.B. bei einem Sonnenbrand, aber auch sonst fortwährend Hautschuppen abstößt. Die Eigenschaften der Dermis sind die Lebensgrundlage für den Tätowierer, die Eigenschaften der Epidermis freuen nur die Hausstaubmilben. Was passiert, wenn der Tätowierer die Dermis nicht trifft? Sticht er nicht tief genug, sprich die Farbpigmente kommen nur in die Epidermis, verblasst das Tattoo direkt während der Abheilphase, weil der Körper im normalen Rahmen der Wundheilung diese abstößt. Das nennt man sinnigerweise „Fallout“. Sticht er zu tief, wandert das Pigment lustig durch das Fettgewebe und die Tätowierung verschwimmt. Es gehört aufgrund der nicht fest bestimmbaren Stichtiefe eine gesunde Portion Erfahrung dazu immer die richtige Tiefe zu treffen. Ein Tätowierer „fühlt“ quasi auch wie tief die Nadel gerade sticht. Was macht das Pigment dann in der Haut?Es haftet sich an Hautzellen an. Da auch die Dermis sich stetig erneuert, sprich es sterben Zellen ab, neue Zellen entstehen, kann das Pigment mit der Zeit seine Position geringfügig verändern. Weil es sich nach dem Tod der Ursprungszelle eine neue Zelle in der unmittelbaren Nähe sucht, wo es dann bis zu deren Absterben verbleibt, „wandert“ das Pigment leicht. Man sagt, Haut erneuert sich innerhalb von 7 Jahren einmal komplett neu, weshalb ältere Tattoos auch leicht verschwommen aussehen. Nach 10-15 Jahren sind die Linen weniger scharf und leicht dicker, als in den ersten Jahren nach dem Stechen. Dieses „Verschwimmen“ variiert je nach Körperstelle. An Händen, Füssen und den Stellen, die eher in stetiger Bewegung sind, ist der Effekt stärker. Aber auch die Präzision beim Stechen beeinflusst das Aussehen der alternden Tätowierung. Ist ein Tätowierer da eher der Grobmotoriker, sehen die von ihm gemachten Arbeiten gerade nach ein paar Jahren „unscharf“ aus. Aber es gibt auch Hautstellen, die nach und nach die Farbe wieder „abgeben“. Abgeben ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck. Sie erneuern sich mehr als andere Stellen und stoßen Hautzellen bis in die Oberhaut ab. Dazu gehören die Fußsohlen und die Innenlippe. Hier kann man damit rechnen, dass einige Jahre nach dem erfolgreichen Tätowieren sich das Tattoo der Auflösung hingibt. Woraus besteht nun diese Tattoofarbe?Tätowierfarbe ist eine Dispersionsfarbe. Es sind feinste gemahlene, feste Pigmente, die in einer Flüssigkeit gelöst sind. Die flüssigen Bestandteile werden fast vollständig vom Körper abgebaut während das Pigment zu groß ist um vom Immunsystem abtransportiert zu werden. Zum Glück, denn sonst wäre Tätowieren so nicht möglich. Die verwendeten Pigmente/ Farben unterliegen zurzeit noch der Bedarfsgegenstände- und der Kosmetikverordnung, was voraussetzt, dass diese auf Schwermetalle, hochallergene Stoffe und Verunreinigungen getestet sein müssen – zumindest theoretisch. Um eine einheitliche und zwingende Regelung für Tattoofarben zu bekommen arbeiten derzeit Farbhersteller, der D.O.T. und das Ministerium für Verbraucherschutz an der so genannten „Tätowiermittel-Verordnung“. Diese sollte eigentlich dieses Jahr noch in Kraft treten. Die neue Verordnung verbietet – neben einigen gesundheitsschädlichen Pigmenten – auch Azo-Farbstoffe. Einige Mitglieder der Azo-Familie gelten als krebserregend, weshalb man diese Art der Pigmente gänzlich streicht. Aber ob diese Verordnung in allen Punkten Sinn macht, da sind sich die Fachleute nicht einig. Was ist mit der in den Medien breitgetretenen Autolack-Verunreinigung?
Was passiert nach dem Tätowieren?Die Haut heilt ab, ohne das Pigment aus der Dermis wieder abzustoßen. Aber die Oberhaut stößt erst die überschüssige Farbe ab und erneuert sich dann komplett. So hat man während der Abheilzeit, die in der Regel 28 Tage dauert, farbigen Wundschorf oder zumindest farbige Ablagerungen auf der Wunde. Diese fallen von selber ab und sollten höchstens mit einer Wundsalbe beim Abheilen unterstützt werden. Weniger ist oft mehr, man sollte das Tattoo nicht mit Creme „ersticken“. Nach den ersten ein bis zwei Wochen hat die Haut schon wieder eine Deckhaut gebildet, die leicht silbrig glänzt wie Zwiebelhaut. Ist diese erstmal aufgebaut, ist das Pigment relativ „save“ in der Haut, lediglich starke UV-Strahlung kann nun noch zu Komplikationen führen. Komplett abgeheilt ist die Tätowierung allerdings erst nach vier Wochen. Solange braucht Haut um sich nach Verletzungen zu regenerieren. Aber auch nach vier Wochen kann es noch sein, dass die Oberhaut das Ergebnis verfälscht, weil sie milchig wirkt. So kann z.B. ein Rot-Ton wie Rosa wirken, obgleich er unter der milchigen Haut „echt“ Rot ist. Das geht aber innerhalb der ersten Wochen weg. Auf ausführliche Hinweise zur Tattoonachpflege verzichten wir hier an dieser Stelle, denn dort empfiehlt jeder Tätowierer etwas anderes, weshalb die umfassende Abhandlung dieses Themas einen eigenständigen Artikel abgeben würde. Können durch das Tätowieren Krankheiten übertragen werden?Hier mal ein klares „JA“. Bei allem, was mit Körperflüssigkeiten zu tun hat, können rein theoretisch Krankheiten übertragen werden. Seriöse Tätowierer benutzen ausschließlich steril verpackte Einwegnadeln/Griffstücke, sterilisieren ihre Griffstücke und packen alles, was sie mit den Arbeitshandschuhen während des Tätowierens anfassen müssen (Sprühflasche, Maschinenkabel, Tattoomaschinen etc.) mit Folie ein um eine Ãœbertragung von Keimen und Erregern von einem Kunden auf den nächsten zu verhindern. So werden Kreuzkontaminationen verhindert. Als Kreuzkontamination versteht man in diesem Fall die Ansteckung über kontaminierte Gegenstände, die aufgrund der kurzen Lebensdauer des HIV-Virus außerhalb des Körpers (15 Minuten) zwar nicht AIDS übertragen können, aber zumindest die Gefahr einer Hepatitis-Ansteckung in sich bergen. Nadeln und Griffstücke werden vor dem Kunden aus der steril haltenden Verpackung gebrochen. Alles andere sollten Einwegprodukte sein. Arbeitet ein Tattoostudio mit Abdeckung der kontaminationsgefährdeten Stellen und benutzt Einwegprodukte und Einwegnadeln, so kann man sagen, dass der Tätowiervorgang zu 100 Prozent sicher und eine Krankheitsübertragung von einem auf den nächsten Kunden unmöglich ist. Was lässt sich alles tätowieren?Der künstlerischen Entfaltung setzt höchstens die Beschaffenheit der Haut Grenzen. Prinzipiell ist auf Haut zu übertragen, was sich auch auf Papier darstellen lässt. Einschränkungen gibt es nur aufgrund der weiter oben schon genannten Eigenschaft der Haut, Tätowierungen über die Jahre leicht schwammig werden zu lassen. So können zu kleine Details zusammenlaufen und unkenntlich werden. Gute Tätowierer planen das mit ein und versuchen ihre Arbeiten so zu gestalten, dass diese auch in vielen Jahren noch gut zu erkennen sind. Was es nicht gibt, sind Farben wie Gold und Silber, da dies im eigentlichen Sinne keine Farben sind, sondern über den Oberflächenglanz wirken, was beim Tätowieren nicht möglich ist, weil über dem Licht reflektierenden Pigment noch matte Hautschichten liegen. Wenn man über eine spiegelnde Fläche ein Pergamentpapier legt, bleibt von der glänzenden Oberfläche nur die Grundfarbe (Gelb bei Gold, Grau bei Silber). Solche Effekte können aber mittels Imitation des Glanzes dargestellt werden. So stellt man beispielsweise auch im Airbrushbereich Chrom da. Können Tätowierungen wieder entfernt werden?Jein. Gab es früher nur die Möglichkeit Tätowierungen mittels Schneiden, Brennen oder Hobeln unter Verursachung dicker Narben zu entfernen, ist die Technik heute weiter. Mit einem Laser lassen sich einige Farben restlos aus der Haut entfernen, allerdings nicht alle. Ein solcher Laser brennt nicht die Farbe weg, wie es vielleicht erstmal logisch erscheinen mag, aber auch Narben hinterlassen würde. Ein Laser, sofern er richtig angewendet wird, spaltet die in der Haut eingelagerten Pigmente auf, sodass das Immunsystem diese abtransportieren kann. Dabei werden in der Haut selber Temperaturen erreicht, die diese ohne Narbenbildung verkraften kann. Jedoch sind aufgrund der eingeschränkten Frequenzen solcher Laser nicht alle Farben „spaltbar“, sprich es gibt Farben (Rot, Braun), die nicht ohne weiteres entfernbar sind. Des Weiteren sollte man diese Möglichkeit des Entfernens nur anwenden, wenn wirklich nicht anders (Coverup) vorgegangen werden kann, denn der Abtransport durch das Immunsystem bedeutet nicht, dass die Farbe nicht noch Komplikationen hervorrufen könnte. Gerade die Spaltprodukte von Tattoofarben sind noch nicht ansatzweise ausreichend untersucht worden, sodass man nicht sagen kann, ob eine aufgespaltete Farbe nicht ganz anders auf den Körper wirken könnte als das Ausgangsprodukt. Rein theoretisch könnte so eine „entfernte“ Farbe noch eine allergische Reaktion hervorrufen, obwohl diese im „Ruhezustand“ dem Träger keinerlei Probleme bereitet hat. Aber über diese Zusammenhänge kann man nur spekulieren, weil es noch keinerlei Erhebungen oder Statistiken zu dem Thema gibt. Allerdings sollte erwähnt werden, dass in vielen anderen Ländern (USA, asiatischer Raum) das Lasern schon länger in großem Maße praktiziert wird und es keinerlei Meldungen über daraus entstehende Komplikationen gibt. Ende Teil 1Hiermit wären die grundsätzlichen Dinge beim Tätowieren abgehandelt. So funktioniert es, das ist der Grundstock an Informationen. Da im Tattoobusiness immer noch viele eine unzeitgemäße Geheimhaltung befürworten, ist nur auf grundsätzliche Techniken eingegangen worden. Wir werden im weiteren Verlauf dieser Reihe auch noch mehr Technik zum Thema haben – ohne aber als Anleitung gelten zu wollen. Wir, von der Expand, sind der Meinung, dass der Interessierte sehr wohl technische Infos haben darf, auch wenn er selber nicht tätowiert. Vorallem weil man wirklich alles an Infos heutzutage im Netz finden kann, aber aus dem Aufgeschnappten eher ein gefährliches Halbwissen entsteht. Anleitungen zum Tätowieren wird es hier nicht geben, aber durchaus Erklärungen zu Fachbegriffen oder Material. Ralf Was passiert wenn man beim Tätowieren zu tief sticht?Daran erkennen Sie ein zu tief gestochenesTattoo
Die Tattoo-Farbe wird mit Nadeln verschiedener Form und Stärke bis zu 2 Millimetern tief in die Haut gestochen. Wählt der Tätowierer eine zu große Einstichtiefe, kann es passieren, dass die Pigmente anfangen unter der Haut zu wandern.
Wie weit muss die Tattoo Nadel raus gucken?Im Durchschnitt sollte die Nadel nicht weiter als 2 mm und nicht weniger als 1 mm aus der Spitze herausragen. Falls exzessiv Blut fließt, ist deine Nadel zu lang.
Wie oft sticht eine Tattoo Nadel in die Haut?Sie sticht die in Tattoo-Farbe getauchten Nadeln mit einer Frequenz von bis zu circa 10 000 Stichen pro Minute in die Haut – so schnell, dass die Bewegung für das Auge nicht mehr sichtbar ist. Linien und Umrisse werden mit drei oder mehr Nadeln gestochen, Flächen mit einem Block von bis zu 45 Nadeln.
Wie oft sticht eine Tattoo Nadel in der Sekunde?Mit einer Geschwindigkeit von 120 Stichen pro Sekunde stechen Tätowierer die Farbe unter die Haut. Die Nadeln durchdringen die oberste Hautschicht und drücken die Tinte in die sogenannte „Dermis“ – eine ledrige Schicht, die etwa ein bis drei Millimeter unter der Hautoberfläche liegt.
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