Wird kindergeld bei hartz 4 angerechnet

21. Februar 2019

Hartz-IV-Bezieher müssen zu Unrecht erhaltenes Kindergeld gegebenenfalls zurückzahlen, auch wenn das Jobcenter dieses mindernd als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet hat. Denn haben Kindergeldberechtigte gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen, können sie nicht verlangen, dass die Familienkasse aus „Billigkeit“ auf ihre Forderung verzichtet, entschied der Bundesfinanzhof.

Wird kindergeld bei hartz 4 angerechnet

© Dr. Klaus-Uwe Gerhardt/pixelio.de

Einem Elternteil steht bis zur Volljährigkeit der Kinder immer Kindergeld zu. Doch auch für Kinder unter 25 Jahren kann weiter ein Kindergeldanspruch bestehen, etwa wenn das Kind als arbeitsuchend gemeldet ist oder sich noch in einer Ausbildung oder im Studium befindet. Änderungen müssen kindergeldberechtigte Eltern der Familienkassen mitteilen. Bei einem Verstoß gegen diese Mitwirkungspflichten müssen sie zu viel erhaltenes Kindergeld wieder zurückzahlen.

Hartz-IV-Bezieher erhalten für ihre Kinder ebenfalls Kindergeld. Leben sie mit ihnen zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft, haben sie jedoch nichts von den Kindergeldzahlungen. Denn nach dem Sozialgesetzbuch II gilt das Kindergeld als Einkommen, welches mindernd auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Mit dem Kindergeld haben sie daher nicht mehr in der Tasche.

Sohn in Haft: Trotzdem Kindergeld?

Im ersten von zwei nun vom Bundesfinanzhof (BFH) in München am 6. Februar 2019 veröffentlichten Urteilen (Az.: III R 19/17 und III R 48/17).BFH ging es um eine Hartz-IV-Bezieherin und Mutter von fünf Kindern. Die aus Schleswig-Holstein stammende Frau hatte im Streitzeitraum auch für ihren heranwachsenden Sohn Kindergeld erhalten. Als der Sohn wegen einer Straftat inhaftiert wurde und deshalb seine Ausbildung nicht fortsetzen konnte, teilte sie dies der Familienkasse nicht mit. Die Familienkasse zahlte weiter Kindergeld aus.

Als die Behörde von der Inhaftierung erfuhr, verlangte sie das seitdem gezahlte Kindergeld zurück, insgesamt 2.209 Euro. Für Kinder in der Haft bestehe kein Kindergeldanspruch. Die Klägerin habe nicht mitgeteilt, dass ihr Sohn in der Haft sei.

Mitwirkungspflichten verletzt?

Auch im zweiten Fall wurde der klagenden Hartz-IV-Bezieherin von der Familienkasse vorgeworfen, ihre Mitwirkungspflichten verletzt zu haben. Sie habe nicht über das Ausbildungsende ihres Sohnes informiert. Daher sei zu Unrecht Kindergeld weiter gezahlt worden. Die Frau sollte 736 Euro zurückzahlen.

Beide Hartz-IV-Bezieherinnen beantragten, aus „Billigkeitsgründen“ auf die Rückforderung zu verzichten. Das Jobcenter habe das Kindergeld als Einkommen mindernd auf ihr Arbeitslosengeld II angerechnet. Daher hätten sie tatsächlich nichts vom Kindergeld gehabt. Dies müsse berücksichtigt werden.

Doch beide Klagen hatten vor dem BFH keinen Erfolg. Es fehle zwar an einer gesetzlichen Regelung „der systemübergreifenden Rückabwicklung von zu Unrecht gewährtem Kindergeld, das auf Arbeitslosengeld-II-Leistungen angerechnet wurde“. Deshalb müsse die Familienkasse aber nicht zwingend aus „Billigkeit“ auf ihre Forderung verzichten.

Dies gelte trotz der Rechtsprechung der Sozialgerichte, dass eine Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen nicht rückabgewickelt werden kann, so dass von einer Rückforderung betroffene Eltern nicht nachträglich Sozialleistungen bekommen, betonten die obersten Finanzrichter in ihren Urteilen vom 13. September 2018.

Kindergeldbezieher müssen Informationen mitteilen

Zumindest bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht sei die Rückforderung der Familienkasse gerechtfertigt, so der BFH. Eltern könnten nicht erwarten, dass das Jobcenter die Familienkasse über Änderungen wie Haft oder Ausbildungsende informiert. Zwar seien Sozialleistungsträger untereinander „zur engen Zusammenarbeit“ verpflichtet. Eine Familienkasse sei aber nach dem Sozialgesetzbuch I kein Sozialleistungsträger. Eine Unterrichtungspflicht des Jobcenters bestehe daher nicht.

Vielmehr sei der Kindergeldberechtigte verpflichtet, alle wesentlichen Informationen und Neuerungen für die Kindergeldfestsetzung zu übermitteln. Dies sei hier in beiden Fällen unterblieben. Die Kläger hätten daher ihre Mitwirkungspflicht verletzt. In einem solchen Fall könne auf die Rückforderung auch nicht aus „Billigkeit“ verzichtet werden.

Etwas anderes könne gelten, wenn wegen eines Fehlers der Familienkassen zu Unrecht Kindergeld ausgezahlt wurde, etwa weil die Behörde zu langsam auf Änderungen beim Kindergeldberechtigten reagiert hat.

Im ersten Fall wies der BFH daher die Klage ab, über den zweiten Fall muss die Vorinstanz wegen fehlender Tatsachenfeststellungen neu entscheiden.

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Wird Kindergeld mit Hartz 4 berechnet?

Durch die vorrangige Leistung des Kindergeldes mindert sich das Arbeitslosengeld 2. Dazu ein Beispiel: Eine Mutter lebt allein mit ihren zwei Kindern (sechs und 15 Jahre). Das Kindergeld beträgt pro Kind 194 Euro. Für das jüngere Kind ergibt sich ein maßgeblicher Regelsatz von 296 Euro.

Wie wird Kindergeld angerechnet?

Bei volljährigen Kindern: Das Kindergeld wird darum bei volljährigen Kindern in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf laut Düsseldorfer Tabelle angerechnet. Das Kindergeld ist von den Eltern in voller Höhe an das Kind weiter zu reichen.

Wem wird das Kindergeld angerechnet?

Sie haben in diesem Fall einen gesetzlichen Anspruch auf die Auszahlung. Sie müssen allerdings beachten, dass das Kindergeld vollständig auf Ihre Hartz IV Leistung angerechnet wird. Es gilt folglich als Einkommen.

Was wird alles angerechnet bei Hartz 4?

Was zählt als Einkommen bei Hartz 4? Als Einkommen zählen unter anderem alle Einnahmen aus selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit, Elterngeld, Kindergeld, Entgeltleistungen wie Arbeitslosengeld oder Krankengeld, Kapitalerträge und Zinserträge und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.