Muss man nach der berufsschule noch in den betrieb

Müssen Auszubildende nach der Berufsschule noch in den Betrieb? Die Ausbilder in der Chemie geben euch hier die Antwort.

Muss man nach der berufsschule noch in den betrieb

In der Berufsschule werden die theoretischen Inhalte deiner Ausbildung und deines späteren Berufs vermittelt (Foto: weisanjiang, pixabay, CC0)

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Nach der Berufsschule in den Betrieb?

Zuerst ein Grundsatz: Der Besuch der Berufsschule gehört zu den Pflichten eines Azubis. Bei manchen Berufsausbildungen findet der Unterricht wöchentlich statt, bei anderen gibt es Blockphasen. Das bedeutet, dass ihr als Azubi mehrere Wochen hintereinander Unterricht habt und dann wieder mehrere Wochen ohne Unterbrechung im Betrieb arbeitet.

Aber die interessante Frage ist: Müsst ihr nach der Berufsschule noch im Betrieb erscheinen? Vor allem, wenn schon mittags frei habt, und nicht bis zum späten Nachmittag die Schulbank drückt?

Die rechtliche Lage sagt: Azubis über 18 Jahre dürfen auch nach der Schule im Betrieb beschäftigt werden. Azubis unter 18 bekommen an einem Tag in der Woche nach der Berufsschule frei, sofern der Unterricht mehr als fünf Stunden gedauert hat. Habt ihr in der Woche mehrmals lange Berufsschule, habt ihr aber trotzdem nur Anrecht auf einen freien Nachmittag.

Der ChemieAzubi hat bei Ausbildern der Chemieunternehmen nachgefragt, wie sie das handhaben. Die Antwort: Bei ihnen brauchen Azubis nach der Berufsschule nicht mehr in den Betrieb kommen.

„Das macht einfach keinen Sinn“

Eine Ausbilderin sagte uns ganz offen: „Es macht einfach keinen Sinn. Bis die Azubis nach der Schule wieder im Betrieb sind und sich umgezogen haben, können wir sie heimschicken.“ In der Berufsschule, in der „ihre“ Azubis lernen, gibt es allerdings auch quasi keine Schultage unter fünf Unterrichtsstunden.

In einem anderen Ausbildungsbetrieb heißt es klar: Die Azubis müssen nach der Schule nicht in den Betrieb kommen – „egal, wie viele Stunden sie haben.“


Beim Blockunterricht sieht es auch so aus, wenn auch aus einem anderen Grund. Für ein Unternehmen macht es keinen Sinn, die Azubis oder dualen Studenten in den Betrieb zu bitten: „Sie sind während der Schul-Blöcke keinen Abteilungen zugeordnet.“ Die Betreuung ist also auf eine Vollzeit-Anwesenheit der Azubis ausgelegt.

In kurz: Es gibt also in der Ausbildungspraxis eine Trennung von Berufsschulzeit und Betriebszeit. Ihr müsst in der Regel also nicht nach der Berufsschule noch in den Betrieb. Es ist sogar so, dass im Chemie-Tarifvertrag zwei Tage frei („bezahlte Freistellung“) vorgesehen sind, damit ihr euch auf die Abschlussprüfungen vorbereiten könnt.

Tarifvertrag für die Ausbildung: Freie Tage zur Prüfungsvorbereitung

Manche Ausbildungsbetriebe der Chemie geben euch sogar noch mehr Zeit zur Prüfungsvorbereitung. Ein Unternehmen hat uns gesagt: „Unsere Azubis haben mehrere Wochen Prüfungsvorbereitung – aber vor Ort.“ Sprich: Die Azubis müssen nicht in die zugeteilten Abteilungen, sondern kommen zum Lernen in den Betrieb. „So können wir sie bei Fragen unterstützen.“

Für Azubis gelten besondere Regeln bei der Arbeitszeit. Welche das sind, erklärt Marta Böning, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

19.10.2015, 18:35 Uhr

Unser Leser fragt: Meine Freundin (17) und ich (19) haben in diesem Herbst eine Ausbildung begonnen – sie als Chemikantin, ich als KFZ-Mechaniker. In unseren beiden Ausbildungsbetrieben heißt es: Anwesenheit im Betrieb ist das A und O. Ihr Ausbilder meint, die Zeiten des Schulbesuchs müsse sie nacharbeiten. In meinem Betrieb haben alle Mitarbeiter während der Öffnungszeiten Anwesenheitspflicht und das heißt zwischen 9 und 19 Uhr. Das ist an Tagen, an denen meine Berufsschule um 7.30 Uhr beginnt und ich danach in die Werkstatt fahren muss, ganz schön hart. Müssen wir das hinnehmen?

Frau Böning antwortet: Nein, müssen Sie nicht. Ihre Chefs können nicht beliebig die Bedingungen Ihrer Ausbildung diktieren. Sie müssen sich an die Vorgaben der Ausbildungsrahmenpläne halten, die in den Ausbildungsordnungen für ihre jeweiligen Berufe verankert sind. Dort ist festgelegt, wann und welche Inhalte im Betrieb und beim Besuch der Berufsschule vermittelt werden müssen. Außerdem müssen Ihre Chefs die gesetzlich zulässige tägliche Ausbildungszeit stets beachten.

Demnach dürfen Unterrichtszeiten, anschließende Fahrzeiten zum Betrieb und die betriebliche Ausbildung zusammengerechnet eine bestimmte Dauer nicht überschreiten, je nach Alter des Azubis.

Für Sie selbst gilt im Schnitt der Achtstundentag, der beim entsprechenden Ausgleich auf zehn Stunden verlängert werden kann. In jedem Fall sind aber regelmäßige Ausbildungszeiten von 7.30 bis 19 Uhr unzulässig. Da Ihre Freundin minderjährig ist, gelten für sie noch strengere Regeln: die Ausbildungszeit darf acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche nicht überschreiten. Einmal in der Woche darf sie nach einem Unterrichtstag von mindestens 5 Stunden à 45 Minuten danach gar nicht mehr beschäftigt werden.

In Ihren Ausbildungsverträgen müssten Ihre täglichen Ausbildungszeiten festgelegt sein. Grundsätzlich sind Sie nicht verpflichtet, länger im Betrieb zu sein, als vertraglich vereinbart. Die Ausbilder sind angehalten, Sie für den Unterricht freizustellen. Findet Ihr Unterricht während der betrieblichen Ausbildung statt, ist er auf die Ausbildungszeit anzurechnen. Ihre Ausbilder können hier weder das Nacharbeiten verlangen, noch die Ausbildungsvergütung kürzen. Erwarten Ihre Ausbilder, dass Sie grundsätzlich länger im Betrieb bleiben, als das in Ihren Verträgen vereinbart ist, und sind Sie dazu bereit, können Sie hierfür eine zusätzliche Vergütung verlangen.

Zu guter Letzt: Gibt es in Ihren Betrieben keine Auszubildendenvertretung oder einen Betriebsrat, erhalten Sie etwa auch auf dem Portal „Dr. Azubi“ der DGB Jugend schnelle, anonyme und kostenlose Antworten auf Fragen rund um die Ausbildung.